von Kraehenfeder
Und ein weiteres Kapitel. Eine Woche noch, dann verläuft auch mein Leben hoffentlich wieder in weniger hektischen Bahnen.
Bis dahin:
Spätfolgen
Leichte Verzweiflung machte sich in Hermine breit, angesichts des Ladens, auf den Severus zeigte.
„Das ist doch viel zu teuer“, machte sie einen weiteren Versuch, ihn von der Sinnlosigkeit seines Handelns zu überzeugen. Severus hatte nicht lange gezögert und war gleich nach dieser denkwürdigen Nacht mit ihr nach London appariert. Er sah sein Wochenende, im Gegensatz zu Hermine, mit einem ausgiebigen Einkauf, bestens genutzt. Nachdem diese aber auf seine Forderung eingegangen war, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich von ihm ankleiden zu lassen.
„Severus. Mir ist das wirklich peinlich“, murmelte sie, als er sie in einen äußerst edel aussehenden Laden zog. Wo hatte der Mann bloß das Geld her?
„Hör doch bitte endlich mal auf zu meckern“, murrte er und begann schon damit, die Auslage abzusuchen.
In den folgenden zwei Śtunden musste Hermine erkennen, dass dem biestigen Zaubertränkemeister das Einkaufen scheinbar Spaß zu machen schien.
„Du bist doch nicht normal“, stöhnte Hermine entsetzt, als sie einen weiteren Laden hinter sich ließen. Sie hatte Tüten voller Kleider, Blusen und Hosen geschultert, wobei sie versuchte ächzend mit ihm Schritt zu halten.
Snape beachtete sie kaum. „Eine Frau kann nie genug Klamotten haben. Und nach Schuhen haben wir noch überhaupt nicht geguckt.“
Hermine seufzte leise. Sie begann langsam, wirklich erschöpft zu sein.
„Du bist nicht zufällig im falschen Körper geboren?“, fragte sie sarkastisch.
Snape schenkte ihr nur einen skeptischen Blick, ehe er im nächsten Geschäft verschwand.
Auch diverse Angestellte schenkten dem ungleichen paar überraschte Blicke. Nach einer weiteren halben Stunde, in der noch ein paar Oberteile und sogar Schuhe hinzugekommen waren, lehnte Hermine sich erschöpft gegen eine Wand.
„Severus. Es reicht. Du hast jetzt mehr als genug Geld für zehn Nächte, wie der vorigen, ausgegeben.“
Er lachte rau auf. „Ich hoffe doch sehr, dass es noch mehr solche Nächte geben wird.“
„Jede Menge, wenn du nur aufhörst mir Klamotten zu kaufen“, beschwor sie ihn. „Ich komme mir vor wie ein kleines Kind. Vor allem weil du den Großteil meiner Klamotten ausgewählt hast.“
„Sie gefallen dir doch, oder?“ Er schien wirklich beunruhigt und Hermine runzelte die Stirn.
„Verarscht du mich, Severus? Ja, sie gefallen mir. Aber wann zur Hölle hast du einen solchen Klamotten-Fetisch entwickelt?“
Er zuckte die Schultern. „Früher hatte ich keine Zeit und Energie dafür. Aber heute...“
„Du trägst immer nur schwarz. Und immer Hemden.“
„Ich habe einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik am weiblichen Geschlecht“, entgegnete er mit einem Grinsen.
Hermine, die zu schwitzen begonnen hatte, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Irgendwie war sie, selbst im Stehen, total außer Atem.
„Hermine? Ist alles in Ordnung mit dir?“, kam es auf einmal von Snape.
„Klar.“ Seit wann fiel ihr das Sprechen so schwer? „Du hast mich nur ein bisschen erschöpft.“
Als sie den Kopf hob, traf sie sein besorgter Blick.
„Ich lade dich noch auf einen Kaffee ein“, meinte er und deutete auf ein nahes Café.
„Nein“, meinte Hermine schwach. „Lass uns nach Hause apparieren.“
Snape trat auf sie zu. „Was ist denn los auf einmal?“ Von einem Moment auf den anderen war Hermine leichenblass geworden.
„Ich fühle mich nicht gut.“
Er kam noch einen Schritt näher. Als Hermine abwehrend die Hand heben wollte, griff er nach ihrem Handgelenk und hielt inne.
