von BlackWidow
Am nächsten Morgen erwachte Leonie zeitig, und so beschloss sie, dem Portrait ihres Vaters einen Besuch abzustatten.
„Bonjour mon cher Papa, isch 'offe, isch darf so früh schon stören!“
„Guten Morgen, mein Mädchen, du darfst doch immer zu mir kommen! Ich freue mich so sehr, dass es dich gibt. Deine Mutter war übrigens auch so eine Frühaufsteherin.“
„O bitte, erzähle mir von meine Maman!“
„Was soll ich Dir erzählen?“
„Alles!“
„Sie hat mir das Leben gerettet. Wie ich dir gestern ja erzählt habe, musste ich auf Buckbeak vor den Dementoren fliehen, nachdem Harry mich befreit hatte. Dann war ich lange unterwegs, konnte ja nur nachts fliegen und musste mich tagsüber verstecken, weil Muggel nicht gerade an den Anblick von Hippogreifen gewöhnt sind. Mein Ziel wäre erst Afrika gewesen, weil ich ja möglichst weit weg von England wollte, habe es dann aber nur bis Spanien geschafft. Doch da gab es kaum Wälder, in denen ich Buckbeak hätte verstecken können. So kam ich nach Südfrankreich. In der Gegend von Marseille fand ich einen Wald, der mir unheimlich genug erschien, dass sich Muggel nicht hineinverirren, so konnte ich Buckbeak unterbringen. Ich streunte als Hund herum, weil ich erst einmal die Gegend erforschen wollte. Musste ja sicher sein, dass mich niemand erkennt, weil ich natürlich inzwischen nicht nur in England gesucht wurde. Am Rande eines kleinen Dorfes fand ich ein Häuschen, das mir gefiel. Es war ein bisschen windschief und hatte einen verwilderten Garten, es war nicht so ordentlich wie die anderen Häuser in der Gegend. So beschloss ich, die Bewohner dieses Häuschens zu beobachten. Es stellte sich heraus, dass eine Frau allein drin wohnte, und ich hatte den Eindruck, dass sie sich einsam fühlte. Ich lief als Hund in ihrem Garten herum, und da dauerte es nicht lange, so fütterte sie mich mit ihren Essensresten.“
„Und das war meine Maman?“ Leonie strahlte bei der Vorstellung, dass ihr Vater als Hund das Herz ihrer Mutter erobert hatte.
„Ja, das war sie. Ich erkannte gleich, dass sie ein liebevolles Herz hatte, und nach ein paar Tagen dachte ich, dass sie vielleicht auch einen herumstreunenden Mann mit Essen versorgen würde, wenn sie schon mit einem Hund Mitleid hatte. Ehrlich gesagt, wollte ich auch lieber bei ihr am Tisch sitzen als unter dem Tisch gefüttert werden. Ich glaube, sie hat mir da schon gefallen. Weißt du, ich war ja seit Jahren allein, und du kannst dir gar nicht vorstellen, was man alles nachzuholen hat, wenn man 12 Jahre in Askaban war.
So klopfte ich eines Tages an ihre Tür und fragte sie, ob sie mir etwas zu essen geben könnte. Sie erschrak zuerst gewaltig, aber wer wäre bei meinem Anblick damals nicht erschrocken? Doch dann bat sie mich in ihr Haus und lud mich zum Essen ein. Ich musste innerlich schmunzeln, weil ich ihr ja nicht zeigen konnte, dass ich das Haus von innen schon kannte. Sie bot mir an, in ihrem Gartenhäuschen zu übernachten. Es war mir schon klar, dass sie nachts keinen fremden Mann im Haus haben wollte. Aber nach ein paar Wochen freundeten wir uns immer mehr an, sie vertraute mir bald, und ich übernachtete dann im Haus. Und allmählich verliebten wir uns ineinander...
