von Godess_Artemis
Seufzend faltete Albus die neueste Ausgabe des Tagespropheten zusammen. Auf dem heutigen Titelblatt war ein großes Foto von Bathildas Großneffen zu sehen. Die Bildunterschrift lautete: der 16Jährige Gellert, kurz nach seiner Suspendierung vom Durmstrang Institut. Weitere Artikel folgten auf den Seiten 2-3 und 12-13, Albus hatte sich im stillen schon gefragt was die nächsten Wochen nun auf ihn zukam, aber er konnte das Versprechen, das er ihrer Nachbarin gegeben hatte, nicht wieder rückgängig machen, also müsste er sich wohl oder übel um den Unruhestifter kümmern. Ob er wollte oder nicht.
Aberforths gegrummeltes „Gib mal die Marmelade rüber“ brachte ihn wieder recht unsanft in die Gegenwart zurück. Wortlos reichte er seinem Bruder das gewünschte Einmachglas über den Tisch. Gemählich begann Aberforth zwei Brote zu bestreichen um dann eines davon ihrer Schwester kleinzuschneiden und sie damit zu füttern.
Zwischen zwei Bissen verkündete das Mädchen plötzlich ganz unerwartet: „Habt ihr gestern abend den Gesang gehört?“
„Ariana, Liebes. Das hast du dir bestimmt nur eingebildet. Bei uns hat niemand gesungen. Du weisst doch, dass dein großer Bruder so musikalisch wie eine verrostete Gieskanne ist.“, stichelte Aberforth.
Albus war beunruhigt, Ariana hörte zwar desöfteren Stimmen, die nicht existent waren, aber bisher war es dabei geblieben. Wenn sie jetzt schon Gesang hörte...Naja, solange sie nicht so verstört wie üblich war sollte es ihm nur recht sein.
„Doch, doch. Mein Fenster war offen. Und draußen hat jemand gesungen. Ich hab rausgeguckt und da war jemand bei der netten Tante von nebenan. Aber ich hab den jemand nicht erkennen können.“, widersprach das Mädchen gekränkt.
„Bei Bathilda? Wer sollte da gesungen haben, etwa ihr Neffe?“, überlegte Aberforth laut.
„Sicher nicht. In dem Bericht stand, dass er erst Ende der Woche bei Bathilda einzieht.“, korrigierte Albus.
Damit war für ihn die Sache erledigt. Aber nicht so für Ariana.
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Es war knapp nach acht Uhr als das Mädchen den wundersamen Gesang zum zweiten Mal in Folge hörte. Gebannt lauschte sie der einfühlsamen eindeutig männlichen Stimme, die leise und stockend zu ihrem offenen Fenster hineingeweht wurde.
So many nights I sit by my window
Waiting for someone to sing me his song
So many dreams I kept deep inside me
Alone in the dark but now
You've come along
Neugierig setzte sich das blonde Mädchen im Bett auf und schlug die Decke zurück. Ob der Junge wieder am Fenster stehen würde? Vielleicht konnte sie heute abend sein Gesicht erkennen. Mit ihren nackten Füßen tapste sie hinüber zum Vorhang und zog ihn ein klein wengi zurück.
You light up my life
You give me hope
To carry on
You light up my days
and fill my nights with song
Tja, wie es aussah hatte sie heute nacht wieder kein Glück. Der Sänger hatte den Rücken zum Fenster gewandt und ging im Zimmer gegenüber auf und ab. Aber Ariana meinte einen Schopf blonden Haares zu erkennen. Hatte Bathildas Neffe blonde Haare? Oder war es jemand anderes aus ihrer Verwandtschaft der kurz auf Besuch vorbeigekommen war?
Rollin' at sea, adrift on the water
Could it be finally I'm turning for home?
Finally, a chance to say hey,
I love You
Never again to be all alone
Aufgewühlt legte sich das Mädchen wieder ins Bett, heute nacht konnte sie eh nicht mehr über den geheimnisvollen Fremden herausfinden. Am ehesten könnte ihr ältester Bruder etwas herausfinden, aber sie mochte Albus nicht so besonders. Aberforth mit seiner fürsorglichen Art und seinen Ziegen war ihr lieber. Mit Albus Ehrgeiz und Intelligenz konnte sie weder mithalten noch sich damit anfreunden.
You light up my life
You give me hope
To carry on
You light up my days
and fill my nights with song
Ariana nahm sich fest vor ihren Brüdern am nächsten Morgen von ihren Beobachtungen zu berichten. Wenn sie es mit eigenen Augen sehen würden müssten sie ihr Glauben schenken. Dieser fremde Junge hatte ihr Interesse geweckt, sie wollte ihn unbedingt näher kennenlernen. Gedankenverloren begann sie die Melodie mitzusummen und als der Refrain einsetzte sang sie leise mit.
You light up my life
You give me hope
To carry on
You light up my days
and fill my nights with song
Die fremde Stimme klang wunderbar beruhigend und zugleich so sehnsüchtig, dass es Ariana das Herz schmerzvoll zusammenzog. Das Lied klang nach Heimweh, Suche nach Geborgenheit und tiefer echter Liebe. Aber vielleicht empfand sie das nur so weil sie ein Mädchen war. Albus hätte bestimmt gesagt, dass man das doch nicht aus einem schmalzigen Liebeslied heraushören könne, dass nur darauf abzielte sich möglichst oft zu verkaufen und deshalb auf Frauen und Mädchen zugeschnitten war.
It can't be wrong
When it feels so right
'Cause You
You light up my life
Das Lied endete mit einem leisen tiefen Basston. Bestimmt hatte der Junge oder Mann jenachdem wie alt er schon war, das Fenster wieder geschlossen und sich schlafen gelegt. Hoffentlich träumt er was schönes, war Arianas letzter Gedanke als sie endlich einschlief. Diese Nacht hatte sie ganz unüblich keine Albträume von schreienden Kindern, wütenden Stimmen die sie verfolgten und auch keinen Schlägen und Tritten gehabt. Da war nur diese Stimme gewesen die für sie gesungen hatte. Der Junge war mit dem Rücken zu ihr im gleisenden Scheinwerferlicht auf einer Bühne gestanden und hatte seine blonden Haare im Rhythmus zur Musik geschüttelt. Ariana hatte ihn am Arm packen und zu sich drehen wollen, damit sie endlich sein Gesicht erkennen konnte doch dann war sie leider aufgewacht.
Enttäuscht rieb sie sich den Schlaf aus den Augen um in aller Ruhe auf Aberforth zu warten, der sie jeden Tag um acht weckte und ihr Frühstück machte. Heute nacht mussten ihre Brüder unbedingt den Gesang ebenfalls zu hören bekommen.
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