
von Nurbla
20
“Und?”, wollte Ginny gespannt wissen, als eine blasse, völlig übermüdete Hermine den Klassenraum verließ. “Wie war’s?”
Hermine lächelte schwach. “Nicht so schwer wie ich dachte. Aber ich wette ich habe mindestens zwanzig Fehler gemacht!”
Ginny nahm die Freundin fest in den Arm und meinte: “Ich wette, dass alle deine Prüfungen sehr gut gelaufen sind!”
Dann hielt sie Hermine auf Armeslänge von sich entfernt und schüttelte sie sanft. “Hey! Hermine, du hast es hinter dir!”
“Gott sei dank!” sagte in diesem Moment Luna von hinten. “Hermine, du bist eine anstrengende Freundin, weißt du das?”
“Ja, Luna!” und Hermine fiel auch ihr in den Arm.
“Danke ihr beiden! Ohne euch und Eduardo hätte ich das nicht durchgezogen, ehrlich. Oh mann, ich kann es immer noch nicht fassen!”
Sie sah von Luna zu Ginny und wieder zurück, wie als wollte sie eine Bestätigung dafür, dass alles nur ein Traum war.
“Wann kriegst du denn die Ergebnisse?” fragte Ginny vorsichtig.
“Morgen.” Hermines Augen weiteten sich vor Schreck. “Morgen schon. Oh mein Gott, Ginny, übermorgen reise ich ab.”
Traurig nickte Ginny. Hermine war zu ihrer besten Freundin geworden. Ginny konnte sich ein Hogwarts ohne sie zwar vorstellen, aber es war nicht schön.
Ab jetzt würde Hermine zu den Leuten gehören, die sie vermisste und erst an Weihnachten wiedersehen würde.
“Ich werde dich vermissen!” sagte Ginny und schaute Hermine traurig in die Augen.
“Ich dich auch, Ginny!” versicherte Hermine ihr und legte einen Arm um ihre Schulter. Erst als die beiden so langsam die Treppe runter gingen, bemerkte Ginny, dass Luna sie alleine gelassen hatte.
Aber die aufkommende TrĂĽbsal hatte trotzdem keine Chance, denn Ginny war eigentlich zu erleichtert um traurig zu sein.
“Du bist wirklich durch!” rief sie schon wieder übermütig und zog Hermine hinter sich in die Große Halle zum Abendessen.
“Guten Abend, Miss Granger!” fing Professor McGonagall die Mädchen auf dem Weg zurück in den Gemeinschaftsraum ab.
“Ihre Zeugnisvergabe ist Morgen um 11Uhr. Und ich glaube es ließe sich einrichten, dass Miss Weasley, Miss Lovegood und euer französischer Freund dabei sind, natürlich nur wenn sie wollen.”
“Das meinen sie nicht ernst!” reif Ginny aus und überlegte, was in letzter Zeit mit der, sonst so strengen Professorin los war.
“Doch Miss Weasley. Sie drei sind Miss Granger sehr hilfreich zur Seite gestanden” auf einen Blick von Ginny fügte sie hinzu: “Ja, ich habe das bemerkt! Und ich finde, Miss Granger hat ein Recht darauf, an diesem wichtigen Zeitpunkt ihres Lebens, nicht alleine zu sein.”
“Danke Professor!” sagte Hermine und war sehr froh darüber, dass sie morgen nicht alleine den Prüfern entgegen treten musste um ihr Zeugnis entgegen zu nehmen.
Hermine hibbelte nervös hin und her als sie die Treppe hochstiegen. Sie war sehr blass um die Nase und wurde mit jedem Schritt nervöser. Als sie vor der Tür standen, nahm Ginny ihre Hand und drückte sie fest, dann klopfte sie und öffnete die Tür.
Hermine merkte, dass sie ihre Fingernägel in Ginnys Hand bohrte, aber Ginny sagte nichts dazu.
“Guten Morgen, Miss Granger!” sagte der kleine, etwas untersetze Prüfer. Nur kurz hatte er irritiert geguckt, als vier Schüler den Raum betreten hatten.