Sie bemühte sich sehr, ihr lange vergessenes Schulenglisch aufzufrischen, kramte nach einem alten Wörterbuch, und so verständigten wir uns mehr schlecht als recht. Mit meinen drei Brocken Französisch kam ich ja leider nicht weit. Ich denke, dass auch sie damals eine schlimme Zeit hinter sich hatte, sie war manchmal ein bisschen schwermütig und ich heiterte sie mit Zaubertricks auf. Aber ich hätte es nicht gewagt, ihr zu sagen, dass ich ein Zauberer bin, weil ich das Gefühl hatte, dass sie damit nichts hätte anfangen können. Ich sagte ihr aber die Wahrheit darüber, dass ich aus dem Gefängnis ausgebrochen bin, und sie glaubte mir sofort, dass ich unschuldig war. Wie gesagt, sie hatte ein gutes Herz und war für eine Muggelfrau recht aufgeschlossen.“
„Dann 'ättest du es ihr vielleicht doch sagen können, dass du eine Sauberer bist!“ ereiferte sich Leonie, doch Sirius schüttelte den Kopf.
„Nein, ich glaube nicht, dass das so einfach gewesen wäre. Sie war psychisch sehr labil, und ich befürchte, das hätte sie vollends aus der Bahn geworfen. Und außerdem... na ja, ich muss gestehen, dass ich es ein bisschen genossen habe, endlich wieder von einer Frau bewundert zu werden. Wenn nachts Harrys Eule kam und einen Brief brachte, oder wenn etwas im Haus kaputt war und ich es heimlich ganz schnell reparieren konnte, dann kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Den Zauberstab habe ich ihr nie gezeigt, aber wenn sie mal kurz aus dem Zimmer gegangen war, benutzte ich ihn schon hin und wieder... Ich war ihr Held und das gefiel mir nicht schlecht.
Als dann die Polizei vor ihrer Tür stand, blieb mir wirklich nichts anderes übrig, als mich in einen Hund zu verwandeln. Das war für sie ganz schön schockierend, aber es hätte beinahe auch noch ganz dumme Folgen haben können. Der Polizist erkundigte sich danach, ob dieser Hund gegen Tollwut geimpft ist, und zum Glück reagierte Marie geistesgegenwärtig und bestätigte dies. Es wäre allerdings aufgeflogen, wenn sie einen Impfpass hätte vorzeigen müssen...“
„Isch verstehe nischt, was für eine Problem das wäre gewesen?“
„Nun ja, eine Tollwutimpfung mag für einen normalen Hund unschädlich sein, aber für einen Animagus könnte sie schlimme Folgen haben. Der Impfstoff für Tiere ist für Menschen nicht so verträglich.“
„Oh mon Dieu, wenn isch mir vorstelle, dass von so eine Kleinischkeit deine Sischer'eit ab'ing!“ Leonie konnte sich gar nicht mehr beruhigen.
Da hörten sie ein Klopfen an der Tür und gleich darauf tauchte Harry auf.
„Guten Morgen, ihr Lieben, ich wollte fragen, ob ihr lieber unter vier Augen reden wollt, oder ob sich ein neugieriger Mann dazugesellen darf?“ fragte er, aber an seinem Blick war deutlich zu erkennen, dass er es nicht aushalten könnte, wenn sie ihn wieder hinausschicken würden.
„Harry, von mir aus kannst du gerne hierbleiben, aber da hat meine Tochter auch noch ein Wörtchen mitzureden,“ meinte Sirius, aber Leonie bestätigte gleich, dass sie einem Gespräch unter sechs Augen auch nicht abgeneigt wäre.
„Hab schon von deiner Großzügigkeit erfahren, mein Lieber. Meinst du, dass Leonie überhaupt in diesem schrecklichen Haus leben will?“
„Oh, isch weiß noch gar nischt, wie meine Leben nun wird weitergehen! Isch muss mir erst Gedanken darüber machen, ob isch wieder in meine 'eimat surück möchte oder nischt. Aber wenn isch mir überlege, dass 'ier in England alle Kinder der Freunde meines Vaters versammelt sind, dann zieht es misch gar nischt mehr surück. Könnten wir nischt 'ier susammen leben als große Familie?“
„Da könnten wir mal Teddy fragen, ob er Lust hätte auf so eine verrückte Wohngemeinschaft. Aber auf jeden Fall könntest du ja in Hogwarts die Schule fertig machen, wenn es dich nicht mehr nach Beauxbatons ziehen sollte.“
Allmählich hörten sie Geräusche im Haus, die ankündigten, dass der Rest der Familie aufgewacht war, und so verabschiedeten sich Leonie und Harry von Sirius, um sich nach untem zum Frühstück zu begeben.
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