von Jo Thompson
Flashback
„Alle in die Luft, los geht's…“
Es war insgesamt eines der schlechtesten Trainings im ganzen bisherigen Schuljahr, doch Harry fand, dass es so kurz vor dem (A/N: ersten) Spiel, nicht die beste Strategie sei, die Wahrheit zu sagen.
„Gute Arbeit, jeder von euch. Ich schätze mal, wir machen Slytherin platt“, sagte er aufmunternd, und die Jäger und Treiber verliessen den Umkleideraum und wirkten einigermassen mit sich zufrieden.
„Ich hab gespielt wie ein Sack Drachenmist“, sagte Ron (A/N: zu Harry) mit hohler Stimme, als die Tür hinter Ginny zugeschlagen war.
Flashback Ende
„Mein Bruder hat gespielt wie ein Sack Drachenmist“, sagte Ginny zu Dean, der auf sie gewartet hatte. „Wenn er beim Match auch so spielt, verlieren wir!“
Dean nickte nur, sagte aber nichts. Manchmal wünschte Ginny sich, er würde etwas mehr Widerworte, oder überhaupt mehr Worte von sich geben. Es war ihr eben zu einfach. Oft fragte sie sich, was sie anfangs an ihm so anziehend gefunden hatte. Sie wusste es nicht mehr. Möglicherweise genau das. Er war ein wenig wie ein dressiertes Hündchen; süss und hilflos ausgeliefert. Er frass ihr aus der Hand.
„Übertreibs nicht, Ginny!“, mahnte sie sich selbst. Dean sagte es, wenn ihm irgendwas auf die Nerven ging, nur eben sonst nicht viel. Als sie das Schloss erreichten, wurde ihm die Stille dann wohl doch zu unangenehm, und er fing an, von seinem Fussballverein zu erzählen; Westham United. Das war eines der wenigen Dinge, abgesehen von Ginny, die seine Leidenschaft weckten. Sie erreichten den zweiten Stock und schoben den Wandteppich zur Seite, um die Abkürzung zum Griffindor Turm zu nehmen.
Dean erzählte wie demütigend die letzte Niederlage von Westham für ihn war. Eine Sekunde später hatte er Ginny gepackt, sie gegen die Wand gedrückt und mit einer Leidenschaft geküsst, dass ihr die Luft wegblieb. Solche Überfälle liebte sie. Sie hätte früher nie gedacht, dass Dean der Typ für so was war, aber bei ihrem ersten Date hatte er es auch so gemacht; sich mit ihr unterhalten und von einem Moment auf den andern geküsst. Damals wie heute hatte aber etwas gefehlt. Sie wusste nicht genau was, aber es war auch bei Michael und den andern nicht da gewesen. Ginny verdrängte diese Gedanken und konzentrierte sich auf ihren Freund. Seine Hand wanderte wieder und wieder unter ihr Shirt. Ginny hob das Bein und schlang es um ihren Freund.
Sie zog ihn ganz nah an sich heran und versuchte zu vergessen… Zu vergessen, dass der Kerl vor ihr nicht der war, nach dem es in ihr verlangte. Dean legte seine Hand auf ihren Oberschenkel, und liess sie unter ihren knielangen Rock gleiten. Ginny seufzte in seinen gierigen Kuss hinein. Sie bemerkte nicht, dass soeben Harry und Ron in den Gang getreten waren.
Flashback:
„He!“
Dean und Ginny sprengten auseinander und wandten sich um.
„Was ist los?“, sagte Ginny.
„Ich will nicht, dass mein eigene Schwester öffentlich rumknutscht!“
„Dieser Korridor war völlig ausgestorben, bis du hier rein geplatzt kamst!“, sagte Ginny.
Dean guckte verlegen drein. Er schaute mit einem durchtriebenen Grinsen zu Harry, das Harry nicht erwiderte, denn das gerade in ihm erwachte Monster verlangte brüllend, Dean müsse sofort aus der Mannschaft geworfen werden.
„Ähm… komm Ginny“, sagte Dean, „wir gehen wieder in den Gemeinschaftsraum…“
„Geh du!“, erwiderte Ginny. „Ich will noch ein Wörtchen mit meinem lieben Bruder reden!“
Dean trollte sich und er sah nicht so aus, als ob es ihm Leid täte, den Ort zu verlassen.