“Guten Morgen!” sagte Hermine leise und selbst für sie hörte sich ihre Stimme zittrig an.
“Sie wissen”, fing der Prüfer an, “normalerweise kriegen die Schüler ihre Ergebnisse erst sehr viel später mit der Eulenpost. Aber da wir dieses eine Mal nur eine Arbeit zu korrigieren hatten, sind wir jetzt schon fertig. Also”, er kramte nach einem Zettel.
Hermine betete er möge doch ein bischen schneller machen.
“Hier sind ihre Ergebnisse.” Er reichte Hermine einen Umschlag und verließ dann den Raum.
Hermine ließ sich an der Wand zu Boden gleiten. Ihre Finger zitterten und in ihr flatterte alles als sie vergeblich probierte den Umschlag zu öffnen.
“Komm!” sagte Ginny, ließ sich neben sie fallen und nahm ihr den Umschlag aus den Händen. Sie brach den Siegel auf und wollte Hermine den Umschlag zurück geben, doch diese hatte den Kopf auf ihre Knie gelegt und die Arme darüber verschränkt.
“Ich will es nicht wissen!” sagte sie panisch.
Luna lieĂź sich auf ihrer anderen Seite nieder und legte sanft einen Arm um Hermine.
“Darf ich?” fragte Ginny und Hermine nickte.
Ginny holte die Zettel aus dem Umschlag und ĂĽberflog den kurzen Text. Mit einem Blick auf die Noten gab sie Hermine den Zettel, die sich jetzt ebenfalls traute, die Ergebnisse anzugucken. Luna laĂź ĂĽber ihre Schulter mit.
Eduardo lief wie ein gefangenes Tier im Raum auf und ab. Hermine starrte auf ihre Noten und langsam wurde ihr leichter ums Herz. FĂĽr einen Moment hatte sie wirklich geglaubt ĂĽberall durchgefallen zu sein.
“Was ist den nun, `Ermine?” wollte Eduardo wissen und blieb vor den drei Mädchen stehen. Hermine starrte auf ihr Blatt und war immernoch sprachlos, deshalb schaute ginny auf und sagte strahlend: “9 O´s. Das ist sehr viel. In allem die beste Note.”
“Das hat meine Mum auch geschafft!” sagte Luna und lächelte sanft. “Allerdings meint Dad, sie habe das unter dem Einfluss eines Sclierwüstigen Tucklers gemacht.”
In den ersten Wochen hatte Eduardo noch gefragt, wenn Luna eine ihrer abwegigen Theorien ausbreitete, doch inzwischen ĂĽberging er sie einfach, so wie alle anderen auch.
“`Erzlichen Glückwunsch, `Ermine!” rief er stattdessen aus, ließ sich auf die Knie sinken und umarmte sie kurz und fest.
“Unsere Anstrengungen waren nicht umsonst!” und er schaute Ginny glücklich an. Ginny lächelte zurück.
“Hey Leute!” rief sie dann aus. “Morgen ist Hogsmead!”
“Ja!” sagte Luna und schaute verträumt aus dem Fenster. “Wir müssen auf jeden fall hin! Ich freue mich schon sehr!”
“Und dann können wir gleich deine guten Noten feiern!” fügte Eduardo hinzu. “Wird Ronald disch ab´olen kommen, `Ermine?”
“Ich werde ihm sofort schreiben, Ron kommt bestimmt!”
“Nee, tut er nicht!” sagte Ginny in diesem Moment und als Hermine sich zu ihr umdrehte um sie anzuschauen, sah sie kurz einen Schmerz in ihren Augen aufblitzen.
“Ich habe die Jungs gefragt, aber sie haben beide keine Zeit!”
“Oh!” sagte Hermine und spürte eine Welle der Enttäuschung. Aber sie fasste sich schnell wieder. Sie würde Ron ja trotzdem wiedersehen und darauf freute sie sich schon. Ginny musste noch bis Weihnachten warten.
“Vielleicht mache ich morgen Quidditschtraining.” sagte Ginny resigniert. “Hab keine Lust auf Hogsmead.”
