
von Nurbla
40
“Sagt mal,” sagte Ron und kam ohne zu klopfen ins Wohnzimmer. “Wir brauchen unbedingt eure Hilfe!”
Hermine und Betty schreckten auf. Ron übersah extra, dass beide Frauen Tränen in den Augen und nasse Spuren auf dem Gesicht hatten, dazu hatten sie jetzt keine Zeit.
“Was ist denn?” wollte Hermine ein bischen verschnupft wissen.
“Luna ist gerade nach Hogwarts und, verdammt, kommt mit, ich erklär euch den Rest gleich.”
Hermine nahm Bettys Hand, die noch immer etwas ratlos durch die Gegend guckte. Ron war froh, dass sie ihm so vertrauet und es so hinnahm, dass es sehr wichtig war.
Sie liefen nach drauĂźen auf die StraĂźe und Ron nahm Hermines Hand.
“Apparier und nach Hogsmead!” befahl er und beobachtete, wie Hermine die Augen schloss und Betty immernoch ratlos schaute.
Nach dem schrecklichen apparieren standen sie in Hogsmead auf der StraĂźe und Ron fing schnell an Richtung SchlossgrĂĽnde zu laufen.
“Ron?” keuchte Hermine neben ihm. “Was ist eigentlich los?”
“Harry!” sagte Ron knapp. “Luna weiß nicht was, aber...sieht nicht gut aus.”
Nach einem kurzem anstrengenden Lauf kamen sie am See an und sahen schon von weitem Luna auf dem Boden knien. Ihre Haare verdeckten, was da auf dem Boden lag, aber es musste Harry sein.
Hermine fiel neben Luna auf die Knie. “Was ist mit ihm?”
“Ich weiß es nicht.” sagte Luna langsam. “Die normalen Gegenflüche wirken alle nicht. Ich habe sie alle probiert.”
“Dann müssen wir...” setzte Hermine an.
“Oh nein.” rief Betty dazwischen. “Das kann auch schief gehen. St. Mungo ist hier angebracht!”
Ron nickte zustimmend und Hermine beschwor eine Trage herauf.
“Luna!” sagte sie während Ron und Betty Harry auf die Trage legten. “Kannst du ins Schloss hoch gehen und rausfinden, was passiert ist. Es muss ja jemand wissen, wahrscheinlich Ginny.”
Luna nickte und Hermine unterdrückte die Angst, Ginny könnte das selber gemacht haben.
“Das war nicht Ginny!” sagte Luna leise, als hätte sie gewusste, was Hermine dachte. “Ich denke, hier ist etwas schief gegangen.” Und ohne sich weiter zu erklären lief sie los Richtung Schloss.
Ginny rannte durch die Gänge des Schlosses, Panik im Kopf und Adrenalin in den Adern. Was wenn Harry? Nein, er musste das überleben, etwas anderes, war gar nicht möglich.
Er hatte nicht Voldemort ĂĽberlebt um jetzt...nein!
Sie sah kaum wo sie hin rannte und entschuldigte sich im Vorbeirennen, bei der Person, die sie umgerannt hatte.
Doch diese hielt sie fest.
Ginny schaute sich um und direkt in Lunas blaue Augen. Sie erstarrte. Dann holte sie Luft. Sie brauchte jetzt Hilfe und wenn, dann konnte sie Luna vertrauen.
“Luna, ich brauche deine Hilfe.”
“Die brauchst du schon lange.” sagte Luna leise. “Komm mit, in das Klassenzimmer hier.”
“Nein, dafür haben wir keine Zeit, Harry...!”
“Harry ist auf dem Weg ins St Mungo. Hermine, Ron und Betty sind bei ihm. Das wird schon.”
Ginny schwieg und lieĂź sich in das Klassenzimmer ziehen.
“Ginny!” sagte Luna. “Wenn es noch geht...wir müssen unbedingt reden, denn so geht das nicht weiter. Aber nicht jetzt. Wie du schon gesagt hast, dazu haben wir keine Zeit. Was ist am See passiert?”
“Ich...Harry...” Ginny standen Tränen in den Augen. Sie konnte nicht darüber reden. “Eduardo hat ihn verhext oder so.”
“Was war das für ein Fluch?” wollte Luna wissen.
“Ich...oh Luna, ich weiß es nicht. Er macht das immer ohne zu sprechen.” sagte Ginny und wieder stieg Panik in ihr auf.
“Ok” sagte Luna schlicht. “Dann gehst du jetzt hoch in den Schlafsaal und kommst nicht vorher raus, als das ich dich hole, ok?”
Ginny nickte. Luna begleitete sie bis zum Eingang zum Gryffindorturm und Ginny sagte das Passwort extra langsam und deutlich, dass sie es sich auch merken konnte. Luna lächelte leise und Ginny ging das Herz auf, wie hatte sie nur vermuten können, Luna würde sagen, sie hätte es gewusst. Wie hatte sie an Luna zweifeln können?
