
von Nurbla
13
An Hermine gingen die nächsten Tage vorbei, ohne dass sie etwas mitkriegte. Immer noch war sie fassungslos, probierte zu begreifen und war dauernd den Tränen nahe. Ron hätte sie gerne getröstet, doch er war selber ziemlich niedergeschlagen.
Sie waren bei dem Plan geblieben, der Familie nichts zu verraten, also schoben die Hermines gestörtes Verhalten auf den Unfall und Rons schlechte Laune auf Hermines schlechte Stimmung.
Harry hatte unterdessen eine andere Sorge, auch wenn er angesichts des Unglücks, sich ein bischen dafür schämte, aber am nächsten Tag war die Ordensverleihung und er war absolut nicht in der Stimmung für jegliche Öffentlichkeit.
Doch es gab auch eine gute Sache an Hermines schlechter Stimmung. George lebte wieder auf. Er schaffte es nicht zurĂĽck auf das witzige Niveau, das er mit seinem Zwillingsbruder drauf gehabt hatte, aber lustig war es trotzdem.
Es schien ihm auch immer mehr SpaĂź zu machen, andere Leute zum Lachen zu bringen auch wenn er nach wie vor viel alleine unterwegs war, oder sich in seinem Zimmer einschloss.
Bei dem Abendessen an diesem Abend viel Hermine auf, dass Harry ungewöhnlich still und zappelig war. Also entschloss sie sich, aus ihrem Nebel aufzutauchen und fragte über den Tisch hinweg: “Was ist mit dir los, Harry?”
George und Ginny prusteten los und unter Lachen wollte George schließlich wissen: “Hast du morgen schon was vor, Hermine?”
“Nein, aber ich wollte von Harry..., wieso George?”
“Ach, ich glaube, ein entfernter Bekannter von dir könnte deinen Beistand gebrauchen.” sagte George augenzwinkernd.
“Häh?” fragte Hermine und schaute mit gerunzelter Stirn von George zur grinsenden Ginny, zu Harry, der matt lächelte.
“Nein!” rief sie dann aus. “Oh Harry! Morgen ist der” sie versicherte sich mit einem Blick auf ihre Uhr, “Morgen ist die Ordensverleihung. Oh Gott, das hab ich total vergessen.”
“Willkommen zurück zu Hause!” sagte Ginny lachend und endlich konnte auch Hermine wieder lachen. Sie hörte erst auf, als Mrs Weasley entnervt sagte: “Wollt ihr noch zu Ende essen, oder kann ich abdecken?”
“Lass uns doch den Spaß, Mum.” sagte Ron und da schaltet sich auch Mr Weasley ein. “Molly, es ist doch so schön, wenn sie lachen können.”
Mrs Weasley wurde sehr still und gab allen noch einen Nachschlag Pudding.
Nach dem Essen verschwanden Hermine und Ginny in Ginnys Zimmer und schlossen die Tür sorgfältig ab.
Ron und Harry beschlossen rauszugehen und die letzten Strahlen der Sonne zu genieĂźen. Doch als sie sich gerade die Schuhe angezogen hatten, kamen Bill und Fleur, der man ansah, dass sie schwanger war, zur TĂĽr hereingeschneit und wurden stĂĽrmisch von Mrs Weasley begrĂĽĂźt.
“Ach Harry freut sich bestimmt, dass ihr gekommen seit. Der arme Junge ist schon ganz nervös.” flüsterte sie Fleur zu.
“Naja,” sagte Fleur laut. “Klein ist er nischt mehr.” Sie guckte von Harry zu Bill. “Nur ein kleines bischen kleiner als Bill.”
“Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!” mischte sich Bill ein und schüttelte Harry die Hand. “Sorry, dass wir nicht da sein konnten.”
“Nicht schlimm. Hab auch gar nicht gefeiert.” sagte Harry.
“Oh!” rief da Fleur. “Du bist 18 geworden, oder? Das `atte ich ganz vergessen, bei deinem 17. Geburtstag war isch soo aufgeregt wegen der `Ochzeit, weiß du?”
Harry musste darauf nicht gottseidank nicht antworten, da Mrs Weasley alle ins Wohnzimmer bat.
“Komm” meinte Ron etwas mürrisch. “Wir gehen auch wieder rein.”