“Ginny”, sagte Luna. “Du musst einfach mitkommen. Außerdem habe ich eine Verabredung mit euch um drei in den Drei Besen. Ist bestimmt interessant. Du kannst mich unmöglich alleine lassen!” Luna schaute so bittend und Ginny machte noch einen letzten halbherzigen Versuch, auch wenn sie wusste, dass sie eigentlich schon aufgegeben hatte.
“Luna, ich habe wirklich keine Lust!”
“Du wirst es nicht bereuen.” , sagte Luna. “Tu es mir zuliebe!” Sie schaute Ginny aus großen, bittenden Augen an und Ginnys letzter Widerstand war gebrochen. Es war für sie verdammt schwer Luna etwas abzuschlagen, wenn es ihr offensichtlich so am Herzen lag.
Am nächsten Morgen entschied sich Hermine dafür jetzt direkt zu Ron zu apparieren, sie wollte nicht mehr länger als nötig warten.
Sie umarmte Luna und Eduardo zum Abschied.
“Wir werden uns schreiben!” versprach sie Eduardo. “Dann verlieren wir uns nicht ganz aus den Augen und so Kontakte in andere Länder sind immer schön!”
“Natürlisch!” nickte Eduardo ernst und lächelte. “Viel Glück mit Ronald wünsche isch dir!”
“Danke!” Hermine musste ihn gleich nochmal umarmen bevor sie sich Ginny zuwandte.
Sie breitete ihre Arme aus und ihre Freundin fiel wortwörtlich hinein und sie hielten sich fest.
“Wir sehen uns Weihnachten, Ginny!” sagte Hermine und drückte Ginny noch fester. Sie spürte wie Ginny nickte und dann fragte Ginny leise, so dass es sonst niemand hören konnte: “Umarme Harry von mir, ja?”
“Mach ich!” versprach Hermine ernst, auch wenn sie in diesem Moment kurz fast lachen musste.
Im Weggehen jedoch überlegte sie nicht zum ersten Mal, dass Ginny verdammt stark war. Viel Stärker als sie selber. Nie ließ sie sich unterkriegen, sie meisterte ihr Leben mit einer Leichtigkeit und Souveränität, die Hermine fast beneidenswert erschien und sie lebte immer weiter, egal was passierte.
Ein typisches Mädchen war sie nicht und zum wiederholten Male fragte Hermine sich ernsthaft ob das nur Charakter war oder auch etwas an Ginnys Familiensituation lag.
So kam es, dass Luna, Eduardo und Ginny alleine Richtung Hogsmead gingen. Ein frischer Wind wehte, aber noch lag die letzte herbstliche Wärme über den Ländereien und dem kleinen Dorf.
Ginny fror trotzdem. Sie vermisste den Sommer jetzt schon ein bischen.
Es war schon Mittag rum und auf einmal blickte Luna erstaunt auf die Uhr und sagte ohne einen Funken Beeilung: “Es ist schon gleich drei Uhr. Ich muss aber noch ein paar Sachen besorgen und, Eduardo, würdest du mir vielleicht helfen? Ich möchte dir auch etwas interessantes zeigen. Aber ich will meine Verabredung auch nicht alleine rumsitzen lassen...”
Ginny nickte verstehend. Ihr war zwar ein bischen unbehaglich zumute, man konnte nie so genau wissen, mit wem Luna es diesmal geschafft hatte eine Verabredung zu vereinbaren. Normalerweise waren ja die Sachen ,die Luna eine interessante Verabredung nannte, höchst bedenklich, aber das war jetzt egal.
“Wie erkenne ich deine Verabredung denn?” wollte sie deshalb von Luna wissen, nach einem Namen zu fragen war sowieso sinnlos.
“Wirst du schon erkennen!” sagte Luna zuversichtlich lächelnd. “Ich will jetzt aber wirklich los, kommst du Eduardo?”
Ginny zögerte noch kurz, dann betrat sie die Drei Besen.
Ein paar SchĂĽler blickten auf und grĂĽĂźten sie, bevor sie in Kichern ausbrachen und bedeutungsschwere Blicke tauschten, nur um wieder hemmungslos zu beginnen zu kichern.
