von Hannah Abbott 13
Harry wachte davon auf, dass er auf den Boden krachte. Er brauchte ein paar Sekunden um sich zu erinnern, wo er war.
Ginny sah von der Hängematte zu ihm herunter und gähnte: „Was machst du denn da unten?“
Harrys Meinung nach war das eine ziemlich dumme Frage. „Ich bin runtergefallen. Was dachtest du denn?“ Er blinzelte zu ihr hoch.
Die Sonne schien hell durch die großen Fenster. Der Himmel war hellblau und wolkenlos.
Immer noch verschlafen rappelte sich Harry hoch und streckte sich.
Seine Armbanduhr zeigte halb elf.
„Wir haben verschlafen.“, sagte er zu Ginny, „Meine Eltern haben bestimmt schon gefrühstückt.“
„Dann essen wir eben hier.“
„Wenn wir was essbares in der Küche finden.“
„Du kannst doch was zaubern.“
„Man kann kein essen zaubern. Das ist eine der fünf ausnahmen von Gamps Gesetz der Elementaren Transfiguration.“ Harry erinnerte sich an das diesbezügliche Problem. Im Moment betraf es ihn natürlich weniger, aber die Erinnerungen an die Essensnot auf der Suche nach Horkruxen waren ihm lebhaft im Gedächtnis geblieben.
„Dann ruf Kreacher oder Dobby.“, schlug Ginny vor.
„Ich werde die beiden in die Freiheit entlassen, und Kreacher gehört mir sowieso nicht. Rugulus ist sein Meister.“, Harry verzog das Gesicht, als er das letzte Wort aussprach, „Und Dobby arbeitet doch in Hogwarts, oder nicht?“
„Dann halt nicht.“, brummelte Ginny und reckte sich.
Die beiden gingen schnell duschen und Harry zauberte für beide frische Klamotten.
Dann machten sie sich in der Küche auf die Suche nach etwas Essbarem. Tatsächlich fanden eine Packung Toast und ein Glas Nutella.
Die zwei setzten sich an den großen Esstisch und begannen ihr Frühstück.
„Weißt du was? Ich glaube, deine Eltern haben eine ziemlich große Familie für dich geplant.“, sagte Ginny und musterte den Tisch, der bequem Platz für zehn Personen bot.
„Für uns haben sie eine große Familie geplant.“, verbesserte Harry sie, „Aber die Idee ist mir auch schon gekommen. Wir brauchen mindestens sechs oder acht Kinder um dieses Haus zu füllen.“
Ginny nickte zustimmend. „Aber das wird wohl nichts, oder? Im Spiegel waren doch nur drei Kinder, oder?“
Harry verdrehte die Augen. „Nur.“, wiederholte er.
„Wo kommt ihr denn jetzt erst her?“, grinste James, der in einem Gartenstuhl saß und mit Sirius Karten spielte.
Harry wurde nicht mal mehr rot, Ginny auch nicht. Solche Anspielungen kamen von James alle paar Minuten. „Wir haben verschlafen. Warum seid ihr überhaupt schon wach? Es ist doch erst halb zwölf. Hat Mum euch aus dem Bett geschmissen?“
Wie auf Knopfdruck schüttelten die beiden die Köpfe. „Jess.“, sagten sie wie aus einem Mund.
Harry lachte. „Da wirst du dir das mit der Hochzeit wohl noch mal überlegen, was Tatze?“
Sirius grinste breit. „Das ist sie wert. Übrigens: Lies mal die Zeitung, sollte interessant für dich sein.“
Harry verdrehte genervt die Augen, was aber nicht Sirius galt.
Als sie in Richtung Haus gingen, hörten sie noch, wie der Kartenstapel hinter ihnen in die Luft flog.
„GEWONNEN!“, rief Sirius, „Du muss bei meiner Hochzeit Blumenmädchen spielen, Krone.“
James fluchte.
Harry und Ginny lachten laut und zusammen gingen sie ins Haus in Harrys Zimmer. Auf dem Weg schnappte Harry sich noch den Tagespropheten vom Küchentisch.
Was über ihn in der Zeitung stand war nicht annähernd so schlimm wie er befürchtet hatte, und es war ganz sicher nicht von Kimmkorn – zum Glück. Viel eher war die ganze Seite mit Anzeigen übersät mit Glückwünschen an ihn. Wenn irgendjemand noch nicht gewusst hatte, wann sein Geburtstag war, dann war jetzt bestens informiert.
Er knüllte die Zeitung zusammen und warf sie in den Papierkorb unter seinem Schreibtisch. Dann wandte er sich seufzend dem Stapel Briefe auf seinem Schreibtisch zu.
Ginny hatte ihn schweigend beobachtet. „Willst du wirklich, dass ich mitlese? Immerhin sind es deine Briefe…“
„Ja, und ich bin dein Freund. Aber du musst natürlich nicht. Ich wollte nur sicher gehen, dass du weißt, dass ich keine Geheimnisse vor dir habe und mir nicht nebenbei ein Date klar mache.“
Ginny zuckte die Schultern. „Ich glaub dir. Dazu muss ich nicht diese dummen Briefe lesen.“
Aber dem Blick nach zu urteilen, den sie auf die Briefe abfeuerte, waren sie ihr doch alles andere als egal.