Also zogen sie sich die Schuhe wieder aus und liefen hinter den anderen ins Zimmer. Dort unterhielt sich Percy, der sie ja noch nicht so gut kannte, mit Fleur und Mr Weasley probierte gerade seine Frau davon zu ĂĽberzeugen, dass Charlie seine Haare so tragen dĂĽrfe, wie er wolle. Er hatte an diesem Morgen ein Bild geschickt, ĂĽber das Mrs Weasley sich schon den ganzen Tag aufregte.
“Weißt du, Molly-Schatz, lass ihn doch. Er ist ein erwachsener Mann.”
“Aber Arthur, guck dir das doch an. Er sieht nicht so aus. Ich meine die langen Haare sind doch total albern. Wie ein störrisches Kind das eine Friseurphobie hat.”
“Also ich finde ja, es sieht verdammt nochmal cool aus!” rief da Ginny von der Küchentür aus. Sie hatte das Bild in den Händen und musterte es eingehend.
“Hi Bill, Hallo Fleur.” sagte sie dann und an ihre Mutter gewandt: “Mum, komm doch mal eben hoch, Hermine und ich brauchen deine Hilfe.”
“Oh!” rief Fleur hysterisch aus. “Wo ist meine Tasche Bill? Ich komme mit.”
“Dahinten!” sagte Bill grinsend und deutete auf eine Ecke.
“Danke schön. Du bist immer soo nett.” und sie gab ihm einen Kuss bevor sie, die Tasche in der Hand, den Raum verließ und die Treppe hoch schwebte.
“Was zum Teufel machen die da oben?” wollte Ron wissen und blinzelte.
“Du weißt doch.” sagte Bill lachend. “Es ist nur noch ein halber Tag bis morgen. Das ist sehr wenig Zeit, wenn man sich schick machen will.”
“Ja,” stimmte Mr Weasley ironisch zu. “Da haben wir es einfacher. Mit unseren stumpfen Festumhängen.”
“Trägt man bei sowas Festumhänge?” erkundigte sich Harry besorgt.
“Darauf kannst du Gift nehmen.” meinte da George und er ließ sich aufs Sofa fallen.
“Ich könnte drauf wetten die machen `ne riesen Party draus. Mit Buffet, tanzen, Raketen und sonn Zeug.”
“Oh nein!” rief Harry entsetzt.
“Da hättest du dich aber drauf einstellen sollen, Harry.” meinte George ohne einen Funken Mitleid. “Du bist schließlich der Held der Nation. Das wird sicher sehr spaßig.”
Bei Harrys entsetztem Gesicht musste Ron laut lachen und auch Mr Weasley und Percy grinsten. Doch Bill blieb ernst und meinte: “Mahl ehrlich Harry, Dumbledore wurde schon riesig gefeiert, als er Grindelwald besiegt hatte. Und du hast nicht einen aufsteigenden Schwarzmagier besiegt, sondern den, wahrscheinlich größten Schwarzmagier aller Zeiten, auf dem Höhepunkt seiner Macht getötet. Was erwartest du da?”
“Ich hab mir um ehrlich zu sein, darüber keine Gedanken gemacht.”
“Wir könnten dir erzählen, wie es das letzte Mal war.” schlug Mr Weasley vor und Bill nickte.
“Ich war zwar damals erst 9, aber die Erinnerungen sind noch sehr klar.”
Auf einmal war Harry gespannt. Er hatte sich auch tatsächlich noch nie Gedanken darüber gemacht, wie die Zaubererwelt Voldemorts ersten Fall gefeiert hatte.
“Erzähl du erst mal, Bill.” ließ Mr Weasley seinem ältesten den Vortritt. “Mich interessiert brennend, wie du das erlebt hast.”
“Ok” meinte Bill und dann begann er zu erzählen:
“Also, wie gesagt, ich war damals neun Jahre alt. Mum war immer sehr nervös, aber das waren wir ja nicht anders gewöhnt. Voldemort war ja schon eine ganze Zeit lang recht mächtig.
Dad war immer lange bei der Arbeit, wahrscheinlich um alles Mögliche vor den Muggeln zu vertuschen?”
Mr Weasley nickte zustimmend. “Das war eine ziemlich harte Zeit. Mach weiter Bill.”