Ginny warf einen verständnislosen Blick zurück auf die Gruppe von Fünftklässlern, was diese nur zu noch mehr Kichern brachte, und schlug sich dann verwirrt den Kopf schüttelnd einen Weg zur Bar durch.
“Tag Ginny!” grinste Rosmerta sie an. “Was willst du denn?”
“Ein Butterbier bitte!” bestellte Ginny und schaute sich kurz um. Aber in diesem überfüllten Raum sah sie gerade nichts, was nach einer Bekanntschaft von Luna aussah.
Als Mdm Rosmerta das Butterbier vor sie auf die Bar stellte, fragte sie: “Weißt du, ich meine Luna `ne? Die hat hier eine Verabredung und kann noch nicht, deshalb bin ich hier. Weißt du, wer das sein könnte?”
“Luna Lovegood?” fragte Rosmerta nach.
Ginny nickte und blickte die Wirtin erwartungsvoll an. Doch die schĂĽttelte nur bedauernd den Kopf.
“Ich könnte die aber weiter helfen!” sagte in diesem Moment eine, nur allzu bekannte Stimme hinter ihr.
Ginny fuhr herum und ihr Herz machte einen HĂĽpfer.
“Harry!” rief sie aus. “Was machst du denn hier?”
“Meine Sehnsucht treibt mich her!” verkündete er melodramatisch und lachte im nächsten Moment. “Ach quatsch, dich besuchen!”
“Oh mann!” sagte Ginny und schloss ihn fest in die Arme.
Nach einem kurzen, was der Leidenschaft keinen Abstrich tat, Kuss fragte Harry: “Sollen wir nicht rausgehen? Ich fühl mich hier drinnen etwas beobachtet!”
Ginny lachte und bezahlte schnell ihr Butterbier.
“Komm!” sagte sie und zog ihn mit sich nach draußen.
Sie fühlte sich so leicht wie lange nicht mehr und die Kälte war wie weggeblasen.
“Luna hat das gewusst, oder?” wollte Ginny wissen als die beiden außer Sichtweite der Drei Besen waren.
Harry nickte. “Ohne sie hätte das als Überraschung nicht so gut funktioniert.”
“Das ist echt super cool von euch!” rief Ginny und dann küsste sie ihn nochmal. Diesmal etwas länger und etwas sanfter, doch sie wurden ziemlich abrupt unterbrochen.
“Ginny! Harry!” rief Luna schon von Weitem. “Hi Harry!” fügte sie hinzu als die beiden sich gegenüber standen.
“Hi Luna!” erwiderte Harry und lächelte sie an. “Unsere Überraschung hat echt gut geklappt. Du hättest mal ihr Gesicht sehen sollen als sie den Pub betreten hat. Zu allem entschlossen oder so. Was hast du eigentlich erwartet Ginny?”
“Hm weiß nicht so genau. Luna ist vieles zuzutrauen.” sagte sie und legte einen Arm um Harry. “Vielleicht sowas wie `nen Schlierwütigen...Misst, wie hieß das nochmal Luna?”
“Tuckler.” sagte Luna und schaute Ginny aus vorwurfsvollen Augen an. Ginny ging nicht darauf ein, auch wenn ihr in diesem Moment ein Gedanke kam, den sie beschloss später zu verfolgen und zur Seite schob.
Stattdessen stellte sie Eduardo vor.
“Freut misch!” sagte Eduardo und reichte Harry sehr förmlich die Hand. Allerdings sah er alles andere als erfreut aus, eher so, als sei ihm schlecht.
“Ich verabschiede mich!” sagte Luna und schaute aufmerksam zwischen Eduardo, Harry und Ginny hin und her. “Kommst du mit, Eduardo?”
“Ja!” sagte Eduardo knapp und die beiden machte sich auf den Weg Richtung Schloss.
“Und was machen wir jetzt?” wollte Harry nach einer kurzen Pause wissen.
“Ich muss auch zum Schloss!” sagte Ginny und hatte schon fast ein schlechtes Gewissen. “Ich habe für gleich Quidditschtraining angesetzt. Die Mannschaft muss noch viel trainieren.”
