Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Über uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

What a Difference a Night Makes - Erstmal wieder allein

von Gwenifer

17. Erst mal wieder allein

Und schließlich verschwanden die grünen Flammen mit wütendem Zischen. Der Dämon hatte diesmal sein Ziel nicht erreicht. Und das bedeutete, dass die Gefühlswelt des Jungen noch lange nicht in der Reihe war. Doch obwohl in Harrys Kopf das totale Chaos herrschte, zwang sich der Teenager ruhig durchzuatmen und seine Gedanken auf einen Punkt zu konzentrieren. Doch egal welchen Fleck er sich in seinem Zimmer aussuchte, es gelang ihm nicht, seine Gedankenachterbahn zum Stillstand zu bringen.

Schaute er hinauf an die Decke, was von seiner liegenden Position im Bett das einfachste war, musste er an seinen Angriff auf Snape denken, bei dem er den Mann fast erwürgt hatte. Sah er auf seinen Tisch, überfluteten ihn die Erinnerungen an magere, kärgliche Essen, die oft kaum gereicht hatten, seine größten Hungergefühle zu stillen. Richtete er seinen Blick auf den Boden, musste er an die vielen Male zurück denken, in denen er sich, verprügelt, oder, wie Dudley es auszudrücken pflegte, ordentlich aufgemischt, mit letzter Kraft, oft genug blutend, über die Holzdielen schob. Versuchte er sich auf Hedwigs Käfig zu konzentrieren, sah er einen heftige Kampf zwischen seiner geliebten Eule und Onkel Vernon vor seinem geistigen Auge, den er später bitter bezahlen hatte müssen. Die Prügel, die er damals, es war in seinen ersten Hogwartssommerferien gewesen, kassiert hatte, waren die ersten und seither einzigen gewesen, die er dafür hatte erdulden müssen, dass sein Onkel durch seine Schuld, wenn auch eher indirekt zu Schaden gekommen war. Er war wirklich fürchterlich von Hedwig zerkratz und zerhakt worden, sogar zum Arzt hatte Tante Petunia ihren Mann damals fahren müssen, um eine der Wunden nähen zu lassen. So ganz an die Ausmaße der Prügel, die er dafür hatte einstecken müsse, konnte sich Harry heute nicht mehr erinnern, er wusste noch, dass er irgendwann das Bewusstsein verloren hatte und sich später am Fußende seines Bettes auf dem Boden vorgefunden hatte, doch woran er sich noch gut erinnern konnte war, dass bei jedem schmerzhaften Auftreffen des Gürtels seines Onkels auf seinen Körper er befriedigt an jeden einzelnen Streich gedacht hatte, den Hedwig bei dem gewalttätigen Mann hatte landen können.

Seinen Blick auf einen Punkt auf seinem Bett zu fixieren ohne dabei an all die Albträume, Tränen und brutalen Schläge, die er wegen seiner Visionen und Schreie in der Nacht hatte ertragen müssen, war ein noch unmöglicheres Unterfangen und so schaute er zum Fenster. Die Gitter, die ihn an seine Flucht im Ford Agila hätte erinnern können, gab es schon seit zwei Jahre nicht mehr. Onkel Vernon hatte sie quasi wieder entfernen müssen, nachdem Ordensmitglieder ihn darauf aufmerksam gemacht hatten, dass solch primitive, wenn auch sehr massive Absperrungen Voldemort und seine Todesser nicht davon abhalten würden, in Harrys Zimmer einzudringen. Als wenn das jemals der Grund gewesen wäre, warum Vernon Dursley die Gitter montiert hatte! Und so blieb der Blick zum und aus dem Fenster belastungsfrei und Harrys Gedanken bekamen endlich die Gelegenheit zur Ruhe zu kommen. Gleiches galt für seine Gefühle, nach dem er es endlich geschafft hatte, seinen Kopf frei zu bekommen und tief durchzuatmen. Alle Gedanken an die vergangen Stunden und das, was er erfahren hatte, ließ er fallen während er sich nur noch auf das leicht geöffnete Fenster konzentrierte, darauf, wie sich der dünne, schäbige Vorhang im Wind bewegte und wie Licht und Schatten sich im Zimmer verteilten. Und mit dem Loslassen war er wieder in der Lage, logisch zu denken, neue Gedanken zu fassen. Wieso wirbelte eigentlich kein Staub in der Luft wenn er gegen die Sonne schaute? Wieso roch sein Bett, als wäre es frisch bezogen? Wie viel Uhr war es eigentlich? War es nicht langsam an der Zeit, sich was ordentliches, im Sinne von der Tageszeit entsprechendes, anzuziehen? Sollte er sich nicht endlich daran machen, seine Geburtstagspost zu lesen und seine Geschenke auszupacken? Bis wann musste er eigentlich seine Sachen gepackt haben?

