
von Nurbla
31
Ginny wachte auf. Ihr tat alles weh. Sie hatte Kopfschmerzen. Als sie sich aufrichtete wurde ihr schlecht, sie ĂĽbergab sich. Mit ihrem Arm wischte sie sich den Mund ab und rollte sich auf dem Teppich zusammen. Sie fror, aber ihre Kleider wollte sie nicht anziehen.
Sie zog sich mühsam auf das Sofa und dort war eine Decke. Sie zitterte, während ihr Körper warm wurde.
Verzweifelt versuchte sie, ihren Körper zu verlassen, so wie gestern, da hatte es doch auch funktioniert. Nicht die ganze Zeit aber oft. Doch die Ginny, die sich erinnerte, klammerte sich verzweifelt an die unbeteiligte Zuschauerin.
Wie ein Kind fing sie an zu weinen. Bevor sie wieder einschlief ĂĽbergab sie sich nochmal.
Als Ginny das nächste Mal aufwachte stand sie auf und schwankte durch das Zimmer. Da war was sie suchte: Die Tür zum Bad. Sie schaute in den Spiegel und versuchte das Mädchen zu erkennen, was sie anguckte.
Sie hätte, wäre noch etwas in ihrem Magen gewesen, sich ins Waschbecken übergeben. So würgte sie nur, wimmerte und sank auf den kalten Fliesen in sich zusammen.
Sie spĂĽrte, dass sie eine Schramme im Gesicht hatte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, sie im Spiegel gesehen zu haben, aber das Salzwasser brannte in der Schramme noch schlimmer als auf ihren aufgesprungenen Lippen.
Ginny ließ die Augen geschlossen, als sie das nächste Mal aufwachte. Sie fror. Ihr Körper glühte. Die kalten Fliesen taten auf der heißen Haut gut, trotzdem wünschte sie sich eine Decke.
“Wenn du Fieber hast, musst du viel trinken!”
“Mum!” Ginny schluchzte auf. Sie hatte nichts zu trinken.
Erst als sie das nächste Mal aufwachte, war sie wirklich wach. Sie zog sich am Waschbecken hoch und ließ Wasser in die große Wanne. Sie hatte das dringende Bedürfnis sich zu waschen.
Das Wasser war zu kalt. Sie drehte den heißen Hahn auf und das Wasser brannte auf ihrer Haut. Es war zu heiß, doch innerlich blieb sie gefroren. Nur ihre äußere Hülle war aufgetaut.
Sie fing an zu sinken. Die Haut auf ihrem Gesicht brannte wie Feuer. Einzig und allein ihr angeborener Ăśberlebensinstinkt lieĂź sie wieder auftauchen, nach Luft schnappen.
Wie viel Grad das Wasser wohl hatte? 45, 50 Grad? Zu heiĂź. Ginny blieb trotzdem sitzen.
Warum war sie schon wieder eingeschlafen?
Sie wusste, dass sie schlief.
Sie wusste, dass sie nur träumte.
Sie wusste, dass die TĂĽr nicht wirklich aufging.
Sie wusste, dass Eduardo nicht wirklich ins Bad gekommen war.
Trotzdem fing sie an zu schreien. Sie wusste, dass sie niemand hören würde. Er würde ihr wieder wehtun. Sie konnte nichts mehr daran ändern. Totstellen.
Sie sank ins kalte Wasser und wachte auf. Ihr Herz klopfte schnell und ihr Magen zog sich vor Angst zusammen.
“Aber glaub mir Ginny, das wird sich umkehren und dann wird er mit dir spielen.”
“Ich vertraue Eduardo.”
Es gab kein ZurĂĽck mehr. Sie war ihm hilflos ausgeliefert.
Ginny tappte planlos, barfuß, nur im Bademantel durch die kalten, dunklen Korridore des Schlosses. Das sie sich nicht erinnern konnte, wie sie hierher gekommen war, störte sie nicht. Es war nur wichtig, dass sie ging. Eine Treppe runter, rechts rum, nochmal rechts, links, eine Treppe hoch. Eine Stufe, zwei Stufen, drei Stufen, vier Stufen. Sie blieb stehen und drehte um, vier, drei, zwei, eins, links rum. Einen langen Korridor lang, rechts rum, sie drehte sich um, lief in die gleiche Richtung zurück.
Ihre Füße froren und sie verbot sich, zu erinnern. Sie konzentrierte sich auf ihre Schritte. Sie streckte die hand aus und betrat den nächsten Raum. Er war unbekannt. Sie tappte hindurch und öffnete die nächste Tür.
Sie blickte in ein Wohnzimmer, in dem eine Frau saß. Ginny schrie auf, schmiss die Tür zu und verkroch sich im nächsten Bett. Die Augen fielen ihr zu und als Mdm Pomfrey nur einen Augenblick später den Raum betrat, schlief sie schon tief und fest.
