von Dr. S
„Du hast da einen Strich vergessen. Dann heißt es… Ich lese Niffler?“ Cedric fuhr sich durch die Haare und klopfte nachdenklich auf dem Tisch herum.
Draco saß ihm gegenüber in der Bibliothek und verzweifelte gerade wunderbar an Alte Runen. Cedric war so freundlich gewesen, ihm seine Hilfe anzubieten. Ob das am Ende so eine gute Idee gewesen war, sollte jemand anderes entscheiden. „Wer hat jetzt in Runen nicht aufgepasst?“, gab Draco zurück. Ungeduldig tippte er mit den Zehen auf dem Boden herum und erwischte dabei ab und an Cedrics Fuß, was den nicht weiter interessierte.
„Ich hab meine Tabelle nicht dabei und deine ist so unübersichtlich…“, murmelte der Champion, der eigentlich Champion-Arbeit hatte verrichten wollen. Immerhin war morgen die zweite Aufgabe und Cedric verriet Draco natürlich immer noch nichts. Als ob er ernsthaft zu Potter rennen würde und dem das sagen würde. Der saß übrigens zwei Reihen hinter ihnen und brütete mit Wiesel und Hamster über sehr merkwürdigen Büchern.
„Meine Tabelle ist nicht unübersichtlich!“, regte Draco sich auf. Für die Lautstärke bekam er ein zischendes „Scht!“ von Madam Pince zu hören. „Dein Kopf ist einfach mit Stroh gefüllt, wenn du das mit „Ich lese Niffler“ übersetzt. Das ergibt doch gar keinen Sinn… Egal wie viele Striche ich über dieses… Ding setze!“
Cedric zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hast du’s falsch abgeschrieben?“
„Sicher nicht“, schnappte Draco beleidigt. „Professor Babbling hat ne Sauklaue.“
„Hm… Auch wieder wahr…“, grinste Cedric. „Nicht grad geeignet für den Beruf…“
„Hätte Heilerin werden sollen, was?“
„Lenk nicht ab.“ Cedric schob ihm das Pergament mit Dracos Übersetzungen wieder hin. „Weitermachen.“
Mit den Augen rollend kapitulierte Draco und durchblätterte sein staubiges Lexikon.
„Wenn du deinen ZAG in dem Fach schaffen willst, müssen wir aber noch einiges tun“, seufzte Cedric, als hätte er hier Neville Longbottom für Zaubertränke-Nachhilfe sitzen!
„Nicht ausfallend werden, Diggory“, schnaubte Draco. „Du bist so fies in letzter Zeit, das bricht mir das Herz. Frustrierte Champions sind eben keine gute Gesellschaft.“
Cedric zog die Augenbrauen zusammen. „Ich bin nicht frustriert.“
„Jaah, nur zu blöd um… Aua! Hast du mich getreten? Hast du es ernsthaft gewagt mich zu treten?“, hauchte Draco geschockt. Cedric verdrehte die Augen und versteckte sich hinter seinem fetten Wälzer mit so verschnörkelter Schrift, dass man sie kaum lesen konnte. „Macho.“
„Was?“ Cedric knallte das Buch auf den Tisch. „Ich bin kein Macho!“
Skeptisch hob Draco eine Augenbraue und wandte sich äußerst interessiert seinem Lexikon zu. „Dann bleiben wir eben beim Schönling…“, murmelte er so leise, dass Cedric es nur verstehen würde, wenn er es verstehen wollte. Wollte er anscheinend.
„Ich bin kein Schönling!“, war seine sehr einfallsreiche Antwort.
Draco schmunzelte und räusperte sich. „Dafür hattest du aber ganz schön Angst um dein Gesicht, als es angekokelt wurde“, sagte er hämisch grinsend und lauschte genüsslich Cedrics Schnauben.
„Wer hat hier denn fast angefangen zu heulen, als ich… angekokelt wurde?“, gab er zurück.
Schlagartig wurde Draco rot. „Tu mal nicht so…“, nuschelte er. „Stehst du doch drauf, wenn ich kurz vorm Heulen bin. Deswegen hast du mich doch erst umgerannt, im Regen damals.“
„Jaah, es war überdeutlich, dass du geweint hast und ich konnte rotgeschwollenen Augen noch nie widerstehen“, sagte Cedric und grinste.