“Mum hat zuhause Charlie und mir lesen und schreiben und sowas alles beigebracht, was bestimmt nicht einfach war. Wir waren ja den ganzen Tag im Haus eingesperrt, obwohl am liebsten die ganze Zeit herumgeturnt hätten. Wir waren ständig zappelig und haben uns ziemlich viel gestritten. Das war echt schrecklich, aber ich meine guck mal, Charlie war 8, Percy 5, die Zwillinge 3, Ron älter als 1.
Zwischen unseren Beinen krochen also jede Menge Kinder rum, die auf die besten Ideen kamen, wie man uns stören könnte. Angefangen mit Katzenfutter essen und endend mit Kochtöpfe durch die Gegend schmeißen und fliegen lassen. Und nachher hatte sie auch noch das Baby am Hals.”
“Ginny war ein schrecklicher Schreihals.” warf Mr Weasley ein.
Alle mussten lachen.
“Darf ich weiter erzählen?” fragte Bill auch grinsend und alle nickten.
“Mum hatte auch noch, zu unserem Lärm dazu, immer das Radio laufen um alle neuen Ereignisse möglichst schnell zu erfahren. Ok, das hat`s nicht wirklich gebracht, die neuen Nachrichten hat Dad immer Abends gebracht, aber ihr kennt je Mum...
Aufjedenfall an einem Morgen, an dem unser Unterricht extrem gut ging, schrie sie auf einmal: “Seit Leise!”
Wir waren damals alle sofort mucksmäuschen still, denn sie war so ernst. Und da brachten sie im Radio die Nachricht. Voldemort war gefallen, bei dem Versuch einen kleinen Jungen zu töten, nachdem er schon die Eltern des Kindes umgebracht hatte.
Mum hat einfach angefangen zu heulen.
Ginny, Ron und die Zwillinge haben direkt mit geschrien. Ich weiß gar nicht mehr was ich gemacht hab, aber Percy ist zu Mum hin und hat gesagt: “Nicht weinen Mum, ist nicht so schlimm.”
Da hat sie gleichzeitig geweint und gelacht und hat Percy umarmt und gesagt: “Nein Perce, es ist so sehr sehr schön.”
Nacheinander hat sie uns alle in ihre Arme geschlossen, ist singend durch die KĂĽche gehĂĽpft, hat alle Fenster weit aufgerissen, uns alle angezogen und ist dann mit uns in den Garten gegangen. Dort hat sie mit uns fangen und verstecken gespielt bis Dad kam und wir hatten einen riesen SpaĂź.
Wir durften sogar im Garten bleiben, als Mum und Dad nach drinnen gingen. Das hatten wir noch nie erlebt.
Dad haben wir nachher nicht mehr gesehen. Er war den ganzen Tag, die Nacht und den darauf folgenden Tag nicht da. Aber zu uns sind viele Verwandte zu Besuch gekommen und alle hatten gute Laune und waren lustig und laut und ich konnte lange nicht schlafen. Was wirklich passiert war begriff ich erst ein paar Jahre später.”
“Ja und dann Harry” erzählte Mr Weasley weiter, “haben um 12 Uhr Nachts überall im ganzen Land, Zauberer und Hexen ihre Gläser auf dich erhoben.
In der Nacht hätten wir uns fast an die Muggel verraten, alle waren ausgelassen und unvorsichtig. Ich hatte sehr viel zu tun. Aber trotzdem war es eine sehr schöne Zeit.
Kurz herrschte Stille, dann sagte George leise: “Also, jetzt weißt du was dich erwartet. Viel Spaß morgen Harry, also ich werde ihn haben.”
Harry wurde von einem Kuss von Ginny geweckt und hätte sich am liebsten umgedreht und weitergeschlafen. Doch einmal aufgewacht war er viel zu nervös um noch mal ernsthaft ans Schlafen denken zu können.
Also stand er auf und ging mit ihr zum FrĂĽhstĂĽck. Es war ziemlich voll mit Bill und Fleur noch extra dazu und auch ziemlich laut. Alle schienen sich auf die Ordensverleihung zu freuen, alle auĂźer Harry.
Er zwang sich etwas FrĂĽhstĂĽck rein und wurde dann von Ron gerettet, der in der gleichen Zeit dreimal so viel gegessen hatte.
“Kommst du mit meinen Umhang suchen?” wollte er von Harry wissen.
Fast freudig nickte Harry und ĂĽberlegte, ob Ron wirklich seine Hilfe wollte, oder ob er in Sachen TaktgefĂĽhl was dazu gelernt hatte.
