von Godess_Artemis
Unsteter Herzschlag
Die Dunkelheit in seinem Inneren und das grelle Licht der Lampen, die rings um ihn befestigt waren und seinen Körper anstrahlten...die Nebenwirkungen des Fluches und die heilenden Hände der Mediziner...was würde wohl schneller sein? Welche Seite würde „den Sieg“ wohl diesmal davontragen? Und falls die gute Seite gewann, gab es danach einen weiteren Kampf, weitere Qualen?
Gellert hatte nicht mehr die Kraft sich erneut den Auroren zu stellen, die ihn nach Askaban geschickt hatten. Vielleicht sollte er um des lieben Friedens Willen einfach einen Deal machen und irgendwie verhandeln damit sie ihn nicht wieder zurück nach Askaban steckten.
Aber was wenn sie von seinen verborgenen Kräften und dem geheimgehaltenen Wissen über die alte Magie, die von Generation zu Generation unter den Schülern Durmstrangs weitergegeben wurde, erfuhren?
Gellerts Gedanken fingen zu kreisen an. Wenn sie die Wunden untersuchen würden, würde das einige Fragen aufwerfen, der Verlauf der magischen Energie war gegengleich zu einem gewöhnlichen Angriff und die Zerstörungskraft seiner Magie war wenn sie unbeherrscht floss unkontrollierbar. So heftig war sie noch nie in seinem Inneren umhergewirbelt und hatte ihn sogar selbst schwer verletzt.
Gellert überlegte wie es beim letzten Mal gewesen war, als er diese Art der verborgenen Magie auf so rücksichtslose Weise einsetzte. Es musste wohl schon einige Monate zurücklegen, denn der Körper erholte sich nach solchen Überanstrengungen nur sehr langsam, da dem menschlichen Körper Grenzen gesetzt waren, die man unmöglich ohne Weiteres überschreiten konnte ohne langfristige Schäden in Kauf zu nehmen. Ob er wohl diesmal zu weit gegangen war?
Sein Bewusstsein driftete mehr und mehr ab je länger die Heiler an ihm herumwerkelten und versuchten ihr möglichstes zu tun um den Patienten am Leben zu erhalten. Als sein Körper langsam abkühlte fühlte Gellert ein merkwürdiges Gefühl in sich hochsteigen.
Es war nicht dieselbe Taubheit, die ihn in der Nähe der Dementoren befiel doch es kam dem schon sehr nahe. Dann wiederum fühlte es sich komplett anders an. Eben noch hatte sich sein Körper bleischwer und wund angefühlt und im nächsten Moment war das drückende Gewicht von Gellerts Schultern genommen, stattdessen fühlte er sich nun leicht wie eine Feder. Leicht und frei. Ungläubig öffnete Gellert die Augen und eine seltsame Vision breitete sich vor ihm aus.
Dunkle Flüssigkeit umschloss seinen nun wie durch ein Wunder unversehrten Körper und machte ihn durch den veränderten Aggreatzustand leichter. Fassungslos blickte Gellert an sich hinab, starrte seine in der Finsternis blass-schimmernden Hände an, die perfekt und ohne jegliche Verletzung waren und betastete mit ihnen sein vor Minuten noch brennendes Gesicht. Er fühlte keine Schnitte oder Schwellungen, keine Verbrennungen oder Verätzungen!
Hektisch wuselten die Heiler um seinen bewusslosen Körper herum, bemüht so viel wie möglich davon zu retten. „Schnell schaltet die Maschinen ein. Er braucht zuerst viel von der neutralen Magie bevor wir ihn operieren können, so stirbt er uns sonst auf dem OP-Tisch unter den Händen weg!! Nun macht schon schneller, wo bleiben denn die Impuls-Strahler? Sind wir hier auf der Notaufnahme oder im Altenheim!?!“, brüllte eine der Oberheilerinnen forsch und bahnte sich ihren Weg durch die nervösen Assistenzheiler.
Fasziniert bestaunte der gesunde Gellert seine spontane Heilung bis ihm nach wenigen Sekunden das ganze doch arg merkwürdig vorkam. Kein Zauber der Welt konnte solche Verletzungen binnen Sekunden aus der Welt schaffen, kein Trank der Welt war zu solchen Leistungen und Wundertaten fähig! Sobald er das erkannt hatte verwandelte sich die Umgebung... Die Dunkelheit lichtete sich etwas um ihr düsteres Geheimnis preiszugeben. Ein Horizont und das Meer unter sich, verschmolzen in der Ferne zu einer einzigen dunklen Linie - eine Linie an einer nur zubekannten Küste. Er war wieder am Ort seines Alptraumes, dem Ort seiner schlimmsten Erinnerung.