Draco stutzte und legte den Kopf schief. Übte er wirklich weiterhin irgendeinen Einfluss auf den Hufflepuff aus oder war das gar kein Sarkasmus gewesen? Ein sarkastischer Cedric?
„Was schaust du so?“ Cedric lugte über seine Schulter. „Schwebt die Graue Dame hier herum? Macht sie öfter mal… So ein Klischee, wegen Ravenclaws und Bibliothek, du verstehst?“
„Ced, bist du nervös?“ Mit der Adlerfeder kratzte Draco sich am Kinn und musterte sein Gegenüber genauestens. Es musste einen Grund für dieses doch recht merkwürdige Verhalten geben.
„Ich? Iwo!“
„I-was?“
„Iwo…“
„Was willst du von mir, Diggory?“ Draco legte den Kopf schief und machte eine verständnislose Handbewegung.
Cedric schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Vergiss es…“
„Wenn du mir was über das Rätsel –“
Mit einer Handbewegung schnitt Cedric ihm das Wort ab. „Hatten wir doch oft genug. Ich soll das alleine machen, bin fast fertig und werde dir kein Sterbenswörtchen verraten, ja?“
Draco rollte mit den Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Potters Freunde helfen ihm. Sind wir keine Freunde? Darf ich dir nicht helfen?“
„Und was willst du dafür?“
„Wie kommst du darauf, dass ich was dafür will?!“, schnaubte Draco empört.
„Na ja…“ Cedric musterte ihn einen Moment. „Slytherin? Malfoy? Du wolltest sogar was dafür, als du mir etwas zu Essen mitgebracht hattest.“
Draco räusperte sich, den Rotschimmer auf seinen Wangen ignorierend. „Wenn du einen klitzekleinen Kuss so schlimm findest, dann tret ich den Hauselfen eben nie wieder in den Hintern, damit sie dir was kochen. Du isst zu wenig, weil du nur in der Bibliothek hängst und hier darf man nicht essen.“ Draco ließ sich einen Moment mustern und schnaubte dann. „Was? Dann sorge ich mich halt. Alleine kannst du doch nicht auf dich aufpassen!“
Cedric lachte auf und ließ Draco so noch röter werden. „Mach deine Aufgaben.“ Er tippte gegen Dracos Lexikon und vergrub die Nase wieder hinter seinem Buch.
„Ich…“
„Malfoy?“, sprach ihn jemand an. Draco schaute über die Schulter und musterte die Weasley-Zwillinge. „Mitkommen.“
„Was?“ Draco verzog die Mundwinkel und schüttelte den Kopf. „Ihr könnt mich mal. Geht Potter verschleppen.“
„Professor McGonagall hat uns gesagt, wir sollen dich holen. Können wir ja nichts für“, sagte einer der Zwillinge und der andere zuckte für ihn mit den Schultern.
Draco zog die Augenbrauen zusammen und schaute Cedric fragend an, der aber nur ratlos den Kopf schüttelte. „Ich hab ihm nicht geholfen! Wieso will sie mich sprechen?“, fragte Draco verwirrt.
„Wir haben keine Ahnung, Junge. Jetzt beweg deinen Hintern oder wir tragen dich“, sagte Zwilling eins, während Zwilling zwei Draco am Kragen packte.
„Ich kann alleine gehen!“, schnauzte Draco sauer und machte sich los. „Bis dann, Ced.“ Er winkte und verdrehte die Augen, als die Weasleys pfeifen mussten. Cedric lächelte ihm kurz zu und verschwand schnell wieder hinter seinem Buch.
„Und hat Cedric das Rätsel schon gelöst?“, fragte Fred oder George Draco, der erneut die Augen verdrehte.
„Keine Ahnung. Wir reden da nicht drüber“, sagte er wahrheitsgetreu und beschleunigte seine Schritte. Er wollte schnell wissen, was die McGonagall von ihm wollte und dann zu Cedric zurück. Der konnte sagen, was er wollte, er war nervös und brauchte Beistand. Ob die ihn bestrafen wollte, weil er mit Cedric in der Bibliothek arbeitete? Dachten sie, er würde ihm helfen, so wie Wiesel und Hamster Potter?