Stopp! Der letzte Gedanke ging bereits wieder in die falsche Richtung und mit ihm kam gleich wieder eine ganze Flut, die Harry erneut nur mit Mühe unter Kontrolle bringen konnte. Mach deinen Geist frei! Sagte sich der 17jährige in Gedanken, etwas, was er sich in den vergangenen zwei Jahren fast jede Nacht vor dem Schlafengehen vorgesagt hatte, und das doch meist nicht den gewünschten Erfolg gebracht hatte. Nun wusste er wenigstens, dass es nicht an ihm und seinen beschränkten Fähigkeiten oder seinem fehlenden Willen gelegen hatte, dass er Tom nicht hatte aus seinem Schädel heraushalten können.

Stopp! Schon wieder ein Gedanke, den er jetzt nicht denken wollte. Es war aber auch verdammt schwer und mit Snapes Methode des Kopffreimachens klappte es schon gleich gar nicht. Aber vielleicht hatte er mit seiner altbewährten Methode, mit der er so viele Jahre versucht hatte, sich Ärger mit Onkel Vernon vom Hals zu halten, mehr Erfolg. Die 3-Phasen-Methode: Phase 1- sich mindestens 5 Dinge einfallen lassen, die er in den nächsten Minuten tun wollte, sollte eigentlich nicht so schwierig sein. Punkt eins: an seinen Schrank gehen, und sich was zum Anziehen rausholen, Punk zwei: ins Bad gehen und die Toiletten aufsuchen, Punkt drei: waschen und Zähne putzen, Punkt vier: sich anziehen, Punkt fünf: Geburtstagspost lesen. Phase 2 - sich diese Dinge im Geist immer wieder vorsagen und letztlich Phase 3 - alles der Reihe nach abhaken, sprich erledigen. Glücklicherweise stand das Lesen seiner Post als letztes auf seiner imaginären Liste; es würde schwer werden, fest an etwas zu denken, während er versuchte zu lesen.

Und so schwang sich Harry aus dem Bett und machte sich auf den Weg zu seinem Kleiderschrank, die Zähne in Konzentration fest zusammen gebissen, mit einem angestrengten, aber leeren Blick. Während er nach Kleidungsstücken griff, ohne dem, was er aus dem Schrank holte, groß Beachtung zu schenken, ging er in seinen Kopf immer wieder seine Liste durch, um an nichts anderen denken zu müssen und können. Doch leider war das viel schwerer, als es sich anhörte, denn kaum wollte er die Tür seines Schrankes wieder schließen, blitzte in seinem Kopf die Vorstellung davon auf, wie seine Flügel das T-Shirt, das er sich gerade gegriffen hatte, zerfetzten. Flügel, die er noch gar nicht mit eigenen Augen gesehen hatte und von denen er doch so gerne gewusst hätte, wie sie aussahen. Wie sah er denn eigentlich überhaupt aus, wenn er sich verwandelte? Darüber hatten sich Remus und Snape bisher ausgeschwiegen.