„Okay“, sagte Ginny, warf sich das lange rote Haar aus dem Gesicht und funkelte Ron wütend an, „lass uns das ein für alle Mal klarstellen. Es geht dich überhaupt nichts an mit wem ich gehe oder was ich mit wem mache, Ron -“
„O doch!“, erwiderte Ron genauso zornig. „Glaubst du vielleicht, ich will, dass die Leute sagen meine Schwester ist eine -“
„Eine was?“, rief Ginny und zog ihren Zauberstab. „Eine was genau?“
„Er meint es nicht so Ginny -“, sagte Harry unwillkürlich, obwohl das Monster tobte und Rons Worten Beifall zollte.
„O doch, das tut er!“, fuhr sie nun Harry an. „Nur weil er noch nie im Leben mit jemandem geknutscht hat, nur weil der beste Kuss den er je gekriegt hat von unserem Tantchen Muriel war -“
„Halt die Klappe!“, brüllte Ron, liess Rot aus und wurde gleich kastanienfarben.
„Nein, das tue ich nicht!“, schrie Ginny ausser sich. „Ich hab doch gesehen, was mit dir und Schleim ist. Jedes Mal wenn du sie siehst, hoffst du, dass sie dich auf die Wange küsst, das ist erbärmlich! Wenn du dich verabreden und selber ein bisschen rumknutschen würdest, dann wär's dir ziemlich egal, dass alle andern das auch machen!“
Ron hatte seinen Zauberstab ebenfalls gezückt; Harry trat rasch zwischen sie.
„Du weißt nicht wovon du redest!“, tobte Ron und versuchte, an Harry vorbei freie Bahn auf Ginny zu bekommen, denn der stand jetzt mit ausgestreckten Armen vor ihr. „Nur weil ich es nicht in der Öffentlichkeit mache -“
Ginny brach in schrilles Hohngelächter aus und versuchte Harry aus dem Weg zu schieben.
„Hast wohl Pigwidgeon geküsst, was? Oder ist ein Bild von Tantchen Muriel unter deinem Kopfkissen versteckt?“
„Du -“
Ein orangefarbener Lichtstrahl sauste unter Harrys linkem Arm hindurch und verfehlte Ginny um Zentimeter; Harry drückte Ron gegen die Wand.
„Hör auf mit dem Blödsinn -“
„Harry hat Cho Chang geknutscht!“, rief Ginny, und jetzt klang es als sei sie den Tränen nahe. „Und Hermine hat Viktor Krum geknutscht, nur du tust so, wär es was Ekliges, Ron, und zwar weil du gerade mal soviel Erfahrung hast wie ein Zwölfjähriger!“
Und damit stürmte sie davon.
Flashback Ende
Ginny erreichte den Gemeinschaftsraum so schnell wie nie zuvor. Vor der Fetten Dame angekommen, musste sie erst mal wieder richtig Luft holen. Japsend lehnte sie sich gegen die Wand. „Alles in Ordnung, Kleines?“, fragte die Fette Dame aus ihrem Porträt heraus.
Ginny nickte, doch dann wurde ihr bewusst, dass die Dame sie ja gar nicht sehen konnte. Sie seufzte. „Ja, alles in Ordnung. - Krönungsmahl.“
Bei dem Passwort schwang das Bild auf und Ginny schlüpfte hindurch.
Sie hatte das dringende Bedürfnis, mit Hermine zu sprechen, aber die war nicht hier und auch nicht in ihrem Schlafsaal, also ging Ginny in ihren eigenen und legte sich aufs Bett. Sie starrte den Baldachin an und betrachtete die Schatten, die die Abendsonne durch das Fenster in das Zimmer warf. Es war so friedlich. Viel zu friedlich… All das passte nicht zu ihrer Stimmung. Es hätte stürmen müssen, wie damals, als sie mit Dean in der Heulenden Hütte gewesen war. Ihr Bruder war so ein verdammter Idiot… Eigentlich war er nicht gut genug für Hermine, doch als Ginny ihr das am nächsten Morgen sagte, erwiderte ihre Freundin mit einem Lächeln: „Ich weiss!“
Andererseits brauchte der Kerl wirklich dringend eine Freundin. So wie der sich benahm… Blöder Hornochse! Dean war auch nicht sehr hilfreich gewesen. Warum war er so schnell eingeknickt? Ihr Bruder hätte eh nie was getan.
