
von Nurbla
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Harry war mal wieder vor einem Streit um das Thema “Alte Runen” geflohen. Manchmal hatte er wirklich das Gefühl, dass seine Freunde es liebten sich zu streiten. Heute hatten sie angefangen, weil Ron statt einem ä ein a gelesen hatte. Hermine, die gewissenhafte Lehrerin, hatte ihn direkt verbessert und da war Ron aufgebraust. Er meinte, dass wäre ja wohl kein großer Unterschied und so mini Fehler bräuchte Hermine nicht korrigieren. An diesem Punkt war Harry geflohen, er wollte nicht in dieses Thema rein gezogen werden.
Jetzt lief er durch das trockene Laub, das unter seinen Füßen leise raschelte und fragte sich, was er machen sollte.
Beim Fischen hatte er nie Glück und das war auf Dauer ziemlich frustrierend. Die Karte des Rumtreibers lag sicher verwahrt in seinem Schlafsack im Zelt, also konnte er auch nicht Ginnys Punkt beobachten. Er hätte sie natürlich holen können, aber er wusste nicht ob er Hermines verständnisvollen Blick aushalten konnte und wollte.
Harry beschloss also ausfindig zu machen, wo das nächste Muggeldorf lag und dort vielleicht ein bischen Essen zu besorgen. Also sagte er zu seinem Zauberstab:``Weise mir die Richtung!´´ und lief drauf los. Während des Gehens hatte er Zeit zu überlegen und ihm viel ein, dass er ohne Geld wohl kaum etwas zu essen kriegen würde. Außerdem hatte er nur eine dünne Jacke an und ihm wurde langsam aber sicher erbärmlich kalt. Also blieb er stehen, drehte um und lief schnurstracks zu dem Zelt zurück.
Nur kurz wunderte es ihn fast, dass er sich nicht verlief, was in letzter Zeit echt ein Wunder war. Er hatte echt einen schlechten Orientierungssinn, viel schlechter als er je gedacht hätte.
Harry schlug den Eingang des Zeltes auf und im Hineingehen sagte er: “Lasst euch nicht stören, ich hol nur meine Jacke und Geld um einzuk...” weiter konnte er nicht reden. Denn das was er dort vor sich sah, machte ihn sprachlos.
Hermine saß, nur noch mit roter Unterwäsche bekleidet auf Rons Schoß. Dieser hatte wohl eigentlich gerade ihren BH aufmachen wollen, doch ließ entsetzt seine Hände fallen. Er sprang auf und Hermine stürzte rückwärts auf das Bett. Ron lief ohne Jacke, nur im T-Shirt nach draußen. Sofort verkroch sich Hermine unter dem Schlafsack und Harry ließ sich auf einen Stuhl fallen.
Plötzlich war ihm alles klar.
Rons Wunsch alte Runen zu lernen war geplantes Spiel. Sein eigenes Verlaufen von seinen Freunden gewollt und die Streits vor denen er immer Reiß aus nahm, geschickt eingefädelt. Alles nur Schauspiel und betrug.
Hermines Hab-ich-dir-doch-gesagt Blick hatte eine ganz andere Bedeutung als Harry angenommen hatte. Nicht Ron hatte erwartet, dass Harry mit lernen würde, sondern Hermine hatte gewusst, dass Harry nicht mit machen würde.
“Aber dann sind wir uns näher gekommen...”, geisterte Hermines Stimme in seinem Kopf herum, das war wohl doch recht wörtlich gemeint.
Es dauerte noch eine Zeit voller sarkastischer Gedanken, bevor Harry merkte, dass Hermine offensichtlich weinte. Deshalb sprach er sie vorsichtig an: “Hey, Hermine. Möchtest du jetzt schon reden?”
Nach eine kurzen Pause antwortete sie mit brüchiger Stimme: “Das bin ich ... dihir wohol schul-
dig!” Ihre Stimme hickste und sie schluchzte auf. Harry war die ganze Situation unangenehm, doch er hielt seine Stimme möglichst normal als er sagte: “Zieh dich doch erst mal an und dann beruhige dich wieder, Wir können dann immer noch reden. ...Also ich geh dann mal, damit du...”
Harry verließ das Zelt und setzte sich auf einen Stein vor den Eingang.