Stopp! Zurück zum Anfang! Ins Bad gehen und Toilette benutzen, waschen und Zähen putzen, anziehen, Post lesen, ins Bad gehen ….Verärgert über sich selbst schüttelte Harry den Kopf, bevor er entschlossen die Schranktüre zudrückte, ohne das ausgewählte T-Shirt wieder zurück gelegt zu haben. Er würde sich darüber jetzt keine Gedanken machen! Dann machte er sich auf zum Bad.

Während der 17jährige immer mehr Punkte seiner Liste abhakte und seine Litanei in seinem Kopf immer kürzer wurde, blitzten immer wieder Bilder dazwischen, die seine Gedanken auf andere Wege leiten wollten, doch fast immer gelang es ihm, sich innerhalb weniger Sekunden wieder in den Griff zubekommen und so war er etwa zehn Minuten nachdem er sein Zimmer verlassen hatte, wieder zurück, ohne dabei einem seiner Verwandten über den Weg gelaufen zu sein und ohne sich selbst dabei verloren zu haben. Nun blieb also noch die Geburtstagspost.

Vor seinem Tisch stehend, ließ Harry kurz seinen Blick über die Briefe, Päckchen und Pergamentrollen schweifen. Abgesehen von dem großen, runden Kuchenpaket gab es da ein noch etwas größeres, längliches Gebilde, das das inzwischen allseits bekannte Firmenlogo der Zwillinge trug. Darin waren Scherzartikel zu vermuten, wahrscheinlich auch welche, die noch nicht ausgereift waren, da Harry als stiller Teilhaber von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze die zweifelhafte Ehre hatte, oftmals als Versuchskaninchen zu dienen (meistens dann, wenn die zwei mit ihrem Latein am Ende waren und darauf vertrauten, dass Hermine eine Lösung für ihr Problem finden würde, wenn Harry von einer unschönen Nebenwirkung betroffen war). Dann gab es noch ein kleines, unscheinbares Päckchen, dessen Aufschrift nur mit der Lupe zu entziffern war, was vermuten ließ, dass es sich um Hermines Geschenk handelte; geschrumpft und mit einem Federleichtzauber belegt, damit die arme Eule nicht so schwer tragen musste. Rons Päckchen war sicher das, welches aussah, als hätte es sich einen Ringkampf mit anderen Päckchen geliefert, da er Geschenke in etwa so schnell einzupacken pflegte, wie er sie auspackte, konnte dabei auch nichts Ansehnlicheres dabei herauskommen.

Während er vorsichtig seinen Paketberg durchforstete stellte er fest, dass er auch von Neville, Dean, Seamus und Luna mit einer kleinen Aufmerksamkeit, bedacht worden war, aber nichts von Ginny dabei war und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Er hatte mit ihr Schluss gemacht, also durfte er nicht wirklich erwarten, dass sie ihm etwas zum Geburtstag schenkte und natürlich war es viel besser, dass sie ihm nichts geschickt hatte, für den Fall dass seine Post abgefangen wurde, doch ganz, ganz tief in seinem Inneren hatte er gehofft, dass sie sich doch nicht so einfach davon überzeugen lassen würde, dass es zwischen ihnen beiden aus war. Aber vielleicht hatte sie ja auch einfach nur mitgedacht, und sie würde ihn mit einem Geschenk überraschen, wenn er zur Hochzeit von Fleur und Bill in den Fuchsbau kam. Wenn er nach der vergangenen Nacht dort überhaupt noch willkommen war.

