von Godess_Artemis
Bettruhe
Bathilda werkelte munter in der Küche, während ihr Großneffe oben in seinem Zimmer den Schlaf der Gerechten schlief. So ganz überzeugt von seiner Ausrede war sie nicht gewesen. Sie hatte im Gefühl, dass irgendetwas vorgefallen sein musste.
Ihr Großneffe würde freiwillig nie ohne Albus nach Hause kommen, vor allem nicht so früh! Was erschwerend hinzukam war, dass sie gestern abend festgestellt hatte wie bedrückt und deprimiert ihr Liebling beim Abendessen gewesen war.
Nachzubohren traute sie sich allerdings nicht, immerhin war ihr Großneffe schon fast erwachsen da wollte er sicherlich nicht von seiner alten Tante an die Hand genommen werden, so dachte sie. Doch ihrer Erfahrung nach würde sich alles schon wieder irgendwie einrenken, egal was es immer auch gewesen sein mochte.
Ob sie Gellert nicht doch lieber fragen sollte?
Etwas unschlüssig schaute sie zum Treppenaufgang.
Er hätte ihr doch etwas gesagt wenn sie ihm helfen könnte, oder?
Entschlossen legte sie ihren Zauberstab zur Seite und marschierte durch die Küchentür auf die Treppe zu. Sie wollte sich wenigstens vergewissern, dass sich Gellert wirklich hingelegt hatte und nicht schon wieder über seinen Büchern brütete, die er gestern zusammen mit Albus gekauft hatte.
Sie spionierte ihm also gar nicht hinterher!
Es gab ja auch keinen Grund sich Sorgen zu machen, sie war einfach nur...neugierig was denn so geheimnisvolles passiert war, dessen sie nicht würdig war es zu erfahren.
Sie war schon die Hälfte der Treppe hinaufgestiegen als sie ES hörte.
Schnarchen...Da schnarchte jemand! Hatte Gellert sich wirklich zum Schlafen hingelegt, weil er Migräne hatte?!?
Bathilda verstand die Welt nicht mehr. Seit wann hatten Jungs denn Migräne, sie hatte immer gedacht es wäre eine typische Mädchenkrankheit - von wegen Tage, hysterisch und so - doch wie es schien litt ihr Kleiner auch darunter. Eine Welle des Mitgefühls erfasste sie. Der arme Junge! Ob sie ihm ihre Spezialmischung Schmerztrank geben sollte? Na ja ein Versuch konnte ja nicht schaden...und wenn es ihm nicht gefiel von ihr betüttelt zu werden konnte sie sicherlich immer noch Albus bitten das er auf Gellerts Gesundheit achtete.
Seit er in Godrics Hollow bei seiner Tante wohnte, hatte Gellert einen ziemlich ungesunden Lebensstil entwickelt. Er aß nicht mehr regelmässig und nur wenn man ihn dazu zwang - und es schaffte ihn von Albus loszueisen - von seinem Schlafrhythmus gar nicht zu reden, der total aus dem Gleichgewicht geraten war.
Normalerweise war Gellert eine Nachteule, die locker bis fünf oder sechs Uhr morgens durchmachte, dafür aber dann bis in die Puppen durchschlief.
Albus im Gegensatz dazu war ein Morgenmensch. Er stand mit dem ersten Krähen des Hahnes auf und legte sich dafür aber relativ früh schon wieder schlafen.
Im Laufe der Ferien aber hatten die beiden Jungen wann immer es ging so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen versucht. Da das allerdings nur ging wenn beide keine Aufgaben im Haushalt oder ähnliches zu erledigen hatten, hatte es sich bei ihnen so eingebürgert, dass sich Gellert und Albus immer früh morgens um drei schon getroffen und angefangen hatten miteinander ihre Pläne zu besprechen und nach dem Abendessen bis um Mitternacht oder sogar danach weitergeplaudert hatten.
Mittlerweile war Gellert von diesem Tagesablauf so geschwächt und leicht reizbar, wenn er dauernd müde und hungrig war, dass es für seine Tante kein Wunder war, wenn er einfach so mitten am hellichten Nachmittag ein kleines Zwangspäuschen einlegte.
