von Jo Thompson
Eine bedrohliche Stille lag ĂĽber Hogwarts.
Ginny wollte gerade um die Ecke eines langen Flurs biegen, doch sie zögerte. War da nicht was gewesen? Ja, da waren zwei Schatten an der Wand. Das Mädchen atmete tief durch und langte in ihre Tasche.
Sie drehte sich um, den Zauberstab bereit, und vor ihr stand Pansy Parkinson.
„Hey, hey, Wieselmädchen“, sagte diese mit einem hinterhältigen Lächeln, „warum so schreckhaft? Kannst den Zauberstab ruhig wegstecken, wir verletzen keine Tierchen.“
„Wir?“
Wie auf Kommando trat Millicent Bullstrode aus ihrem Schatten.
„Hi, Bully“, sagte Ginny cool.
“Hi, Wieselchen”, erwiderte die Slytherin mit einem hässlichen Lachen.
„Schön, die Begrüssung ist vorbei, kann ich euch irgendwie helfen?“, fragte Ginny gespielt höflich.
„Oooch“, sagte Pansy und rückte näher an Ginny heran, „wir wundern uns nur, dass du dich
ganz alleine hier draussen rumtreibst.“
Ginny senkte den Zauberstab noch immer nicht. Pansy führte etwas im Schilde, das sah ein Blinder. Dabei hatte Ginny nur mal nach Hermine und Ron sehen wollen. Sie waren nicht zum Abendessen erschienen, obwohl die anderen Vertrauensschüler da gewesen waren. Eigentlich machte sie sich nicht mal so grosse Sorgen um die Beiden, denn, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, in Wirklichkeit war sie einfach nur neugierig. Sie konnte sich zwar sehr gut vorstellen, was die beiden trieben, aber sie war nun mal neugierig und ausserdem war sie scharf drauf, sich an Ron für seine ewigen Tiraden gegen ihre Knutschereien zu rächen. Stattdessen stand sie nun in einem ausgestorbenen Gang und wurde von zwei sehr gefährlich aussehenden Slytherins bedrängt.
„Nun, Ginnielein, willst du mir nicht sagen, was du jetzt noch draussen machst? Es treiben sich um diese Uhrzeit nämlich ein paar äusserst üble Gestalten in Hogwarts rum.“
Als Pansy Ginny Ginnielein nannte, fuhr ihr ein Schauer über den Rücken, doch selbst als Pansy so nah vor ihr stand, dass nur noch Ginnys Zauberstab sie davon abhielt sie zu berühren, blieb Ginnys Stimme ganz ruhig. „Das glaub ich dir aufs Wort, Parkinson.“
Pansy rückte noch ein Stückchen näher und Ginnys Zauberstab bohrte sich in ihre Brust. „Wirklich Schade Wieselchen, dass meine Ehre es verlangt, auch dich zu verunstalten. Du bist so ein hübsches Ding, da haben die Leute schon recht.“ Bei diesen Worten berührten sich ihre Nasenspitzen und Millicent kicherte leise im Hintergrund.
Ginny schauderte. Was sollte das denn werden? Und was bedeutete AUCH dich?
„HEY“, ertönte vom anderen Ende des Ganges eine Stimme. Pansy wandte langsam, fast bedauernd den Kopf, und was sie sah, gefiel ihr ganz und gar nicht.
Da stand Harry, der den Zauberstab bedrohend ausgestreckt und in dem Moment wurde Ginny klar, warum die Leute in ihm ein Idol sahen. Man sah seinen Mut, seine Kraft… Jetzt wusste Ginny, warum gerade er der Auserwählte genannt wurde, warum gerade er Voldemort besiegen konnte… Er war einfach... Viel zu gut für sie.
Pansy löste sich ganz langsam von Ginny und hob nun ihrerseits den Zauberstab. Allerdings sah sie nun schon sehr viel weniger mutig aus.