“Is ok!” meinte Harry. “Kann ich mitkommen?”
“Klar!” sagte Ginny erleichtert. Bei dem Gedanke sich schon wieder verabschieden zu müssen war ihr schwer ums Herz geworden.
“Wer spielt denn?” wollte Harry wissen.
“Also” find Ginny an. “Ich muss Sucher machen, ich hab nämlich niemand gutes Gefunden.”
“Schade!” sagte Harry und Ginny freute sich, dass er sie so gut verstand.
“Du bist so eine spitze Jägerin.”
“Naja.”, meinte Ginny, sie hatte aufgehört sich darüber Gedanken zu machen. “Die anderen sind auch gut”
“Wer spielt denn noch? Jemand, den ich noch kenne?”
“Ja” sagte Ginny. “Deine Treiber, Jimmy Peakes und Richie Coote vom vorletzten Jahr haben eine perfekte Vorstellung geflogen. Und Demelza Robins hat sich auch nochmal ins Team geflogen. Dann spielen zwei Fünftklässler noch Jäger. Andy Frederiksson und Anne McLaggen”
“McLaggen?” wollte Harry erstaunt wissen.
“Yep. Die kleine Schwester von Cormac McLaggen.” und als Harry skeptisch guckte fügte sie hinzu: “Die ist voll ok Harry. Nicht im geringsten so wie ihr Bruder.”
“Ich sag ja gar nichts!” meinte Harry abwehrend. “Und wer spielt Hüter?”
“Aber du guckst komisch!” sagte Ginny. “Thomas...misst ich kann mir den Nachnamen nicht merken.”
Sie lachte beide und als sie beim Quidditschfeld ankamen, beschloss Harry, dass er wohl das Recht hatte, Ginny in die Kapitänskabine zu begleiten.
Er setzte sich auf den einzigen Stuhl, der in der engen Kammer stand und beobachtete Ginny dabei, wie sie ihren Quidditschumhang aus dem Schrank kramte und dann völlig ungezwungen begann sich umzuziehen.
Kurz bevor sie sich das T-Shirt über den BH zog meinte sie auf einmal: “Ich weiß ganz genau, dass du mich beobachtest!”
“Sorry!” sagte Harry halbherzig und drehte sich gespielt beleidigt zur Wand.
“Ich sag ja gar nichts!” Ginny umarmte ihn von hinten. “Wahrscheinlich sollte ich mich geehrt fühlen, dass der berühmteste lebende Zauberer dieser Zeit seine Zeit damit zubringt mich zu bespannen, oder?”
“Hör auf!” rief Harry und sprang auf.
“Hey!” sagte Ginny. “Das war ein Scherz. Ich weiß doch, dass du nicht berühmt sein willst und ich würde dich auch lieben, wärst du es nicht!”
Harry nickte und da viel Ginny ihr Training ein.
“Ich geh mal raus und bereite mein Team auf den hohen Besuch vor. Ich will heute schließlich noch zum Trainieren kommen!”
Bevor Harry noch etwas auf diesen erneuten Seitenhieb erwidern konnte, verlieĂź Ginny fluchtartig die Kabine.
“Hey Leute!” sagte sie etwas lauter um sich Gehör zu verschaffen. “Wir haben heute Besuch. Ihr kennt ihn sowieso alle, aber ich will...”
“Männlicher Besuch?” wollte Anne verschmitzt grinsend wissen.
“Ja” erwiderte Ginny knapp und fügte dann vorsichtshalber hinzu: “Er ist tabu!” Anne war in dieser Hinsicht ziemlich berüchtigt.
“Männlicher Besuch, der tabu ist?” fragte Demelza und ihre Augen wurden groß. “Ginny sag nicht, dass...?”
Ginny nickte. Andy schaute ziemlich dumm aus der Wäsche und auch der Rest der Mannschaft stand ihm da in nichts nach. Außer Jimmy und Richie, die Treiber.
“Man cool!” rief Jimmy.
Und dann begriffen alle auĂźer Anne, die verwirrt von einem zum anderen guckte. SchlieĂźlich guckte sie Ginny flehend an und Ginny beschloss sich ihrer zu erbarmen.