„Dein Puls rast.“
Ihre Augen starrten ihn an, ohne ihn wirklich wahrzunehmen.
„Hermine?“
Sie bekam keine Antwort heraus.
„Wir apparieren jetzt sofort zu Poppy.“ Der besorgte Ton hätte ihr in einer anderen Situation ein warmes Gefühl gegeben, wenn sie nicht glaubte, jeden Moment umzukippen. Doch Severus schien die Zügel in die Hand zu nehmen, denn schon im nächsten Augenblick apparierte er mit ihr von der Stelle weg.
Als sie sich wieder zusammensetzten taumelte Hermine.
„Kannst du mir sagen, was los ist?“
„Ich... weiß auch nicht.“ Sie keuchte auf und presste sich die Hände auf den Bauch.
„Hast du Schmerzen?“
„Mein Bauch“, stieß sie gequält hervor.
Vorsichtig hob Severus die schwankende Hermine auf seine Arme.
„Ich bringe dich in den Krankenflügel.“
„Nicht... Es geht schon.“
Doch Severus reagierte nicht auf ihren Einwand, stattdessen beschleunigte er seine Schritte nur noch mehr. Sein Blick haftete dabei unverwandt auf ihrem Gesicht und ihren flatternden Augenlidern.
Ihr Kopf sackte gegen seine Schulter.
„Poppy!“ Mit dem Fuß stieß Severus die Tür zum Krankenflügel auf.
Die Medihexe drehte den Kopf, schon im Begriff ihn für sein Gepolter zu Recht zu weisen, als sie Hermine in seinen Armen erblickte.
„Was ist mit ihr?“, fragte sie erschrocken.
„Was weiß denn ich? Deswegen bin ich ja hier!“, fauchte Snape und ließ die junge Frau, im Gegensatz zu seinem Tonfall, äußerst vorsichtig auf ein Bett sinken.
Während Snape damit beschäftigt war, den Vorhang um das Bett herum zuzuziehen, beugte sich Madame Pomfrey über Hermine, die langsam wieder zu Bewusstsein kam.
“Hermine? Kannst du mich hören?“
Die Angesprochene stöhnte gequält auf. „Severus?“, flüsterte sie leise.
Dieser fuhr überrascht herum, eilte aber auf ihr Bett zu. „Ich bin hier, Hermine.“
„Ich glaube…“ Sie krallte ihre Fingernägel in das Bettlaken, als eine neue Welle heißen Schmerzes durch ihren Magen fuhr. „Dieser Fluch. Dein Angreifer…“ Mit zitternden Händen strich sie sich das Haar aus dem Gesicht und offenbarte die Wange, an der Snapes’ geheimnisvoller Feind sie damals erwischt hatte. Dort, wo kurz nach dem Duell, der Kratzer geprangt hatte, war ihre Haut innerhalb der letzten Minuten feuerrot geworden und brannte höllisch. Snape zog die Luft zwischen den Zähnen ein. „Dieser verdammte Bastard.“
Madame Pomfrey beobachtete besorgt Hermine und begann schon mit den verschiedensten Diagnose-Zaubern, als Severus ihr mit einer Hand Einhalt gebot.
„Das bringt nichts. Es war ein schwarzmagischer Fluch.“
“Bitte?“
„Wir sind angegriffen worden, vor ein paar Tagen. Wir waren im Wald, Trankzutaten sammeln.“ Er wollte weiter sprechen, doch in diesem Moment verließ Hermines Lippen ein unterdrückter Schrei.
Er griff nach ihrer Hand, die sich sofort eisern um seine schloss, um dem Schmerz etwas entgegen zu setzen.
„Es wird… schlimmer“, flüsterte sie.
Severus strich ihr mit einer Hand über die heiße Stirn. „Versuch dich zu entspannen“, murmelte er leise. „Wir suchen eine Lösung.“
Wenn er seine Aufmerksamkeit von Hermine zu Poppy gewandt hätte, hätte er deren Erstaunen über die Zärtlichkeit, die plötzlich in seiner Mimik und Gestik Ausdruck fand, bemerkt.
„Was für ein Fluch war das?“
„Ich weiß es nicht“, beantwortete Severus resigniert Poppys Frage, den Blick noch immer auf die in Schmerz verzerrten Züge der jungen Frau gerichtet.