„Immer die Ruhe, Potter, ich und dein kleines Wiesel hatten nur gerade eine freundschaftliche Unterhaltung!“
Harry schritt schnell auf sie zu und sagte: „Die ist jetzt beendet! Verschwinde!“
In Pansys Augen glitzterte es gefährlich. „Darf ich dich daran erinnern, dass ich Vertrauensschülerin bin, Potter?“
„Ja darfst du“, dann packte er sie am Arm und flüsterte: „Aber, wenn du MEINER Freundin noch mal so zu Leibe rückst, vergesse ich, dass es in Hogwarts gewisse Regeln gibt!“
Pansy hob eine Augenbraue, sah aber ein, dass sie, wenn sie etwas tat, so gut wie verloren hatte. Sie warf noch einen bedauernden Blick auf Ginny, dann verliess sie mit Millicent im Schlepptau den Schauplatz.
Sobald die beiden um die Ecke gebogen waren, wandte Harry sich an Ginny. „Bist du okay?“, seine Stimme war nun gar nicht mehr so fest - sie zitterte.
Ginny sah erleichtert zu ihm auf: „Jaah, sie haben mir nichts getan.“ ?Aber wer weiss, wenn du nicht gekommen wärst...', dachte sie.
Harry ging zu ihr hin und schloss sie in die Arme. Er drückte sie fest an sich. Es war das erste Mal, dass er merkte, dass er es sich nie verzeihen könnte, würde ihr etwas zustossen. Egal ob er etwas dafür konnte, er würde sich immer verantwortlich fühlen.
Ginny lag in seinen Armen und fühlte sich geborgen. Er war nun mal ihr Held, und auch wenn die Situation eben nicht so gefährlich gewesen war, wie sie hätte sein können, war sie unglaublich erleichtert, dass er aufgetaucht war.
Einige Minuten lang lagen sie sich einfach nur in den Armen, doch dann fiel Ginny wieder ein, was Pansy gesagt hatte. Alarmiert blickte sie auf. „Harry?“
„Mmmh?“
„Wir sollten Hermine und Ron suchen!“
Harry grinste: „Warum? Die tun bestimmt das, was wir jetzt auch tun sollten!“
Trotz dem ernst der Lage musste Ginny lachen, doch sie verstummte schnell wieder und sagte: „Nein, ich meine, vielleicht, aber Pansy hat da so was gesagt. Sie sagte, sie müsse mich AUCH verunstalten!“
„Verunstalten?“, fragte Harry böse.
„Die Betonung lag auf AUCH!“
„Auch?“, machte Harry verständnislos, doch da ging ihm ein Licht auf, „Moment, du meinst doch nicht etwa sie hat Hermine und Ron …?“
Ginny nickte.
„Scheisse!“
„Genau, also los!“, befahl seine Freundin und zog ihn mit sich.
Sie bogen um dieselbe Ecke wie zuvor Pansy und Millicent. Dann nahmen sie die nächste Treppe und rannten hinauf.
„Ginny?“, keuchte Harry.
„Ja?“
„Wohin rennen wir eigentlich?“
„Oh. Ääh… Jetzt wo du's sagst…“
„Soll das heissen, wir sind jetzt einfach sinnlos durchs Schloss gerannt?“, fragte Harry und blieb stehen.
Ginny lachte auf.
Harry sah sie an. „Du hast mich verarscht, stimmts?“
Ginny japste nach Luft: „Ja total!“ Als sie Harrys Gesicht sah setzte sie an: „Ooh, nein, tut mir Leid mein Schatz, ich werds nie mehr tun! Naja, vielleicht noch ein - zwei Mal, weil's so schön ist.“ Sie kicherte.
Harry knurrte und stĂĽrzte sich auf sie. Beide fielen hart auf die Treppe und rollten ein StĂĽck hinunter.
„Nein, lass das!“, kreischte Ginny, doch Harry hatte sich bereits an ihrem Hals festgebissen. Für einige Augenblicke vergassen beide, warum sie es vorher so eilig gehabt hatten. Doch schnell folgte die Ernüchterung. Oben an der Treppe erschien Professor McGonagall und hinter ihr eine Bahre.