“Komm schon Anne!” probierte sie ihr auf die Sprünge zu helfen. “Männlicher, tabuer Besuch, den alle kennen, wer kann das schon sein?”
Doch Anne schĂĽttelte ratlos den Kopf.
“Die ganze Schule hat doch vorletztes Jahr darüber gesprochen.”
Doch Anne wusste immernoch nicht weiter. “Ich geb nie was auf Klatsch. Ich denke, wenn jemand will, dass ich was weiß und mir darüber Gedanken mache, dann wird er schon zu mir kommen.”
“Oh!” sagte Ginny. Das hatte sie von Anne nicht wirklich erwartet. “Dann ließt du vielleicht auch nicht den Tagespropheten?” fragte Ginny.
“Nein, ich sehe keinen Grund dazu!”
“Brauch man auch echt nicht.” sagte Ginny abfällig, “aber dann wüsstest du jetzt Bescheid. Das meiste ist zwar da auch nur Klatsch und Tratsch aber eine wahre Grundlage haben doch die meisten Geschichten. Anne, ich bin mit Harry Potter zusammen.”
Während Anne sie noch etwas fassungslos anstarrte holte Ginny Harry raus.
Die drei, die vorletztes Jahr schon in seinem Team geflogen waren, begrĂĽĂźten Harry lautstark und freudig, der Rest hielt sich etwas zurĂĽck.
“Trainierst du mit?” wollte Demelza bittend wissen.
“Ich weiß nicht...” sagte Harry. “Eigentlich lasse ich keine Gelegenheit ungenutzt Quidditsch zu spielen, aber ich weiß nicht...Ginny?”
Er wandte sich hilfesuchend an die strahlende, begeistert nickende Ginny.
“Ich hab ne super Idee.” meinte sie. “Wie wärs wenn Harry uns erst mal beobachtet. Dann kann mal einer von außen beurteilen und dann bilden wir zwei Teams. Ach nee. Mich hast du schon so oft spielen sehen Harry. Wir gucken einem Trainingsspiel drei gegen drei zu, ok?”
Alle stimmten zu und so zog die Mannschaft aufs Feld und schwang sich in die LĂĽfte.
“Die spielen gut!” sagte Harry nach wenigen Minuten zu Ginny. “Ich hol mal eben meinen Besen.”
Ginny nickte und Harry disapparierte.
Kurz darauf schwebten die beiden auf gleicher Höhe wie die Spieler und verfolgten das Spiel.
“Weißt du was Ginny?” wollte Harry nach einiger Zeit wissen.
Ginny schüttelte den Kopf. “Was denn?”
“Mir kommt das so langsam vor.”
“Woran das wohl liegt?” fragte Ginny sarkastisch zurück.
“Ja klar, Ginny. Aber ich hätte nicht gedacht, dass man sich so schnell an so ein rasend schnelles Quidditsch gewöhnt.”
“Aber ist doch gut. Stell dir vor es wäre nicht so. Du wärst doch in null Komma nix wieder raus aus den Team.”
“Das ist verdammt schwer bei dem Niveau von dem Quidditsch mit zukommen.”
Ginny wandte nun ihre gesamte Aufmerksamkeit Harry zu und ĂĽberlieĂź ihr Team sich selbst. Denn er schien gerade auf dem besten Weg zu sein, sich einzureden, dass er nicht gut genug fĂĽr die Weltmeisterschaft war.
“Harry, jetzt hör mir mal gut zu.” forderte sie ihn auf. “Dass einer in die Nationalmannschaft gekommen ist, ohne vorher in einer kleineren Ländermannschaft gespielt zu haben, kommt nur exrem selten vor. Und du wurdest vom Fleck weg unter Vertrag gestellt.” Sie hob die Hand um Harry zum schweigen zu bringen. “Also hast du das Potenzial zum Weltklassespieler. Sag nichts dagegen, ich höre dir sowieso nicht zu und jetzt guck lieber meinem zweitklassigen Schulteam hier zu. Die erwarten gleich Lob und oder Kritik.”