Jetzt wĂĽrde alles gut werden.
“Es tut mir Leid.” sagte der Heiler in dem Moment zu Ron und Hermine, als Luna den Raum betrat. “Aber bis jetzt konnten wir nicht feststellen, was er hat.”
“Luna!” rief Hermine aus.
“Ist das das Mädchen, von dem ihr gesagt habt, dass sie vielleicht etwas in Erfahrung bringen kann?” fragte der Heiler und Ron nickte und blickte Luna auch an.
“Ginny sagt, er wurde mit einem Zauber belegt, aber sie weiß nicht, was für einer.”
Hermine seufzte frustriet auf, doch den Heiler schien das in gute Laune zu versetzen. “Das ist gut, jetzt wissen wir, dass wir nur auf dem Gebiet suchen müssen.” sagte er. “Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis wir Mr Potter wieder aufwecken können. Ich werde die Experten unterrichten und bald ist alles gut. Ihr könnt ihn besuchen auf der Station für Fluchschäden und so.” versprach er.
Hermine nickte. “Danke” sagte sie und ließ sich in Rons Arm fallen.
Es klopfte an der Tür zum Grimauldplatz und Ron und Hermine blickten sich irritiert an. Es klopfte hier nie jemand, die wenigen, die zu Besuch kamen, gingen einfach rein. Langsam stand Hermine auf und ging durch den Flur und die Eingangshalle zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. Vor der Tür stand ein blondes Mädchen und es brauchte nur eine Sekunde, bis Hermine in ihr die Barbie aus der Zeitung erkannte. Sie öffnete die Tür ganz.
“Hallo.” sagte sie.
“Hi!” sagte die Blonde. “Ist Harry da?”
“Nein.” gab Hermine wider. “Er ist im St Mungo.”
“Was?” kreischte die Blonde entsetzt auf. “Warum sagt mir das denn keiner?”
“Wer bist du überhaupt?” wollte Hermine etwas feindselig wissen, auch wenn sie es ja eigentlich wusste.
“Ich bin Bridget. Harrys Freundin. Und du?” gab sie patzig zurück.
“Ich bin Hermine Granger.” sagte Hermine, obwohl sie sich sicher war, dass Bridget genauso gut wusste, wer sie war. “Harry Potters beste Freundin.”
Sie musterten sich.
“Hey Mädels!” sagte Ron und betrat den Flur, offensichtlich bemüht die schlechte Stimmung zu übersehen. “Was geht ab?”
“Niemand sagt mir, dass Harry...oh mein Gott.” Bridget verbarg das Gesicht in den Händen. “Ist es etwas ernstes? Warum habt ihr mir nicht Bescheid gesagt?”
“Nun ja...” sagte Ron langsam und guckte Hermine ratlos an. Sie hatten sie einfach vergessen, aber das konnte man niemandem sagen, nicht mal Bridget.
“Du kannst” rang sich Hermine durch zu sagen. “Doch erst mal rein kommen.”
Bridget nickte und betrat den Flur.
Bridget stand an Harrys Bett und schaute auf das vertraute Gesicht hinab. Und alles was sie fĂĽhlte war Angst, Angst ihn zu verlieren.
Wie hatte sie es so weit kommen lassen können? Am Anfang war es nur ein Spiel gewesen. “Sag mir Bridget, kannst du den berühmtesten Zauberer erobern? Kannst du?”
Und sie hatte gewusst, es wĂĽrde nicht von ihm aus kommen, aber es war verlockend gewesen. Und wie hatte sie triumphiert, als die ersten Zeitungsartikel in der Zeitung standen. Wie euphorisch war sie gewesen.
Und jetzt stand sie hier und hatte Angst, ihn wieder zu verlieren. Sie hätte alle blöden Zeitungsartikel dafür gegeben.
“Oh bitte, lass ihn aufwachen.” betete sie. Es würde alles gut werden probierte sie sich einzureden. Alles wird gut und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Sie dachte an den lustigen Silvesterabend, bei ihren Eltern und Harry, der, von dem ungewohnten Alkohol, ihr einen Heiratsantrag macht.
Sie hatte abgelenkt, sie hatte ihn noch nicht so geliebt und...sie wollte ihn das im nüchternen Zustand fragen hören.
Und so wĂĽrde es kommen.
“Du musst nur aufwachen, dann wird alles gut mein Schatz. Mein Herz!”
Bridget war weg und Hermine saß auf Rons Schoß an Harrys Bett. Draußen fing es langsam an zu dämmern und sie taten seit Bridget gegangen war, nichts als hier zu sitzen und zu warten, auf was auch immer.