Besorgt beugte sie sich über das Mädchen und legte ihm sanft eine Hand auf die Stirn. Sie hatte es erwartet, hohes Fieber. Wahrscheinlich war sie halb schlafgewandelt. Bei manchen Leuten kam das vor, gerade, wenn sie Fieber hatten.
Ihr kam es auch so vor, als hätte sie dieses Mädchen schon mal hier gehabt, vielleicht...? Rote Haare? Klar, das hier war die kleine Ginny Weasley. Das Kind, das in der Kammer des Schreckens gewesen war.
Doch im Moment konnte sie nichts fĂĽr sie tun. Sollte sie sich in Ruhe ausschlafen. Mdm Pomfrey legte eine unsichtbare Schutzmauer um das Bett, bevor sie ging. So wĂĽrde Ginny nicht noch einmal schlafwandeln.
“Guten Morgen Miss Weasley!” sagte Mdm Pomfrey und trat an ihr Bett.
Ginny fragte sich, wie sie hier her gekommen war.
“Haben sie Hunger, Durst?”
Sie konnte sich nicht erinnern.
“Miss Weasley, sie haben hohes Fieber. Sie müssen trinken!”
Ginny zuckte die Schultern und rĂĽckte tiefer in die weichen Daunendecken. Sie wollte so gerne schlafen, vergessen, aber sie war wach.
“Ich habe mit ihren Lehrern gesprochen, dass sie nicht zum Unterricht kommen.”
Das hieĂź also, jeder, der es rausfinden wollte, konnte rausfinden, dass sie hier war.
“Ich lasse dann das Glas hier. Sie müssen trinken!”
Mdm Pomfrey ging ratlos, aber was hätte Ginny denn erwidern sollen?
Sie wachte auf, trank einen Schluck, schlief wieder und war erstaunt, dass es erst halb zwölf war. Warum war sie eigentlich aufgewacht?
“Nein, ich glaube, sie schläft gerade.” flüsterte Mdm Pomfrey an der Tür. “Kommen sie nachher wieder.”
“Da hab ich Unterricht.”
Ginny erstarrte. Alle nur nicht er, lass sie ihn wieder weg schicken! Betete sie und rutschte unter ihre Decke.
“Da kann ich nichts für Mr. Und jetzt gehen sie!”
“Sie ist meine Freundin!” beschwerte sich Eduardo empört.
“Nichts zu machen, Und jetzt gehen sie! Heute Abend können sie Miss Weasley auch noch besuchen.”
“Ich will keinen Besuch!” es war kurz nach dem Essen und Ginny hatte Angst.
“Aber Miss Weasley.” sagte Mdm Pomfrey in beruhigendem Ton. “Ihre Freunde machen sich sorgen um sie.”
Ginny schĂĽttelte verzweifelt den Kopf.
“Doch!” die Krankenschwester nickte bekräftigend. “Ihr Freund war schon dreimal da und einmal ein Mädchen mit langen blonden Locken.”
Ginny erwiderte nichts. Luna war da gewesen? Warum?
“Ich lass sie dann rein.”
Ginny schüttelte den Kopf und in ihr verkrampfte sich alles, doch das merkte Mdm Pomfrey nicht mehr. Sie hatte sich weggedreht und verschwand in ihren Räumen.
Kurz darauf ging langsam die Tür auf und Luna kam herein. Vorsichtig setzte sie sich auf die äußerste Kante von Ginnys Bett und strich ihr mit einer sanften Berührung die Haarstränen aus dem Gesicht.
“Geht’s dir gut?” wollte sie einfach wissen. Ginny zuckte die Schultern.
“Ich hab mir Sorgen gemacht. Du bist gestern mit Eduardo verschwunden und er ist zwar wieder aufgetaucht, aber du nicht. Wirklich alles ok mit dir?”
Kurz war der Wunsch Luna alles zu erzählen überwältigend. Die ganze harte Wahrheit traf Ginny völlig unerwartet. Sie war vergewaltigt worden und hatte niemand, niemand mit dem sie reden konnte, niemand, der ihr noch beistand. Nicht mal Luna, denn sie hatte sowas von Anfang an geahnt und Ginny hatte sie dafür verurteilt.
Jetzt, erst jetzt war sie verlassen. Jetzt stand sie alleine auf der Welt.
“Ja” flüsterte Ginny kaum hörbar. “Alles ok.”
Luna schaute sie traurig an, doch Ginny wich ihrem Blick aus.
“Ginny...!” sagte Luna fast flehend, doch Ginny konnte nicht reden. Luna hatte es geahnt. Jetzt konnte sie ihr nicht mehr Recht geben.
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