„Du kannst sie verbrennen.“, schlug Harry vor, „Ich würde sie ja nicht mal lesen, wenn ich nicht sicher gehen müsste, dass mich keine von denen besuchen will.“
Ginny nickte betrübt. „Ich weiß.“
„Hey, ich wäre auch alles andere als froh, wenn dir alle Jungs Briefe schreiben würden. Aber ich könnte es durchaus verstehen.“ Er grinste.
Ginny lachte nicht. „Ich bin nun mal nicht berühmt. Im Ernst, du könntest alles machen, in der Zeitung wird eine reisen Story draus gemacht.“
Harry schüttelte den Kopf. „Eben. Da siehst du, wie viel Wahrheit an solchen Geschichten ist.“
Ginny nickte nur, sagte aber nichts.
Harry runzelte die Stirn. „Sag mir, was los ist.“ Er legte die Hände auf Ginnys Schultern.
Ginny wich seinem Blick aus. „Na ja, es wäre mir egal, wenn es irgendwelche Fremden wären. Aber ich kenne sie. Romilda Vane zum Beispiel. Ich habe sechs Jahre lang mit ihr in einem Schlafsaal geschlafen. Und sie schreibt dir so einen dummen Brief.“
„Mir ist der Brief egal, Ginny. Ich liebe dich, auch wenn Romilda Vane sich auf den Kopf stellt.“
„Es ist wahrscheinlicher, dass sie dir wieder Liebestrank unterjubelt, als dass sie Kopfstand macht. Ich werde dich wahrscheinlich nicht immer warnen können.“
„Warnen?“, fragte Harry verwirrt.
Ginny lächelte. „Ich habe Hermine letztes Jahr gesagt, dass sie plant, dir welchen zu geben.“
„Echt?“, murmelte Harry, „Danke. Dann verdanke ich dir wohl mein Leben, was?“ Er grinste.
Ginny lachte immer noch nicht. „Das schlimmste ist, dass ich Angst habe, du könntest dich auf eine einlassen und dass sie dir dann das Herz bricht.“
„OK.“, meinte Harry, „Ich schwöre dir hoch und heilig, dass ich mich nie im Leben auf eine von ihnen einlassen werde und ich werde mein bestes tun, damit mein Herz ganz bleibt. Und deshalb werde ich bei dir bleiben, OK? Mal ehrlich, wenn wir uns trennen würden, wäre meine Herz sowieso im Eimer. Und außerdem könnte ich es dir nicht antun. Ich habe diesen Fehler ein Mal gemacht, ein zweites Mal ganz bestimmt nicht.“
Ginny nickte. „‘schuldigung, ich wollte dich nicht beunruhigen. Aber es macht mich ganz krank, dass ich nächstes Jahr wieder mit Romilda Vane in Hogwarts sein werde. Sie wird mich hassen.“
Harry wusste nicht, was er sagen sollte. Dean hasste ihn nicht, da war er sich sicher. Er hatte es da ziemlich gut erwischt. „Es tut mir Leid. Ich weiß, es ist alles meine Schuld. Ich werde alles tun…“
„Harry.“, unterbrach ihn Ginny, „Nichts ist deine Schuld. Du kannst ja nichts dafür, dass du berühmt bist.“
„Ich hätte aber die Briefe sofort verbrennen können, dann müsstest du dir keine Sorgen machen. Wenn ich dir nichts davon erzählt hätte…“
„…dann hätte ich es irgendwann doch rausgefunden. Harry, nichts ist deine Schuld. Im Gegenteil, ich bin Schuld. Ich hätte einfach nichts sagen sollen. Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst. Ich wollte dich nicht beunruhigen. Ist schon OK.“
Harry funkelte sie an. „Ginny, hör auf damit. Du kannst doch überhaupt nichts dafür, dass mir diese ganzen Verrückten Briefe schreiben.“
„Dann hör du auch auf, dir immer die Schuld zu geben! Was kannst du denn dafür?!“
Eine Stimme von der Tür unterbrach die beiden. „Ihr streitet euch doch nicht etwa wegen dieser dummen Briefe, oder?“
Es war Lily. Offenbar hatte sie alles mitgehört.
Harry war immer noch sauer. „Geht dich nichts an.“, murmelte er.
Lily ignorierte ihn gekonnt. „Ich hätte da eine Idee. Schick doch einfach einen Leserbrief an den Tagespropheten und schreib, dass du dich über die Glückwünsche gefreut hast, aber dass du schon eine Freundin hast. Dann musst du sie auch nicht alle lesen.“
„Gute Idee.“, stimmte Ginny ihr zu,
Harry nickte. Sein Zorn war so schnell verraucht, wie er gekommen war. „Gut, dann schreibe ich jetzt gleich. Dann habe ich es hinter mir. Am besten sage gehe ich auch heute Nachmittag nicht in die Winkelgasse, sondern…“
Ginny unterbrach ihn wieder. „Oh, doch. Du wirst da hingehen. Und du wirst ohne mich gehen.“
„Warum?“, fragte Harry misstrauisch.
„Ich vertraue dir.“, sagte Ginny, „Ich muss nicht dabei sein. Und außerdem geht mich das alles gar nichts an. Es ist allein deine Angelegenheit.“
„Ich weiß, dass du mir vertraust. Das musst du mir nicht beweisen. Du muss dir das nicht antun, wirklich, Ginny.“
„Harry, es ist kindisch, wenn ich mitkomme und zuhöre.“, Ginny funkelte ihn an.
Harry, der wirklich keinen Streit mehr wollte, zog ergeben den Kopf ein. „Schon gut. Ich mach alles, wie du willst.“
Lily lachte laut.
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