von *Tonks*
Es war der erste Tag nach den Sommerferien. Ginny hatte ihre ZAG-Ergebnisse bekommen und war die beste in ihrem Jahrgang. Und auch sonst war der Sommer alles andere als langweilig: ihr Bruder Bill hatte die Französin Fleur Delacour geheiratet, und auf der Hochzeit hatte es einen Angriff er Todesser gegeben. Zum Glück wurde niemand verletzt, und Professor Dumbledore konnte mit Hilfe von Arthur Weasley und Remus Lupin Harry, Ron und Hermine davon abhalten, sich allein auf die Suche nach Voldemorts Horkruxen zu begeben. Er überzeugte sie, nach Hogwarts zurück zu kommen und dort ihren Schulabschluss zu machen. Darüber freute Ginny sich sehr, denn so konnte sie ihre Beziehung zu Harry weiterführen, ohne ständig Angst um ihn haben zu müssen.
Die Weasleys, Harry und Hermine standen also am Bahngleis 9 ¾ um mit dem Hogwarts-Express zur Schule zurück zu kehren. Nicht weit von ihnen entfernt stand eine Bande Slytherins, bestehend aus Draco Malfoy, Blaise Zabini, Vincent Crabbe, Gregory Goyle und Pansy Parkinson. Sie war ständig das einzige Mädchen und klammerte sich wie immer an Malfoys Arm fest. Jeder wusste, wie sehr sie an ihm klebte und er dies ausnutzte, um sich mit ihr zu vergnügen. Schließlich posaunte er überall rum, wo und wie er sie schon genommen hatte.
„So ein Arschloch“, dachte Ginny bei sich, „aber diese alte Kuh ist ja eigentlich auch selbst schuld.“
Allerdings war es auch ein offenes Geheimnis unter den anderen drei Häusern, dass Pansy Parkinson auch anderen Jungen gegenüber nicht gerade schüchtern war. Doch keiner dieser Jungen wagte es, von diesen Bettgeschichten zu erzählen und zu riskieren, das Malfoy davon erfuhr, denn jeder von ihnen fürchtete die Familie Malfoy und ihre Verbindung zum Dunklen Lord.
Als die Uhr 10.58 zeigte, mussten sich Ginny und ihre Freunde von dem Rest der Familie verabschieden. Sie stiegen in den Zug und fanden schnell ein freies Abteil. Nach kurzer Zeit stand Hermine auf und ging zur Tür.
„Ronald, worauf wartest du denn? Du bist Vertrauensschüler und solltest wissen, dass wir jetzt ins Vertrauensschülerabteil müssen!“ sagte sie tadelnd.
Mit gesenktem Kopf stand Ron auf, um Hermine zu folgen. Dass sie auch immer mit ihm schimpfen musste! Harry las weiter in seiner Ausgabe des „Klitterers“ und freute sich, dass seine beiden besten Freunde das Abteil verlassen wollten. So konnte er mit seiner Ginny etwas ungestört sein.
„Harry, Harry!“ Hermines Stimme drang erst nach mehreren Versuchen zu ihm durch. „Du musst auch mit. Du bist schließlich Quidditch-Kapitän.“
Harry stand murrend auf. Wieder hatte er seine Chance verpasst, mit Ginny ungestört zu sein.
Ginny saß nun allein in dem Abteil, und versuchte, sich die Zeit mit lesen zu vertreiben.
„Hoffentlich kommt Malfoy, dieser dreckige Bastard, nicht hier vorbei. Ich habe keine Lust, mir den ersten Tag von dem Anblick seiner Visage verderben zu lassen. Ich frage mich sowieso, was er hier will. Schließlich gehört er nach Askaban, nachdem er versucht hatte, Professor Dumbledore umzubringen.“
Sie konnte jedoch nicht ahnen, dass Malfoy nur einige Abteile von ihr entfernt saß und beobachtet hatte, wie Harry, Ron und Hermine das Abteil verließen. Er wusste, dass Ginny in diesem Augenblick allein war. Zu Zabini sagte er: „Diese kleine Blutsverräterin ist allein. Ich sollte ihr einen Besuch abstatten, und ihr meine Meinung von Schlammblut-Freunden wie ihr und ihrer Familie mitteilen. Es kann nicht mehr lange dauern, bis der Dunkle Lord Hogwarts übernimmt und Dumbledore ein für alle Mal aus dem Weg schafft. Bis dahin wird die kleine Weasley schon wissen, wo ihr Platz ist.“ Er lächelte und Zabini sagte mit seiner vor Arroganz triefenden Stimme:
„Lass mir noch etwas übrig. Du weißt, wie scharf die Mädchen hier auf mich sind, und sie wird mir auch nicht wiederstehen. Dass wird sie nämlich gar nicht können, wenn ich mit ihr fertig bin.“
Malfoy machte sich auf den Weg. Bevor er die Tür zum Abteil öffnete, spähte er durch dass kleine Fenster.
„Das kleine Miststück schläft. Besser kann es für mich gar nicht laufen“, schoss es ihm durch den Kopf.
Langsam und leise öffnete er die Tür. Sofort sah er Ginnys Zauberstab und nahm ihn an sich. Versehentlich stieß er dabei einen Stoß Bücher um. Ginny wurde blitzschnell wach und sprang sofort auf. Doch auch Malfoy reagierte schnell.