Ein Piepsen eines der vielen Geräte, die um Gellert verteilt waren und jede seiner Körperfunktionen überprüften, gab den veränderten Stand sofort an die Heiler weiter. „Körpertemperatur fällt aus unbekannten Gründen, Blutdruck erhöht, Atemfrequenz ebenfalls beschleunigt.“, quiekte ein noch junges Mädchen das erst vor kurzem in die Notaufnahme gewechselt war.
Ihre schon erfahrenere Kollegin hatte sofort das passende Gegenmittel im Kopf und befahl es ihr zu holen. „Hurtig eine Spritze mit dem konzentriertesten Stärkungsmittel das wir hier haben und holt ein paar Infrarotlampen, zuviele verschiedene Zauber sind nicht gut für seine beschädigte Haut! Dreht die Regler der Impuls-Strahler höher wir müssen einen Zahn zulegen! Zackig, zackig!“
Gellert zitterte nicht vor Kälte sondern vor Furcht als ihm klar wurde an welchen Ort ihn die Vision verschlagen hatte. Ein ungutes Gefühl kämpfte sich in ihm empor, etwas böses lag in der Luft und streckte seine gierigen Klauen nach ihm aus...und plötzlich geschah ES! Kalte Hände griffen nach ihm und zogen ihn unter die Wasseroberfläche, obwohl er sich verzweifelt gegen den festen Griff wehrte reichten seine schwächlichen Befreiungsversuche nicht aus um wieder an die Luft zu kommen.
Der kritische Punkt wurde langsam erreicht, besorgt beobachteten die Heiler und Heilerinnen die Geräte. Der Verlauf der Maßnahmen gefiel ihnen überhaupt nicht. „Atemfrequenz sinkt rapide...Herzfrequenz unter 80, 70, 55...SCHNELL SEIN HERZ SETZT GLEICH AUS! WIR MÜSSEN IHN DEFIBRILIEREN...LOS HALTEN SIE SEINEN KÖRPER FEST WIR BELEBEN IHN GLEICH WIEDER!“, brüllte die Heilerin von vorhin wieder und übernahm das Kommando in dem kleinen Mediziner-Team.
„Können wir ihn denn nicht einfach...?“, schlug einer ihrer männlichen Kollegen, mit erhobenem Zeigefinger sich wichtig machend, vor.
Das Herz ihres Patienten flatterte, stolperte aus dem Takt und schaffte noch ein paar schwache Pumpversuche bevor es flimmernd fast erstarb während die Heiler sich uneinig mit finsteren Blicken durchdolchten.
„NEIN, für Disskussionen haben wir keine Zeit! Also Festhalten JETZT!“, kommandierte die Heilerin unnachgiebig und setzte ihren Willen durch. Der Körper ihres Patienten krümmte sich zu einem Bogen als ihn die vier Strahlen trafen, doch so qualvoll es auch aussah dem Jungen würde kein Schmerz zugefügt werden.
Panisch fasste er sich an die Kehle in der sich sein restlicher zurückgehaltener Sauerstoff befand, welcher sich langsam in kleinen Luftblässchen in Richtung Wasseroberfläche aufmachte und ihn hier unten, voller Angst und Hoffnungslosigkeit, in der absoluten Finsternis zurücklies. Alles was er tun konnte war auf den Lichtschimmer über ihm zu starren, der sich in tanzende kleine Punkte auflöste, dann flackerte und schließlich erlosch.
„Patient hat wieder Herzschlag. Eine weitere Ampulle Stärkungstrank injizieren, wir dürfen ihn nicht wieder verlieren!“, bestimmte die Heilerin erleichtert als ihr Patient wieder Puls hatte und wischte sich mit einer Hand beiläufig den kalten Angstschweis von ihrer faltigen Stirn.
Die Hände verschwanden und plötzlich konnte Gellert wieder atmen. Ruckartig riss er die Augen auf um zu sehen was passiert war, doch es war aus Gellerts Sicht nichts auffälliges zu erkennen. Nichts als Finsternis war um ihn herum - kein einziger Orientierungspunkt mehr, weder nach oben oder unten. Sollte er es wagen und einfach nach oben schwimmen? Hier schien es keinen natürlichen Auftrieb zu geben der ihn an die Oberfläche brachte, selbst die Wellen schienen aufgehört haben zu fliessen. In welche Richtung sollte er nun schwimmen? Verzweifelt tat er ein paar Züge nach oben, wo vorher noch das Licht gewesen war. Aber es wollte und wollte nicht wieder heller werden, egal in welche Richtung er schaute, er sah überall nur die gleiche Finsternis. Langsam musste er allerdings wirklich neuen Sauerstoff in seine Lunge bringen sonst würde er hier unten jämmerlich ertrinken, ein Tod den er von allem am meisten fürchtete. Die letzte Luftblase verlies seinen zu einem Hilfeschrei geöffneten Mund mit einem fast lautlosen Blubbern als er mit der Nase gegen ein Hindernis sties.