Vorher hatte sie Dean im Gemeinschaftsraum getroffen, aber sie hatte keine Lust, dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatten, also hatte sie ihm gesagt, sie müsse dringend was mit Hermine besprechen, was ja auch stimmte, nur, hätte er den Grund dafür gewusst, wäre er vermutlich nicht sehr glücklich gewesen.
Der Grund war nämlich nicht die Wut auf ihren Bruder, oder die Tatsache, dass sie ihm verraten hatte, dass Hermine mit Krum geknutscht hatte sondern die Art wie Harry auf den Kuss, naja, Kuss konnte man das eigentlich schon nicht mehr nennen, von ihr und Dean reagiert hatte.
Er war sauer geworden. Ginny hatte es gespürt. Sie wusste nicht warum, denn Ron und Dean hatten offensichtlich nichts bemerkt, aber sie hatte gespürt wie etwas in ihm wachgerüttelt worden war. Und als er vor ihr stand und Ron von ihr ferngehalten hatte, da hatte sie sich sicher gefühlt. Sie wusste selbst wie albern und kitschig das klang, denn er hatte es ziemlich sicher nicht getan, weil er ihr nah sein wollte, sondern weil er seinen Freund davon abhalten wollte, sie umzubringen. Allerdings war das sehr nett.
Wäre jemand im Raum gewesen, hätte diese Person gesehen, wie es in ihren Augen blitzte und funkelte. Ja, sie mochte Harry Potter immer noch und wie jedes Mal, wenn sie es zuliess, dass dieser Gedanke eine klare Form annahm, kam sie sich klein und unbedeutend vor, wie damals in der ersten Klasse. Das nächste Bild in ihrem Kopf, war eine Phantasie, die ihrer Meinung nach zu gut war, um wahr zu sein. Harry Potter, der sie in den Armen hielt, sie küsste, sie nicht mehr losliess und ein Gefühl in ihrem Bauch, dass sie sonst vor jedem verbarg, sogar vor sich selbst.
Hätte sie gewusst, dass sich ein gewisser Kerl zu genau diesem Zeitpunkt etwas Ähnliches vorstellte, hätte die Träne, die nun einsam glitzernd über ihre Wange rollte, ihr Auge niemals verlassen.
Inzwischen sassen der gewisse Kerl und sein bester Freund im Gemeinschaftsraum. Keiner sprach ein Wort und jeder hing seinen Gedanken nach. Harry versuchte hauptsächlich,mit diesem merkwürdigen Gefühl und dem Monster, das erst vor ein paar Minuten in ihm erwacht war, klaren zu kommen. Er sah zum Fenster.
Dean sass mit Seamus in den Sesseln davor und Harry stellte sich vor, wie Dean mit Hasenzähnen, einem dritten Auge und Furunkeln auf der Nase aussehen würde. Er schüttelte dieses Bild jedoch so schnell wieder ab, wie es gekommen war, doch sobald sein Blick wieder zu Dean schweifte, hatte er Lust, ihm den Mund zuzunähen und seine Hände unbrauchbar zu machen. Harry hatte sehr wohl gesehen, wie Deans Rechte unter Ginnys Rock geglitten war. Gegen seinen Willen nahm ein neues Bild in seinem Kopf Gestalt an, und in diesem Tagtraum waren die Personen wesentlich leichter bekleidet! Harry spürte ein Ziehen im Schritt und verscheuchte auch dieses Bild. So ging das nicht! Schluss damit!
Ron dachte wohl gerade etwas ähnliches, denn er schüttelte den Kopf, und starrte dann wieder mit einem leicht glasigen Blick ins Feuer.
Hermine hatte Krum geknutscht. Das war der Gedanke, der Ron beschäftigte. Seine Schwester und Hermine waren gut befreundet, also wusste Ginny über so was Bescheid.
Krum war internationaler Quiddichspieler, Ron war einfach nur ein Weasley. Arm, rothaarig, nicht besonders schlau… Er hatte noch nicht mal ein Mädchen geküsst, geschweige denn geknutscht. Seine bescheuerte Schwester! Was wusste die schon? Machte mit jedem zweiten Kerl rum. Bald würde sie den ganzen Griffindor Turm durchhaben. Hatte Ginny wohl mit ihren Kerlen geschlafen? Hatte Hermine mit Krum geschlafen? Krum! Dieser räudige Sohn eines Knallrümpfigen Kröters! Wie konnte Hermine sich mit so einem Kerl einlassen? Er war der Feind gewesen, war es immer noch. Hermine hatte Krum geküsst. In seine Phantasie schlich sich ein Bild von Hermine und dem wesentlich grösseren Krum, der sie gegen die Wand drückte, wie Dean zuvor Ginny. Hermine hatte Krum geküsst! Wie konnte sie nur?
