von Hannah Abbott 13
„Alter, man, ich muss mit dir reden.“, murmelte Ron etwas später Harry zu, der immer noch Ginnys Hand hielt. Er warf Ginny einen Blick zu, „Allein.“
Ginny verdrehte die Augen und küsste Harry auf die Wange bevor sie zu Hermine ging.
Ron bedeutete Harry ihm zu folgen. Er führte ihn zu der kleinen Mauer, die das Grundstück der Weasleys abgrenzte. Er setzte sich darauf und Harry tat es ihm nach.
„Lass mich raten.“, sagte Harry, bevor Ron den Mund öffnen konnte, „Es geht um die Verlobung.“
„Na ja, nicht nur.“, Ron schwieg kurz, „Also erst mal wollte ich mich noch mal für diese dumme Aktion gestern entschuldigen.“
„Ron, vergiss es einfach.“, unterbrach ihn Harry.
Ron zuckte die Schultern. „Und die Sache mit der Hochzeit. Ich weiß nicht. Vielleicht solltet ihr lieber noch etwas warten.“
Harry antwortete ihm erst nicht. „Wir wollen ja nicht schon morgen heiraten.“
Ron schüttelte den Kopf, „Das weiß ich. Trotzdem. Sie ist grade erst siebzehn, Harry. Kein normaler Mensch heiratet mit siebzehn oder achtzehn.“
Harry lachte kurz auf. „Ich hab es nicht so mit dem Normalen, wie dir vielleicht schon aufgefallen ist.“
Ron zuckte wieder die Achseln. „Wenigstens weiß ich jetzt, dass du es hundertprozentig ernst meinst. Aus der Sache kannst du dich jetzt nicht mehr so einfach rausziehen. Und wenn ich dich nicht umbringe, dann macht es Mum.“
Harry lachte wieder. „Ich glaube, Ginny kann das mindestens so gut wie du. Und tröste dich: Ich habe nicht vor, mich je von ihr zu trennen.“
Sie lachten beide. Harry viel auf, dass es ihr erstes Gespräch unter vier Augen war, das sie seit langer Zeit führten.
„Wie läuft es mit dir und Hermine?“, fragte Harry.
Ron grinste. „Bis auf meinen dummen Patzer gestern, alles super. Sie ist echt genial.“
Harry lachte. „Und das aus deinem Mund.“
Ron grinste noch breiter. „Man, du hast keine Ahnung. Die kann küssen, sag ich dir. Ich frag mich, wo sie das gelernt hat.“
„Ich hab nichts damit zu tun.“, erwiderte Harry.
Die beiden lachten wieder.
Harry ging an diesem Abend mit James und Lily zurück nach Godric’s Hollow. Hermine und Ginny wollten einen Mädelsabend machen, wie sie es nannten, und Harry und Ron hatten strengstes Verbot zu erscheinen.
James, Sirius, Fred und George wollten eine Kneipentour machen. Sie wollten Harry erst überreden, mitzukommen, doch er weigerte sich.
Er wollte den Abend lieber mit seiner Mutter verbringen. Ihre Vorstellungen von einem schönen Abend teilten sie fast gänzlich. Auf jeden Fall kamen keine Flaschen mit Feuerwhiskey drin vor.
Ginny hatte ihr Zimmer perfekt für eine Pyjamaparty hergerichtet. Hermine, die sowieso halb im Fuchsbau wohnte, brauchte nur noch zu erscheinen.
Als sie durch die Tür kam, hatte sie rote Flecken auf den Wangen. Ihre Augen funkelten.
Ginny zog die Augenbrauen hoch. „Was hat Ron denn mit dir gemacht?“
Hermine kicherte und verschloss die Tür mit einem Schlenker ihres Zauberstabes. „Du hast keine Ahnung, wie gut er küssen kann.“
„Nein.“, stimmte ihr Ginny zu, „Ich glaube, ich will’s auch gar nicht wissen. Er ist immerhin mein Bruder.“
Die beiden kicherten.
„Das war voll süß von Harry heute, was?“, fragte Hermine, nachdem sie sich wieder halbwegs beruhigt hatte.
