Fanfiction

Alle saßen in der kleinen Küche der Potters und hingen ihren Gedanken nach.
Ginny und Hermine mit verweinten, roten Augen, Harry mit wutverzerrtem (bei dem er stark an Onkel Vernon erinnerte), und Ron mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck.
Das einzige Geräusch, das man hören konnte, war das nervige Tick Tack der Uhr, die an der Wand hing.

Hermine dachte – wie soll es auch anders sein – an Ron.
Sein Leben vorher war ganz und gar perfekt.
Bevor sie gekommen war und alles durcheinander gebracht hatte,
fügte sie in Gedanken verbittert hinzu.
Er hatte einen Gutbezahlten Job, eine (furchtbare, wie Hermine fand) Verlobte, die ihn liebte, Freunde, die alles für ihn tun würden, ein tolles
Verhältnis zu seinen Eltern, Geschwistern und seinem nach wie vor besten Freund Harry.

Dieser hingegen dachte auch nach.
Hermine hatte sich nicht viel verändert, äußerlich gesehen jedenfalls.
Aber ob sie noch das starke, glückliche Streberlein von damals
war, konnte Harry nicht sagen.
Sie kam ihm erwachsener vor, und doch hatte er bei dem Gespräch
das Gefühl gehabt, sie hätte Angst.
Über ihre Gefühle redete sie so gut wie nie, außerdem wich sie vielen Fragen aus, wie etwa auf Rons etwas taktlose, wieso sie überhaupt
zurückgekommen war.
Er war trotzdem stinksauer, denn Ron hatte sich benommen wie ein
Haufen Scheiße.
Konnte Hermine etwas dafür, dass er ein Kind bekam, das er gar nicht wollte?
Er benahm sich jedenfalls so und überschüttete sie mit Schuldgefühlen.

Harrys Frau dachte dasselbe:
Ron hatte in dem Gespräch Hermine dauernd unter die Nase geschoben,
er bekäme ein Kind, und dass es am besten für alle gewesen wäre,
wenn sie nie mehr in die Nähe ihrer alten
Freunde gekommen wäre.
Daraufhin hatte sich Ginny auf ihn gestürzt wie eine wütende Löwin und
nur mit mühe konnte Harry die zackenden Geschwister beruhigen.
Erst später hatte sie gemerkt, dass Hermine in einem Heulkrampf
geraten war, und bei diesem Anblick konnte Ginny
nicht anders als es ihr gleich zu tun.

Der rothaarige Bruder starrte an die Decke und dachte, wie gut
es doch war, etwa Zigmal zu wiederholen,
er bekäme ein Kind und wäre darüber mehr als froh, was aber gar nicht der Wahrheit entsprach, was Ginny und Harry wussten; schließlich
bemerkte er, wie weh es ihr tat, wenn sie hörte, wie glücklich er mit Nicole war (und mit dem Baby, wie er ihr glauben gemacht hatte).
Sie wiederholte abermals, sie würde den beiden ihr Glück gönnen, und komischerweise konnte Ron nicht anders, als ihr zu glauben.
„Du hättest nie mehr in unser Leben kommen brauchen“, hatte er ihr vorgeworfen.
Und das war der Moment, als sich Ginny auf ihn gestürzt hatte und
er bemerkte, wie Hermine losschluchzte.
Voller Genugtuung hatte er dieses Spektakel beobachtet, und irgendwie
spürte er dann doch das verlangen, sie in den
Arm zu nehmen. Aber natürlich wollte er sie erstmal leiden lassen,
denn er hatte wegen ihr schon schlimmeres erlebt
als einen lächerlichen Heulkrampf.
Die Gewissensbisse versuchte er so gut wie möglich aus seinem Geiste zu verbannen.