„Hermine“, wandte sich Poppy nun an die ehemalige Gryffindor. „Kannst du mir deine Symptome erklären?“
Severus wollte die Medihexe schon anfahren, dass sie doch sehen konnte, dass Hermine dazu nicht mehr in der Lage war, als diese stockend zu sprechen begann: „Furchtbare… Magenschmerzen. Mir ist heiß… Wenig Luft…“ Wie zur Bestätigung ihrer Worte atmete sie keuchend ein.
„Wir können sie nicht hier liegen lassen, während wir nach einer Lösung suchen“, sagte Severus zu Poppy.
„Nein, nein – das können wir nicht…“, erwiderte diese abwesend. „Wir versetzen sie in einen Heilschlaf“, meinte sie plötzlich.
Snape musste der Versuchung widerstehen, sich mit der Hand gegen die Stirn zu schlagen. Er beugte sich über Hermine. „Keine Sorge, wenn du wieder aufwachst haben wir eine Lösung gefunden.“ In ihren Augen flackerte etwas wie Nervosität auf, aber er gab Poppy ein Zeichen. Diese schenkte ihrem Lehrling noch ein Lächeln, ehe sie den Zauber sprach und Hermines Augenlider sich senkten. Die junge Frau hatte gegen die aufziehende, erlösende Dunkelheit keine Chance.
Kaum, dass Hermines Atem regelmäßiger geworden war, verlangte Poppy nach einer Erklärung. Etwas widerstrebend berichtete Snape von dem Angriff auf sie und der Fluchwunde an Hermines Wange.
„Dummes Mädchen“, schimpfte Poppy, als Snape erzählte, dass Hermine die Wunde selbst geheilt hatte. „Sie hätte sich versichern müssen, dass damit alles in Ordnung war.“
Severus konnte nicht anders, als sie in Schutz zu nehmen: „Wir waren beide viel zu überrascht. Es sah nur nach einem Kratzer aus. Woher hätte sie wissen sollen, dass dieser Kerl mit schwarzmagischen Flüchen um sich wirft?“
Poppy hob beide Augenbrauen. „Wir sollten uns lieber beeilen eine Lösung zu finden. Und wir müssen Albus Bescheid sagen.“
„Ja, Minerva wird ganz begeistert sein, wenn sie erfährt, dass ihre einstige Lieblingsschülerin meinetwegen vor Schmerzen brüllt“, murmelte Snape, in Gedanken schon bei den Büchern, in denen er nachschlagen würde.
„Ich rufe Albus.“
„Und ich finde heraus, mit welchem Fluch dieser Mistkerl sie erwischt hat.“
Die Medihexe nickte und wollte sich schon abwenden, als Snape sie noch einmal zurückhielt. „Wie viel Zeit haben wir, Poppy?“
„Beeil dich“, antwortete Poppy nur und verschwand dann in ihrem Büro.
Severus stürmte in die entgegengesetzte Richtung davon. Wenn Hermine etwas passieren würde, nur weil sie in die Schussbahn eines Fluches geraten war, der für ihn bestimmt war, würde es sich das nicht verzeihen könne. Auch wenn er ihr das nicht unbedingt auf die Nase gebunden hätte.
Da die Wirkung des Fluchs erst heute in Erscheinung getreten war, ging er zweifelsfrei davon aus, dass er nicht legaler Natur war. Er hatte ein paar Ideen, hoffte aber, dass diese nicht zutrafen. Denn die Schäden, die Hermine davon tragen würde, wären seine Vermutungen wahr, wollte er sich nicht einmal ausmalen.
Er ordnete schon gedanklich alles zu Stichpunkten zusammen, was er über diesen unbekannten Fluch wusste.
Auf dem Weg zu den Kerkern begegneten ihm Albus und Minerva. „Wir haben es schon gehört, Severus.“ Die Hauslehrerin der Gryffindors schien ehrlich besorgt zu sein. Dumbledore hingegen fixierte Snape. Dieser massierte sich verzweifelt die Schläfen.
„Geht zu Poppy und bleibt bei Hermine. Ich muss in der Bibliothek eine Lösung suchen.“ Albus warf Minerva einen Blick zu, bei diesen Worten. „Ich helfe dir, Severus. Minerva steht Poppy weniger im Weg als wir.“
Die Schottin nickte und eilte zum Krankenflügel. Albus schloss sich Severus an.
„Du gibst dir doch nicht etwa die Schuld daran, dass Hermine nun dort oben liegt?“, brach der Direktor schließlich das Schweigen.
„Wenn Hermine mich nicht hätte schützen müssen, wäre das nicht passiert.“
„Sie wird wieder gesund.“
„Aber in diesem Augenblick hat sie meinetwegen Schmerzen.“
„Hermine bedeutet dir weit aus mehr, als du zugibst, nicht wahr?“
Snapes Antwort war das Zusammenpressen seiner Lippen.
Den Rest des Weges brachten die beiden Zauberer schweigend hinter sich. Kaum, dass sie in der Bibliothek angekommen waren, begannen Dumbledore und Snape jeder auf seine eigene Weise die verbotene Abteilung zu durchsuchen.
„Es kam von einem Moment auf den anderen. Wir waren in London, als Hermine plötzlich Kreislaufprobleme bekam.“
Albus blickte überrascht auf. Sein alter Freund starrte gedankenverloren auf die Tischplatte.
„Du liebst sie.“ Das war keine Frage, aber Severus machte eine unwirsche Handbewegung.
„Ich mag sie, Albus. Und wir haben ein paar kleine Gemeinsamkeiten. Aber das ist auch schon alles.“
Ein belustigtes Funkeln trat in die Augen Dumbledores, aber er ließ es auf sich beruhen. Stunde um Stunde verstrich, Snape wurde immer unruhiger, bis er plötzlich triumphierend die Hand auf einen Tisch krachen ließ.
„Ich habe was gefunden!“
Albus erhob sich und trat hinter Snape, der ein altes Buch aufgeschlagen hatte.
„Ein unbekannter Fluch. Eine Eigenkreation eines Schwarzmagiers im achtzehnten Jahrhundert.“
„Hier steht, dass die Wirkung normal es nach einer Woche eintritt.“
„Ich weiß auch nicht, warum es bei Hermine schneller ging. Aber es wird seinen Grund gehabt haben.“
„Ansonsten stimmen alle Symptome überein.“
Snapes schlanke Finger flogen über die Seite, auf der Suche nach einer Lösung.
„Ein Trank.“ Er konnte ein erleichtertes Aufatmen nicht unterdrücken. „Wir müssen nur einen Trank brauen.“
„Aber schnell...“ Dumbledore deutete auf einen handgeschriebenen Zusatz. Der Tod kommt zweiundsiebzig Stunden nach Auftreten des ersten Anzeichens.
Ihre Blicke begegneten sich, dann wandte Snape seine Aufmerksamkeit der Trankbeschreibung zu. „Es ist nicht besonders kompliziert. Ich muss nur die richtigen Zutaten besorgen. Spätestens morgen dürfte der Trank fertig sein.“
„Glaubst du, sie fühlt die Schmerzen?“
„Während sie schläft? Ich weiß es nicht.“ Die beiden Männer schwiegen wieder, ehe sich Snape energisch erhob. „Ich kümmere mich jetzt um den Trank.“
Dumbledore blieb in der Bibliothek stehen, in Gedanken bei Hermine, seinem schwierigen Angestellten und der instabilen Beziehung zwischen den Beiden.
***
Um Hermines benebelten Verstand wogte nur ein großes Meer aus Schmerz. Ab und an verließ die Pein ihren Körper, gab ihr eine Verschnaufpause. Es kam ihr vor wie ein endloser Cruciatus. Sie wusste, dass Poppy sie mit einem Schlafzauber belegt hatte. Dass Severus gerade eben noch in der Nähe gewesen war. Dann war er gegangen und um sie herum, war alles schwarz geworden. Ein dichter Nebel aus Agonie. Graue Schatten und ab und an ein viel zu heller Lichtblitz. Die Zeit war äußerst zäh, wenn man sie aus einem Glas tropfen sah, stellte ihr verwirrtes Denken fest. Stunde um Stunde zog sich endlos.