Sie hatte sich so oder so schon Sorgen um seine Gesundheit gemacht, da Gellert eine leichte Grippe, die er sich noch in Durmstrang eingefangen hatte nie richtig auskuriert hatte.
Auf leisen Sohlen um ihren Neffen unter gar keinen Umständen aus dem Schlaf zu wecken - die Dielen oben knarrten oft ziemlich laut - schlich sich Bathilda ins Badezimmer gegenüber dem Schlafzimmer von Gellert und holte aus dem Arztneimittelschränkchen ein Fläschchen mit einer blau schimmernden Flüssigkeit, die etwa noch bis zur Hälfte das kleine Gefäss füllte. Gedankenversunken schwang Bathilda sie hin und her. Ob sie ihrem Neffen wenigstens so eine kleine Hilfe sein konnte, immerhin hatte sie nichts sonst für ihn tun können? Sie war über diese Tatsache leicht betrübt. Der Junge bedeutete ihr so viel und sie hatte nichts von seinen Problemen in Durmstrang gewusst! Doch jetzt wo selbst sein Vater ihn anscheinend aufgegeben hatte, wollte sie - seine Großtante - wenigstens für ihn da sein!
Entschlossen straffte die alte Dame ihre Schultern und schritt energisch aus dem Raum hinaus, die wenigen Schritte zur unverschlossenen Zimmertür ihres Lieblings...und blieb dann vorsichtig im Türrahmen stehen.
Ja, ihr Liebling schlief tatsächlich tief und fest wie sie lächelnd feststellen konnte. Wie niedlich er im Schlaf aussah! Neugierig kam seine Tante näher und blieb neben dem Bett stehen.
Ja, mit dem blonden Lockenhaar sah er wahrlich aus wie ein schlafender Engel. Mit fast schon mütterlichen Gefühlen beobachtete sie stolz wie sich Gellerts Brust bei jedem einzelnen getanen Atemzug hob und senkte. Im Schlaf wirkte er so unglaublich verletzlich wie er den Hals entblösst hatte oder wie er seine Zudecke mit seinem ganzen Körper umklammert hielt als ob er befürchten würde, dass man sie ihm würde wegnehmen wollen. Etwas verärgert stellte Bathilda fest, dass Gellert seinen Schlafanzug wieder einmal nicht angezogen hatte und es stattdessen vorzog splitterfasernackt zu nächtigen. Brummelig stemmte sie die Hände in die Hüften und warf dem friedlich schlummernden Jungen einen angesäuerten Blick zu.
Wie sollte Gellert jemals ganz gesund werden wenn er dauernd so luftig schlief?!?
Die Sturheit ihres Neffen wollte und wollte der alten Dame nicht in den Kopf gehen. Dabei hatte sie extra wegen seinem Besuch neue Schlafanzüge für ihren Liebling gekauft!
Ein plötzliches Beben, welches durch den schlafenden Körper vor ihr ging, riss Bathilda aus ihren Gedanken. War das etwa Gänsehaut auf Gellerts Körper, es hatte doch mindestens 30° C im Dachgeschoss? Mit einer unguten Befürchtung tastete sie die Stirn des Blondschopfes ab und tatsächlich sie glühte regelrecht! Hastig stellte sie den blauen Trank zur Seite und rannte diesmal fast ins Bad hinüber.
Schnell, sie brauchte einen Fiebertrank und am besten noch einen Stärkungstrank und Eis um seine Stirn zu kühlen und Salbe und Wadenwickel und Zäpfchen und...
Im Geiste plante Bathilda schon die nächste Nacht durch, die sie vermutlich am Bett ihres Neffen wachen würde während sie alles zusammensuchte was sie brauchte.
Das Eis war das erste Mittel, das sie bereit machte, die beiden Tränke würde sie erst einsetzen können wenn Gellert wach war und Schlaf war im Moment das Heilsamste, das ihrem Liebling passieren konnte und auch bei den anderen Maßnahmen konnte es etwas umständlich werden, wenn sie Gellert im Schlaf verarzten würde. Blieb also nur abzuwarten und zu hoffen, dass das Fieber bald heruntergehen würde. Sonst würde sie mit ihm ins St. Mungos flohen oder noch besser sie würde einen der Heiler nach Godrics Hollow zitieren!