Hermine und Ron dachten jetzt bestimmt er wäre unheimlich wütend, aber aus irgendeinem Grunde war das nicht der Fall. Er fühlte sich in erster Linie merkwürdig allein und außen vor. Irgendwo danach hintergangen und heftig enttäuscht. Warum hatten ihn seine Freunde nicht einfach eingeweiht? Wann hatten sie eine Beziehung begonnen, die nicht auf Freundschaft, sondern auf Liebe basierte?
Doch tief in seinem Inneren, ganz verborgen fand er ein Gefühl der Freude. Er freute sich für seine Freunde, seine besten Freunde. Und dieser kleine Funken Freude kämpfte hart um Harry Zuneigung.
Er hatte Ron und Hermine auch nichts über sich und Ginny erzählt, außer den Sachen, die sowieso alle mitgekriegt hatten.
Und Harry beschloss seinen Freunden auf jeden Fall zu verzeihen, unabhängig von dem, was Hermine ihm gleich sagen würde.
“H...Harry!” Hermines Stimme war immer noch brüchig, “d... du kannst reinkommen!”
Harry stand auf und betrat das Zelt. Hermine hatte es sich auf einem Sessel mit ihrem Schlafsack gemütlich gemacht. In ihrer Hand hatte sie eine Tasse Tee und auf dem kleinen Tisch stand eine zweite für Harry. Er nahm sie sich und setzte sich Hermine gegenüber in den anderen Sessel und schwieg.
Er wusste nicht was er sagen sollte. Dies war wahrscheinlich das heikelste Thema in dieser Freundschaft. Irgendwann setzte Hermine zum Sprechen an.
“Harry ich,... ich meine es tut mir wirklich Leid.”
Er nickte und sie verfiel wieder in ein kurzes Schweigen. Dann setzte sie erneut an.
“Ich,...wir hätten es dir sagen sollen, von Anfang an. Ich meine wir wussten das mit dir und Cho auch sofort und das mit Ginny hatte sich ja wohl auch über Monate angebahnt und war nicht zu übersehen. Aber ich...Ach ich weiß auch nicht. Dafür gibt es keine Entschuldigung.-Du fühlst dich jetzt bestimmt hintergangen und bist ziemlich sauer auf Ron und mich, oder?”
Harry zögerte kurz bevor er sagte: “Ich dachte auch erst, dass ich total sauer bin, aber irgendwie stimmt das gar nicht. Ihr wisst ja auch nicht alles über mich und es ist ja auch nicht so, dass ich das nicht die ganze Zeit geahnt hätte. Ich meine Ron war schon total eifersüchtig auf Krum und wie du erst auf Lavender reagiert hast, meine Güte.”
Hermine entwich ein leises Lächeln und auch Harry musste lächeln. Und dann musste er auf einmal los lachen, denn irgendwie war das eine zutiefst komische Situation. Immerhin unterhielt er sich gerade mit seiner besten Freundin darüber, dass sie mit seinem besten Freund geschlafen hatte, wer weiß wie oft?
Hermine schaute Harry ziemlich verdutzt an und fing dann auch an zu lachen. Lachen schien sie zu befreien und aus ihren Tränen wurden Lachtränen.
Als sich die beiden wieder beruhigt hatten, kehrte wieder Stille ein, doch diesmal war sie angenehm. Es war eine Stille, die nur zwischen Freunden möglich ist, die sich gerade nichts sagen müssen, weil sie sich auch so verstehen.
Irgendwann fragte Hermine leise: “Hattest du denn schon mal...?”
Kurz schoss die Erinnerung von Hermine durch Harrys Kopf wie sie fragte: “Und? Habt ihr euch geküsst?”
Und wie damals, vor fast zwei Jahren, nickte er und dachte an die glücklichen Stunden mit Ginny im Gelände von Hogwarts. In diesem Moment vermisste er sie noch mehr als sonst. Er vermisste ihre Stimme, ihre weiche Haut, ihre kleinen Lippen, das Braun ihrer Augen und den Duft ihres Haares. Ihre Leidenschaft.
Harry riss sich zusammen. Jetzt war nicht der richtige Moment um von seiner Exfreundin, wie er sich schmerzlich erinnern musste, zu träumen. Es gab noch etwas zu tun.
“Soll ich Ron suchen, oder willst du?” fragte er Hermine. Nach einem kurzen Zögern sagte sie: “Du. Ich glaube dir glaubt er eher, dass...es dich nicht stört, wenn wir...”, weiter musste sie nicht sprechen, denn Harry verstand, was sie meinte und stimmte ihr in ihrer Vermutung zu.
Also stand er auf, nahm seine warme Jacke und ging nach draußen um Ron zu suchen.
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