„Incarcerus!“
Seile schossen aus der Spitze seines Zauberstabes und schnürten sich fest um Ginnys Körper. Zu fest. Sie schrie vor Schmerzen.
„Scheiße. Sei doch still, Silencio!“
Ihre Schreie verstummten. Nun liefen ihr Tränen die Wangen hinunter.
„Schau mich an!“ fuhr Malfoy sie an.
Doch Ginny dachte nicht daran. Einem Dreckskerl, wie Malfoy es war, würde sie niemals freiwillig in die Augen sehen. Sie drehte ihren Kopf in die andere Richtung. Doch kaum hatte sie das getan, spürte sie eine Hand an ihrem Kinn, die ihren Kopf brutal zurück drehte. Sie war erschrocken. Zwar wusste sie, dass Malfoy der dunklen Seite zugewandt war, doch hätte sie nie erwartet, dass er einem Mädchen gegenüber so brutal sein konnte. Klar, zu Parkinson war er nie besonders nett gewesen, doch hatte er sie jemals so angefasst?
„Ich habe gesagt, dass du mich anschauen sollst!“, fauchte Malfoy sie an.
Er hielt ihr Gesicht so fest, dass sie ihre Augen vor Schreck aufriss. Doch sie wollte sich nicht unterdrücken lassen und versuchte, sich aus seinem Griff und aus ihren Fesseln zu befreien.
„Na, na, du scheinst noch zu viel Freiheiten zu genießen.“
Mit einem Wink seines Zauberstabs zogen sich die Seile noch fester um Ginnys Körper. Wieder liefen ihr Tränen über das Gesicht. Noch die hatte sie sich so hilflos gefühlt. Und genau jetzt, wo er sie brauchte, waren weder ihr Freund noch ihr Bruder zur Stelle, um ihr zu helfen.
„Hoffentlich kommen sie bald zurück.“, betete sie innerlich.
Wieder griff Malfoy nach ihrem Gesicht.
„Nimm deine dreckigen Pfoten von mir du elender Mistkerl!“
Diesen Satz wollte Ginny am liebsten so laut brüllen, dass der ganze Zug sie hören konnte. Aber wegen des Schweigezaubers kam kein einziges Wort über ihre Lippen.
„Du wagst es, mich einen elenden Mistkerl zu nennen? Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich heute gut gelaunt bin, und meine Wut im Zaum halten kann. Ach, und noch was: ich kann jeden deiner Gedanken verfolgen, seit meine Tante mir Legilimentik beigebracht hat. Also nimm dich in Acht, denn wenn ich das nächste Mal derartige Beleidigungen in deinem Gedanken finde, kann ich für nichts mehr garantieren.“
Ginny wollte um Hilfe rufen. Sie war so verzweifelt und konnte nur hoffen, dass die anderen Slytherins nicht vor der Tür standen und nur auf ein Zeichen Malfoys warteten, um Zeuge dieser grausamen Szene zu werden.
„Angst?“ fragte Malfoy leise, „die solltest du auch haben. Nun weißt du, was ich alles mit dir machen werde, wenn ich dich noch mal in die Finger kriege. Und glaub mir, du widerliche Schlammblut-Freundin, wenn irgendetwas schief läuft, werde ich dich kriegen, und das hier war nur ein kleiner Vorgeschmack. Ich möchte, dass du dafür sorgst, dass deine Freunde mir nicht weiter hinterher spionieren. Sollte ich mich nur ein einziges Mal beobachtet fühlen, werde ich dir einen Besuch abstatten, und zwar dann, wenn du nicht damit rechnest. Und noch eine Kleinigkeit: kein Wort zu Potter und dem Rest.“
Malfoy drehte sich um, um zu gehen. Er murmelte ein kurzes „Finite Incatatem“ und Ginny war wieder frei. Sie zitterte noch vor Angst und hoffte, dass Malfoy wirklich verschwinden würde.
Es dauerte nicht lange und Harry, Ron und Hermine kamen endlich zurück.
„Wieso war Malfoy nicht beim Treffen? Er sollte seine Pflichten als Vertrauensschüler doch kennen“.
Die pflichtbewusste Hermine war verärgert.
„Lass ihn doch“, entgegnete Ron gelassen, „ich bin froh, wenn ich seine dreckige Visage nicht sehen muss. Ginny, was hast du denn gemacht? Du siehst ja schrecklich aus!“
Die beiden anderen drehten sich zu ihr um und rissen vor Schreck die Münder auf. Ihr ganzer Körper war von dunkelroten Striemen bedeckt, die teilweise bluteten.
„Wer hat dir das angetan? Ich bring dieses Schwein um. Los, sag es mir!“
Harry war außer sich vor Wut, doch Ginny grinste. Wenn es drauf ankam, konnte sie eine wirklich gute Schauspielerin sein. Und in diesem Moment kam es drauf an. Denn wenn ihre Freunde auch nur eine Spur der Wahrheit erfuhren, würde Malfoy zurückkommen, und das wollte sie um jeden Preis verhindern.
„Ach, mir ist da ein kleiner Unfall passiert. Ich gehe später zu Madam Pomfrey in den Krankenflügel.“
„Klein?!“ riefen Harry, Ron und Hermine wie aus einem Munde.
„Ja, ich wollte den Incarcerus an der Parkinson ausprobieren, aber er ist leider nach hinten losgegangen. Zum Glück hat sie nichts gemerkt, denn sonst wäre ich bereits am ersten Abend das Gespött der Schule“.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel