von SnapeAndScully
Kapitel 28
Ich brauche sie nicht
Snape rauschte mit wehendem Umhang durch die langen Korridore und sein Gesicht war eine verzerrte Maske aus Schmerz und stummer Qual.
Dieser kleine, miese Bastard, dachte er. Ich brauche sie nicht. Ich habe es vor so vielen Jahren selbst erlebt, ich habe das alles schon einmal durchgemacht. Ich bin allein und ich bleibe allein, ich bin ein EinzelgĂ€nger, verdammt. Er hat doch keine Ahnung, ich versuche nur sie zu schĂŒtzen, sie ist meine SchĂŒlerin, eine SchĂŒlerin, nur eine SchĂŒlerin. Ich will ihr ein klein wenig helfen, mehr nicht. Dieser dumme StĂŒmper, versucht sich wohl als Hobbypsychologe, als wĂŒrde ich jemals wieder mein Herz an irgend jemanden verlieren, ich habe es bereits vor langer Zeit verloren.
Doch war das wirklich die Wahrheit, fragte er sich selbst. Oder hatte Grando garnicht so unrecht? Seit einiger Zeit war er sich ĂŒber die Existenz und die Beschaffenheit seines Herzens nicht mehr so sicher.
Als sich Snape dem Klassenraum nĂ€herte verstaute er seine verwirrenden Gedanken und Selbstzweifel in der hintersten Ecke seines Unterbewusstsein und wieder einmal dankte er den VorzĂŒgen von Okklumentik. Aber dennoch blieb ein nagender, stechender Schmerz in seiner Seele zurĂŒck, der ihm schwach, allerdings sehr deutlich vor Augen hielt, was fĂŒr ein kĂŒmmerliches Leben er doch hatte.
Snape ging aufrecht und stolz in das Klassenzimmer und eine lĂ€chelnde Scully mit gezĂŒcktem Zauberstab erwartete ihn bereits, was ihm unwillkĂŒrlich ein kleines LĂ€cheln entlockte und in diesem Augenblick wurde ihm wage etwas bewusst, was er spĂ€ter sicher wissen sollte. Er konnte bereits jetzt nicht mehr ohne sie leben. Jedoch auch nicht mir ihr. Er konnte ohne ihr nicht sein, aber mit ihr war er ebenfalls allein, da er niemals so mit ihr zusammen sein konnte, wie es sich ein kleiner, widerspenstiger Teil tief in ihm wĂŒnschte.
Was ist nur mit mir passiert, was hat sie mit mir gemacht?
Langsam schĂŒttelte er den Kopf und bereitete sich mental auf den Unterricht vor.
âGuten Abendâ, sagte er kalt und zog dann ebenfalls seinen Zauberstab.
âWir beginnen mit den einfachen Zaubern. Ich erwarte Konzentration und etwas guten Willen von Ihnen, das wird wohl nicht zu viel verlangt seinâ, fragte er rhetorisch und klang gewohnt arrogant.
âSie haben sicher keine Angst im Dunkeln?â Noch wĂ€hrend er diese Frage stellte, löschte er mit einer beilĂ€ufigen Handbewegung alle Lichter im Raum. Scully entfuhr ein leiser Ăberraschungslaut und sie versuchte sich langsam an die plötzliche SchwĂ€rze um sie herum zu gewöhnen.
âIch denke Sie wissen wie der Spruch heiĂt. Versuchen Sie es.â
âLumosâ, kam es leise von Scully, doch nichts geschah.
Snape seufzte wĂŒtend und ergriff dann ihr rechtes Handgelenk. Offenbar konnte er sich im Dunkeln wesentlich besser zurechtfinden als Scully.
âSie halten Ihren Arm auf dieser Höhe und denken Sie verdammt noch einmal nicht daran, dass Sie zaubern! Wie haben Sie denn in der Muggelwelt fĂŒr Licht gesorgt?â
âMit Taschenlampenâ, antwortete Scully routiniert und sie merkte wieder einmal, wie sehr sie ihre alte Welt vermisste.
âGut, dann stellen Sie sich einfach vor, Ihr Zauberstab ist eine Taschenlampe und sie erzeugen damit einen kleinen Lichtstrahlâ, erklĂ€rte Snape genervt und versuchte mit aller Macht, sich zusammenzureiĂen.
âNa los.â
âLumos.â Ein helles, gelblich-weiĂes Licht entstand an der Spitze ihres Zauberstabes und Scully freute sich wie ein kleines Kind, dass sie es nun endlich geschafft hatte. Als sie sich zu Snape umdrehte und damit sein Gesicht beleuchtete, huschte ein sanftes LĂ€cheln ĂŒber seine Lippen, ehe er sie wieder aus seinen schwarzen, verschlossenen Augen musterte.
âGutâ, war seine knappe Antwort und er entzĂŒndende die Lichter im Raum wieder. Scully musste gegen die plötzliche Helligkeit blinzeln, wĂ€hrend es Snape hingegen nicht zu stören schien.
âDann lassen Sie jetzt mal eine Feder fliegenâ, befahl er spöttisch und zeigte auf den Tisch vor ihm.
Nach einigen Versuchen, viel eisernem Willen und hundert AbfĂ€lligen Bemerkungen von Snape, gelang Scully auch dieser Zauber und langsam kam es ihr garnicht mehr so abwegig vor, mit einem Holzstab Licht erzeugen zu können oder sinnlose Dinge durch die Luft schweben zu lassen. Der spĂ€te Unterricht zog sich noch lange in die Nacht hinein und Snape lieĂ sich am Ende der Nachhilfestunden sogar zu einem kleinen Lob hinreiĂen, nachdem Scully es geschafft hatte, eine Maus in einen hĂŒbschen, silbernen Kelch zu verwandeln.
âSo, das war er fĂŒr heute. Ich hoffe, Sie haben jetzt ein GefĂŒhl fĂŒr die KrĂ€fte, die in Ihnen schlummern, bekommen. Ich wĂŒrde es in Zukunft sehr begrĂŒĂen, ab nun bessere Rezensionen von ihren restlichen Lehrern zu hören. Gute Nacht.â
âGute Nacht Professor und vielen Dank, Sie haben mir wirklich sehr geholfen.â
Diese ehrliche, unverblĂŒmte Dankbarkeit berĂŒhrte Snape an einem tiefen Punkt in seiner Seele und er schenkte ihr eines seiner seltenen LĂ€cheln, ehe in er in den schwach beleuchteten Korridoren verschwand.
Jure Grando schlich wie ein Verbrecher durch das dunkle, schlafende Schloss. Seine Schritte verhallten beinahe lautlos in dem alten SteingemĂ€uer und seine HĂ€nde zitterten wie bei einem AlkoholsĂŒchtigen, der sich nach der berauschenden FlĂŒssigkeit sehnte, die wild durch seine Adern pulsierte. Seine Gesicht war blass wie das einer Leiche und seine rotbraunen Augen reflektierten das spĂ€rliche Licht in winzigen rötlichen Punkten. Plötzlich roch er den sanften Duft von Rosenseife und seine Ohren nahmen die schnellen, kurzen Schritte von Scully war. Er folgte seinen Sinnen und traf einen Korridor weiter auf die rothaarige Frau.
âZu so spĂ€ter Stunde noch im Schloss unterwegsâ, fragte Jure, der seine Gier kaum unterdrĂŒcken konnte.
Scully sah ihm direkt in die rot glĂŒhenden Augen, wich allerdings nicht zurĂŒck, sondern hielt seinem lodernden Blick eisern stand.
âIch war im Unterrichtâ, sagte sie trocken und ging dann an ihm vorbei.
âOh natĂŒrlich, kurz vor Mitternacht. Wie war er dennâ?
Scully dreht sich zu ihm um und blickte ihn fragend an, denn sie war ĂŒber sein ehrliches Interesse ĂŒberrascht.
âDer Unterricht?â
âDoch nicht der Unterrichtâ, lachte Jure höhnisch. âEr, Ihr Lehrer verehrte Miss Scully. Wie war er denn, der ehrenwerte Professor Snape?â
âBitte, ich glaube ich verstehe Sie nichtâ, antwortete Scully eisig und Zorn schwang in ihrer Stimme mit.
âOh, ich glaube hingegen, dass Sie mich sehr gut verstehen. Er hat sicherlich mehr mit Ihnen gemacht, als Sie nur unterrichtet. Ist er gut im Bett? Besser als ich, dachten Sie wohl, sonst hĂ€tten Sie ihm nicht den Vorzug gelassen?â
Scully zog vor Empörung scharf die Luft ein und schloss die Augen, um ĂŒber ihre tosenden GefĂŒhle in ihrem Inneren wieder die Kontrolle zu erlangen, und nicht in einen Tobsuchtsanfall auszubrechen.
âWie bitte? Professor Snape und ich ... wir haben nicht. Wie kommen Sie ĂŒberhaupt auf so eine abstruse Idee?â Eigentlich war diese Frage rhetorisch gemeint, denn sie hatte keine Antwort erwartet oder gewĂŒnscht, aber Jure beeilte sich, dieser Frage nachzukommen.
âIch bitte Sie, die SchĂŒler zerreisen sich schon die MĂ€uler, weil Snape zum ersten Mal in seiner glorreichen Karriere als Lehrer getanzt hatte, und zwar mit Ihnen, falls ich Sie daran erinnern darf. AuĂerdem verschlingt er Sie förmlich mit seinen Blicken. Sie setzen ihm gehörig zu, meine Liebeâ, ereiferte sich Jure.
Scully setzte ein bittersĂŒĂes LĂ€cheln auf und sĂ€uselte: âIch glaube, Sie sollten Professor Snape nicht mit sich selbst verwechseln. Gute Nacht, Professor Grando.â
Stolz drehte sich Scully um und lieĂ einen ĂŒberraschten und vor allem sehr wĂŒtenden Professor Grando zurĂŒck.
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