von Gwenifer
8. Unangenehme Erkenntnisse
Harry sah ihn an mit aufgerissenen Augen, die ganz rot vom Weinen waren, den Mund weit aufgeklappt.
„Wenn Sie dann fertig wären, mich anzustarren, wie die sieben Verheißungen Merlins, könnten wir endlich etwas produktives tun und uns unter anderem dem Brief des Schulleiters zuwenden. Für den Fall dass ich mich wiederhole, meine Zeit ist begrenzt. Ich kann es mir nicht leisten, diese hier mit Ihnen zu verschwenden, es sei denn, Sie legen Wert darauf, das durch die Ermordung von Albus Dumbledore gestärkte Vertrauens des Dunklen Lords in mich wegen Ihrer Trödelei zu gefährden.“
Auffordernd sah der große, hagere Mann seinen ehemaligen Schüler an. Ungeduld klang in seiner Stimme, sowie Kritik und mangelndes Verständnis für die Situation des anderen, aber es fehlte die Feindseligkeit und die Gehässigkeit, mit der er sich normalerweise dem Sohn seines Schulrivalen zuwandte.
Wenn zu Harry auch nicht ganz der Sinn der Worte, die an ihn gerichtet worden waren durchgedrungen war, so hatte die kurze Ansprache Snapes doch immerhin dazu geführt, ihn aus seiner Starre der Verwunderung zu lösen.
„Woher wissen Sie von den Horkruxen?“ fragte er leise, kaum hörbar.
„Nachdem der Dunkle Lord selbst mich wohl kaum in das schwärzeste seiner Geheimnisse eingeweiht hat, kann meine Quelle wohl nur die Selbe sein, wie die Ihre.“ Snapes hochgezogener Augenbraue sah man an, dass er in diesem Moment wieder einmal daran zweifelte, ob der Junge des logischen Denkens mächtig war.
„Aber er hat doch …“ noch leiser als zuvor, versuchte Harry zu widersprechen.
„Natürlich musste er Ihnen sagen, dass keiner außer Ihnen beiden darüber Bescheid weiß! Mr. Potter, muss ich Sie an Ihre außergewöhnliche Verbindung zum Dunklen Lord und Ihre Weigerung, die hohe Kunst der Okklumentik zu meistern, erinnern?“ Verachtung war deutlich in der Stimme des geflüchteten Lehrers zu hören.
„Wenn er mir und meinen Fähigkeiten so wenig vertraut hat, wieso hat er mich denn dann überhaupt eingeweiht! Habe Sie darauf auch eine Ihrer überheblichen Antworten parat?“
Schock und Verletztheit machten aufbrausender Rage Platz, und Harry spürte erneut die Auswirkungen, die solche Gefühle seit vergangener Nacht auf seinen Körper hatten. Doch bevor er sich zu sehr aufregen konnte, fühlte er, wie sich beruhigend eine Hand auf seine Schulter legte. Auch wenn sich Lupin noch zurückhielt, so wollte er doch nicht zulassen, dass die Situation außer Kontrolle geriet.
„Meine Antworten sind nicht überheblich! Dass dies so scheint, liegt daran, dass ich im Gegensatz zu Ihnen mein Gehirn zu nutzen weiß!“ Mit stoischer Ruhe spielte der Doppelspion, der nun doch nur ein einfacher Spion zu sein schien, seine Überlegenheit aus.
