von Gwenifer
19. Was bei der Dämonen-Partnersuche zu beachten ist
„Was hat eigentlich vorhin dazu geführt, dass der Dämon ausgebrochen ist?“ wollte Remus plötzlich nach einigen Minuten des Schweigens und der schwermütigen Gedanken wissen.
„Was? Nichts. Keine Ahnung.“ versuchte Harry abzuwiegeln und wandte sich wieder dem Spiegel zu, von dem er sich bei der Bemerkung des anderen kurz abgewandt hatte.
„Das kannst du mir nicht weiß machen, Harry. Im einen Moment ist noch alles in bester Ordnung, soweit etwas bei einer Beichte über Drogenmissbrauch und Diebstahl in Ordnung sein kann, dann schweigst du, und bekommst schließlich vor irgendetwas panische Angst.“
„Wer sagt, dass ich panische Angst hatte?“ entsetzt blickte der Teenager Remus an.
„Ein alter, grauer Werwolf, der eine Nase dafür hat.“ Mit seinem leichten Ton wollte der ältere Mann die Stimmung etwas auflockern, doch entgegen seiner Erwartung gelang ihm das nicht.
„Es war nichts! Wirklich! Vergiss es einfach! Bitte, ich will jetzt nicht darüber reden.“ flehentlich blickte der Junge, auf einmal wieder so jung und verletzlich, den anderen an.
„Hat es irgendetwas mit deinen Schlaf- und Nichtschlafgewohnheiten zu tun?“ Remus war jetzt wirklich misstrauisch geworden. Was verheimlichte der Junge noch? Gab es noch mehr Dinge, die er sich heimlich von wem auch immer nahm? Oder gab es noch mehr drogenartige Substanzen oder Tränke, die er sich zuführte?
„Was? Nein! Bitte! Ich geb dir mein Zaubererehrenwort, dass ich außer den beiden Tränken, von denen ich dir erzählt habe, nichts ohne dass es Madame Pomfrey oder Snape oder Dumbledore mir gegeben hätten, eingenommen habe. Und …“ er dachte kurz nach, „soweit ich mich erinnern kann, hab ich auch keine Straftaten begannen, ausgenommen, gegen die dämlichen Dekrete von Umbridge zu verstoßen und in Zaubertränke so ein ganz kleines bisschen zu schummeln und ….“
„Stopp, Harry! Ich will jetzt keine Beichte hören, was du und deine Freund in den letzten Jahren alles angestellt haben. Ich bin weder dein Lehrer noch dein Vater und als alter Herumtreiber wäre es heuchlerisch auf die Einhaltung jeder noch so kleinlichen Schulregel zu pochen. Aber es würde mich beruhigen zu wissen, dass ich kein völlig falsches Bild von dir habe, und dir weiterhin vertrauen kann.“
Harry überlegte einen Moment. Was sollte er dazu sagen? Da Remus keine Ahnung von seinem Leben in diesem Haus hier hatte, hatte er zwangsläufig ein falsches Bild von ihm. Wie konnte er sich da am besten herausreden?
„Em,“ war schon mal kein guter Anfang und Remus hochgezogene Augenbraue, nicht annähernd so beeindruckend wie bei Snape, machte deutlich, dass dieser genau der gleichen Meinung war.
„Okay!“ Wahrheit, war immer noch am besten, und musste ja nicht immer alles offen legen. „Es gibt einige Dinge, die du nicht über mich weißt, daran hat auch unser Briefwechsel nicht wirklich viel geändert.“ fing Harry zögerlich an. „Und so leid es mir tut, wenn du dich dadurch verletzt fühlst, daran wird sich nicht viel ändern. Ich möchte nicht darüber reden. Mit niemandem, nicht mit dir, oder Mine oder Ron oder sonst jemandem. Das Problem ist, dass ich wohl oder übel sehr bald zwangsläufig darüber werde reden müssen, dummerweise auch noch mit Snape. Aber wenn er mir nicht den Kopf abreißt, ist dir das dann genug, um mir weiterhin zu vertrauen? Ich meine, Scheiße! Remus, ich kann einfach nicht darüber sprechen, bitte!“
Er konnte es nicht, würde es nie können. Er konnte diesem Mann nicht eine Schuld aufbürden, die nicht seine zu tragen war. Remus hatte nichts falsch gemacht. Er hatte ihn nicht bei den Dursleys abgesetzt. Zwar hatte er sich nie nach ihm erkundigt, sich um sein Wohlergehen gesorgt, doch meine Güte! Er hatte seine besten Freunde verloren, war ein Werwolf, ein Ausgestoßener der Gesellschaft und hatte geglaubt, Harry wäre in guten Händen. Der Junge konnte ihm keinen Vorwurf machen. Und deshalb durfte er es nie erfahren, dass musste Harry Snape unter allen Umständen klar machen, und wenn er den Dämon noch mal auf ihn loslassen musste.