“Hey,” meinte Ron auf dem Weg nach oben. “Das wird schon gut gehen, Mann. Immerhin hast du schon viel schlimmere Sachen erlebt.”
“Ron” sagte Harry. “Ich glaube ich fühl mich so wie du in der vierten vorm Weihnachtsball. Nur ein paar Nummern größer.”
“Oje” machte Ron. “Ich sag ja schon nichts mehr.”
Und dann sagte er etwas, was Harry Sorge in Panik umwandelte.
“Was ziehst du eigentlich an? Ich meine das Zeug aus der vierten ist dir mindestens 10cm zu klein.
“Daran hab ich überhaupt nicht gedacht. Was soll ich denn jetzt machen?”
“Behalt das Zeug an das du an hast. War nur ein Scherz!” rief er schnell und duckte sich unter Harrys Faust weg.
Als sie Rons Zimmer betraten, lag ein mittelgroßes Päckchen auf dem Bett, welches Harry irgendwie breiter vorkam als früher.
“Ron, du hast ein Geschenk.”
“Nein.” sagte der, nachdem er flüchtig drauf geguckt hatte. “Das ist für dich.”
Harry starrte auf das Päckchen und las laut vor was darauf stand.
“Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Du wirst das Geschenk brauchen. Bill, Fleur, George, Ron, Hermine.”“Mach`s schon auf!” sagte Ron ungeduldig und ließ sich aufs Bett fallen. Harry riss das Papier auf und hielt einen dunkelgrünen Festumhang in den Händen.
“Du bist hinterhältig.” warf Harry Ron vor.
“Klar” meinte der. “Dein Gesicht war aber gut.”
“Hmpf.” machte Harry und ließ sich auf Rons Schreibtischstuhl fallen.
“In einer halben Stunde wollen wir los.” sagte Mr Weasley, der den Kopf zur Tür reingesteckt hatte. “Zieht euch besser schon mal um. Und gefällt er dir Harry?” wollte er noch wissen, bevor er wieder verschwand.
“Man!” sagte Harry. “Das ganze Haus hat eine Verschwörung gegen mich geplant, kann das vielleicht sein?”
“Schon möglich.” grinste Ron und holte einen Festumhang aus seinem Schrank. “Ginny war richtig wütend, nicht mit in die Winkelgasse zu können, weil sie dich hier zu hause ablenken musste.”
“Ich krieg wohl überhaupt nichts mehr mit?”
“Nee” meinte Ron. “Unsere Hochzeit hast du auch verpasst.”
“Wa...? Ron verarsch mich doch nicht.”
“Ein Versuch war’s wert.”
Ein paar Stunden später, dass das mit der halben Stunde nicht geklappt hatte, war voraussehbar gewesen, standen sie da, wo vor drei Jahren die Quidditchweltmeisterschaft gewesen war.
“Der Platz” erklärte Mr Weasley, “ist immernoch so gut geschützt, dass das Ministerium ihn für ein Fest dieser Ausmaße gewählt hat.”
“Harry” sagte George fröhlich. “Das beruhigt dich doch sicher. Mehr als bei der Weltmeisterschaft werden nicht hier sein.”
“Unheimlich tröstender Gedanke.” zischte Harry leicht gereizt zurück.
“Hey” ging Ginny dazwischen und legte Harry sanft ihre Hand auf den Arm. “Kein Streit.”
Es waren selbst jetzt, zwei Stunden vor dem Beginn schon viele Zauberer da.
“Wir haben zwei Zelte!” rief Mr Weasley über den Lärm hinweg. “Kommt mit!”
Er führte sie an einer Bühne (Harry stöhnte auf) vorbei, zu zwei recht kleinen Zelten, was nichts bedeutete, wie Harry wusste. Er hatte ja schließlich sein ganzes letztes Jahr in so einem Zelt verbracht, was von innen einer kleinen Wohnung glich.
Mr und Mrs Weasley, Bill und Fleur nahmen das eine in Beschlag und lieĂźen das andere fĂĽr Harry, Hermine, Ron und Ginny.
Hermine versicherte sich gerade, dass ihre Frisur saĂź, als ein weitere junger rothaariger Mann den Kopf zum Eingang hinein steckte. Ein junger Mann mit sehr langen Haaren.
“Charlie” rief Ginny perplex aus. “Ich dachte du könntest nicht kommen.” Und sie lief zu ihm um ihren Zweitgrößten Bruder zu umarmen.
