Regulus zitterte immer noch am ganzen Körper selbst als er den Korridor und Sirius entsetztes Gesicht schon längst hinter sich gelassen hatte. Aber das Zittern ließ nicht nach eben so wenig wie die Gedanken. Immer wieder sah er Sirius vor sich. Die vor Schreck geweiteten Augen, in denen Regulus sein eigenes Gesicht zu erkennen glaubte. Das kalte, verschlossene Gesicht eines anderen, das so gar nicht zu der Verzweiflung passen wollte, die er gefühlt hatte, immer noch fühlte. Gemischt mit Schuld. Und dem Wissen, dass es jetzt endgültig vorbei war. Dass er in dem Moment, in dem er den Zauberstab gezückt hatte, auch den letzten Rest ihrer früheren Vertrautheit zerbrochen hatte. Wie die silbernen Scherben eines zerbrochenen Spiegels sah Regulus jene anderen glücklichen Tage vor sich auf dem harten kalten Steinboden liegen.
Wäre es doch niemals so weit gekommen. Wäre er doch nur ein bisschen mutiger. Wären die Schmerzen nur weniger gegenwärtig. Würde der Schatten nicht immer weiter wachsen. Ja, vielleicht wäre dann noch alles in Ordnung. Es war zwecklos, nach Ausreden zu suchen. Er hätte es verhindern können. Sein Körper hätte dafür bluten müssen. Aber seine Seele wäre unversehrt geblieben. Wäre sie das wirklich? Hatte er nicht schon zu oft gelitten, um zu wissen, das Schmerz nie nur den Körper betraf, dass die Seele immer auch Kratzer davon trug?
Ohne es wirklich zu merken, stolperte Regulus weiter. Einen Fuß vor den anderen setzen. Nur weg. Aber den eigenen Gedanken kann man nicht davon laufen, sie verfolgen einen. Egal wie sehr wir es uns wünschen.
Und Regulus hatte den brennenden Wunsch davon zu laufen, sich auf seinen Besen zu schwingen und sich für einen Augenblick der Illusion von Freiheit hinzugeben. Nur für einen Moment alles zu vergessen.
Aber er konnte jetzt nicht gehen. Er traute sich zwar durchaus zu mit einem gebrochenen Arm zu fliegen, aber wie sollte er das erklären, nachdem er gerade erst 'vom Besen gefallen' war?
Nein, eine Flucht kam nicht in Frage. Genauso wenig wie sich zu verstecken.
Seufzend drückte er die Klinke des Klassenzimmertür hinunter und betrat den rauchigen Kerker, in dem Prof. Slughorn Zaubertränke unterrichtete.
Tatsächlich war der Kerker von dichten Dunstschwaden durchzogen, leider nicht dicht genug, um unbemerkt eintreten zu können.
"Mr.Black", Slughorns Stimme dröhnte durch den ganzen Kerker.
"Entschuldigung, Sir. Ich musste nochmal in den Krankenflügel, sie wissen schon, wegen meinem Arm." Regulus sah ihn nicht an, während er diese instinktive Lüge herunterleierte.
"Schon gut, schon gut", Slughorn schenkte ihm einen wohlwollenden BLick, "man muss so was gründlich auskurieren, mit der Wurzel ausreißen muss man es. Als ich damals..."
Während Slughorn weiter schwafelte, ließ Regulus sich unauffällig auf seinen Platz fallen. Noch immer sah er nicht auf. Er hatte Angst, dass jemand die Scherben in seinen Augen sah.
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