„Nicht so schnell, Kleiner!“
„Du hast es aber eilig wieder die Matratze zu spie–“
„Fred!“
Draco blieb abrupt stehen, während George seinem Bruder auf den Mund schlug, damit der die Klappe hielt. „Matratze?“ Den Kopf schüttelnd drehte Draco sich herum und verzog misstrauisch das Gesicht. Fred versuchte Georges Arm herunterzubekommen, während er sich irgendetwas ins Ohr zischen lassen musste. „Ihr wart das? In Hogsmeade?“
„Das ist Jahre her, Mal–“
„Fred!“
Draco wich leicht zurück. „Ihr verdammten Bastarde. Das war nicht lustig. Ihr seid ohnehin nicht lustig und mich dann auf offener Straße begrabbeln? Schon mal dran gedacht, dass mir das ein lebenslanges Trauma hätte verpassen können?“
„Hat es doch nicht!“ Fred machte sich mit einer Drehung los und schlitterte zu Draco, der angesäuert die Arme vor der Brust verschränkte. „Und es hat dich nicht daran gehindert dich durchliegen zu lassen, was?“ Schnaubend schüttelte Draco die Hand ab, welche Fred auf seine Schulter legte. „Oder schon genug von Diggory. Er ist so frustriert in letzter Zeit.“
„Hat neulich in Zaubertränke seinen Kessel schmelzen lassen“, fügte George hinzu, drehte seinem Bruder aber den Rücken zu. „Und das wo Snape ihn eh auf dem Schirm hatte.“
„Was…“ Draco bekam jetzt beide Hände auf die Schultern gelegt und wurde von Fred nach hinten gedrückt. „Hallo? Fass mich nicht an, Wiesel! Ich brauche keine Entschuldigung von sowas wie… Ungh!“ Draco sackte ein Stück an der Wand, gegen die er gepresst wurde, herunter. Mit den Füßen scharrend versuchte er sich wieder aufzurichten, aber der bescheuerte Weasley hielt ihn auf einer unvorteilhaften Höhe. Draco rechnete fest damit muggelartig zusammengeschlagen zu werden.
„Ich finde dich süß, Malfoy. Was sagst du dazu?“ Breit grinsend rückte Fred näher, amüsiert glucksend, als Draco ihn entsetzt anstarrte.
„Was?!“
„Hah! Das sind drei Sickel für mich, George!“, gluckste Fred, bevor er die Augen schloss und sich vorlehnte.
Draco sträubte sich augenblicklich gegen den festen Griff, aber Weasley war wohl nicht umsonst Treiber, bei solchen Armen. „Ich mag dich nicht! Geh weg!“, presste er hervor.
Fred prustete ihm gegen die Lippen. „Ich dich auch nicht, aber du bist niedlich und… wow, dieser Schlag den du drauf hast. Unglaublich, die halbe Tribüne wegzuhauen…“
„Lass. Mich. Los!“ Draco warf einen hilfesuchenden Blick zum anderen Weasley, aber der starrte lieber die Wand an. Schluckend versuchte Draco erneut Cedrics Jahrgangskollegen abzuschütteln. Das wurde ihm unheimlich. Nein, es war ihm bereits unheimlich. McGonagalls Büro war doch gleich um die Ecke, er konnte einfach… austreten, Weasley die Möglichkeit nehmen jemals Kinder zu bekommen und laufen! Zu Cedric. So merkte er gerade wie groß der Unterschied war, wenn sein Freund ihn berührte. Jede kleine Berührung von Cedric drückte seine Zuneigung aus und das hier war… einfach nur widerlich.
„Ich will doch nur mal…“
„Fred, lass ihn doch. Anscheinend ist er gar keine Matratze.“
Wirklich? Draco hätte fast gelacht. Hielt man ihn für einen sich rumvögelnden Slytherin?! Wie kam man denn bitte da drauf?
„Ach, der tut doch nur so unschuldig. Das verbindet ihn mit Diggory.“
„Halt die Klappe, Weasley!“, schnauzte Draco und hob das Knie, rammte es direkt zwischen Freds Beine. „Cedric tut nicht unschuldig! Beleidigt ihn noch einmal und ihr werdet mich auf Knien anflehen in die morsche Hütte, die ihr euer Zuhause nennt zurückkehren zu können!“ Er trat den sich krümmenden Zwilling nochmal vors Schienenbein. „Und meine Füße können auch ohne Schlagholz schmerzhaft werden.“
Er warf dem „guten“ Zwilling noch einen ärgerlichen Blick zu und verschwand um die Ecke, hoffend, dass er den kleinen Funken Dracomanie ausgetreten hatte…
Professor McGonagall erwartete ihn in ihrem Büro. Draco schaute sich verwirrt um, nickte Cho Chang zu, die neben einem kleinen Mädchen mit silberblondem Haar stand und ihn irgendwie an die blöde, französische Kuh erinnerte.