“Tja, dachte ich auch. Aber so ein Fest darf man sich doch nicht entgehen lassen.”
“Darf man schon.” meinte Harry leise und alle lachten.
“Wo sind den George und Percy?” wollte Charlie dann wissen, während er ganz das Zelt betrat.
“Streunen in der Gegend rum. Verstehen sich viel besser als früher.” meinte Ginny. Harry war sich sicher, dass sie an Fred dachte, als ein Schatten über ihr Gesicht huschte.
“Ich geh sie dann mal suchen.” meinte Charlie. “Ich schätze ich seh dich nachher da oben?” wollte er noch von Harry wissen.
“Danke fürs Erinnern.” erwiderte der sarkastisch.
“Ron,” sagte Hermine in diesem Augenblick eindringlich. “Ich hätte auch mal Lust zu gucken, wer so alles da ist.”
“Wa...oh ja.” sagte er mit einem Blick auf Harry. “Gute Idee, Hermine.” Und er rannte hinter ihr her aus dem Zelt.
Harry und Ginny mussten beide Lachen.
Dann meinte Ginny wieder ernst geworden: “Du wirst das schon überstehen, Harry.” Und sie nahm ihn ganz fest in den Arm. Harry beschloss, für diesen einen Moment, diesen einen Kuss zu vergessen, dass eine äußerst unangenehme Aufgabe auf ihn wartete.
Doch dieser kurze Moment wurde viel zu schnell unterbrochen, von einem Blitz und einer unangenehm bekannten Stimme, die ausrief: “Entzückend Harry!”
Harry löste sich von Ginny und sah sich um. Im Zelteingang stand eine gelockte Frau mit einer Krokodilledertasche. Rita Kimmkorn.
“Was tun Sie hier?” wollte Harry gereizt wissen.
“Oh, du weißt es gar nicht?” rief Rita gespielt überrascht aus. “Ich schreibe die Reportage über dieses Ereignis für den Tagespropheten.”
Und sie drehte sich auf dem Absatz um und marschierte wieder aus dem Zelt.
Ginny brach in eine Schimpftirade über die unverschämte Reporterin aus, in der “Falsche, hinterhältige Ringelnatter” noch mit Abstand das harmloseste war.
Dann fragte sie Harry auf einmal: “Was macht die jetzt mit dem Foto?”
“Naja” sagte Harry. “Du kennst doch unsere liebe Rita. Du kannst dir Morgen das Bild aus der Zeitung ausschneiden. Außerdem sind wir Morgen wahrscheinlich heimlich verlobt und du bist schwanger oder so.”
“Das sind ja schöne Aussichten.” sagte George, der in diesem Moment das Zelt betrat. “Aber von der Verlobung hättet ihr mir ruhig erzählen können.”
“Ach halt doch die Klappe!” zischte Ginny ihren Bruder an.
“Oh oh, ich dachte wir wollen keinen Streit.” sagte George grinsend.
Harry wollte gerade anfangen zu lachen, als etwas anderes ihn enorm ablenkte. Eine magisch verstärkte Stimme hallte über den Platz.
“Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie alle zu diesem äußerst festlichem Anlass.”
In einem anderen Zusammenhang und wäre er nicht so nervös gewesen, hätte Harry es vielleicht angenehm gefunden, Kingsley Shacklebolts tiefe Stimme wiederzuhören.
“Wir sind hier zusammen gekommen, wegen der Ereignisse des Junis.”
“Los” flüsterte Ginny. “Lass uns raus gehen.”
Harry wollte nicht, doch George und Ginny zogen ihn einfach mit nach drauĂźen.
“Wir haben lange unter der Macht des Schwarzmagiers gelitten und, so gut es eben ging, gelebt. Doch in diesem Juni wurde er besiegt, und Harry James Potter hat uns über alle seine finsteren Geheimnisse aufgeklärt. Lord Voldemort ist tot.”
Harry registrierte, dass noch immer viele Leute bei seinem Namen zusammenzuckten.
“Und deshalb gab es wahrscheinlich noch nicht oft einen so verdienten Merlinorden erster Klasse, wie wir ihn heute verleihen wollen.”
Um sie herum brach zustimmender Beifall und Jubel aus.
