von Hannah Abbott 13
Kaum waren Lily und James in ihrem Schlafzimmer und Sirius im Gästezimmer verschwunden, holte Harry seinen Tarnumhang hervor und schlich die Treppe herunter, nach draußen. Im Garten zog sich seine Tarnumhang an und disapparierte.
Oben im Schlafzimmer stand Lily am Fenster und sah ihren Sohn verschwinden.
„Wo will er hin?“, fragte sie ihren Mann.
„Wenn ich mich nicht sehr irre, zu Ginny.“
„Um diese Zeit?“
James zuckte die Achseln: „Würde ich auch machen.“
„Männer.“, murmelte Lily und kuschelte sich zu James ins Bett: „Ich muss dir was sagen, James.“
„Was denn?“, er strich ihr über die Wange.
„Ich wollte es dir eigentlich schon an dem Abend sagen, an dem wir gestorben sind.“
Er lächelte: „Was willst du mir sagen, Lil?“
„Also, ich bin mir nicht sicher... aber - wenn wir so wiedergekommen sind wie wir gegangen sind - dann...“
„Was ist dann, Lily?“
„...dann bin ich... dann bekommt Harry... ein Geschwisterchen.“
James schien erst erstaunt, dann grinste er: „Das ist toll. Wollen wir nur hoffen, dass dieses Kind eine bessere Kindheit haben wird als Harry sie gehabt hat.“
„Wir müssen uns keine Sorgen machen. Voldemort ist weg.“
„Ja... der arme Harry...“
„Er wird sich freuen. Ganz sicher.“
„Ja, ganz sicher. So wie ich ihn kenne, hat er sich das gewünscht.“
„Harry ist eigentlich zu gut für diese Welt.“
Die beiden schliefen eng aneinander gekuschelt ein.
Auch Sirius hatte Harry beobachtet. Als er sich wieder ins Bett legte dachte er an Harry, der sich vermutlich mit Ginny traf.
Er selbst hatte so viele Freundinnen gehabt, dass er sie nicht mehr zählen konnte, aber nur eine mit der er sich wirklich wohl gefühlt hatte, die er vielleicht hatte heiraten wollen. Sie war gestorben. Auch sie war im Orden gewesen. Voldemort hatte sie vor seinen Augen umgebracht. Wenn er daran dachte zersprang im fast das Herz. Er sah sie wieder am Boden liegen, die dunklen Augen leer zum Himmel starrend.
Er konnte nicht verstehen, warum sie nicht auch zurückgekehrt war. Lord Voldemort hatte sie getötet, oder nicht? Sie war nicht gekommen. Er hatte sie gesucht, er hatte das ganze Schlossgelände durchkämmt. Vergeblich.
Hatte sie etwa sterben wollen? Hatte sie ihn doch nicht geliebt? Sie hatte es ihm gesagt, gewiss, aber... Nein! Das konnte nicht sein. Sie hätte ihn niemals angelogen. Oder doch? Am liebsten hätte er seinem Gehirn... aber das brachte auch nichts. Es musste doch einen Grund geben.
Er hatte sie schon seit Jahren vermisst, fast so sehr wie James. Aber wenigstens war ihr Tod nicht seine Schuld... Oder hielt sie sich nur versteckt, weil sie ihm doch die Schuld gab? Aber das wäre nicht ihre Art gewesen...
Er mochte alles an ihr, von ihren Haaren bis zu ihrem Namen: Jess McKinnon.
Er zuckte zusammen. Unten an der Haustür klopfte jemand. Leise, zögernd, aber in der Stille doch gut hörbar.
Er zog sich seinen Morgenmantel ĂĽber und nahm seinen Zauberstab vom Nachtisch.
Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt breit und linste hinaus.
Da stand sie. Die glatten, schwarzen Haare bis zu den Schultern, die dunklen Augen blickten in seine. Sie lächelte freundlich, aber auch schüchtern und verlegen.
Sirius bemerkte, dass ihm sein Mund offen stand und er klappte ihn schnell zu. „Jess! Was... w-was machst du hier?“, stammelte er. In seinem geschockten Gehirn nahm der Gedanke Gestallt an, dass er schrecklich aussehen musste. Ein alter Morgenmantel, verstrubbelte Haare, verquollene Augen.
„Ich... du... wir... also... ähm...“, sie war offenbar genauso verwirrt wie er, „Ich hab dich... ich hab dich gesucht.“
Sirius sammelte sich schnell wieder und zog die TĂĽr leise hinter sich zu.
„Komm. Da hinten ist eine Bank.“, er führte sie hinter das Haus. Es war fast Vollmond und im Mondlicht sah Jess fast noch schöner aus als sonst. Sie setzten sich. Die Nacht war warm und sternenklar. Es war ungewöhnlich schönes Wetter für diese Jahreszeit. Eine leichte Brise zerzauste ihre Haare...
„Wo warst du?“, fragte er nach einer Ewigkeit, in der sie sich ansahen.
„Tot.“
„Ich meine gestern.“, sagte Sirius leicht verärgert.
„Ich hatte mich versteckt. Ich... ich hatte Angst... dass du mich nicht mehr magst...“
„Und ich hatte Angst, dass du mich nicht mehr willst...“
„Warum sollte ich jemand anderen wollen? Ich liebe dich doch... Und du warst immer der Mädchenschwarm. Ich habe nie verstanden warum du ausgerechnet mich...“
„Du bist die beste. Ich liebe dich.“
Sirius war glücklich. So glücklich. Er hatte seinen besten Freund, er hatte seinen Patensohn, er hatte seine Freundin, er hatte die Freiheit. Alles von dem er gedacht hatte, es wäre für immer verloren, er würde es niemals wiederbekommen, höchstens nach dem Tod.
„Wie geht es Lily?“, fragte sie. Natürlich, sie war eine von Lilys besten Freundinnen gewesen.
„Es geht ihr gut, denke ich. Sehr gut um genau zu sein. Aber ich denke sie hat dich sehr vermisst.“
Zu der Zeit in der sich Sirius und Jess unterhielten, beobachtete Harry unter dem Tarnumhang den Fuchsbau. Gerade ging die Tür hinter Charlie zu, der den Garten noch aufgeräumt hatte.
Harry ging in den Obstgarten. Dort lehnte er sich gegen einen Baum und erhob den Zauberstab: „Nuntio Ginny.“, murmelte er leise und dachte an die Nachricht.
Fünf Minuten später erschien Ginny, ihre helle Haut leuchtete im Mondlicht und ihre langen Haare wehten im leichten Wind. Sie strahlte.
„Hi, Harry.“, sagte sie leise und setzte sich neben ihn an den Baum gelehnt hin. Er lächelte sie an. Harry machte ein kleines Lagerfeuer, an dem sie sich wärmen konnten, obwohl es eigentlich warm war.
Zur selben Zeit kamen Hermine und Ron kichernd aus der TĂĽr des Fuchsbaus, ohne das es irgendjemand bemerkte. Die beiden wollten in London in eine Kneipe oder Disco gehen, was sie auch taten.
George hatte Angelina in der Winkelgasse getroffen und Fred traf sich mit einem Muggelmädchen. Sie gingen ein wenig in einem nahen Park spazieren.
Bill und Fleur waren alleine in ihrem Haus, zum ersten Mal seit langer Zeit. Keiner musste sich mehr Sorgen machen, um die Familie oder um Freunde.
Und sogar Percy hatte ein Date mit seiner Arbeitskollegin Audrey.
Insgesamt war diese Nacht eine Nacht der Liebe, wie es sie wohl noch nie gegeben hatte.
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