“Es ist total dumm, aber ich mach mir total Sorgen.” sagte Hermine nach langer Zeit der Stille.
“Wieso ist das dumm?” wollte Ron perplex wissen. “Unser bester Freund liegt hier und kein Schwein weiß, was mit ihm ist oder o...wann er wieder aufwacht.”
Hermine nickte. Sie wusste, dass Ron sich auch Sorgen machte, es war nicht gut, ihn dann auch noch mit ihren Sachen zu belasten, aber sie musste reden.
“Aber weißt du, er hat alles andere auch gut überstanden, eigentlich sollte ich zuversichtlich sein. Harry haut so schnell nichts um.”
“Hm” sagte Ron und wenn Hermine nicht alles täuschte, hörte sie ihn murmeln: “Irgendwann ist immer das erste und letzte Mal.”
“Mann Ron!” maulte sie. “Sei nicht so pessimistisch, bitte!”
“Ich kann nicht mehr Hermine. Ich habe den ganzen Misst vom letzten Jahr irgendwie überlebt. Ich bin mit dem Baby klar gekommen und habe weiter gedacht. Ich habe dein Eltern gesucht und war optimistisch. Mein Vorrat ist aufgebraucht.”
“Es wird alles gut!” sagte Hermine leise. “Das habe ich im Gefühl. Und Eduardo ist nicht fähig so etwas unaufhebbares zu machen.”
“Ach ja? Hast du gedacht, er würde Ginny vergewaltigen? Hast du das von Anfang an gewusst? Tu nicht so Hermine, man kann sich mit Menschen nie sicher sein.”
Hermine schlang ihre Arme um Ron.
“Es tut mir Leid, Ron. Ich glaube, wir sollten nach Hause gehen. Wir müssen noch überlegen, was wir jetzt wegen Ginny machen.”
Ron nickte resigniert und stand auf.
Es war noch nicht so weit, dass sie ĂĽber diese Sachen reden konnten, das brauchte noch Zeit.
Ginny saß auf ihrem Bett und wartete. Sie wartete, darauf, dass Luna kam, dass sie reden konnte, dass sie jemandem erzählen konnte, was in ihrem Leben schief gegangen war.
Doch Luna kam nicht. Sie wartete eine Stunde und noch eine und es wurde dunkel draußen. Sie hörte den Wind an den Fenstern und sie dachte an Harry. Wie ging es ihm, war er schon aufgewacht?
Sie weinte ein bischen und kuschelte sich tief in ihre Decken.
“Hey Ginny,” kam Demelza in den Raum, als es schon ganz dunkel war. “Schläfst du schon?”
“Nein Demelza, ich bin noch wach.” sagte Ginny leise. “Was ist?”
“Hm...das könnte man dich auch fragen. Ich habe ne Nachricht für dich, von dem komischen Luna-Mädchen.”
“Sie ist meine beste Freundin!” verteidigte Ginny Luna.
Demelza lachte. “Ihr redet doch nicht mehr miteinander, warum eigentlich nicht? Ist sie auch in Eduardo verknallt oder was?”
“Ach, du hast keine Ahnung.” zischte Ginny und wunderte sich, was mit Demelza los war, sie war doch sonst nicht so.
Was ihr nicht bewusst war, dass sie die Mädchen in ihrem Schlafsaal sehr unfreundlich behandelt hatte, in der letzten Zeit, und diese nun ziemlich genervt von ihr waren.
Ginny faltete das Papier auseinander und Demelza, die das Licht angemacht hatte, beschäftigte sich mit einem eigenen Zettel, bestimmt ein Liebesbrief, und beachtete Ginny nicht weiter.
Auf einem weiĂźen Zettel stand in Lunas sauberer, etwas kindlichen Handschrift:
Wenn du jetzt losrennst,
kannst du gewinnen.
Wenn du jetzt aufgibst,
hast du verloren.
Wenn du jetzt kämpfst,
kämpfe ich mit dir,
doch wenn du jetzt aufhörst
bist du verloren.
Bist du gestorben,
verschwunden fĂĽr immer.
Wenn du jetzt ausreiĂźt
helf` ich dir laufen,
helfe dir fliegen,
helf´ ich dir leben,
bis du stehen kannst,
frei von den Fesseln.
Samstag Abend auf dem Astronomieturm???
Ich warte auf dich!
Luna
Samstag, das war Morgen und Ginny wischte sich die Tränen weg, wie hatte sie Luna so Unrecht tun können, wie hatte sie ihre Freundschaft noch verdient?
Und es war das erste mal seit Wochen, dass sie wieder normal einschlafen konnte und auch wenn die Albträume sie trotzdem verfolgten, so wusste sie doch, jetzt würde sich alles wenden können, wenn sie nur den Mut aufbrachte, wenn sie nur die Kraft hatte noch einmal zu rennen.
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