Am nächsten Morgen wartete Hermine im Gemeinschafsraum auf Ron und Harry. Ginny war eben heruntergekommen und hatte ihr erzählt, was gestern Abend passiert war. Allerdings hatte Ginny ihr verschwiegen, dass ihr diese Sache mit Krum rausgerutscht war. Hermine war klar, dass Ron, nach dem Streit mit seiner Schwester, nicht bester Laune sein würde. Sie hoffte aber, dass das nicht sehr lange anhalten würde. Sie wollte ihn heute nochmals richtig fragen, ob er mit ihr zu Slughorns Party kommt. Ein paar Minuten später kam Ron, zusammen mit Harry, die Treppe runter. Beide Jungen sahen fertig aus.
Hermine seufzte. Sogar in diesem jämmerlichen Zustand, sah Ron noch klasse aus. Und sie war nicht die einzige, die das dachte. Lavender stand nur ein paar Schritte links von Hermine und linste zu Ron hinüber.
Ron bemerkte das allerdings nicht und als er Hermine erblickte, verfinsterte sich sein Blick noch weiter, sofern das überhaupt möglich war. Das Mädchen, welches ihm nun schon so lange im Kopf rumspukte, war auch diese Nacht immer wieder in seinen Träumen aufgetaucht. Allerdings in anderer Art und Weise, als sonst. Andauernd hatte er gesehen, wie Krum sie abknutschte und dann hatte die Traum-Hermine mit dem Finger auf ihn gezeigt und gelacht: „Der Kerl, der noch nie ein Mädchen geküsst hat!“
Das hatte sie gesagt und es fiel ihm wieder ein, als er Hermine sah. Dieser Satz und ein anderer. Die böse Stimme in seinem Hinterkopf sagte andauernd die zwei Sätze: „Hermine hat Krum geküsst!“, und: „Der Kerl der noch nie ein Mädchen geküsst hat… geküsst hat.“
Die Stimme erinnerte ihn sosehr an seine Schwester, dass er sich schwor nie wieder ein Wort mit Ginny zu wechseln. Ihren bescheuerten Freund hasste er sowieso, aber jetzt würde er ihm grad aus Prinzip die kalte Schulter zeigen.
„Hey! Hallo, Ron!? Ich hab gefragt, ob du schlecht geschlafen hast. Du siehst besch… - ziemlich fertig aus!“, riss Hermines Stimme ihn aus seinen Gedanken.
Er sah sie an. Wusste sie Bescheid? Nein, bestimmt nicht! In diesem Moment flüsterte die böse kleine Stimme wieder: „Sie hat Krum geküsst!“ „Was geht dich das an? Möglich, ja, vielleicht hab ich schlecht geschlafen“, sagte er so schnippisch und abweisend wie er konnte und fügte in Gedanken noch ein: „Geh doch zu Krum.“, hinzu.
Hermines Mund klappte auf und Ron sah befriedigt wie das Lächeln aus ihrem Gesicht wich.
„Was soll das?“, fragte sie leise. Ron ignorierte sie und ging hinaus.
„Was soll das?“, flüsterte Hermine noch einmal, diesmal an Harry gewandt. Der zuckte mit den Schultern. In diesem Moment fiel sein Blick auf Ginny, die ein paar Meter weiter stand und Dean mit einem Kuss begrüsste. Er folgte Ron beinahe fluchtartig. Hermines Blick schweifte zum Fenster und in die Ferne.
„Was soll das?“, fragte sie nochmals. Dieses Mal war die Frage an sie selbst gerichtet.
Die nächsten Tage verliefen ähnlich. Ron redete weder mit Hermine, noch mit Ginny und Dean. Die Quiddichtrainings verliefen dementsprechend mies und Rons Laune erreichte einen neuen Tiefpunkt. Er war aggressiv und schnauzte jeden an, der ihm in die Quere kam. Das Spiel gegen Slytherin stand vor der Tür und Harry fiel beim besten Willen nicht ein, wie er seinem Hüter mehr Selbstvertrauen einflössen konnte. Einflössen. Zaubertrank. Felix Felicis. Das war DIE Idee.
Und es kam so, wie es kommen musste.
-Danke an alle, die meine Story lesen-
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