„Wenn ich so dumm bin, und Sie doch alles besser und früher wissen als ich, wozu brauchen Sie mich dann überhaupt? Wozu geben Sie sich mit einem so unterbelichteten Einfaltspinsel wie mir überhaupt ab? Wieso haben Sie noch nicht alle anderen Horkruxe allein zur Strecke gebracht, statt hier Babysitter zu spielen? Los verschwinden Sie! Kümmern Sie sich um die wirklich wichtigen Dinge des Lebens, retten Sie unsere Welt, Ihre Welt. Ich hab' niemanden gebeten, mich da mit rein zu ziehen. Ich kam ganz gut allein zurecht, bevor Hagrid hier aufgetaucht ist, und glaubte, mir etwas Gutes zu tun, in dem er mich in meine Welt zurückholt. Na los, worauf warten Sie denn! Ziehen Sie schon ab! Der dumme, kleine Harry war sechs Jahre euer Spielzeug und hat sich von Euch lange genug wie eine Marionette von einer Gefahr in die andere manipulieren lassen. Ich hab' genug davon! Ihr braucht mich nicht, ich brauche Euch nicht! Sucht Euch doch einen anderen Dummen!“
Es tat so weh, so furchtbar weh. Harrys Wut war längst wieder abgeflaut, sein Ausbruch versuchte nur seine Verzweiflung zu überspielen. Tränen standen ihm wieder in den Augen, die er nur noch mühsam niederkämpfen konnte. Er wollte alleine sein. Er wollte nicht mehr sein. Wie oft hatte er sich das schon gewünscht, einfach aufzuhören zu sein, dieses Leben ein für alle mal zu beenden. Wie oft hatte er in seinem Zimmer oder früher in seinem Schranke gelegen, oft genug hatte er es nicht einmal bis zu seinem Bett geschafft, manches mal war er einfach nur kurz hinter die Tür geschleift worden, in Schmerzen, die schier unerträglich schienen, in der Hoffnung einzuschlafen und nie wieder aufzuwachen. Wie oft hatte er geglaubt, dieses Mal hätte sein Onkel sich dermaßen vergessen, dass es ohne sofortige medizinische Betreuung keine Rettung mehr für ihn gab, und doch hatte es nie gereicht. Als er klein gewesen war, da hatte er nicht an Selbstmord gedacht, kein Kind tut das, da war die Hoffnung doch lebendig gewesen, dass es irgendwann einmal besser werden würde. Und dann war Hagrid gekommen, und es war besser geworden. Er hatte zum ersten Mal Freunde gefunden, hatte erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man umsorgt wird. Und dann hatte der seelische Schmerz den körperlichen übertroffen, doch zu dem Zeitpunkt hatte er nicht mehr daran denken dürfen, sich das Leben zu nehmen, denn er war für die Rettung einer ganzen Welt verantwortlich. Aber vielleicht war er das ja überhaupt nicht. Alles was er über die Prophezeiung wusste, hatte er von Dumbledore, dem es anscheinend höllischen Spaß gemacht hatte, ihn im Ungewissen zu lassen, ihn zu benutzen, wie es ihm gerade gefiel und ihn zu belügen.
Wenn Harry, so verzweifelt er im Moment war, darüber nachdachte, dann glaubte er mittlerweile daran, dass all die Zwischenfälle, die sich in Hogwarts ereignet hatten, keine Zufälle gewesen waren. Der von Voldemort besessene Quirrell, war der omnipotente Dumbledore nicht viel zu allwissend, als dass ihm so eine wichtige Kleinigkeit hätte entgehen können? Der sein Unwesen treibende Basilisk, der so viele Schüler versteinert hatte, war doch nun wirklich viel zu groß, als dass er so lange unbemerkt hätte bleiben können und es war schon zu großes Glück, dass keiner getötet worden war, als es nur von Zufällen und glücklichen Umständen abhängig zu machen. Die Tatsache, dass Remus ausgerechnet in der Nacht, in der sie Peter Pettigrew aufgespürt hatten, seinen Wolfsbanntrank vergessen hatte zu trinken oder dass das Trimagische Turnier, dass so viele Jahre nicht stattgefunden hatte, plötzlich ausgerechnet zu seiner Schulzeit auf Hogwarts abgehalten wurde, hatte Dumbledore da überall seine Hände im Spiel gehabt? War das für den Schulleiter alles nur ein unterhaltsames, grausames Spiel gewesen? Für Harry sah es im Moment so aus. Und er wollte nicht mehr, konnte nicht mehr. Der Gedanke, dass die wenige Zeit, die er geglaubt hatte, jemand würde sich wirklich um ihn sorgen, nur eine Lüge gewesen war, war ihm unerträglich, war vernichtend. Konnte das Leben wirklich so grausam sein?