Schon wieder drifteten seine Gedanken in einen Bereich ab, den Harry für sich zum Sperrgebiet erklärt hatte, zumindest noch für so lange, wie er brauchte, um seine Post gelesen, seine Geschenke ausgepackt und seine Siebensachen gepackt zu haben. Und so schüttelte er missmutig den Kopf, griff sich Rons Geschenk und machte es sich auf seinem Stuhl bequem. Den rechten Fuß unter seinem Hintern, den linken auf der Sitzfläche des Stuhls aufgestellt und den linken Arm um das angewinkelte Bein gelegt, begann er das Verpackungspapier zu lösen. Bevor er jedoch die Schachtel öffnete, die zum Vorschein kam, ließ er seinen Blick noch einmal über seinen Tisch schweifen, der dabei an Molly Weasleys Kuchen und Hermines Miniaturpäckchen hängen blieb. Snape hatte gesagt, er bräuchte jetzt mehr zu essen und dass er heute noch dieses Haus verlassen würde, was der Zwischenfall von vorhin hoffentlich nicht geändert hatte, da brauchte er sich die Leckereien, die auf seinem Tisch, zum Großteil noch eingepackt, lagen, doch sicher nicht mehr einzuteilen. Und wenn es nach seinem Hungergefühl ging, dann könnte er jetzt schon noch eine kleine Zwischenmahlzeit gebrauchen, trotz der zwei Nährtränke, die er hatte schlucken müssen und des einen Kuchenstücks, das er im Magen behalten hatte. Blieb nur noch die Qual der Wahl, Kuchen, Süßigkeiten, Obst? Obst klang schon nicht schlecht, doch dafür musste er erst einmal Hermines Zauber von ihrem Päckchen heben. Wo war denn jetzt nur sein Zauberstab? Vorhin, kurz nachdem er aufgewacht war, hatte er ihn doch noch gehabt, schließlich hatte er Snape damit bedroht. Doch da hatte er ihn auf einmal in der Hand gehalten, ohne zu wissen, wo er auf einmal hergekommen war. Ob das noch mal klappen würde, wenn er nur fest daran dachte?

Und so konzentrierte sich Harry darauf, dass er jetzt seinen Zauberstab brauchte und welch Wunder, es passierte nichts! Enttäuscht zog der 17jährige die Stirn in Falten.

?Wäre ja auch zu schön gewesen!' dachte er bei sich.

War das so eine Sache, die er trainieren musste? Seine neuen Kräfte einzusetzen, ohne dabei den Dämon zum Vorschein kommen zu lassen? Oder war das überhaupt nicht möglich und er musste sich nur darin üben, den Dämon, wenn er seinen Körper übernommen hatte, nicht auch noch die Kontrolle über seine Handlungen zu überlassen? Wäre nicht schlecht gewesen, wenn Snape das Tagebuch von dieser Alejandra Dingsbums dagelassen hätte, vielleicht hätte ihm das jetzt Aufschluss darüber geben können. Aber auch mit dem Buch wäre es ihm jetzt nicht erspart geblieben, sich auf die herkömmliche Art und Weise auf die Suche nach seinem Zauberstab zu machen. Doch bevor er aufstand, hob er den Deckel von der Schachtel, die noch immer vor ihm lag und grabschte sich zielsicher eine Schokopraline vom schier unendlichen Sortiment vom Honigtopf, mit dem Ron das Päckchen ausgestopft hatte. Zwischen den schillernd eingewickelten Leckereien konnte Harry etwas orangefarbenen Stoff herauslugen sehen. Da war nicht schwer zu erahnen, dass es sich bei Rons Hauptgeschenkt um ein Bekleidungsteil der Chudley Cannons handelte, wahrscheinlich ein T-Shirt oder ein Paar Boxer-Shorts.