Ginny zog Harry langsam aber konsequent zur BĂĽhne. Dabei wurde sie erheblich von der Menschenmasse behindert, denn niemand hatte erwartet dem berĂĽhmten Harry Potter so nah zu sein und dem zur Folge nutzen alle das aus.
Harry fĂĽhlte sich ein bischen an seinen ersten Tag in Hogwarts erinnert. Alle starrten ihn an und wie damals wĂĽrde er gleich nach vorne mĂĽssen.
“Ich kann von mir behaupten” fuhr Kingsley dann fort, “dass ich Harry Potter recht gut kenne. Und ich möchte dich bitten Harry, komm auf die Bühne.”
“Genau!” sagte Ginny und schubste ihn die ersten Treppenstufen hoch.
Nun war er wohl oder ĂĽbel gezwungen auf die BĂĽhne zu laufen und Kingsley die Hand zu schĂĽtteln.
“Tut mir echt Leid Harry,” flüsterte der und fügte laut hinzu: “Hiermit erhält Harry James Potter, wegen Verdiensten an der Gesellschaft und am Staat, den Merlinorden erster Klasse.”
Kingsley übergab ihm den Orden und mindestens zehn Ministeriumsbeamte, denen Harry nie zuvor begegnet war, schüttelten Harry herzlichst lächelnd die Hand.
Von ihren Glückwünschen hörte Harry kein Wort, denn die Menge tobte vor Begeisterung.
“Willst du noch was sagen?” fragte Kingsley ihn irgendwann über den Lärm hinweg.
“Nein!” rief Harry schreiend zurück.
Doch dann hatte er einen Gedanken und sagte: “Doch will ich.”
Also richtete Kingsley seinen Zauberstab auf Harrys Kehle und murmelte den Zauberspruch zur Verstärkung der Stimme.
Die Menge wurde fast mucksmäuschenstill als klar wurde, dass ihr Held etwas zu sagen hatte.
Harry räusperte sich und sagte dann: “Eigentlich wollte ich ja gar nichts sagen, aber mir erscheint die Möglichkeit einfach einmalig.
Denn ich möchte ein für alle mal etwas klarstellen.”
Jetzt sagte niemand mehr einen Ton.
“Ich habe das alles nicht alleine gemacht. Und ohne viele Leute hätte ich das nie geschafft. Mindestens zwei Menschen hätten auch einen Orden verdient.”
Es war so still, dass man selbst Hermines unverstärkte Stimme gut hören konnte. “Hör bloß auf, den Ruhm wieder auf andere zu schieben.”
Alle lachten und Harry meinte: “Nein ich meine das ernst Hermine, ohne dich und Ron hätte ich das wirklich nie bewältigt.”
“Hör auf mit der Masche, die kennen wir!” rief Ron und wieder lachten alle.
“Aber es stimmt doch und das wisst ihr auch...”
“Ja ja ja ja ja!” rief Hermine und kämpfte sich durch die Menge um tatsächlich auf die Bühne zu steigen.
Ein Sicherheitsbeamter kam zu spät um sie aufzuhalten und so stand dann Hermine ein paar Augenblicke später mit verstärkter Stimme neben Harry.
“Das macht der immer so!” sagte sie an die Leute gewandt und deutete auf Harry.
“Und ich finde, jeder soll sich selber ein Urteil bilden, und wenn dann auch wirklich alle zu der Einsicht gekommen sind, dass Harry in Wirklichkeit total unfähig ist, dann können wir ihm den Orden immernoch abnehmen. Aber im Moment noch: Herzlichen Glückwunsch, Harry!” Und sie nahm ihn kurz in den Arm, bevor sie ihn von der Bühne zog.
Wieder brach Jubel aus und am FuĂźe der Treppe standen die Weasleys, Neville, Luna, Dean, Seamus und die Patil-Zwillinge und hielten sich vor Lachen kaum auf den Beinen.
“Echt dein bester Auftritt seit Trelawny!” rief Ron Hermine zu und küsste sie.
“Nach diesem sehr...klärenden Auftritt einer Freundin Harry Potters” sagte da Kingsley, “und dem schnellen Abgang des Ordenträgers, möchte ich noch sagen, und alle werden mir wahrscheinlich zustimmen, Danke Harry Potter! Wir haben unsere Hoffnungen auf den richtigen gesetzt und du hast uns vor dem gewissen Untergang der Freiheit und Gerechtigkeit bewahrt.”