Aber während der 17jährige im einen Moment noch glaubte, innerlich zu zerreißen, machten sich ganz langsam und fast unbemerkt von ihm ein Gefühl der Gleichgültigkeit breit. Konnte das Leben wirklich so grausam sein? Natürlich konnte es das, er war schließlich der Junge-der-bei-allen-Katastrophen-hier-schrie, er war sein Leben lang darauf vorbereitet worden, dass immer wenn er glaubte, es ginge nicht schlimmer, genau eben das eintraf. Er hatte sich schon so viele Knochen gebrochen, falsch! Ihm waren schon so viele Knochen gebrochen worden, was kam es darauf an, wenn ihm jetzt noch das Herz gebrochen wurde. Außerdem war das ja auch nicht das erste Mal passiert. Vielleicht nicht in der Größenordnung, aber einem kleinen Jungen, der zusehen musste, wie sein Cousin jeden kleinsten Wunsch, aber natürlich auch der Größte, erfüllt wurde, während er selbst noch auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Nahrung und Gesundheit warten wusste, brach auch dabei das Herz; langsam, jeden Tag ein kleines Stückchen mehr, nicht so gewalttätig wie jetzt gerade im Moment. Hatte er überhaupt noch ein Herz? Abgesehen davon, dass seine trostlose Kindheit eigentlich nur Bruchstücke hinterlassen haben durfte, waren die Ereignisse der letzten Jahre nicht dazu gemacht gewesen, es wirklich wieder heilen zu lassen. Jetzt zumindest konnte nur noch feiner Staub von seinem geschundenen Herzen übrig sein. Das hatte doch sein Gutes, oder? Schlimmer konnte es doch nicht mehr werden und wer kein Herz mehr hatte, konnte zumindest seelisch nicht mehr leiden, und das mit den körperlichen Schmerzen? Das war doch ein Klacks! Ein Crutiatus-Fluch? Den steckte er doch weg wie nichts! Da sollte doch erst mal einer kommen, und versuchen, ihn damit niederzustrecken.
Während Harrys Gedanken seltsame Formen annahmen, versuchten die beiden Männer, die mit ihm im Zimmer waren, seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch das war leichter gesagt als getan. Nachdem der Junge seinen ehemaligen Tränkelehrer verbal angegriffen hatte, hatten sich beide erstaunt angesehen. Solch depressive Gedankengänge hätten ihm beide nicht zugetraut. Seine Verzweiflung war ihm ins Gesicht geschrieben gewesen, auch wenn er geglaubt hatte, sie mit seinem Ausbruch kaschieren zu können und letztendlich waren ihm Tränen die Wangen hinunter gelaufen, ohne dass er es bemerkt hatte. Bestürzt und traurig hatte Remus Lupin den Sohns seines Freundes tröstend in seine Arme nehmen wollen, unendlich traurig über den seelischen Zustand des Jungen, während sein ehemalige Kollege daneben stand, und sich fragte, ob Dumbledores Manipulationen diesmal nach hinten losgegangen waren und es für ihre Welt jetzt überhaupt noch Rettung gab. Doch der Werwolf war mit seinem Vorhaben nicht weit gekommen, denn mit dem Stimmungswandel des Jungen war eine seltsame Erscheinung einher getreten. Zuerst war sie nicht einmal sichtbar gewesen, doch als er ihn hatte berühren wollen, war der väterliche Freund gegen eine unsichtbare Wand gestoßen, ein Schutzschild, dass Harry weder verbal noch mit Hilfe seines Zauberstabes schien heraufbeschworen zu haben. Nach wenigen Sekunden, in denen sich Remus über diese Blockade mit Snape ausgetauscht hatte, waren auf einmal kleine grüne Flämmchen sichtbar geworden, die Harry einzuhüllen schienen.
Und das war der Zeitpunkt, an dem die beiden versuchten, Harrys Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, denn grüne Flammen bedeuteten selten etwas Gutes. Während Remus mit ruhigen Worten versuchte, ihn zu erreichen und dabei wenig erfolgreich war, griff der meistgehasste Lehrer von Hogwarts auf die altbewährte Methode zurück.
„20 Punkte Abzug für Gryffindor und eine Woche Nachsitzen, Mr. Potter wegen unangebrachtem Verhaltens einem Lehrer gegenüber!“ dröhnte er durch den Raum und erzielte damit den prompten Erfolg.
Harry schreckte durch die bekannt-gefürchtete Stimme und den ihm so vertrauten Wortlaut aus seiner Gedankenversunkenheit. Irritiert schaute er sich einen Moment um, hatte er doch unbewusst erwartet, sich in den düsteren Kerkern von Hogwarts vorzufinden.
„Sie können mir keine Punkte abziehen, Snape, wir sind weder in Hogwarts noch sind Sie dort derzeit noch als Lehrer tätig.“ Ein süffisantes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Wie wahr! Und dafür danke ich Merlin!“ Ein leichtes Seufzen entfloh dem ehemaligen Lehrer und ein kleines, angedeutetes Lächeln wurde auf seinen dünnen Lippen sichtbar.
„So schlimm kann es nicht gewesen sein Severus?“ hakte Remus ungläubig nach.
„So und noch viel schlimmer!“ betonte Snape nachdrücklich. „All die Jahre, verschwendet an unwürdige Quälgeister.“
„Sie haben wirklich nur Dumbledores wegen unterrichtet?“ Harry konnte es kaum glauben, dass ein Mensch wie Severus Snape sich von einem alten, wenn auch mächtigen Mann zu etwas überreden ließ, wenn es ihm so sehr gegen den Strich ging.