Ihre Rede schien Harry die Sprache verschlagen zu haben, denn er schwieg und folgte wieder aufmerksam dem Speil der Gryffindors.
Irgendwann pfiff Ginny laut auf zwei Fingern und sie und Harry gingen mit dem Rest des Teams zu Boden.
“Ihr seit gut drauf heute!” lobte sie und wandte sich dann an Harry.
“Ich hatte gerade ne gute Idee, Harry.”
“Ja? Was denn?”
“Wie wärs wenn wir zu zweit probieren, die Schwächen des Teams auszunutzen. Dann müssen sie direkt in der Praxis ausbessern. Learning by doing sozusagen.”
“Könnte funktionieren, aber lass doch noch Jimmy und Richie bei uns spielen. Die haben als Treiber ja gerade nichts zu tun. Dann hätte jede Mannschaft drei Jäger und einen Hüter.”
“Ok, ihr habt Harry gehört, Leute! Die Mannschaften auf Position, Richie, de gehst als erster ins Tor und tauschst nachher mit Jimmy.”
“Ist das nicht ein bischen unfair?” wollte Anne wissen. “Harry ist viel besser als wir und Ginny ist auch mit Anstand die beste aus unserem Team.”
“Und ihr seit drei Jäger, die immer Jäger spielen. Harry spielt eigentlich Sucher. Dann haben wir nur noch mich, die Jäger spielt und noch nicht mal, weil ich Sucher machen muss.”
Daraufhin sagte Anne nichts mehr auch wenn Ginny ihr im Stillen Recht geben musste. Harry war sogar als Jäger besser als sie. Aber das brauchte man erst mal niemandem auf die Nase zu binden. Anderseits...
“Umstellung!” rief Ginny. “Ihr kriegt noch Jimmy. Dann spielen wir zwei gegen vier. Da kann niemand mehr sagen, dass wäre ungerecht.”
Und so begannen sie zu spielen. Ginny und Harry nutzten genau den Punkt aus, der die Mannschaft schwächte, nämlich die Pässe.
Ginny machte es ungeheuren Spaß mit Harry zu spielen und ihr Team aus der Reserve zu locken. Harry schien in der Rolle des Trainers aufzugehen. Er gab ihren Jägern immer wieder Tipps.
“Lass dir ein bischen mehr Zeit zum Überlegen bevor du wirfst, Demelza. Dann wird der Pass genauer.” “Andy, du wirfst sehr genau, jetzt wirf schneller. Der Gegner hat dann weniger Zeit zu reagieren.”
Und während die Mannschaft Harrys Anweisungen befolgte, genoss Ginny, dass jemand die Verantwortung von ihren Schultern nahm und sie einfach nur spielen brauchte.
Schließlich waren sie alle ko und zufrieden und als sie auf dem Boden landeten sagte Ginny: “Ich bin begeistert! Aber wir stimmen ja wohl überein, dass wir nichts weiterverraten? Irgendwer würde bestimmt auf die Idee kommen, dass es ja nicht ganz fair ist wenn Harry uns hilft. Also? Kein Wort!”
Und wieder einmal fand Harry sich in der Funktion Geheimwaffe wieder.
“Komm!” sagte Ginny und wollte Harry mit sich ziehen. Doch der verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust.
“Krieg ich keine Belohnung?”
“Belohnung?” wollte Ginny wissen und fuhr herum. Mit einem Schritt stand sie direkt vor ihm. “Was für eine Belohnung?”
Jetzt wo sie so nah vor ihm stand, kostete es ihn doch ein gewisses MaĂź an Selbstbeherrschung, das Speil weiter zu spielen.
“Naja, ich habe dein Training übernommen.”
Ginnys Augen verengten sich und sie kam noch ein bischen näher. Dann war sie auf einmal weg. Sie saß auf Harrys Feuerblitz und zwar zehn Meter über ihm.
“Hohl dir deine Belohnung doch!” rief sie und stieg noch ein bischen höher.