Mrs Weasley drehte sich zu Harry um und nickte ihm mit Tränen in den Augen zu, Ron boxte ihm an die Schulter und streckte seinen Daumen in die Luft, Luna schien der Rede nicht zu folgen und starrte verträumt in die Luft und Ginny stellte sich auf ihre Zehenspitzen und gab Harry einen Kuss.
“Ich möchte sie bitten, meine Damen und Herren, eine Band zu begrüßen, die sich extra für dieses Fest beworben hat.” rief Kingsley über die Menge hinweg. “Sie freuen sich hier zu spielen. Begrüßen sie die Schicksalsschwestern!”
Wieder brach Applaus aus und neben Harry machte Ginny: “Wao!”
Harry wusste, dass sie diese Gruppe gut fand, immerhin hatte sie ein großes Poster von denen in ihrem Zimmer an der Wand hängen.
Und so weit Harry wusste fand er die auch nicht gerade schlecht. Er wahr wohl eher voreingenommen, denn die Schicksalsschwestern hatten ja schon beim Weihnachtsball in der 4.Klasse gespielt und das war nicht eine seiner angenehmsten Erinnerungen.
“Wir fühlen uns wirklich geehrt hier spielen zu dürfen!” rief da die eine der Schicksalsschwestern. “Und ich hoffe ihr werdet genauso viel Spaß haben wie wir. Und bevor wir anfangen: Herzlichen Glückwunsch Harry. Ich kann dich zwar grad nicht sehen, aber trotzdem!”
Und dann begann die Musik. Sie war so laut, dass, wenn man nach hinten ging, man sich gut unterhalten konnte.
dahin zog Harry Ginny und die anderen folgten ihnen mehr oder weniger.
Von weitem sah Harry Professor McGonagall, die sich in die entgegengesetzte Richtung kämpfte und dann kam auf einmal ein walroßartiger Mann von vorne auf ihn zu und schüttelte seine Hand, Professor Slughorn.
“Harry, mein Junge.” sagte er und lachte ihn an. “Habs doch immer gewusst, aus dir wird mal was feines.”
Harry schaute schnell zu Ron, wie der das wohl aufnehmen würde. Doch er guckte ganz schnell wieder weg. Er war sowieso schon kurz davor zu lachen und der Anblick von Ron, der das gleiche Problem zu haben schien, hätte ihm fast die nötige Selbstbeherrschung geraubt.
“Ich werde natürlich ein gutes Wort für sie einlegen, sie wissen schon, ich hab da so meine Beziehungen zum Ministerium. Natürlich müssen sie als Auror arbeiten dürfen, auch ohne Abschluss.”
“Zu nett Professor, aber...” sagte Harry, doch wurde von diesem unterbrochen.
“Harry, Harry. Ich bin nicht mehr dein Lehrer. Nennen Sie mich Horace. Und es macht mir gar keine Umstände wegen dem Ministerium. Es ist mir eine Freude, das für dich zu machen, natürlich.”
Harry bis sich auf die Lippen um nicht zu lachen, als George leise hinter ihm flüsterte: “Eine Freude wird es für den Angeber sein, so jemand Berühmtes beim Ministerium zu empfehlen.”
Und dann sagte Ron laut zu seinem alten Lehrer: “Ich glaube wirklich, dass die Leute vom Ministerium Harry schon kennen, Sir.”
“Ja ja, natürlich. Aber das Wort eines Lehrers, wissen Sie Mr...äh?”
“Weasley.” sagte Ron herablassend.
“Professor, ich verspüre gar nicht den Wunsch als Auror zu arbeiten.” sagte da Harry.
“Horace mein Junge, Horace. Wir werden ja sehen...” sagte Professor Slughorn und im Wegwatscheln rief er noch: “Natürlich werde ich auch bei McGonagall ein gutes Wort für Sie einlegen, Miss Granger!” Und weg war er.
“Alter Wichtigtuer!” sagte Hermine leise und forderte dann Ron zum Tanzen auf.
“Du willst nicht mehr Auror werden?”wollte Bill wissen.
Harry schüttelte den Kopf und meinte: “Ich hatte in meinem Leben schon so viel Stress. Das reicht mir erst mal aus.”
“Also ich finde die Entscheidung weise!” gab Mrs Weasley Kund.
Darauf erwiderte niemand etwas, denn die Musik hatte aufgehört zu spielen und McGonagall stand auf der Bühne.