Hermine ließ den Blick durch den Raum gleiten, und er blieb an der
ticktackenden Uhr hängen.
Elf vor Mitternacht…
Sie sprang auf.
„MEIN PORTSCHLÜSSEL GEHT IN EINER MINUTE!“
Alle sahen überrascht auf, als sie den Zauberstab nahm, und ‚Accio Pergament’ rief.
Einige Sekunden später sahen sie das Pergament auf sie zuschweben, doch ehe Hermine danach schnappen konnte, war es verglüht und weg.
„Was soll denn das, wir können dich doch auch nach Hause bringen?“, fragte Harry verwirrt.
Doch Hermine starrte auf die Stelle, an der der Portschlüssel gerade verschwunden war.
Ginny sah sie verwundert an.
„Hermine, alles okay mit dir?“
Sie nickte.
„Alles bestens… ich will nur nicht, dass ihr euch die Mühe macht, mich zu begleiten“, log sie.
Doch in Wahrheit ging es ihr um sich.
Die Braunhaarige wollte einfach nicht, dass sie jemand begleitete,
so sehr schmerzte sie die Gegenwart der anderen.

„Oh mein Gott“, lachte Ginny.
„Das wird Ron gerne machen, keine Angst. Mühe, tzz!“
Ron? Ron sollte sie begleiten?
Der war der letzte, von dem sie begleitet werden wollte…
Ron sprang sofort von seinem Platz auf.
„Du spinnst doch, Frau!“, rief er entrüstet.
Ginny hob die Braue und stellte die Frage, die Hermine sich auch stellte:
„Ist sie etwa so schlimm?“
Ron schien verlegen.
„Nun jaaah, das hab ich nicht behauptet…
aber Nic, ich kann sie doch nicht – und …“.
„Ich find den Weg schon alleine“, kam Hermine ihm überraschend zur Hilfe.
Er sah sie leicht beschämt an und bekam rote Ohren.
„Ach du meine Güte“, dachte sie, „was stimmt mit dem nicht? Zuerst beschimpft er mich, wird ganz froh wenn er mich leiden sieht und jetzt?“
„Um Nicole kümmern wir uns“, antwortete Harry kühl und schien Ron mit
seinen Blicken durchbohren zu wollen.
„Ist schon gut Harry“, antwortete Hermine rasch, „ihr sagt mir einfach die Straße, ab der ich apparieren kann, und ich bin weg. Wirklich.
Ich kenn mich in London aus!“
„Das Problem… Wir sind gar nicht in London“, grinste Ginny.
Hermine zuckte die Schultern.
„Ich komme schon zurecht.“
„Wieso könnt ihr sie nicht begleiten?“, fragte Ron frech.
„WEIL wir aufräumen müssen, du Idiot“, antwortete Ginny patzig.
„Hört bitte auf zu streiten…“, flehte Harry.
„Das könnt ihr später auch tun, und nenn mich nicht Idiot…“, knurrte Ron.
„Sonst was?! Das mit Nicole ist eine scheiß Ausrede, Ronald!
Du tust so, als ob sie 3 Jahre alt wäre und du ihr gerade beigebracht hast,
wie man Dreirad fährt! Sie ist schon 22, sie kann auf sich selbst aufpassen!“
„Das ist es nicht“, rief Ron zornig.
„Ich hab halt eine … Verlassensangst, okay?“
Ginny sah ihn belustigt an, während Hermine und Harry dumm daneben standen
und nicht wussten, was sie tun sollen.
„Verlassensangst? Ausgelöst durch was? Und was zum Teufel ist eine
Verlassensangst überhaupt?“
Hermine ging ein Lichtlein auf, doch sie hoffte, dass sie falsch lag.
Ron knallte wütend eine Vase auf den Boden, ging zur Tür, riss sie auf.
Doch bevor er ging, drehte er sich noch einmal um und starrte Ginny an:
„Ich habe angst, verlassen zu werden, und diese ‚Verlassensangst’ hat deine
Heißgeliebte Freundin ausgelöst, Hermine!“
Jetzt sah er Hermine zornig an.
Ihr Herz verkrampfte sich.
„Jetzt kommst du in unser Leben und willst, dass alles so ist wie früher, aber vergiss es! Alle sind wütend auf dich und nur weil sich Ginny und Harry im Moment auf deine Seite schlagen brauchst du nicht gleich zu denken,
sie lieben dich wie vor 7 Jahren noch!“
Er drehte sich um, verschwand, und verlieh seinem Zorn noch mit
einem Türknall Ausdruck.