Remus sah ihn unschlüssig an. Tief im Innern war er verletzt. Er hatte geglaubt, dass sich zwischen ihnen beiden ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hatte, auch wenn es nicht so warm und herzlich war, wie er es sich gewünscht und erhofft hatte und er hatte gedacht, dass der Junge ihm vertraute. Nun sah es ganz nach dem Gegenteil aus. Doch sein Verstand sagte ihm, dass der junge Mann ihm gegenüber durch die Verantwortung, die ihm in so jungen Jahren übertragen worden war, viel zu früh gelernt hatte, für sich selbst zu sorgen und er dadurch unabhängiger und selbständiger als andere in seinem Alter war. Bloß weil er mit ihm jetzt einen väterlichen Freund hatte, konnte er nicht seine Kindheit nachholen. Harry konnte die Eigenverantwortlichkeit jetzt nicht wieder abgeben, nur weil jemand da war, der für ihn sorgen und sich um seine Probleme kümmern wollte.
Schließlich seufzte der braunhaarige Mann tief. Er würde die Angelegenheit vorerst auf sich beruhen lassen, aber er würde mit Severus darüber reden müssen. Noch hatte er nicht so ganz verstanden, was zwischen seinem Mitstreiter und dem jungen Dämonen vorgefallen war, doch so viel war bisher deutlich geworden: Harry und Severus hatten eine mentale Verbindung geschlossen, durch die es zu einem Gedankenaustausch gekommen war. Und wenn er über die Andeutung des Jungen nachdachte, dann wusste der ihm verhasste Lehrer wohl jetzt so ziemlich jedes seiner Geheimnisse. Dieser Gedanken entlockte dem Werwolf ein mitleidiges Lächeln. Wenn es jemanden gab, mit der er seine tiefsten, schmerzhaftesten und vielleicht auch peinlichsten Geheimnisse teilen musste, dann war der letzte, auf den seine Wahl fallen würde Snape. Der-Junge-dem-wirklich-immer-das-schlechteste-widerfuhr war wirklich zu bedauern.
„Okay, Harry. Ich will dich jetzt nicht weiter drängen, aber ich werde mit Severus darüber reden und ich will dein Ehrenwort, dass es wirklich nichts gibt, über das ich mir Sorgen machen muss.“ Remus fiel es schwer, den Jungen nicht zu drängen, doch in dem Moment schien es das einzig richtige zu sein. Zumal er es sich nicht leisten konnte, den Dämonen ohne Unterstützung durch Severus zu provozieren.
„Ganz, ganz großes Ehrenwort, Remus!“ erleichtert strahlte der Teenager den Mann an. „Alles über das du dir Sorgen machen musst, ist, wie ich mich vor weiblichen Fans schütze, wenn ich das mit dem Dämonenaussehen in den Griff gekriegt habe.“
„Ich denke, wenn es soweit ist, engagieren wir Severus als ständigen Begleiter und dann sollte sich das Problem von allein gelöst haben.“ griff Remus den lockeren Ton auf.
„Arg! Alle muss er ja nicht unbedingt vertreiben! So ein oder zwei Groupies, die den Boden auf dem ich wandle anhimmeln, wären schon nicht schlecht, oder was meinst du?“
„Und da hab ich gedacht, dein Herz wäre bereits in festen Händen!“
„Hey, war doch nur ein Scherz! Wenn Voldemort erst mal tot ist und Ginny mich noch will, hat keine andere eine Chance!“ erklärte Harry voller Überzeugung.
Daraufhin verfinsterte sich das Gesicht des Werwolfs etwas und der traurige Blick trat in seine Augen zurück.
„Was das anbelangt, glaube ich, müssen wir sobald Severus wieder bei uns ist, darüber noch ausführlich sprechen.“
„Was? Wieso? Ist Ginny jetzt nicht mehr gut genug für mich? Oder, …, oder darf ich jetzt keine Verbindung mehr mit einem Normalsterblichen eingehen? Oder, …, du willst mir nicht sagen, dass ich mir eine hübsche Drittel-Dämonin suchen muss, um mit ihr glücklich bis ans Lebensende, du weißt schon.“
Entsetzt sah Harry seinen Gegenüber an. War es wirklich so, dass, wenn er glaubte, es könne nicht schlimmer kommen, und plötzlich ein Dämon zu sein war schon keine tolle Neuigkeit gewesen, es doch noch schlimmer kam? Würde es selbst wenn er Tom besiegt hatte und Ginny ihn noch liebte, kein Happy End für sie beide geben?