“Ich, eine ehemalige Lehrerin von Harry Potter, bin heute hier, nicht um für mich zu sprechen, sondern um ein Versprechen einzuhalten.
Dumbledore sagte einmal zu mir: Harry wird es schaffen Minerva, und wenn ich dann nicht mehr da bin, dann gratuliere ihm von mir.”
Ihre Augen brauchten etwas bis sie Harry in der Menge fanden. Sie guckte ihn direkt an, als sie sagte: “Dumbledore wäre sehr, sehr stolz auf dich Harry. Aufjedenfall, weil er für dich empfand wie für einen Sohn und es gehasst hat, dich dieser Gefahr auszusetzen.
Und ich selber bin natürlich auch sehr stolz aus Sie.”
Sie nickte ihm noch einmal zu und schritt von der BĂĽhne.
Harry starrte auf den Punkt an dem seine Lehrerin gerade noch gestanden hatte.
Er war seltsam gerührt, solche Worte aus dem Mund der strengen Lehrerin gehört zu haben.
Es war fast ein Wunder, dass Harry Hagrid erst bemerkte, als der auf der BĂĽhne stand und Georges Beifall zu Jubel wurde.
“Liebe Minerva, ich habe Ihrer Rede noch etwas hinzuzufügen. Es gibt noch weitere Personen, die hier genannt werden sollten. Was ist mit Harrys Vater? Seiner Mutter? Sein Patenonkel? Remus Lupin?
Alle sind im Kampf gegen Ihr-wisst-schon-wen gestorben und wären jetzt auch sehr glücklich, dass du es geschafft hast, Harry!”
Neben Harry putzte sich Mrs Weasley die Nase und meinte: “Das waren schöne Worte, lass uns tanzen gehen, Arthur.”
Ihre Stimme klang verschnupft.
Als die Musik wieder einsetzte standen Harry und Ginny auf einmal alleine da.
“Komm!” sagte sie. “Ich hab noch nie mit dir getanzt. Langsam wird das auch mal Zeit.”
“Ok” meinte Harry und er zog Ginny eng an sich heran.
“So schlimm ist es doch gar nicht.” sagte sie nach kurzer Zeit.
Harry zuckte die Schultern und meinte dann: “Wahrscheinlich ist Morgen die einzige Zeitung, die nicht mich alleine auf der Titelseite haben wird, der Tagesprophet sein.”
“Warum?” wollte Ginny verwirrt wissen.
“Naja,” meinte Harry und musste schmunzeln, dass sie das vergessen hatte. “Du bist mit drauf.”
“Ach ja” sagte Ginny sarkastisch. “Ab morgen bin ich ja verheiratet und dreimalige Mutter.”
“Nicht zu optimistisch!” lachte Harry und küsste sie auf die Nasenspitze.
Der Tanz wurde sehr plötzlich unterbrochen, als eine kalte Stimme hinter Harry sagte: “Potter!”
Harry fuhr herum und sah sich eine Handbreit entfernt von Draco Malfoy. Er wich zurĂĽck und Ginny nahm vorsichtshalber seine Hand, sie kannte ja Harrys Temperament.
Als Malfoy keine Anstalten machte, etwas zu sagen, fragte Harry: “Was willst du, Malfoy?”
“Gratulieren!” schnarrte der, drehte sich auf dem Absatz um und ging.
Fassungslos starrte Harry seinem Schulfeind hinterher.
“Hättest du das erwartet?” wollte er irgendwann von Ginny wissen.
Sie schüttelte den Kopf und zog Harry wieder auf die Tanzfläche.
“Das kommt fast einer Entschuldigung nahe...”meinte Harry, immernoch erstaunt.
Es wurde noch ein sehr langer Abend, mit tanzen, reden und einem riesen Buffet.
Harry fand irgendwann Professor McGonagall und konnte ihr sagen, dass ihm ihre kurze Rede sehr gefallen hatte.
“Ach und Mr Potter.” sagte sie zum Abschied. “Professor Dumbledore lässt ausrichten, falls es wichtig ist, kannst du immer nach Hogwarts kommen und ihm an seinem Porträt besuchen.”
“Sagen Sie ihm Danke von mir!” bat Harry und sie reichten sich die Hand.
Als Harry morgens um 3 Uhr mit Ginny im Bett lag meinte er: “Du hattest Recht, es war nicht so schlimm.”
Und dann schliefen sie ein.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel