von Kraehenfeder
Weil ich jetzt eine Woche weg sein werde, und bestenfalls Freitag (im schlechtesten Fall erst am Montag) wieder Internet haben werde, kommt hier schon einmal das nächste Kapitel... Und (ein Bisschen zumindest) die Antwort darauf, ob der gute Severus wirklich wach war.
Vielen Dank für eure Kommis!
Mit der Morgendämmerung
Er spürte die Berührung ihrer zierlichen Hand. Was auch immer Poppy ihm gegeben hatte, es nahm im die Schmerzen und dämpfte seine Wahrnehmung, aber es schaltete sie nicht aus. Ihre Stimme klang wie in Watte gepackt, doch mit etwas Anstrengung war sie zu verstehen. Die Mühe, auch noch die Augen zu öffnen und ihr so zu zeigen, dass er ihre Worte hörte, machte sich Severus nicht.
Erst als sie wieder hier in Hogwarts gewesen waren, Poppy sich seiner angenommen hatte und er wieder rational – wenn auch etwas träge – denken konnte, war ihm klar geworden, vor wessen Füßen er in Hogsmeade zusammen gebrochen war.
Hermine hatte ihn gefunden und ins Schloss gebracht. Und nun, wo alle anderen gegangen waren, saß sie scheinbar neben ihm auf dem Bett. Er lauschte ihrem Monolog, während irgendwo hinten in seinem Bewusstsein die kleine Flamme aufloderte, die seine einstige Schülerin damals bei ihm entfacht hatte – und deren Glut nie wirklich erloschen war in den zwei Jahren, die sie nun wieder trennten.
Er hatte sich spärlich darüber informiert, was sie tat. Doch als er einige Monate später wusste, dass sie ihren Nebenjob im „Kesselfeuer“ aufgegeben hatte, sagte er sich, dass es nun Zeit war, sie wieder ihrer Wege gehen zu lassen und sie zu vergessen.
Ersteres war geschehen, letzteres jedoch, schien einfach nicht möglich.
Natürlich hatte auch er gemerkt, dass Hermine ihm an diesem Morgen, als er sie mit einem Kuss zur Tür hinausgeschoben hatte, etwas sagen wollte. Nur zu gut konnte er sich vorstellen, was es gewesen war. Aber sie war im Recht, wenn sie sagte, dass er es nicht hören wollte. Was auch immer sie ihm schwören wollte; Liebe, Dankbarkeit, Treue – er wusste, dass es besser war, einen Schlussstrich darunter zu ziehen, bevor aus diesem kleinen Spiel etwas erwachsen konnte, was sie beide zugleich fesseln und belasten würde.
Trotz all dem konnte er nicht abstreiten, dass es wohl seinem Ego nicht aber seinem Gewissen gut tat, zu hören, dass sie ihn kaum so schnell vergessen und gestrichen hatte, wie er es sich manchmal einzureden versuchte. Wenn er sich einen seiner seltenen, sentimentalen Momente erlaubt hatte, dann hatte er davon geträumt, wie es gewesen wäre eine Beziehung zwischen sich und dieser einfach liebenswerten Gryffindor aufzubauen.
Hermine war zweifelsohne eine sehr intelligente Schülerin gewesen und mit Sicherheit entwickelte sie sich auch in ihrem Studium prächtig. Sie würde einmal ganz weit nach oben kommen können. Morgens neben ihr aufzuwachen, mit ihr ganz alltäglich über Zaubertränke zu diskutieren, zusammen zu essen und zusammen wegzugehen. Oder selbstverständlich auch die oftmals weniger zärtlichen, alltäglichen oder emotionalen Dinge, die er gern rein körperlich mit ihr getan hätte.
In seiner Erinnerung sah er eine Hermine, die noch völlig unerfahren versuchte, ihr Geld in einem Bordell zu verdienen. Große, braune Augen, voller Trotz, Hilfsbedürftigkeit und diesem Ausdruck, der sie einfach niedlich machte. Sie hatte nie die Chance gehabt, ihn kennen zu lernen – Bekanntschaft mit dem neuen Menschen zu machen. Dem Severus, der nach Voldemorts Fall entstanden war.
Genau so wenig blieb dann auch ihm die Möglichkeit, sich ihrer anzunehmen. Dabei würde er eben dies so gern: Sie beschützen und sie gleichzeitig an ihre Grenzen führen. Ihr wahrlich schnell siedendes Temperament zügeln und sie dabei doch vorantreiben. Bereiche und Eigenschaften in ihr ausloten, von denen sie wohl nichts ahnte. Für sie da sein. Sie im Arm halten. All diese kitschigen, kuscheligen Sachen, die er einmal verachtet hatte. Bevor er Tom Vorlost Riddle und Lily Potter hinter sich ließ.
Doch er würde nicht. Zu viele Zweifel, zu viele Risiken – jedenfalls hatte er das damals entschieden. Seine Erschöpfung gab Severus jedoch nicht mehr die Möglichkeit, sich näher damit zu befassen, was er heute tun würde, denn der Nebel wurde schlussendlich doch noch zu einem dichten Schleier und zog ihn mit sich in die tiefen eines Heilschlafes, aus dem er erst viele Stunden später erwachen würde.
***
Hermine streckte sich mit einem leisen Gähnen. Sie bekam ohnehin zu wenig Schlaf und diese durchwachte Nacht hatte es nicht wirklich besser gemacht. Aber die Möglichkeit, eine ganze Nacht lang den ruhigen Schlaf Snapes zu betrachten und seine Gesichtszüge zu studieren, während er keine Kontrolle darüber gehabt hatte – sie war es beinahe wert gewesen.
Dieser Morgen brach neblig an und Licht drang nur gedämpft durch die hohen Fenster seines Schlafzimmers. Während der Nacht hatte sich die Temperatur im Zimmer aufgeheizt, deswegen erhob sich die junge Frau jetzt und öffnete einen Fensterflügel. Das Gesicht dem kühlen Wind, der von draußen hinein drang, zugewandt, atmete sie tief ein und ließ den Blick über die Ländereien von Hogwarts schweifen. Ebenso rau und schön wie zu ihrer Zeit.
Während sie darüber nachsann, wie zeitlos dieses Schloss und all diese kleinen Details, die es ausmachten, waren, kam Poppy herein.
Die Medihexe war diesmal leiser und weniger hektisch als in der Nacht zuvor und sah zugegebenermaßen auch nicht viel erholter als Hermine aus. „Guten Morgen, Madame Pomfrey“, grüßte die ehemalige Gryffindor leise und trat vom Fenster zurück.
„Guten Morgen, Mädchen“, erwiderte Poppy, schon wieder von ihren Untersuchungen abgelenkt.
Hermine beobachtete die Frau dabei einen Moment. Sie war sich im Klaren darüber, dass Severus jetzt bald wieder aufmachen würde.
„Ich werde jetzt besser gehen“, hörte sie sich plötzlich sagen und griff wie mechanisch nach ihrem Umhang.
Madame Pomfrey sah auf und runzelte die Stirn.
„Ich weiß nicht, Miss Granger, sollten Sie nicht vielleicht erst auf den Direktor…“
Hermine ließ sie nicht ausreden. „Nein, das halte ich für keine gute Idee. Außerdem muss ich zur Universität. Richten Sie Professor Dumbledore meinen Gruß aus und wünschen Sie Professor Snape alles Gute von mir.“ Damit hechtete die junge Frau beinahe zur Tür.
„Auf wieder sehen, Madame Pomfrey“, schob sie noch hinter her, dann war sie durch die Tür verschwunden und verließ Hogwarts mit der frühen Morgendämmerung.
***
„Nein.“
Dumbledore hob konsterniert beide Augenbrauen. „Wie bitte?“
Severus Snape schüttelte entschieden den Kopf. „Was soll das, Albus? Ich werde sie nicht suchen gehen.“
„Sie hat dir das Leben gerettet.“
„Niemand hat sie dazu gezwungen, das zu tun“, erwiderte der Tränkemeister in einem Tonfall, den man als beinahe trotzig hätte bezeichnen können.
Der Schulleiter seufzte auf. „Manchmal ähnelst du mehr einem kleinen Kind, als einem erwachsenen und eigentlich überaus vernünftigen Mann, Severus!“, rief er leicht erbost aus. „Hermine hat dich hierher gebracht, die Nacht über an deinem Bett gewacht und du weigerst dich zu ihr zu gehen, um dich dafür zu bedanken?“
Es war jetzt zwei Tage her, seit Snape in seinen Räumen aufgewacht war und sich Poppy über ihn gebeugt hatte. Er vermochte beim besten Willen nicht zu sagen, was ihm passiert war und warum er so übel zugerichtet in Hogsmeade aufgetaucht war. Wer auch immer sein Angreifer gewesen sein mochte, er verstand es, den Geist eines Meisters in Legilimentik und Okklumentik zu verwirren. Es war schließlich Dumbledore gewesen, der ihm erzählt hatte, dass Hermine Granger ihn hierher gebracht hatte. Und damit bekamen seine vermeintlichen Einbildungen vom Vorabend und der angebliche Traum von einer Hermine an seinem Bettrand, einen erschreckend realistischen Glanz.
„Was erwartest du von mir? Soll ich an ihrer Tür klingen: ‚Ich wollte mich bei Ihnen bedanken, Miss Granger, obwohl ich Sie noch nie leiden konnte und es mir absolut zuwider ist, dass ich ausgerechnet in Ihrer Schuld stehen muss?“, fragte Severus etwas bissiger als beabsichtigt.
Sein Gegenüber räusperte sich. „Was hat sie getan, das einen solchen Hass deinerseits rechtfertigte?“
Sie hat begonnen mich zu lieben, dachte Severus bei sich, laute aber sagte er: „Sie war meine Schülerin. Und Harry Potters beste Freundin.“
Das war wohl kein so guter Einwand gewesen, denn der Direktor stand plötzlich abrupt auf. „Wir werden diese Diskussion nicht weiterführen. Ich verstehe dein Problem nicht, aber wie dem auch sei – du wirst im Auftrag der Schule zu Hermine gehen und ihr ein Angebot unterbreiten. Sollte ich erfahren – und glaub mir, Severus, ich werde es erfahren – dass du diese Gelegenheit nicht genutzt hast, ihr deinen Dank auszusprechen, dann werden wir ernsthafte Konflikte miteinander haben.“
Snape starrte seinen Freund und Vorgesetzten mit zusammengepressten Lippen an. „Ich lasse mich nicht gern unter Druck setzen“, erklärte er kühl.
„Dann benimm dich nicht so kindisch“, wies Dumbledore ihn scharf zurecht.
„Was für ein Angebot soll ich Miss Granger unterbreiten?“, fragte Severus, ohne weiter auf das Thema einzugehen.
Der Schulleiter nickte und setzte sich wieder auf seinen Stuhl, ehe er zu erzählen begann und Severus dabei ein versiegeltes Pergament zuschob. Als Dumbledore geendet hatte, schienen Snapes Lippen noch schmaler geworden zu sein, aber er schwieg.
„Ich werte dein Schweigen als Einverständnis“, machte der Direktor klar und hob dann eine Hand.
Snape erkannte, dass er damit entlassen war und knurrte leise: „Ich mache mich gleich heute noch auf den Weg.“ Dumbledore blickte ihm mit gerunzelter Stirn hinterher, ohne jegliches Verständnis für die Reaktion seines Kollegen.
Der Zaubertränkelehrer hingegen ließ sich in seinen Räumen auf einen Stuhl sinken und schloss resigniert die Augen. Das wurde ja immer schöner. Wer auch immer Albus diese dumme Idee eingetrichtert hatte – sein qualvoller Tod war gewiss, sollte Severus es herausfinden.
Weder wollte er sich bei Hermine entschuldigen, noch Albus’ Angebot weiterleiten. Eigentlich wollte er überhaupt nicht mehr in ihre Nähe kommen. Doch all das Selbstmitleid half nicht, also erhob Snape sich schweren Herzens wieder und machte sich auf den Weg nach Hogsmeade.
Dort angekommen warf er einen Blick auf den Zettel, der Hermines Universität kundtat und apparierte.
Als die Welt um ihn herum sich wieder verfestigte, fand er sich auf einem typischen Campus Gelände wieder. Die meisten dieser Universitäten waren recht klein und wurden privat oder von den einzelnen Abteilungen des Ministeriums finanziert. Da er jedoch nicht die Absicht hatte, große Aufmerksamkeit auf sich zuziehen, sah Snape davon ab in der Verwaltung nach Hermine zu fragen. Er würde sich einfach auf eine Bank setzen und darauf warten, dass sie das letzte Seminar ihres Tages verließ. Allzu lange konnte das ja nicht mehr dauern, denn der Nachmittag begann schon in den frühen Abend über zu gehen.
Dennoch kam es ihm endlos lange vor, bis er Hermine aus der großen Flügeltür treten sah. Er zog sich unter ein paar Bäume zurück, um die Frau, mit der er zwei wirklich überraschende Nächte verbracht hatte, erst einmal beobachten zu können.
Hermine war zweifelsohne hübsch, noch genau so hübsch wie vor zwei Jahren oder zur Zeiten des Falls von Voldemort, aber heute sah sie leicht abgehetzt aus. Ihr Blick irrte zu ihrer Armband Uhr, während ihre Hände hektisch an ihren Haaren herumfummelten um diese in einen mehr oder weniger ordentlichen Zopf zu binden. Auf einer ihrer Schultern baumelte eine mit Büchern überladene Tasche und ihre Klamotten – eine einfache, enge Jeans und eine dunkle Bluse, die sie unter ihrem Umhang trug – wirkten leicht… nun, es tat Snape beinahe etwas weh, das zu sagen, aber trotz ihrer Attraktivität wirkten ihre Klamotten schäbig. Sie erinnerten fast ein wenig an Remus Lupin.
Snape folgte ihr im Schatten der Bäume, die den Parkweg säumten. Die Hände tief in den Taschen seines Mantels vergraben, den er gegen seine normale Kleidung eingetauscht hatte. Aus Vorsicht, falls sie in einem Muggelgebiet leben sollte. Hermine kam an einem Paar vorbei, allem Anschein nach ebenfalls Studenten, das sie freundlich grüßte. Danach jedoch hielt sie sich nicht mehr auf und beschleunigte ihre Schritte. Snape war gerade kurz davor sie einzuholen und anzusprechen, als die junge Frau vor einem Handel für magische Pflanzen und Kräuter stehen blieb.
Hogwarts Zaubertränkemeister realisierte, als er das Schild las, dass er das Flimmern in der Luft irrtümlich als ein solches gesehen hatte. Sie waren wohl durch einen Illusionszauber geschritten, der diese Straße vor Muggeln verbarg. Er blieb vor dem Schaufenster stehen, als Hermine eintrat, in der Annahme, dass sie nur etwas kaufen wollte. Aber nach und nach wurde ihm klar, dass sie das scheinbar nicht vorhatte. Die junge Frau stellte ihre Tasche hinter die Theke und schlüpfte aus ihrem Umhang. Er sah, wie sie sich ein Namensschild anpinnte und sich zu einem Schrank von Mann umwand, der sie mit finsterem Gesichtsausdruck musterte.
Sie hetzte also direkt von der Uni zur Arbeit, dachte er verblüfft. Dann jedoch fiel ihm auf, dass sich ihr Gespräch mit ihm somit auch verschob. Laut Aushang hatte der Laden noch über zwei Stunden geöffnet. Es würde ihm also nicht anderes übrig bleiben, als sich diese Zeit irgendwie zu vertreiben. Er sah sich um und entschied kurz entschlossen zu sehen, was das kleine Café am Straßenende zu bieten hatte und dann ein wenig die Muggeleinkaufsstraße zu erkunden, die hier lang lief.
Die Zeit wurde für ihn ein sehr ambivalentes Konstrukt, während er durch die Mengen von Muggeln schlenderte, die hier unterwegs waren und von der kleinen Nebenstraße nicht einmal etwas ahnten. Einerseits wurde er zwangsläufig ungeduldig, er wollte dieses Gespräch hinter sich bringen. Und irgendwie freute er sich auch auf sie. Andererseits bangte es ihm vor einer erneuten Konfrontation. Von den Antworten und Reaktionen die sie bringen könnte. Außerdem gab es natürlich auch noch die unerwünschten Gefühle, die sich in ihm zu regen drohten, wenn er Hermine so anblickte. Der Drang sie zu beschützen. Sie zu besitzen.
Trotzdem folgte er ihr noch, nach dem sie den Laden verlassen hatte. Jetzt erschien ihr Gesicht noch erschöpfter als zuvor, was wohl kein Wunder war. Aber zu seiner Erleichterung schlug sie jetzt direkt den Weg in eine Muggel Wohngegend ein. Dieses Aufatmen währte jedoch nur so lange, bis er nicht erkannte, welcher Art Gegend dieser Bezirk hier war.
Hochhäuser, heruntergekommene Gebäude, Schrott und Müll an jeder Ecke, herumlümmelte Jugendliche. Billige Wohnungen. Augenscheinlich war Hermine finanziell noch immer in keiner viel besseren Lage als damals.
Er näherte sich ihr, als sie vor einem Haus langsamer wurde, dessen Äußeres hoffentlich ein zu schlechtes Bild von seinem Innenleben malte. Obwohl er das bezweifelte. Hermine schien gerade nach ihrem Schlüssel zu suchen, als sie auf seine Schritte aufmerksam wurde und langsam den Kopf hob.
Eine wirre Strähne fiel ihr ins Gesicht, und die junge Frau strich sie sich zurück hinter die Ohren, um zu sehen, wer sich scheinbar genau hinter ihr befand. Als die Erkenntnis sie traf zuckte sie jedoch regelrecht zurück und riss die Augen auf.
„Severus?“, fragte sie ungläubig. Dann fügte sie reichlich plump hinzu: „Du? Hier?“
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Ich weiß, böser Cliff dafür, dass ich jetzt nicht mehr posten kann. Trotzdem... ;o Bis in einer Woche!
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