Hier sollte es also geschehen. Das war der Ort, an dem der dunkle Lord seinen Horkrux versteckte. Einen Horkrux, der schon bald vernichtet werden würde. Doch vorher musste er den Zaubertrank, der ihn schützte, beseitigen. Er musste ihn trinken. Es gab keinen anderen Weg. Er hatte lange genug nach einem gesucht; und keinen gefunden. Kreacher würde seine Aufgabe vollenden. Und dann war der Tod des Dunklen Lords nur noch einen Schritt entfernt. Es musste nur einer wagen, den Zauberstab gegen den Dunklen Lord zu erheben und die tödlichen Worte sprechen. Avada Kedavra.
Aber jetzt galt es erstmal das Becken zu leeren, auch wenn Kreacher sich ängstlich an seinen Mantel klammerte und ihn anflehte, es nicht zu tun. Kreacher wusste, welche Qualen ihm bevorstanden, fast schien er selbst den Schmerz noch einmal zu spüren, noch einmal die Bilder zu sehen, die ihn fast jede Nacht aufschrecken ließen.
Aber Regulus war entschlossen zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte. Zum ersten Mal etwas zu beenden. Und schon tauchte er den Kelch in das gefüllte Becken. Kurz verharrte der Kelch vor seinen Lippen, dann trank er ihn.
Schon mit den ersten Tropfen kamen all die Erinnerungen zurück, die er sein ganzes Leben lang versucht hatte zu verdrängen. Wieder sah er das von dunklen Locken umrahmte und vor Wut verzerrte Gesicht von Sirius vor sich und in seinem Kopf erklangen wieder die Worte von damals. Du bist doch nichts weiter als ein Speichellecker, der es allen Recht machen will.
Dann wechselte die Szene, aber es war schon wieder das Gesicht seines Bruders, das sich aus dem Nebel, der sich vor seine Augen gelegt hatte, löste. Seine Lippen formten die Worte: Nein, Regulus, ich habe keinen Bruder mehr.
Regulus krümmte sich vor Schmerz, während unaufhaltsam mehr von dem todbringenden Trank über seine Lippen gelangte. Kreacher erfüllte den letzten Auftrag seines Herrn, auch wenn er fast genauso sehr darunter litt wie Regulus selbst. Er hatte den einzigen Menschen umgebracht, der je nett zu ihm gewesen war. Kreachers Tränen tropften in den Kelch und für einen Moment wurden Regulus’ Augen wieder klar.
„Ich danke dir, Kreacher“, kam es gepresst über seine Lippen, dann bäumte sich sein Körper ein letztes Mal auf, und das Blitzen kehrte in die grauen Augen die denen seines Bruders so ähnlich waren, zurück, während tote Körper sich aus dem Wasser schoben. Mühsam, vor Schmerzen wankend richtete er sich wieder auf, stemmte mühsam den zitternden, schmalen Körper in die Senkrechte und trat er seinen Gegnern aufrecht stehend entgegen. Die Augen noch immer vernebelt von den Bildern der Vergangenheit und in der Ohren das Rauschen der Stimmen, die er nie wieder hören würde, traf sein Blick den treuen alten Hauselfen, der sich noch immer an ihn klammerte, ihn auch jetzt nicht loslassenwollend, als Regulus sagte, was er sagen musste: „Verschwinde, Kreacher.“ Doch bei ihm hörte es sich nicht barsch an, nicht ungeduldig, war viel mehr bestimmt von Sorge und Kreacher folgte dem Befehl seines Herren, so wie er es immer getan hatte, auch wenn es ihm in seiner kleinen, schmerzgefüllten Seele furchtbar weh tat, den jungen Mr. Black zurücklassen zu müssen.
Doch die Inferi zogen ihren Kreis langsam enger, nicht mehr lange würde das helle durch Zauber erzeugte Licht ihre toten Augen blenden. Vielleicht war es besser, seinen Herrn so in Erinnerung zu behalten, aufrecht stehend und kämpfend, denn tat Regulus, obwohl er nie vorgehabt hatte, zurückzukehren. Black'scher Kampfesmut und Überlebenswille waren ein letztes Mal in ihm aufgeflammt, bevor er fiel und kalte, tote Hände nach ihm griffen und seine Lungen sich mit Wasser füllten.
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