Harry schnappte sich ihren Besen und stieĂź sich vom Boden ab. Er jagte ihr hinterher, doch musste schnell einsehen, dass er gegen die Schnelligkeit des Feuerblitzes keine Chance hatte. Aber irgendwo musste sich das harte Training ja bezahlt machen.
Er stieg nach oben und raste dann ĂĽber Ginny lang, die sich umguckte, wo ihr Verfolger blieb. Sie wurde etwas langsamer und diesem Moment nutze Harry und griff von oben an.
Er ließ sich schnell sinken und hatte sie im nächsten Moment an den Schultern gepackt.
“Gibst du auf?” rief er über den Wind.
“Nie!” schrie Ginny und probierte sich los zumachen.
Harry ließ sie ganz kurz los nur um ihr seine Arme um die Taille zu schlingen und sie so besser festhalten zu können. Beharrlich zog er sie Richtung Boden und ließ sie auch dort angekommen nicht los.
“Gibst du jetzt auf?” wollte er wissen.
“Nö!” sagte Ginny und schüttelte den Kopf. “Jetzt kommt Plan B mit Trick 17.”
Und sie drehte sich in Harrys Armen einmal halb um sich selbst und kĂĽsste ihn direkt auf den Mund.
So direkt hatte er jetzt nicht damit gerechnet und das nutze Ginny aus. Er lockerte seinen Klammergriff um ihre Taille und sie konnte sich nach unten wegziehen und floh Richtung der Umkleiden.
Doch Harry folgte ihr nicht, so wie sie es erwartet hatte, sondern dachte sich: Das Spiel kann ich auch.
Dann ging er in die Umkleide und sagte zu Demelza: “Hier! Gib den Feuerblitz Ginny. Er ist für sie. Ich gehe Hagrid besuchen.”
Harry klopfte an die Tür der Hütte und wartete bis Hagrid “Komm halt rein, wer auch immer du bist!” rief, bevor er die Tür öffnete und eintrat.
“Harry!” rief Hagrid aus. “Dasich dich nochma zu Gesicht bekomm...” Und er eilte auf Harry zu und umarmte ihn das sämtliche Rippen knackten.
“Sorry, dass ich mich nicht vorher mal gemeldet habe!” entschuldigte Harry sich und ließ sich, während er sich die Seite rieb, auf einen Stuhl fallen.
“Is egal. Kanns ja verstehn.” brummelte Hagrid ohne ihn anzuschauen. “Hab ja auch nich geschriebn, hab ich nich? Könnt mich ja auchma um meine Freunde kümmern? Oder?”
“Ist schon ok!” wehrte Harry ab.
“Was machstn hier?” wollte Hagrid wissen.
“Oh” sagte Harry. “Sorry Hagrid aber ich nutze dich gerade ein bischen aus. Natürlich wollte ich dich auch wiedersehen, aber eigentlich bin ich wegen Ginny hier.”
“Ginny, hm?” wollte Hagrid wissen. “Hat dich ganz schön vermisst, letztes Jahr, Harry. Aba hat sich nich unterkriegn lassen. Nen verdammt starkes Mädchen, die Ginny.”
Darauf musste Harry nicht antworten, denn genau in diesem Moment flog die Tür auf und im nächsten Moment hatte Harry einen Feuerblitz im Schoß liegen.
“Bestechung!” zischte Ginny und funkelte ihn an.
“Nein.” sagte Harry ruhig und schaute ihr direkt in die Augen. “Nachträgliches Geburtstagsgeschenk.”
Darauf schien Ginny kein Argument einzufallen und so verabschiedete sich Harry schnell von einem grinsenden Hagrid und zog Ginny mit sich nach drauĂźen.
Es begann schon zu dämmern und Ginny spürte die Melancholie in sich aufsteigen.
“Ich geb auf!” flüsterte sie und im nächsten Moment spürte sie Harrys Lippen auf den ihren. Bereitwillig gab sie sich hin und öffnete ihre Lippen zu einem unheimlich schönen Kuss, einem Abschiedskuss.
Harry hatte versprochen zum Fuchsbau zu kommen und Hermines Abschluss zu feiern. Sie hätte Verständnis dafür, würde er erst später kommen, aber Harry hasst sowas.
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