von Godess_Artemis
Vom Regen in die Traufe?
Hinter dieser Tür lag sein Freund, krank, aber auf dem Wege der Besserung. Gleich würde er ihn wiedersehen, das erste Mal seit ihrem unglücklichen Auseinandergehen.
Diese Erkenntnis machte ihn noch nur nervöser, sodass er leicht zu zittern anfing. Millimeter um Millimeter bewegte sich der Eisengriff nach unten. Albus konnte das im Vergleich zu seiner Hautoberfläche kühle Metall unter seinen Fingern weggleiten spüren, weil seine Hände total verschwitzt waren. Automatisch wischte er seine freie Hand an seinem T-Shirt ab und tupfte sich ebenfalls einige verirrte Schweisstropfen mit dem Ärmel von der Stirn.
Der Türgriff war fast gänzlich durchgedrückt...
Ein letztes Mal atmete Albus tief ein um sich zur Ruhe zu zwingen. Doch seine Anspannung lies kein bisschen nach, schrecklich aufgeregt presste er ein Ohr gegen das alte abgenutzte Holz der Tür und lauschte konzentriert auf etwaige Geräusche aus dem Inneren des Zimmers, die daraufhin deuten konnten, dass Gellert vielleicht aufgewacht war. Kein einziger Mucks war zu vernehmen, wie nicht anders zu erwarten.
War das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen?
Es fiel ihm schwer die Türschwelle einfach zu überschreiten, obwohl er vorhin fast das Haus gestürmt hatte. Die verwirrende Mischung aus Gefühlen, die er im Moment empfand lies ihn versteinert vor dem Zimmer stehen bleiben.
Er wusste ja nicht mal genau ob Gellert ihn so schnell wiedersehen hatte wollen...
Aber er musste ihn unbedingt wiedersehen, seit sie sich in der Winkelgasse getrennt hatten war Albus der Blonde nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Zum Glück hatte es der Gellert bis nach Hause geschafft und war mit seinem Fieber nicht mitten auf der Straße zusammengeklappt!
Alles ist gut, mahnte sich der Ältere. Alles ist gut, er wird schon wieder werden, wiederholte er wie ein stummes Mantra in seinen Gedanken.
Er musste sich arg zusammennehmen um nicht auf der Stelle herumzuwirbeln und feige den Rückzug anzutreten. Diese Sache musste so schnell wie möglich geklärt werden und wenn er sich um Gellert kümmerte war der Blonde vielleicht etwas milder gestimmt. Und doch musste Albus all seinen Gryffindormut aufbringen um das zu tun was er Bathilda versprochen hatte.
Die Klinke war bis zur Neige durchgedrückt als Albus sich dazu aufraffen konnte die Tür wenigstens einen fingerbreiten Spalt zu öffnen. Mit ängstlich zusammengekniffenen Augen - wollte er wirklich wissen, was ihn gleich erwartete ? - gab er der Tür einen sanften Schubs. Fast gänzlich lautlos schwang die Zimmertür auf und gab so den Blick auf einen kleinen Ausschnitt der Kammer frei. Albus hoffte, dass Gellerts Bett sich nicht direkt gegenüber der Tür befand, denn diesen Anblick hätte er nur schwer verkraften können. Mit gesenktem Kopf betrat er das Zimmer. Das Herz schlug ihm bis zum Hals als er blindlings den ersten tapsigen Schritt in das Heiligtum seines Freundes setzte.
Ob es Gellert mittlerweile immer noch so ?gut` ging wie zu dem Zeitpunkt als Bathilda ihren Großneffen verlassen hatte um ihm die Tür aufzumachen?
Schweratmend blieb Albus nach wenigen Schritten stehen, sein Puls raste kaum zu überhören durch seinen Körper und verursachte ein unangenehmes Rauschen in seinen Ohren. So hoch musste sein Blutdruck in seinem ganzen bisherigen Leben noch nie gewesen sein! Verzweifelt lauschte der Brünette nach den Atemzügen seines Freundes. Als er zu seiner linken endlich die leisen unregelmässigen Luftschnapper hörte, schwoll sein Herz voller Schmerz an und er musste seine Lippen zu einer dünnen Linie zusammenpressen damit ihm kein lautes Schluchzen entweichen konnte, dass Gellert vielleicht geweckt hätte. Normalerweise hatte der Blonde so einen leichten Schlaf!
Unruhig scharrte der Brünette mit den Fußspitzen über die Holzdielen. Lange konnte er ihr Wiedersehen nicht mehr hinauszögern, auch die peinliche ?Verarzte-mich-Nummer` würde ihm wohl nicht erspart bleiben, sollte Bathilda nicht allzu schnell auftauchen. Was ihm aber unwahrscheinlich erschien, da sie ja anscheinend trotz ihrer Überfürsorglichkeit immerhin die Privatsphäre ihres Großneffen zu respektieren schien. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, dann hatte sich Albus zu einer Entscheidung durchgerungen. Reuig hob der ehemalige Gryffindor den Kopf und traute sich endlich die Augen zu öffnen.
...
... ... ... ??? ... ... ...