Harry sah auf und blickte direkt in das empörte Gesicht seiner Verwandlungslehrerin.
„Mr. Potter!“, donnerte sie, „Was in Merlins Namen treiben sie da?“
Er stand auf und zog mit hochrotem Gesicht Ginny auf die Beine.
„Ääh, wir…“, fing Harry an.
„Jaa, wir ääh, wir haben…“, machte Ginny weiter, und flüsterte Harry zu: „Was haben wir?“
Der musste trotz der peinlichen Situation grinsen.
„Schön, sie beide können mir das nachher immer noch erklären! Jetzt habe ich zuerst zwei dringende Fälle für den Krankenflügel!“
Harry und Ginny sahen sich erschrocken an. „Was für Fälle?“
„Ihre Freunde: Miss Granger und Mr. Weasley. Am besten Sie kommen gleich mit.“
Sie setzten sich in Bewegung und bestĂĽrmten gleichzeitig Professor McGonagall mit Fragen.
„Wo haben Sie sie gefunden?“
„Wann haben Sie sie gefunden?“
„Waren sie komplett bekleidet?“
„Ginny!“
„Was denn?“, fragte diese, „Das ist 'ne berechtigte Frage für den Tathergang!“
„Schluss jetzt, Sie alle beide!“, rief McGonagall.
Inzwischen hatten sie den Krankenflügel erreicht. Die Tür schwang wie von selbst auf und die Bahren schwebten zu zwei Betten am Ende des Saals. Sofort eilte Madame Pomfrey aus ihrem Zimmer und untersuchte erst Hermine und dann Ron. Ginny und Harry sassen die ganze Zeit draussen und warteten ungeduldig. Als sie endlich eingelassen wurden, stürmten sie auf ihre Freunde zu. Die erste Frage von beiden war natürlich: „Was ist passiert?“ Nur war es so, dass Harry wissen wollte, wie sich die Sache ereignet hatte und Ginny eher interessierte, was vorher passiert war. Sie warf Hermine einen fragenden Blick zu, doch keiner der beiden wusste mehr, wer ihnen das angetan hatte. Hermine wusste zwar noch, wie sie auf Ron gewartet hatte (Ginny hob die Brauen) und Ron wusste, wie Hermine am Ende des Ganges gelegen hatte, doch nachher wussten sie nichts mehr. Madame Pomfrey meinte, da sei wohl, ausser mit einem schwierigen und manchmal auch schmerzhaften Zauber, nicht viel zu machen. Die Verletzungen der Beiden waren nicht sehr gravierend; Hermines Nase war gebrochen, und sie hatte einiges an Blut verloren, doch das hatte die Krankenschwester wieder gerichtet.
Ron fehlte bis auf den Gedächtnisverlust nichts, aber er sollte trotzdem eine Nacht zur Beobachtung bleiben.
Harry und Ginny blieben noch eine Weile und nach einem sehr unangenehmen Gespräch mit McGonagall, in dem sie sie an die verschiedenen Verhütungsmittel erinnerte, waren sie endlich auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum.
„Hey Harry?“, fragte Ginny schelmisch.
„Was ist?“
„Was denkste: Hermine und Ron allein im Krankenflügel…“
Harry verdrehte die Augen. „Du bist schlimmer als deine Brüder! Du bist einfach unglaublich!“
„Ja, das bin ich wohl“, erwiderte seine Freundin und klimperte mit den Wimpern, „unglaublich!“
DafĂĽr musste Harry seine Freundin kĂĽssen. Einfach, weil sie ja so was von Recht hatte.
Die beiden kamen erst spät nach Mitternacht in den Gemeinschaftsraum.
Inzwischen waren im Krankenflügel die Lichter aus. Es war stockfinster und das Einzige, was Hermine hörte war Rons Atem. Irgendwo schrie eine Eule. Hermine lief es kalt den Rücken runter.
Nicht nur, weil es im Krankenflügel unheimlich war und es nach Krankenhaus roch… Die Tatsache, dass ihr und Ron nun einige Stunden Erinnerung fehlte, machte sie fast verrückt. Wer hatte ihnen das nur angetan? Ginny hatte den Verdacht geäussert, dass Pansy was damit zu tun habe und alle hatten diese Erklärung logisch gefunden. Ron war fast ausgerastet, aber selbst wenn sie es McGonagall erzählt hätten; Sie hatten keine Beweise und das ?auch' von Pansy konnte man auch als Versprecher abtun.
Hermine ahnte, dass das Ganze etwas mit der Show am Nachmittag zu tun hatte, aber eben, ohne Beweise… Wieder schrie eine Eule und Hermine war, als würde ein kalter Wind durch den Saal wehen.
Sie drehte sich zu Ron um. „Ron“, wisperte sie.
„Du bist also auch noch wach?“, kam prompt die Antwort.
„Nein, ich flüstere deinen Namen im Schlaf!“
Sie konnte Rons überhebliches Grinsen förmlich hören. „Ja, soll vorkommen.“
„Das war ein Witz! Ist dir auch so kalt?“ Im gleichen Moment wurde ihr klar, wie dieser Satz klingen musste. Sie wollte schon etwas anhängen, da:
„Komm rüber.“
Hermine musste kichern: „Bitte?“
„Los komm schon!“
In Hermines Gehirn rasten die Gedanken umher wie die Besen bei der Quiddich-WM: 'Merlin, der meint es erns! 'Oh, ja, und wie!' 'Tu es, tu es!' 'Und wenn uns jemand sieht?' 'Ist doch egal!' 'Und wenn schon, ihr wollt ja nicht…' 'Bist du dir da sicher?'
„Mine? Kommst du nun?“
Hermine wusste nicht warum, aber allein der Klang seiner Stimme brachten die lästigen Stimmen in ihrem Kopf zu verstummen.
Sie kroch aus ihrem Bett und schlĂĽpfte zu Ron unter die Decke.
„Hey“, sagte er leise.
„Hey“; erwiederte sie.
Dann küsste er sie. Sanft und zärtlich, fast ein wenig scheu. Sie lagen zum ersten Mal im gleichen Bett.
Er strich mit der Hand ihren Rücken hinab und ihren Bauch entlang. „Mine?“ Seine Stimme war rau und zitterte.
Sie sah ihn mit grossen Augen an.
„Ich… ich…“, seine Stimme versagte. Gott sei Dank war es so dunkel und Hermine konnte nicht sehen, wie er errötete.
Doch sie lächelte. Egal was er zu sagen hatte, nichts war so gut, wie diese scheuen Versuche.
„Ich…“, fing er abermals an. „Versprich mir, dass du auf dich aufpasst, denn wenn dir was passiert… Es war schrecklich, als du dort auf dem Boden lagst! Es… Es ist das letzte woran ich mich erinnern kann! Wie du am Boden liegst und dieses Gefühl…“, er stockte.
Hermine wusste nicht was sie sagen sollte. Als sie merkte, dass Rons Hand an ihrem Bauch zitterte, nahm sie sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn. Richtig. Mehr muss nicht gesagt werden.
@shaly: Ich fand, ich sollte auch mal ein bisschen Action reinbringen… Und ich meine, es könnte durchaus passiert sein, vielleicht musste Rowling sich ja auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. *g* Hoffe es gefällt dir trotzdem ;)
PS: Die Seitenangabe ist eigentlich nur für den Zeitpunkt, an dem die ganze Sache spielt…
@*K.a.t.i.e*: Hab ich dir schon mal gesagt, wie toll du bist? Ich denke schon, aber ich tus hiermit noch mal. ;) Danke fĂĽrs Korrigieren, fĂĽr den langen Kommi, fĂĽr deine Freundschaft, und dafĂĽr, dass du dich mit dem Plusquamperfekt auskennst *g*
An Alle: Danke für die tollen Kommis, ihr seid klasse, echt! Jetzt ist wohl schluss, bis etwa zum 28. Wünsch allen die auch Ferien haben, schöne Ferien und allen anderen viel Spass, bei was auch immer ;)
Glg, Jo
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