„Oh, ja! Das habe ich, und nach seinem Ableben, wird kein weiterer Tag mehr dazu kommen.“ Bestätigte der undurchsichtige Mann.
„Dann hat er sie fast genauso benutzt wie mich!“ stellte der Teenager verblüfft fest.
„Oh nein, Mr. Potter! Albus hat mich noch viel stärker manipuliert und ausgenutzt als Sie, und zu dem noch sehr viel länger, als das bei Ihnen der Fall gewesen war. Der Unterschied ist, dass ich mir dieser Tatsache, im Gegensatz zu Ihnen, von Anfang an bewusst war und ich eine Wahl hatte, die man Ihnen nie gewährt hat.“
War da ein leichtes Eingeständnis zu hören, dass Harry das schwerere Los gezogen hatte?
„Ich denken, wir können uns einigen, dass euch beiden in diesem Krieg keine leichte Rolle zugeteilt worden ist und das das Leben ungerecht ist.“ Ging Remus Lupin nun dazwischen, bevor ein falsches Wort einen erneuten Streit auslösen konnte.
„Kannst du mir verraten, was eben in dir vorgegangen ist, Harry?“ lenkte er das Thema dann schließlich auf die kurze geistige Abwesenheit des Jungen und die grünen Flammen, doch dieser verstand die Andeutung falsch.
„Ich…, ich, … es tut mir leid! Ich, … es war einfach alles ein bisschen zu viel! Ich meine, ich hab' ihm denken ich schon seit einiger Zeit nicht mehr so richtig vertraut, ohne es mir wirklich eingestehen zu wollen und ich hab' so sehr gehofft, dass er nach, …, nach dem Vorfall in der Mysteriumsabteilung wirklich ehrlich zu mir ist. Das war jetzt nicht wirklich gegen Sie gerichtet, Prof … Mr. Snape, ich denke, Sie haben nur zur falschen Zeit das Falsche gesagt. Es tut mir leid, Sir!“
Wortlos nickte der Angesprochene mit dem Kopf als Zeichen, dass er die Entschuldigung akzeptierte. Der andere Anwesende erklärte jedoch sofort, dass er das gar nicht gemeint hatte, und dass Harrys Reaktion in gewisser Weise verständlich gewesen wäre.
„Ich habe auf dein Verhalten nach deinem Temperamentsausbruch angespielt, Harry. Du schienst wütend vor allem aber so verzweifelt gewesen zu sein, und dann hat sich deine Mine entspannt und sich so etwas wie Gleichgültigkeit auf deinem Gesicht breit gemacht, während du plötzlich von grünen Flammen eingehüllt wurdest.“
„Was für grüne Flammen?!“ entsetzt blickte Harry an seinen Armen und seinem restlichen Körper entlang, ob er irgendwo noch diese Flammen erspähen konnte.
„Keine Sorge, Harry, sie sind längst weg.“ Versuchte Remus ihn sogleich zu beruhigen, als er bemerkte, dass der Junge sich dessen, was vor wenigen Minuten geschehen war, nicht bewusst war.
„Was für grüne Flammen?“ hakte dieser noch einmal nach und schaute dem anderen dabei fragend in die Augen.
„Die Selben, die letzte Nacht anscheinend den Antritt deines magischen Erbes markiert haben.“
„Da hat's auch grüne Flammen gegeben?“ Schön, dass er das jetzt auch einmal erfuhr.
„Sonst hätte Lupin es ja wohl kaum gesagt!“ ging Snape genervt dazwischen.
„Zumindest wurde uns das berichtet.“ Berichtigte der Werwolf den anderen Mann. „Wir waren da nämlich nicht dabei.“ erklärte er weiter.
