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Fanfiction

Magic of Music - Abendstern

von halbblutprinzessin137

„Abendstern“

Seufzend trat Lily Potter in ihrem kleinen Heim in Godric's Hollow ans Fenster und blickte hinaus in den klaren Nachthimmel. Die Sterne funkelten hell wie blitzende Edelsteine auf schwarzem Samt. Schwarz wie seine Augen...
Erschöpft und aufgewühlt vergrub sie das Gesicht in den Händen. Die Enthüllungen des vergangenen Tages hatten sie stärker mitgenommen und ihr mehr zugesetzt als sie es sich hatte anmerken lassen. Nicht genug damit, dass es jetzt sicher war, dass Voldemort hinter ihnen und ihrem Sohn her war, und sie sich verstecken mussten!
Nein, es gab da etwas, das sie im Moment sogar noch stärker beschäftigte: Albus Dumbledore hatte ihr vertraulich unter vier Augen eröffnet, dass es ausgerechnet ihr alter freund aus Kindertagen gewesen war, der die verhängnisvolle Prophezeiung belauscht und Voldemort übermittelt hatte. Doch noch ehe die junge Frau sich von diesem Schock erholt hatte, hatte der alte Zauberer hinzugefügt, dass besagter Todesser diesen Schritt aus tiefster Seele bereue. Als ein ungläubiges Schnauben und mühsam unterdrückte Tränen der Wut die einzige Antwort gewesen waren, hatte Dumbledore darauf bestanden, Lily eine ganz bestimmte Erinnerung zu zeigen.
Und während sie zusah, wie Severus Dumbledore vollkommen verzweifelt und aufgelöst bat, sie zu schützen, wurden Lilys Gesichtszüge nach und nach immer weicher und die Tränen, die sie zuvor zurückgehalten hatte, tropften nun ungehindert auf ihre zitternden Hände, ohne dass sie es bemerkte, während sie gerührt in das schmerzverzerrte Antlitz blickte und dem Wortwechsel lauschte: „Und was werden Sie mir dafür geben, Severus?“
„Dafür - geben? ... Alles.“
Und die Worte, die Albus Dumbledore anschließend an sie richtete, waren dieselben, die ihr auch ihr Herz zuflüsterte: „Er liebt Sie, Lily. Er liebt sie wirklich.“
Und während diese Worte in ihr nachhallten, hob Lily langsam den Kopf und blickte erneut hinaus in die laue Sommernacht. Ja, es schien so, als wäre dies die schlichte Wahrheit: Er liebte sie. Und trotzdem war er jetzt irgendwo ganz allein und wusste gar nicht, dass sie ihm verziehen hatte, dass sie ihn noch immer mochte, vielleicht sogar ebenfalls liebte - nur eben auf eine andere Art...
Ob er jetzt gerade an sie dachte? Bestimmt, nach allem, was sie heute gesehen und gehört hatte! „Oh, Severus“, wisperte sie kaum hörbar. Hoffentlich spürte er, dass sie in Gedanken bei ihm war!
Eine Weile stand Lily Potter reglos am Fenster, dann öffnete sie den Mund und begann leise zu singen.

„Immer wenn du abends an mich denkst,
Du nicht einschlafen kannst,
Wenn du am Fenster lehnst
Und dich so sehr nach mir sehnst,
Wenn du dich vergessen wähnst,
Dann geht am Firmament
Ein heller Schein auf,
Der für dich brennt.

Ich bin dein Abendstern,
komm und schein für dich.
Ich begleite deine Träume
Durch die Nacht.
Egal wie weit ich bin,
Siehst du doch mein Licht.
Ich lächle dir zu,
Bis ein neuer Tag erwacht.“

Monate später stand Lily Potter wieder an genau demselben Fleck. Wieder schaute sie hinaus in den dunklen Schleier der Nacht und ließ ihre Gedanken schweifen.
Seit sie sich vor Lord Voldemort versteckt halten und unter dem Schutz des Fidelius-Zaubers leben mussten, empfand sie die Tage, die so unendlich langsam verstrichen, oft als einsam und eintönig. Wieder kehrten Lilys Gedanken zu ihrem alten Freund zurück, der mittlerweile als Spion für den Orden des Phönix tätig war, und wieder wünschte sie sich, mit ihm sprechen zu können.
Und da dies nicht möglich war, begnügte sie sich stattdessen damit, wieder ihr Lied in die nächtliche Landschaft zu hauchen und es auf die Reise zu schicken zu den silbrig-weiß blinkenden Sternen, die an kostbare Diamanten und an blitzende Tränen gleichermaßen erinnerten.

„Einsam zieh ich nachts die alten Bahnen,
Ein Knopf im Mantel der Nacht,
Durch ferne Galaxien.
Vorbei an Venus und Mars ziehen
Milchstraßenphantasien.
Und leise fällt mein Licht
Auf die Erde herab
Und trifft auch dich.

Ich bin dein Abendstern,
Komm und schein für dich.
Ich begleite deine Träume
Durch die Nacht.
Egal wie weit ich bin,
Siehst du doch mein Licht.
Ich lächle dir zu,
Bis ein neuer Tag erwacht.“

Sie beugte sich aus dem Fenster und das dichte dunkelrote Haar fiel ihr ins Gesicht. Mit geschlossenen Augen sang sie die letzten Zeilen. Und sie sang sie mit so viel Hingabe als hinge ihr Leben davon ab.

„Siehst du dort den Stern?
Er scheint dir so fern.
Er ist nicht nah,
Auch nicht greifbar.
Doch er schaut zu dir.
Er ist bei dir,
Wie ich...“

Zur selben Zeit stand in jener Nacht noch eine weitere Gestalt schlaflos am Fenster, viele Meilen entfernt.
Die blassen Hände des Mannes klammerten sich an das Fensterbrett wie die eines Ertrinkenden um den Rettungsring. Sein strähniges, schwarzes Haar fiel ihm in die Stirn und umrahmte sein fahles Gesicht wie zwei Vorhänge. Die tiefschwarzen Augen des Mannes waren unverwandt auf einen fernen, leuchtend hellen Stern gerichtet und auf seinem bleichen Antlitz lag ein wehmütiger, sehnsuchtsvoller Ausdruck.
Bis fast zum Morgengrauen verharrte er so am Fenster. Dann wandte Severus Snape sich abrupt ab und verschwand im Inneren des Hauses. Dabei löste sich eine einzelne Träne aus seinen pechschwarzen Augen und fiel glitzernd wie ein winziges Sternchen zu Boden.


***


Song: „Abendstern“ (Yvonne Catterfeld)


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