„Seien Sie nicht albern, Mr. Potter! Glauben Sie allen Ernstes nach dem, was Sie bisher über Dämonen erfahren haben, dass ein friedliches Zusammenleben zweier Exemplare möglich ist?“ höhnte Snape, der unbemerkt von den beiden anderen das Zimmer betreten hatte.
„Wo kommen Sie denn jetzt her?“ fragte Harry erstaunt, ohne auf die erneute Erniedrigung einzugehen. So sehr war er doch gar nicht in das Gespräch mit Remus vertieft gewesen, dass er den unverwechselbaren Knall einer Apparation überhören hatte können.
„Ich hatte eine kleine Unterhaltung mit ihren Verwandten.“ antwortete der Angesprochene kurzangebunden, wobei er das Wort Verwandte praktisch ausspie. Darauf hin sah Harry ihn entsetzt und fürchterlich blass an.
„Was, …,“ unwillkürlich musste er sich räuspern, bevor er den Satz zu Ende bringen konnte. „Was haben Sie mit ihnen gemacht?“
„Nichts, was ich hier jetzt diskutieren möchte.“
Irgendwie hatte Harry das Gefühl, sein sowie so immer etwas unterkühlt wirkender, ehemaliger Zaubertränkelehrer, hatte den Gefrierpunkt erreicht.
„Und zu Ihrer ursprünglichen Frage, Mr. Potter: Apparationen können unter bestimmten Umständen zurückverfolgt werden und da ich zur Zeit wirklichen niemanden wissen lassen kann, dass ich mit Ihnen Kontakt aufgenommen habe, habe ich es vorgezogen, mich eines Portschlüssels zu bedienen.“
„Aber ich habe gedacht, das Haus hier steht unter Blutschutz und wäre für Todesser quasi unortbar.“ hakte der Teenager zweifelnd nach, in Gedanken immer noch bei der Frage, was der andere Mann mit den Dursleys angestellt haben mochte.
„Das war es auch Mr. Potter, bis …?“ die typische fragende Augenbraue, die stets deutlich machte, wie sehr der Mann am Verstand seiner Schüler zweifelte, forderte Harry auf, sein Gehirn einzuschalten.
„…ich volljährig geworden bin.“ beendete der Junge den Satz und hätte sich dabei am liebsten selbst vor den Kopf geschlagen. Diesen versteckten Tadel hätte er sich schenken können. Snape hielt es nicht einmal für nötig, Harrys Antwort mit einem angedeuteten Kopfnicken zu kommentieren.
„Was uns nun wieder zu den Paarungsgewohnheiten und -bedingungen von Drittel-Energie-Dämonen zurück bringt.“
Der einstige Lehrer war inzwischen ganz in den Raum getreten und hatte die Türe hinter sich geschlossen. Während er wieder in den Lehrmodus überging, entging ihm nicht der besorgte Blick seines Schützlings, den er der Zimmertür zuwarf und innerlich seufzte er schwer. Er ahnte sehr wohl, das der Junge nicht in Sorge war, dass sein Onkel hereingestürzt kommen und ihn bedrohen oder angreifen würde, sondern dass er sich um dessen Wohlergehen sorgte, trotz all dessen, was er durch dessen Hände hatte erleiden müssen. Sie beide würden in naher Zukunft ein Gespräch führen müssen, dass er in ähnlicher Art schon mit einigen seiner Slytherins hatte führen müssen, und keines davon war ihm leicht gefallen. Dieses anstehende Gespräch würde aus vielerlei Gründen noch viel schwerer werden. Er war kein Kinderfreund, kein guter Lehrer im pädagogischen Sinne und kein Psychologe, doch jahrelange Beobachtungen und persönliche Erfahrungen hatten ihm gezeigt, wie er mit Kindern wie Harry umgehen musste. Doch das hieß nicht, dass er dem ganzen erwartungsfroh entgegensah; solche Gespräche beinhalteten sehr häufig emotionale Ausbrüche, selbst bei seinen Schlangen, die ihre Gefühle im Allgemeinen gut unter Kontrolle hatten. Was ihn in dieser Beziehung mit dem Gryffindor erwarten würde, versuchte er sich erst gar nicht auszumalen. Was er jetzt jedoch auf einmal überhaupt nicht verstehe konnte war, wieso der Junge, der die Art, wie er von seinen Verwandten behandelt wurde so gut vor allen geheim hatte halten können und sonst doch seine Gefühle auf der Zunge trug, nicht in seinem Hause gelandet war. Und wie er selbst bei ihren Okklumentikstunden, wenn er ihn den Geist des Jungen eingedrungen war, keine Spur des jahrelangen Missbrauchs gefunden hatte.