Gedankenversunken schob sich Harry die Praline in den Mund und stand auf, dabei ließ er seinen Blick suchen durch das Zimmer streifen, doch von seinem Zauberstab war nichts zu sehen. Also ging er zu seinem Bett, schüttelte sein Kissen und seine Decke auf, in der Hoffnung, dass er dabei herausfallen würde, doch das gesuchte Objekt blieb weiterhin verschwunden. Noch einmal ließ Harry seinen Blick schweifen und schaute dabei in den verborgensten Winkel, bis wirklich nur noch eine Stelle übrig blieb, an dem sein Zauberstab sein konnte. Misstrauisch warf der Teenager einen Blick zu seiner Zimmertür und lauschte angestrengt in die Stille im Haus. Es war nichts zu hören, was nicht unbedingt etwas sagen musste. Jahrelange Erfahrung hatte ihn gelehrt, nichts als selbstverständlich anzunehmen und so machte er vorsichtshalber die wenigen Schritte zu seiner Zimmertür, öffnete sich leise und schaute vorsichtig hinaus. Der Flur war leer und jetzt, wo er seinen Kopf nach draußen streckte, konnte er entfernt die Stimmen von seiner Tante und Dudley unten im Wohnzimmer hören, ebenso wie ein signifikantes Quietschen, das dem Jungen sagte, dass es sich sein Onkel auf dem Sofa bequem gemacht hatte. Die Sprungfedern des Möbelstücks waren durch das schwere Gewicht des Mannes und seines Sohne im Laufe der Jahre schwer in Mitleidenschaft gezogen worden.

Erleichternd aufatmend schloss Harry seine Zimmertür wieder und versuchte dabei kein Geräusch zu machen. Wenn alle anderen gerade untern friedlich beisammen saßen, dann sollte kein Geräusch von ihm sie ausgerechnet jetzt auf die Idee bringen, nachzusehen, ob er noch in Gesellschaft war. Zügig ging er wieder zu seinem Bett und kniete sich davor nieder. Dann beugte er sich nach vorne und schaute darunter. Wie vermutet und befürchtet lag da, ganz hinten, fast an der Wand sein Zauberstab. Noch einmal richtete sich der Teenager auf und schaute unsicher zur Tür, bevor er schließlich unter sein Bett krabbelte. Dank seiner schmächtigen Statur war es kein großes Kunststück, sich in den vielleicht 40 cm hohen Zwischenraum zwischen Boden und Lattenrost zu zwängen, seinen rechten Arm zu stecken und nach dem vermissten Zauberstab zu greifen. Leider hatte er es auf seinem Rückweg so eilig, dass er sein Hinterteil etwas zu früh in die Höhe reckte und dabei sein Kreuz an den Bettrahmen rammte. Als er es dann jedoch geschafft hatte, wieder ganz unter seinem Bett hervor zu kommen, ließ er sich mit einem Plumps auf seinen Hintern fallen, lehnte sich mit dem Kopf gegen seine Matratze und rieb sich die schmerzende Stelle an seinem Rücken. Und wieder drängten sich Gedanken in seinen Kopf, die äußerst unwillkommen waren. Es hätte schlimmer kommen können! Statt sich nur die Wirbelsäule anzuhauen, hätte Dudley in sein Zimmer kommen können, das wäre schließlich nicht das erste mal gewesen. Und Dudley hätte eine sich so schön präsentierende Gelegenheit natürlich nie entgehen lassen können. Harry halb unter dem Bett, den Hintern in die Luft gestreckt, das lud doch gerade dazu ein, diesen mit möglichst viel Schwung zu treten. Da musste er ihn nicht erst noch in die Enge treiben, um seine Aggressionen an ihm auszulassen. Zwar konnte er in dieser Position nicht das Gesicht seines verhassten Cousins sehen, doch wenn sich Harry ihm so schön darbot, dann war er auch allein mit den Schmerzlauten, dem Stöhnen und Wimmern zufrieden, dass er durch seine brutale Behandlung dem andern entlocken konnte.