„Wir warten noch auf jemanden“, sagte Professor McGonagall und musterte die Anwesenden. „Jetzt hören Sie auf zu zittern, Mr. Malfoy, es passiert Ihnen nichts.“
Draco ballte die Hände zu Fäusten und verdrehte die Augen. Musste die ihn ansprechen, als wäre er gerade kurz davor zusammenzuklappen.
Es klopfte und auf das „Herein“ von McGonagall trat Dumbledore ein, einen Besen tragend. Dracos Augen schwollen an. Wieso hatte Dumbledore einen Feuerblitz?! Sachen gab’s…
„Ah, es sind bereits alle versammelt“, sagte er lächelnd und schloss die Tür hinter sich, bevor er in die Runde strahlte. „Sie dürfen sich glücklich schätzen, meine Damen.“ Draco räusperte sich. „Und Mr. Malfoy, Entschuldigung.“ Den Feuerblitz legte Dumbledore auf McGonagalls Schreibtisch. „So, was machen Sie also hier? Es geht um die morgige zweite Aufgabe. Jeder von Ihnen ist für einen der Champions abgeholt worden und…“
„Moment. Aber wir sind nur drei“, sagte Draco mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Jetzt musste er auch noch was machen? Na ja, wenn er Cedric so helfen konnte, dann würde er sich zumindest anstrengend.
„Ja, für Mr. Krum haben wir seinen überalles geliebten Feuerblitz“, gluckste Dumbledore und streichelte den Besenstil. „Äußerst gut gepflegt, durchaus. Ich habe ihn zum Schloss probegeflogen. Jeder Besitzer ist zu beneiden. Wenn ich noch jünger…“
Professor McGonagall räusperte sich. „Direktor.“
„Oh, ja, Verzeihung.“ Dumbledore verknotete die Finger vor seinem Bauch und lächelte in die Runde. „Die Champions werden Sie vom Grunde des Schwarzen Sees holen.“
Draco riss die Augen weit auf, das kleine Mädchen zitterte eh die ganze Zeit und Chang keuchte auf.
„Ich kann nicht schwimmen!“, platzte es aus Draco raus. „Lassen Sie Cedric auch seinen Besen retten!“
„Es tut mir außerordentlich Leid, Mr. Malfoy, aber den Champions wurde das genommen, was Ihnen am Wichtigsten ist und das sind nun einmal Sie für Mr. Diggory“, sagte Dumbledore und lächelte noch breiter als Draco puterrot wurde. Nur Chang konnte seinen Farbton noch übertreffen. Der Feuerblitz surrte zufrieden.
Draco senkte den Blick. Er war wirklich das allerwichtigste für Cedric? Ein Lächeln schlich sich wie von selbst auf sein Gesicht. Das bedeutete ihm so unsagbar viel, dass er sogar auf dem Grund des Sees warten würde, um Cedric hinterher damit aufzuziehen.
„Haben Sie keine Angst. Sie werden schlafen und erst aufwachen, wenn Sie die Wasseroberfläche wieder erreicht haben“, beruhigte Dumbledore sie. „Der Rest von Ihnen kann schwimmen?“
Jetzt wurde Draco vor Scham rot und Chang musste auch noch kichern.
„Oh, ich denke, Mr. Diggory wird Sie schon an Land bekommen, Mr. Malfoy. Ansonsten sind wir ja auch noch da. Seien Sie einfach versichert, dass Ihnen gar nichts passieren kann“, sagte Dumbledore und zückte den Zauberstab. „Sie werden jetzt schlafen. Noch ein paar letzte Worte?“
Draco konnte nicht verhindern, dass er schwer schluckte, aber im Gegensatz zu Chang war er nicht so blöd und schüttelte den Kopf. Das war ja wohl ein Scherz gewesen, nicht wahr? Dumbledore jedenfalls lächelte amüsiert, schwang den Zauberstab und schon entschwand Draco ins Land der Träume.
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