„Letzte Nacht kurz nach Mitternacht wurde Charlie Weasley, der zu dieser Zeit das Haus beobachtet hatte darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmte. Laut seinem Bericht, konnte von deinem Zimmer zwar kein Geräusch gehört werden, doch im restlichen Haus fielen wohl mehrer Gegenstände zu Boden. Daraufhin rief er Moody zur Verstärkung und zusammen sind die beiden in das Haus eingedrungen und sind wohl gerade noch rechtzeitig gekommen, bevor deine Familie durch deine „Verwandlung“, Remus hob letztes Wort durch Anführungszeichen in der Luft hervor, „verletzt werden konnte. Beide berichten, dass du dein Zimmer ziemlich durcheinander gebracht hast, und in grünen Flammen über dem Bett geschwebt hast. Im Gegensatz zu eben, schienen diese Flammen jedoch so dicht zu sein, dass keiner der beiden erkennen konnte, was mit dir passierte. Während Charlie jedoch einen Angriff vermutete, lag Moody mit seiner Annahme, dass du dein magisches Erbe angetreten hast, richtig. Und das ist der Grund, warum ich nun hier bei dir bin. Und warum ich Severus, natürlich ohne das Wissen der anderen, dazu geholt habe, habe ich dir schon erklärt.“
„Grüne Flammen?“ Obwohl Harry sehr wohl Remus' Erklärung gefolgt war, blieb er an diesen zwei Worten hängen.
„Ja, Morgana hilf! Grüne Flammen. Ich bin mir, wie wir bereits festgestellt haben, Ihres begrenzten Wissens bewusst, Mr. Potter, aber können wir jetzt bitte die Erklärung ihrer Bedeutung, Entstehung und Eigenschaften auf ein anderes Mal verschieben und zu wichtigeren Dingen kommen?“ Snape klang mittlerweile wieder reichlich gereizt aber dem Jungen war nicht entgangen, dass er Bitte gesagt hatte.
„Hm, ja.“ Brummte er dann auch in Zustimmung, wenn auch widerwillig. Er hätte schon gerne die Angelegenheit mit seinem magischen Erbe endlich geklärt und diese grünen Flammen klangen doch sehr nach einem Anfang.
„Haben mein Onkel und meine Tante die Flammen auch gesehen?“ schob er dann aber doch noch nach.
„Ja das haben sie, und die beiden waren darüber nicht gerade glücklich, und sind es auch immer noch nicht. Unsere Erklärungen scheinen an ihnen abzuprallen. Statt sich wirklich dafür zu interessieren, was mit Ihnen geschehen ist und ob wir Ihnen nichts Böses anhaben wollen, redet dieses rotgesichtige Walross immer nur von Freaks und er hätte es ja schon immer gewusst. Aus ihm ist nicht schlau zu werden. Eines habe ich auf jeden Fall festgestellt, und dass ist, woher Ihre eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit stammt, Mr. Potter, nachdem Ihr Patenonkel als Urheber ausgeschlossen werden konnte. Albus hätte sich wirklich um eine adäquatere Unterbringung für Sie kümmern können.“
Der Meister der spitzen Worte machte wieder einmal deutlich, wie wenig er von Harrys letzten lebenden Verwandten hielt, und der Junge machte keinerlei Anstalten, ihm zu widersprechen. Zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Minuten hatte er eine Gemeinsamkeit zu Snape entdeckt, wenn auch unter unterschiedlichen Vorgaben. Die Sprachgewandtheit und Bildung von Onkel Vernon waren dem 17jährigen völlig gleichgültig, bessere Umgangsformen, die sein ehemaliger Lehrer auch schon kritisiert hatte, bessere Temperamentkontrolle und ein wenig menschliche Wärme hätten für seien Zufriedenheit vollkommen ausgereicht. Trotzdem nickte er zustimmend mit dem Kopf, nicht zum ersten Mal fragte er sich aufgrund der letzten Bemerkung, wie sein Leben wohl verlaufen wäre, hätte Dumbledore ihn woanders untergebracht.
„Ich gehe nicht davon aus, dass uns Albus' Brief einen Aufschluss darüber gibt, warum er darauf bestanden hat, Sie bei diesen Halbaffen aufwachsen zu lassen, Blutschutz hin oder her, aber wir können davon ausgehen, dass er Licht in viele andere offenen Fragen bringt. Wenn Sie sich also jetzt bitte Ihrer Post zuwenden würde, Mr. Potter, wären wir alle Ihnen sehr verbunden!“
Und nachdem Remus Lupin seine Zustimmung zu dieser Aufforderung ausgedrückt hatte, schob Harry alle anderen Fragen, die ihm noch auf der Zunge lagen, zurück. Auch wenn er sich vor der Wahrheit in diesem Brief fürchtete, sah er inzwischen die Notwendigkeit, sich ihr zu stellen. Er hoffte bloß, dass dieses geheimnisvolle Schreiben nicht übersäht war mit Platitüden und sinnloser Gefühlsduselei. Was sie auf keinen Fall brauchten, waren weitere Lügen und Halbwahrheiten. Was sie alle aber wirklich benötigten waren Fakten. Knallharte Fakten über alles, was es über Voldemorts Horkruxe zu wissen gab.
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