Nicht schon wieder! Solche Gedanken führten zu nichts. Während sie bis gestern höchstens ungesund für seine Psyche gewesen waren, so viel gestand er sich ja ein, seine Lebenskurve hatte nicht wirklich dazu geführt, seine seelischen Wunden zu heilen, sondern hatte ihn stattdessen alte, verheilt geglaubte Wunden wieder aufreißen lassen, so konnte er sich Depressionen mit einem Dämon, der das zu seinen Gunsten ausnutzen wollte, nicht mehr leisten. Mit seiner linken Hand fuhr sich Harry durchs Haar, während er seinen Kopf schüttelte, als könne er somit seine düsteren Gedanken vertreiben. Warum er unbedingt seinen Zauberstab unter dem Bett hervorangeln wollte, hatte er bereits wieder vergessen, genau so wie sein Vorhaben, Hermines Päckchen auf Originalgröße zu bringen, um sich etwas von dem Obst, das ihm seine Freundin mit hundertprozentiger Gewissheit geschickt hatte, zu Leibe zu führen. Stattdessen blieb er einfach auf dem Boden sitzen und starrte erneut zum Fenster. Er konnte immer noch keine Staubpartikel im Sonnenlicht schweben sehen, auch unter seinem Bett war es unnatürlich sauber gewesen. Aber natürlich! Hatten Snape und Remus nicht etwas von einem magischen Sturm erzählt, der sein Dämonenerwachen begleitet hatte? Und dass sein Onkel und seine Tante das mit angesehen hätten. Harry ließ seinen Kopf nach hinten fallen und stellte sich im Geiste die entsetzten Gesichter der beiden vor. Welche Gefühle bei seinem Onkel wohl überwogen hatten? Die Abscheu vor dem, was da gerade geschah? Die Angst, ob Harry für sie gefährlich werden würde? Die Wut, dass der Freak alles, was sie ihm gnädig zur Verfügung gestellt hatten, zerstörte? Harry hoffte, dass es Angst gewesen war, nicht weil er dachte, es wäre ein nicht einmal annähernd gerechter Ausgleich für die Angst, die er selbst in diesem Haus hatte durchleben müssen, sondern weil sein Onkel wirklich zu komisch aussah, wenn sich sein Gesicht vor Angst verzog. Nicht, dass es sich wirklich groß von dem unterschied, dass er machte, wenn er wütend war. Es waren mehr die Kleinigkeiten. Schwoll Vernon Dursleys Gesicht rot an, wenn ihn die Wut packte, dann wurde er blass mit rosa Kringelbäckchen, wenn er sich vor etwas wirklich ängstigte. Wurden seine Augen während eines Wutanfalls klein, weil er sie verbissen zusammenkniff und einen harten Blick herauspresste, zogen sie sich anders verängstigt zusammen, um wahrscheinlich so wenig wie möglich von dem, was vor ihm vor sich ging, sehen zu müssen. Und während er seine Zähne wie eine Bulldogge fletschte und dabei die Wundwinkel weit zu seinen Ohren zog wenn er wütend war, entblößte er zwar seine Zähne genau so im Angstfall, doch seine Unterlippe hing dann nach unten und zitterte ängstlich. Und von seinem Hals war dann gar nichts mehr zu sehen. Nicht, dass Harry wirklich oft die Gelegenheit gehabt hätte, seinen Onkel in einem Zustand der Angst zu sehen, aber mit dessen Wutanfällen kannte er sich nun wirklich bestens aus. Und wenn der 17jährige sonst auch kein schadenfroher Mensch war, er hätte es seinem Onkel gegönnt, wenn er sich in der vergangenen Nacht vor Angst fast in die Hose gemacht hätte.

Während Harry sich das bildlich vorstellte und seinen Mund zu einem Lächeln verzog, ertönte der Knall einer Apparation draußen im Flur und noch bevor er aufspringen und seinen Zauberstab in Abwehrstellung bringen konnte, öffnete sich seine Zimmertür und Remus Lupin schaute herein.

„Ist bei dir alles wieder in Ordnung?“ fragte er und allein ein Blick auf den inzwischen am Boden knienden, im Aufstehen begriffenen, Jungen, der sich umgezogen hatte und nicht in Flammen stand und auch keine Flügel zeigte, sagte ihm, dass, wenn auch noch lange nicht alles wieder in Ordnung war, so zumindest die letzte Krise wieder bewältigt worden war.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Weil ich ein riesiger Fan von Gary Oldman bin, war ich bei unserem ersten Treffen völlig eingeschüchtert. Dabei ist er echt ein cooler Typ und ich habe mich in seiner Gegenwart sofort sehr wohl gefühlt.
Daniel Radcliffe