Bevor sie kurz aus dem Zimmer verschwand um das Essen vom Herd zu nehmen und ihre Wäsche unten fertig zu machen, löste sie noch die verkrampften, leichenblassen Hände des 16Jährigen aus der grellbunten Bettwäsche und drapierte diese wieder sorgfältig neben dem schwitzenden Jungen.
Jedem guten Willen zum Trotze lugte sie alle paar Minuten kurz zur Sicherheit ins Zimmer und zog die dürftig geschlossenen Vorhänge ganz zu damit das eindringende Licht ihren Großneffen nicht weckte.
Das erste Mal etwa eine halbe Minute nachdem sie ihn zugedeckt hatte, dann etwa jede gefühlte viertel Stunde. Währenddessen erledigte sie zwischendurch den Haushalt und einige der täglichen Besorgungen, die Albus und Gellert ihr abgenommen und in letzter Zeit oft zusammengemacht hatten, und wenn sie mal kurz ausruhen wollte setzte sie sich noch eine Weile an seinen Bettrand und beobachtete sein entspanntes Gesicht im Schlaf.
Gegen halb sechs Uhr veränderte sich Gellerts Zustand langsam und das Fieber sank um ein oder zwei Grad, was Bathilda ungemein beruhigte. Auch wenn es sie verwunderte, dass Albus noch kein einziges Mal herüber gekommen war um sich nach Gellerts Fehlen oder dessen Gesundheitszustand zu erkundigen.
Ob etwas zwischen den beiden Jugendlichen vorgefallen war?
Neugierig war sie ja schon ein wenig, das konnte man nicht leugnen, aber ihren Neffen in seinem jetzigen Zustand löchern kam überhaupt nicht in Frage! Erst musste er gesund werden bevor sie ihn ausquetschen konnte. Aufregung würde ihn im Moment den Rest geben.
Vielleicht sollte sie heute abend etwas leicht bekömmliches kochen? Eine warme Suppe zum Beispiel, Gellert brauchte viel Flüssigkeit um das Schwitzen auszugleichen. Ein Tee wenn er wieder aufwachte wäre nicht schlecht. Zu dumm nur, dass sie nur noch Lavendeltee da hatte, den hasste er nämlich wie die Pest sobald er ihn auch nur aus zehn Kilometer Entfernung erschnüffelte. Ein Earl Grey beispielsweise war schon mehr nach dem Geschmack des feinen Herrn, ein Schwarztee tat es natürlich auch aber den würde Gellert sicherlich nicht bekommen - Koffein war das reinste Gift für seinen müden Körper! Nein, ein einfacher Kamillentee musste es da schon tun. Die Salbe, die sie ihm später auf die Brust schmieren würde damit die Atemwege frei blieben roch ebenfalls nach Kamille, sogar das Inhalationsbad welches sie schon bereitgestellt hatte war mit diesem Extrakt voll.
Ob Gellert soviel geballte Kamille wohl verkraften konnte?
Na ja, einen Versuch war es immerhin wert!
Vergnügt stimmte Bathilda in ein Kinderlied ein, welches ihre Mutter ihr immer vorgesungen hatte wenn sie krank im Bett gelegen hatte. Die bekannten Strophen beruhigten ihr Gemüt etwas und die Anspannung und Sorge um ihren Neffen war nun nicht mehr ganz so übermächtig wie noch eine Stunde zuvor. Sie würde das schon irgendwie packen!
Als sie gerade wieder den Eisbeutel austauschen wollte und zu diesem Zweck in den Keller ging um neues Eis aus dem Eisschrank zu holen, hörte sie schon auf halber Höhe der Treppe wie jemand die Stufen zu ihrem Haus hochlief. Von ihrer erhöhten Position konnte sie allerdings nur einen ungefähren Schatten der Person in dem Milchglas der Türscheibe erkennen. Der unbekannte Besucher klopfte ein paar Mal ungeduldig an die Türe bevor er abzuwarten schien, ob ihm jemand öffnen würde.
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