„Mir scheint, Mr. Potter, dass Sie meine Ausführungen zur Seltenheit von Dämonen im britischen Reich in der Art missverstanden haben, dass Sie davon ausgehen, dass es ansonsten auf der Welt von diesen dunklen Kreaturen nur so wimmelt. Das ist jedoch nicht der Fall. Ihre Chance, einen paarungsfähigen Drittel-Dämon zu finden, selbst bei einer deutlich höheren Lebenserwartung als unsereins, sollten Sie sich zu einem als eher friedlich einzustufendes Exemplar entwickeln, gehen gegen Null.“
Bevor Snape näher ins Detail ging, warf er Remus Lupin einen fragenden Blick zu. Beide waren sie sich von vornherein einig gewesen, dass jetzt der schwierigste Teil ihrer Aufgabe, den Jungen auf sein neues Leben vorzubereiten, kam. Er würde jetzt nur zu einer ausführlichen Erklärung ausholen, wenn der andere der Meinung war, dass Harry stabil genug war, einen weiteren Schock zu verkraften. Nach dem bisherigen Ablauf des Vormittags, kamen dem eher gefühlskalten Mann diesbezüglich Bedenken. Doch sein Mitstreiter nickte ihm ermutigend zu. Er schien jetzt erstaunlicherweise der Meinung zu sein, dass es besser war, dem Jungen auf schnellstmöglichem Weg alle Facetten seines neuen Daseins zu erläutern. Das hatte bei ihrer ersten Besprechung, die sie zu diesem Thema gehalten hatten, noch anders ausgesehen. Da war der Werwolf noch der Meinung gewesen, dem Jungen nach und nach möglichst schonend die ganze Wahrheit beizubringen. Nur widerwillig hatte er sich davon überzeugen lassen, dass sie dadurch nichts gewinnen konnten.
„Bei vielen magischen Kreaturen spielt bei der Partnersuche die magische Kompatibilität eine entscheidende Rolle, das wird auch in Ihrem Falle so sein, Mr. Potter. Das bedeutet, dass, ob eine Paarung zustande kommt, davon abhängt, ob beide Partner über eine annährend gleich hohes magisches Potential verfügen und in der Lage sind, sich in wichtigen Charaktermerkmalen auszugleichen. Je höher der Blutreinheitsgrad einer Kreatur ist, desto größer wird die Ähnlichkeit im Wesen ihres zukünftigen Partners sein. Dabei spielt jedoch auch die Frage eine Rolle, ob der nichtmenschliche Teil in einem Menschen-Kreaturen-Mischling dominant, rezessive oder neutral ist. In Ihrem Falle stehen einem dominanten Drittel Dämon zwei neutrale Drittel Mensch gegenüber. Das reicht leider nicht, um den starken Fortpflanzungstrieb eines Dämonen auszugleichen. Das wied…“
„Aber meine Nachkommen können doch im besten und wie Sie sagten, äußerst unwahrscheinlichen Fall, auch wieder nur Dritteldämonen sein, die nach Ihrer Theorie sich letztendlich noch entscheiden müssen, ob sie irgendwann einmal Volldämon werden wollen, wie kann dann der Drang der Kreatur sich fortzupflanzen so groß sein?“
„Gerade eben aus diesem Grund, Mr. Potter! Haben Sie eigentlich jemals in der Schule etwas gelernt? Sicher hat man Ihnen im Biologieunterricht in der Grundschule versucht beizubringen, dass, je unwahrscheinlicher das Überleben eines Nachkommen ist, desto mehr Nachkommen produziert werden. Nehmen Sie als Beispiel Meeresschildkröten, die ihre Eier im Sand am Strand vergraben. Das Schlüpfen der jungen Schildkröten ist ein Fest für die dort heimische Vogelwelt. Nur ein Bruchteil der geschlüpften Schildkröten schafft es überhaupt ins Meer zu kommen und bis aus ihnen großes, widerstandfähige Echsen geworden sind, ist der Großteil der Überlebenden anderen Feinden zum Opfer gefallen.“
„Sie meinen also, weil die Wahrscheinlichkeit, dass aus einem Dritteldämon ein Volldämon wird, nicht unbedingt hoch ist, werde ich zum Sexmonster und meine zukünftige Partnerin zur Gebärmaschine degradiert?“
- Nicht, dass sich Harry mit süßen 17 schon Gedanken über seine zukünftige Frau machen müsste, oder? Mehr darüber, wie der Mensch an Harrys Seite sein sollte im nächsten Kapitel. Freue mich über weitere Kommis. -
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