„Bitte, trink das.“
Eine Stimme. Eine sehr bekannte Stimme. Sie spürte Severus' Atem an ihrem Ohr. Er drückte ihr eine kleine Phiole gegen die Lippen. „Mach den Mund auf, Hermine“, meinte er sanft. „Und schluck.“
Der Zauber löste sich und Hermine wurde vom vollen Ausmaß ihres Schmerzes wieder zurück in die Wirklichkeit gerufen. Sie schnappte nach Luft, wünschte sich schon die Dunkelheit zurück, als Snape das Glasgefäss kippte und ihr eine kühle Flüssigkeit den Hals hinunter rann. Ihr Blick wurde klarer. Das erste was sie sah, waren Severus' dunkle Augen. Voller Sorge und Schuld. Wie schon einmal tastete sie nach seiner Hand.
„Oh Scheiße...“ Der Schmerz löste sich auf und ihr Fluch kam ihr nur krächzend über die Lippen. Ihr Hals fühlte sich wund an, obwohl sie weder geschrieen noch überhaupt gesprochen hatte.
„Nicht reden, atme erstmal tief durch“, mahnte sie Severus und sie konnte nicht anders, als ihn anlächeln. Vielleicht war es nicht in Ordnung, aber ihn so in Sorge um sie zu sehen, war ein wunderschönes Gefühl.
„Es geht schon“, meinte sie heiser und wollte sich aufrichten. Jetzt erst schienen auch die anderen Beteiligten wieder aus ihrer Starre zu erwachen.
Auf der anderen Seite des Bettes stand Madame Pomfrey, am Fußende hatten sich McGonagall und Dumbledore versammelt.
„Nicht, Mädchen, bleib liegen.“ Poppys Hand hielt sie zurück. „Ich möchte nicht mehr lange auf deine Hilfe verzichten, also müssen wir dich schnell wieder kurieren“, meinte sie scherzhaft.
Snape fasste diese Bemerkung jedoch sofort ernst auf und erwiderte grantig: „Hermine wird vor nächste Woche nicht wieder arbeiten. Sie muss sich erholen.“
„Severus, nichts anderes haben auch wir im Sinn“, meinte Dumbledore beruhigend. Er legte seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter und beugte sich nach vorn.
„Schön zu sehen, dass Sie wieder bei uns sind, Hermine. Sie haben uns ganz schön zu schaffen gemacht.“
Hermine fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen. Severus, der diese Geste sofort gesehen hatte, rief ein Glas Wasser herbei und setzte sich neben sie aufs Bett. Überrascht beobachtete sie, wie er ihr das Glas an die Lippen hielt und ihr vorsichtig beim Trinken half.
„Wie lange war ich weg?“, fragte sie schließlich. Das Kratzen in ihrem Hals war weniger geworden.
„Fast zwei Tage“, antwortete McGonagall.
„Merlin!“ Wieder wollte sich die junge Frau aufrichten, doch diesmal hinderte ihr eigener Körper sie daran. Kaum dass sie nur eine schnellere Bewegung vollführt hatte, schoss ein sengender Schmerz durch ihren Bauch.
„Seien Sie nicht so unvernünftig, Hermine!“, schimpfte Poppy. „Sie wissen selbst, dass Sie sich schonen müssen. - Direktor, Minerva, Severus, ich glaube sie können jetzt gehen. Ich behalte Hermine noch hier, für den Fall, dass sich etwas ergeben wird, aber es besteht keine Gefahr mehr.“
Der Schulleiter und Professor McGonagall nickten. „Hermine, wir sehen heute abend noch einmal nach Ihnen. Kommen Sie schnell wieder auf die Beine.“ Dumbledore warf Severus, der sich noch nicht dazu geäußert hatte, einen letzten, seltsamen Blick zu, ehe die Beiden den Raum verließen.
„Ich möchte Hermine jetzt untersuchen, Professor Snape. Sie können also auch...“
„Ich bleibe.“
„Da hat sich ja jemand einen Narren an unserer Hermine gefressen, was?“, fragte Poppy vergnügt.
„Machen Sie einfach Ihre Arbeit und reden Sie nicht so viel, Poppy“, zischte Snape ungehalten, trat aber einen Schritt zurück.
Als Madame Pomfrey, die solcherlei Ausfälle von ihm schon gewöhnt schien, sich daran machte, Hermines Bettdecke hinunter zu schieben, wurde dieser doch etwas unwohl. Es war wunderbar von Severus, dass er hier blieb und sicher – er hatte sie ohnehin schon nackt gesehen, aber eine Untersuchung hatte einen vollkommen anderen Charakter als der Sex.