O...KAY, den Grund warum Gellert ihn nicht in sein Zimmer bat war Albus auf den ersten Blick schlagartig klar. Er schloss die Augen als ob er von einem starken Licht geblendet worden wäre und blinzelte ein paar Mal schnell hintereinander um sich an den Anblick zu gewöhnen.
Wie die Farbe in den Augen stach, am liebsten wäre er jetzt blind gewesen! In so einem Zimmer würde er nicht wohnen wollen und Freunde in diese wahrgewordene Hölle aus Rosa und Rüschen würde er auch nur unter Todesandrohungen lassen!
Er hatte ja so ziemlich alles erwartet, von riesigen Bücherstapeln über homosexuelle Literatur bis hin zu schwarzmagischen Wälzern, Zaubertankflaschen voll mit Aphrodisiakum, schwarze Satinbettwäsche, jede Menge Notizen zu den Heiligtümern, Quidditsch-Zeitschriften, sogar so etwas läppisches wie ein Kuscheltier im Bett aber DAS lag sowas von neben der Spur, dass es fast schon zum Kugeln war...
Alles von der Bettdecke bis zur Wandfarbe war in den verschiedensten Abstufungen von Rosa gehalten. Selbst der Lampenschirm und die Spitzendeckchen auf dem Nachttisch! Nicht zu vergessen der flauschige Teppich vor dem Bett. Das krasseste von allem war aber der überdimensionale Schminktisch (!) der fast eine gesamte Zimmerseite umspannte und von dem Lippenstift, Puder und Lidschatten regelrecht überzuquellen schien. Einige altmodische Porzellan-Puppen mit viktorianischer Kleidung saßen auf den Ablageflächen und stellten ihre grimmigen Mienen zur Schau.
Albus lief eine Gänsehaut über den Rücken. Wie konnte Gellert nur in diesem Zimmer schlafen? Stimmte es etwa, dass schwule Jungs auf rosa standen und anfingen komisch zu reden? Er hoffte es zu seinem Glück nicht. Wenigestens deuteten Gellerts Eule und seine rote Schuluniform daraufhin, dass dieses Zimmer wirklich von einem Jungen bewohnt wurde und Bathilda ihn nicht aus Versehen in das falsche Zimmer gelotst hatte.
Doch Albus` Abneigung gegen die Zimmergestaltung rückte schnell in den Hintergrund als er die blonden Locken seines Freundes zwischen dem Faltenwurf der quietsch-rosanen Bettdecke erspähte.
Mit kurzen, zügigen Schritten trat er näher ans Bett. „Was machst du nur für Sachen?“, fragte Albus besorgt ohne ernsthaft eine Antwort zu erwarten und seufzte einmal abgrundtief auf während er die Bücher, die er bisher unbeachtet im Arm gehalten hatte einfach auf den Boden plumpsen lies.
Er warf einen gehetzten Blick über den kränkelnden Körper vor ihm. Gellert lag auf dem Rücken, die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen und sah sehr blass im Vergleich zu vor ein paar Stunden aus. Seine Stirn und Wangen glühten im Gegensatz dazu heiß, obwohl der Blonde einen Eisbeutel neben seinem Kopf liegen hatte, Albus vermutete einfach mal dass er dem Blonden im Schlaf von der Stirn gefallen war denn so eine Nachlässigkeit sah Bathilda gar nicht ähnlich wenn es um ihren geliebten Großneffen ging. Aus der Nähe konnte Albus sogar einige der blonden Locken ausmachen, die ganz schlapp und glanzlos auf der Stirn des Jüngeren klebten. Nur mit größter Mühe konnte Albus den Reflex unterdrücken sie ihm aus dem Gesicht streichen zu wollen.
So dramatisch hatte er sich ihr nächstes Aufeinandertreffen sicherlich nicht vorgestellt. Ganz besonders nicht die Angelegenheit mit dem Verarzten. Zögerlich griff Albus nach der einzigen Salbe zwischen all den Zaubertrankfläschchen auf dem Nachttisch und betrachtete sie eingehend.
So das erste Mal also, dass er Gellert aus eigenem Antrieb berührte. Ohne dass der andere sich irgendwie dagegen wehren konnte. Ein seltsames Gefühl von Aufregung befiel den Erwachsenen, gleich würde er die ihm so liebgewonnene warme Haut anfassen und den - hoffentlich regelmässigen - Herzschlag fühlen, spüren das alles zwischen ihnen irgendwie noch ok war...etwas das er nie wagen würde wenn Gellert wach und bei Bewusstsein wäre. Gellert würde es ihm schon nicht übel nehmen, wenn er ihm jetzt etwas gutes tat.
Kaum hatte er den Gedanken zuende gedacht, lief Albus schon wieder rot an. Merlin, jetzt dachte er schon genauso komisches zweideutiges Zeugs wie Gellert es immer aussprach. Er musste schnellstens wieder auf andere... - Albus starrte auf Gellerts Lippen, welche der Blonde um seinen eigenen Zeigefinger geschlossen hatte und sinnlich im Schlaf an ihm nuckelte - ...nein anständige, er musste auf anständige Gedanken kommen! Energisch riss sich der Brünette von dem aufreizenden Anblick los und sortierte seine Sinne wieder zusammen. Er hatte hier eine Aufgabe zu lösen!
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