Ginny nickte. Es war unglaublich gewesen. Harry hatte sie wirklich überrascht. „Ja, er ist einfach genial.“
Hermine nickte. „Du hättest keinen besseren finden können. Weißt du, was für ein Glück du hast?“
Ginny nickte. Vor ihrem geistigen Auge sah sie Harry. So, wie er sie angesehen hatte, als er sie heute gefragt hatte. „Ja, ich weiß. Bist du etwa eifersüchtig?“
„Nein.“, rief Hermine empört, „Aber er ist mein bester Freund. Ich kenne ihn.“
„Wusstest du, dass er vorhatte, mir einen Antrag zu machen?“
Hermine schüttelte den Kopf. „So wie ich ihn kenne, hat er es keinem gesagt. Er wird sich schrecklich den Kopf zerbrochen haben, aber er wird dich als aller erstes gefragt haben.“
Ginny nickte. Das hatte sie vermutet. „Meinst du, dass Ron…?“
Hermine begann wieder zu kichern. „Ich glaub nicht. Und ganz ehrlich, ich will es jetzt auch noch nicht. Ginny, ehrlich, welcher normale Mensch heiratet mit siebzehn?“
Jetzt kicherte Ginny wieder. „Harry ist nicht normal. Und das ist gut so.“
Plötzlich wurde Ginny wieder ernst. „Du und Ron, habt ihr eigentlich…?“
Hermine verstand und begann wieder zu kichern. „Ja.“
„Und?“, fragte Ginny, „Wie war’s?“
Hermine kicherte noch mehr. „Unglaublich. Ich hab dir doch gesagt, Ron ist unglaublich.“
„Wann?“, fragte Ginny.
„In der Nacht nach Harrys Geburtstag, als ihr beide in seinem Haus geschlafen habt.“, Hermine machte eine Pause, „Habt ihr denn…?“
Ginny schüttelte den Kopf. „Ich würde schon gerne, aber ich weiß nicht, wie Harry darüber denkt.“
Hermine lachte. „Ginny, er hat dir einen Heiratsantrag gemacht.“
„Ich weiß. Aber Harry würde mich nie danach fragen. Er hätte bestimmt Angst, dass ich mich unter Druck gesetzt fühle.“
„Harry ist vielleicht etwas überfürsorglich, aber er kennt dich doch. Er weiß, dass du nicht mit ihm schlafen würdest, nur um ihm einen Gefallen zu tun.“
Überfürsorglich war genau das richtige Wort um Harry zu beschreiben. Aber nur auf der einen Seite. Vielleicht wäre es das Beste, ihn einfach als bombastisch zu beschreiben, dachte Ginny und gähnte. „Weißt du was, Mine? Ich glaube, ich frage ihn einfach mal. Irgendwann.“ Ginny gähnte noch mal. Es war spät geworden, schon fast halb zwölf und sie war heute Morgen in aller Herrgotts Frühe aufgestanden, um die Feier vorzubereiten. Sie zog sich ihre Decke bis ans Kinn.
Hermine lachte leise. „Ich dachte, du bist eine mutige Gryffindor?“
„Ich habe nicht so ewig gebraucht, um mit Harry zusammenzukommen, wie du mit Ron. Darf ich dich daran erinnern, dass du dich jahrelang nicht getraut hast, ihm etwas zu sagen.“
Hermine murmelte etwas, das Ginny nicht verstand. Es klang so müde wie sie sich fühlte.
Kaum hatte sie die Augen geschlossen, träumte Ginny wieder von Harry. Doch zum ersten Mal trug sie ein weißes Kleid, wenn auch nur im Traum…
Es war ein schöner Abend. Die Sonne schien noch und es war noch warm.
Harry und Lily hatte beschlossen, noch einen Spaziergang durch das Dorf zu machen. Harry wollte nachsehen, was mit den Gräbern seiner Eltern passiert war.
Auf dem Weg lachten er und Lily viel. Sie hatten noch nicht viel miteinander unternommen. Harry konnte gut verstehen, warum James sich in sie verliebt hatte. Es war sehr lustig, mit ihr zusammen zu sein.
Harrys Lachen verstummte, als sie den Friedhof betraten. Die Gräber waren kaum wiederzuerkennen, das letzte Mal, dass er sie gesehen hatte, waren sie mit einer dicken Schneeschichte überzogen gewesen.
Lily sah sich ratlos um. „Wohin sollen wir gehen?“, fragte sie.
Harry meinte, sich zu erinnern, wo es gewesen war und ging los. Lily folgte ihm schweigend.
Als Harry das Grab erreichte, das er als das seiner Eltern erkannte, blieb er wie angewurzelt stehen. Die Namen und die Daten waren verschwunden. Es stand nur noch der Spruch: ‚Der letzte Feind, der besiegt werden wird, ist der Tod.‘, darauf.
„Ist es das?“, fragte Lily leise.
Harry nickte. Auch wenn er wusste, dass es keinen Grund zur Trauer mehr gab, ergriff eine merkwürdige Traurigkeit von ihm Besitz. Hier war es gewesen, genau hier.
„Harry, ist alles in Ordnung?“, fragte Lily. Auch sie klang merkwürdig. Wie es sich wohl für sie anfühlte, an ihrem eigenen Grab zu stehen?
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