„Okay, es geht jetzt los, dreht die Magiestrahlung auf Maximum und versucht ihn stabil zu halten. Keiner macht etwas ohne meine ausdrückliche Anweisung, verstanden?“, befahl die Oberheilerin mit strengem Gesichtsausdruck.
„Verstanden, Madam.“, antworteten ihr alle brav im Chor und taten wie ihnen geheißen.
Seine im Schock des Moments weitaufgerissenen Augen nahmen eine kurze Sekunde das Funkeln des Körpers der Kreatur, gegen die er gestossen war, wahr. Ein Paar treuherzig blickender Augen glotzte ihm entgegen und buntschillernde Schuppen überzogen den Körper des Fisches, der leuchtend vor ihm schwamm. Der Mondfisch taumelte verschreckt vor Gellert zurück, bevor er neugierig wieder näherschwamm und den Jungen umkreiste. Das Licht, welches von seinen Schuppen ausstrahlte tanzte wie ein leuchtender Funken durch die düstere Finsternis des Meeres und ehe Gellert es sich recht überlegt hatte, hatte er seine Hand schon nach dem winzigen Hoffnungsschimmer ausgestreckt.
Mondfische schwammen normalerweise dicht unter der Wasseroberfläche, da sie nachts die Strahlung des Mondes speicherten um ihre Magie aufzuladen, und dieser würde wohl nicht ausgerechnet die Ausnahme der Regel sein. Ein letztes Mal nahm Gellert all seine verbliebenen Kraftreserven zusammen und mit dem Mut der Verzweiflung schlug er wahllos die Richtung von sich aus gesehen nach oben ein. Der Fisch folgte ihm ein paar Schwimmzüge bevor er Gellert in den Weg schwamm. Der 16jährige fragte sich im Stillen warum er jemals solch eine nervige Kreatur wundervoll hatte finden können, denn der Fisch schien nicht gewillt ihn durchzulassen. Stattdessen drängte ihn der Mondfisch zurück in die Tiefe.
Gellert versuchte mehrere Male dem Fisch auszuweichen doch seine Bewegungen wurden immer schwerfälliger, zu schwerfällig. Dickköpfig blieb Gellert auf der Stelle schweben und rührte sich keinen Millimeter mehr weiter, was seinen stummen Begleiter in helle Aufruhr zu versetzen schien. Aufgeregt schwamm der leuchtende Fisch vor seinem Gesicht auf und ab bevor er schließlich direkt vor den Augen des Jungen ruhig anhielt. Durchdringend starrte er Gellert an als wollte er ihm etwas wichtiges mitteilen ohne sprechen zu müssen. „Ich soll also unbedingt nach unten schwimmen?“, überlegte Gellert und versuchte sich darauf einen Reim machen zu können. Gut dann probierte er es einfach aus. Mehr als schiefgehen konnte es jetzt eh nicht mehr.
Kaum hatte er seinen Satz zuende gedacht flitzte der Fisch wie ein Kugelblitz an ihm vorbei und hinterlies eine helle Schliere in der Finsternis, welcher Gellert folgen konnte. Jeden Zug den er tat kam es dem 16jährigen vor als würde das Wasser ihn mehr zusammenpressen und trotzdem strampelte er sich weiter ab. Und plötzlich war sein Körper wieder alles andere als leicht. Bald schon musste Gellert nichts mehr dazutun um weiter nach unten zu gelangen, sein Gewicht erledigte das für ihn. Als er so in die Dunkelheit hinabtrudelte kam ihm der Fisch mit seinem Schwarm von unten entgegen. Wie Glühwürmchen umschwärmten sie Gellert und spendeten ihm im Vorbeischwimmen Licht und Wärme bis der letzte von ihnen in der Ferne verschwunden war...
Resigniert schloss Gellert die Augen und bemerkte wie sich seine Umgebung zu verwandeln schien, das Wasser verschwand und nahm die Kälte mit sich. Auch seine Wunden spürte der 16jährige wieder. Bedeutete das etwa er war nicht tot? War das eine Nahtoderfahrung gewesen, die er da gerade erlebt hatte? Gellert hatte leichten Bammel davor die Augen zu öffenen und festzustellen, dass er im Krankenhaus gestorben war und irgendwo über seinem toten Körper herumschwebte, über den womöglich ein weinender Albus oder eine total aufgelöste Bathilda gebeugt war. Und trotzdem war da seine verfluchte Neugierde. Jetzt wollte er es doch genauer wissen. Vorsichtig öffnete er ein Auge...
dann das zweite...und blinzelte.
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