Severus aber hielt den Blick unbeweglich auf ihr Gesicht gerichtet, bis Poppy Hermine ebenfalls das Nachthemd hochschob, in das man sie gesteckt hatte.
„Es ist besser, wenn ich Sie auch noch mal ohne Zauberstab abtaste, Hermine“, erklärte sie entschuldigend und begann sanft auf dem schlanken Bauch herumzudrücken, in den Snape seinerseits so vernarrt war.
In Anbetracht der Tatsache aber, dass Hermine ab und an gequält das Gesicht verzog, kam er auf keine anderen, gar anzüglichen, Ideen.
„Das schaut gut aus“, murmelte Poppy, ließ ihren Zauberstab kreisen und forderte Hermine auf ein paar Bewegungen zu machen. Diese wurde wieder zusehends bleicher, bis Snape schon kurz davor war, einzuschreiten.
Schließlich gab Madame Pomfrey dies auf und strich Hermines Haar zur Seite. Ein leises Seufzen erregte die Aufmerksamkeit der Beiden. Severus sah sofort, was die Medihexe meinte, wohingegen Hermine noch ahnungslos war.
„Da wird eine Narbe zurück bleiben.“
Hermine betastete ihre Wange. „Ist sie... groß?“
„Kaum. Sie ist blass.“
„Na dann...“ Die ehemalige Gryffindor war der Medihexe einen Blick zu. „Mir geht’s gut, Poppy.“
Madame Pomfrey nickte. „Wenn Sie etwas brauchen, rufen Sie mich.“ Ein prüfender Blick auf Snape folgte, dann rauschte sie davon.
Severus ging mit langsamen Schritten auf den Vorhang zu und schottete ihr Bett damit vom Rest des Krankenflügels ab.
„Hattest du wirklich Angst um mich?“, fragte Hermine leise.
Er fuhr herum, zwei, drei polternde Schritte, dann beugte er sich über sie und riss sie zu sich. Seine Lippen fanden ihre, hart, gierig, ohne Zärtlichkeit – voller Verzweiflung.
Hermine keuchte auf. Tränen traten ihr in die Augen, aufgrund des Sauerstoffmangels und der Schmerzen, die in ihrem Bauchmuskeln auftraten, aufgrund des nicht enden wollenden Kusses.
„Du hast keine Ahnung, wie viel Angst“, stieß Snape schließlich hervor und wandte sich ab.
„Severus“, meinte sie sanft, „Severus. Komm mal her...“
Seufzend ließ er sich neben sie sinken. Sie hob eine Hand und strich ihm über die Wange.
„Warum ist es dir nur so peinlich, dass jemand sieht wie viel ich dir bedeute?“
„Du bist ganz schön überzeugt von dir“, stellte er fest.
„Nein, das nicht. Aber das ist eine schlichte Tatsache. Magst du mich auch nicht lieben, du willst nicht dass ich sterbe.“
„Natürlich nicht“, meinte er ergeben.
Hermine lächelte. Severus war in manchen Beziehungen ein ganz schlechter Lügner. Egal, was er ihr erzählte, sie würde sich nicht vom Gegenteil überzeugen lassen. Wenn es eben Hartnäckigkeit brauchte, ihn zu überzeugen, dann würde sie diese an den Tag legen. Und irgendwann würde sie vielleicht auch so die Antwort auf die Frage finden, was ihn damals veranlasste, ihr zu helfen.
„Jetzt erzähl mir mal, was eigentlich passiert ist.“ Hermine lehnte sich in den Kissen zurück. „Ich habe erkannt was los war, als die ersten Schmerzen zu spüren waren. Aber was für eine Art Fluch hat dieser Kerl auf mich losgelassen?“
Seine Miene verdüsterte sich. „Ich bin froh, dass du noch unter Folter Intelligenz für zwei besitzt.“ Dann erklärte er ihr, was er in dem Buch gelesen hatte und welchen Trank er zur Bekämpfung des Fluchs benutzt hatte. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich Hermine mit Feuereifer in eine Debatte über Tränke zur Bekämpfung von Fluchwirkungen verstrickt. Severus saß auf ihrer Bettkante, beobachtete das Funkeln und Glänzen ihrer Augen, während er ihren Erörterungen lauschte.
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