von SnapeAndScully
Kapitel 26
Unter Kontrolle
Snape folgte Scully mit einem gewissen Abstand, denn er wollte in diesem Moment einfach ein Auge auf sie haben, sie in Sicherheit wissen.
Scully floh auf die groĂe Terrasse des Schlosses, die zu dieser spĂ€ten Stunde verlassen und einsam wirkte. Der Mond stand hoch am Himmel und beleuchtete die Welt unter ihm gerade ausreichend. Scully hoffte, dass Mulder irgendwo dort oben in den Weiten des Universums weiterlebte und dort ein besseres Leben hatte, als das Irdische. Scully zitterte und eine schwache GĂ€nsehaut bildete sich auf ihren Armen. Die KĂ€lte kroch ihr langsam in die Glieder und sie konnte ihren eigenen Atem in der SchwĂ€rze der Nacht sehen.
Snape stand lange hinter ihr und beobachtete sie. Er war sich nicht sicher, ob sie sich bereits wieder gefasst hatte, aber als er sah, dass sie sich frierend die Arme rieb, trat er vorsichtig einen Schritt auf sie zu.
âSie sollten wieder rein gehen, es ist verdammt kalt hier drauĂen.â
Seine Stimme war ungewohnt sanft und fĂŒrsorglich. Scully drehte sich trĂ€ge zu ihm um und in ihren Augen standen stille TrĂ€nen. Leise Schluchzer liesen ihren schmalen Körper beben und sie wand ihr Gesicht wieder von ihm ab. Snape, der nun direkt vor ihr stand, schĂŒttelte leicht den Kopf, als wollte er seine letzten Zweifel durch diese Geste vertreiben und legte dann behutsam einen Arm um Scullys Schulter. Scully schluchzte plötzlich heftiger und als Snape seinen Arm schon zurĂŒckziehen wollte, drĂŒckte sie ihr Gesicht ungestĂŒm gegen seine Brust. Ihr Kopf ruhte schwer auf seinem Herzen und ihre HĂ€nde hatte sie auf seinen muskulösen Brustkorb gelegt. Entsetzt, als wĂŒrde dieses Körperteil nicht zu ihm gehören, beobachtete Snape, wie sich seine Hand zĂ€rtlich auf ihren Hinterkopf legte und er ihr beruhigend durch das rot gelockte Haar fuhr.
Von hinten sieht sie beinahe aus wie Lily, dachte er im Stillen und erschrak ĂŒber sich selbst.
âVerzeih mir, oh bitte verzeihâ, flĂŒsterte Snape in die Dunkelheit und er wusste selbst nicht genau, an wen er diese Worte gerichtet hatte. Langsam bekam Snape seinen Körper wieder unter Kontrolle, nur sein dummes Herz wollte ihm nicht so ganz gehorchen. Er rĂŒckte wieder ein wenig von ihr ab und Scully hauchte ein krĂ€chzendes âDankeâ und sah beschĂ€mt zu Boden.
âSie sehen sehr schön aus heute Abend.â
Snape biss sich fest auf die Unterlippe und nun stand fĂŒr ihn fest, dass sein Mund wesentlich schneller redete, als sein Gehirn denken konnte und das war schlecht.
Scully sagte nichts und sie lĂ€chelte auch nicht, sondern fasste fĂŒr den Bruchteil eines Augenblicks nach seiner Hand und drĂŒckte diese kurz.
Dumbledore hatte mit wachsender Besorgnis seine beiden SchĂŒtzlinge beobachtet, seit diese auf die Terrasse getreten waren. Er hatte sie eigentlich nur durch Zufall gefunden, aber das was er sah, beunruhigte ihn. Er spĂŒrte die Zuneigung, die die Beiden fĂŒr einander empfanden, und er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Was war sie fĂŒr Snape? Ein Ersatz fĂŒr Lily, weil sie ihr entfernt Ă€hnlich sah? Verliebte er sich womöglich gerade in eine lĂ€ngt verstorbene Erinnerung?
Tröstete sich Scully mit Snape ĂŒber den Verlust von Mulder hinweg?
Ăber Scullys BeweggrĂŒnde war sich der Schulleiter bei weitem nicht sicher, aber er glaubte, dass sie Snape nicht gut tat. Einem von beiden wĂŒrde unweigerlich das Herz gebrochen werden und Snape wĂŒrde das ein weiteres Mal nicht ĂŒberleben. Snape war seit der Sache mit Lily ein ewiger EinzelgĂ€nger gewesen und Dumbledore war ĂŒber all die Jahre sein einziger Vertrauter gewesen, sofern ein Severus Snape ĂŒberhaupt einen Menschen so nah an sich heranlieĂ, dass man diesen als einen Vertrauten bezeichnen konnte. Er hatte sich mit der Einsamkeit abgefunden, seine Seele hatte sich mit der Dunkelheit arrangiert, sein Herz hatte irgendwie weitergeschlagen.
âWas ist mit meiner Seele, mit meiner Seele, Albus?â Diese Worte hallten in Dumbledores Kopf wieder, Worte, die er vor langer Zeit einmal aus Snapes Mund vernommen hatte. Worte, die ihm damals sehr geschmerzt hatten, aber das Unvermeidliche, das sich schlussendlich doch vermeiden lieĂ, musste getan werden.
Snape stand unschlĂŒssig vor Scully und wusste nicht was gesagt oder getan werden sollte. Er verspĂŒrte nur den dringenden Wunsch, alle Gedanken, die ihn von Scully wieder entfernten, aus seinem Geist zu verbannen, aber er konnte nicht. Da war Lily, da waren Selbstzweifel, da war diese Schutzmauer, die alle tieferen GefĂŒhle abschirmte, die ihm zu dem gemacht hatte, was er war. Ein unfreundlicher zutiefst einsamer Mensch, der alles und jeden zu hassen schien. Alles und jeden, auĂer Scully.
âIch wandle in Dunkelheit, wie konnten Sie mich nur finden, Miss Scully?â, fragte Snape und sah ihr tief in die Augen. Sein Mund gehorchte ihm an diesem Abend definitiv nicht und verlor langsam und StĂŒck fĂŒr StĂŒck die Kontrolle ĂŒber sich selbst.
Scully lÀchelte sanft und geheimnissvoll. Sie verstand ihn und sie verstand ihn auch wieder nicht. Ihre Herz und ihre Seele wussten was er meinte, ihr Verstand nicht.
âGuten Abend Severus, guten Abend Miss Scully.â
Snape wurde unbarmherzig aus einer tiefen, traumĂ€hnlich Trance gerissen und widerwillig löste er sich von Scullys unergrĂŒndlich blauen Augen. Sie lĂ€chelte noch immer.
âGuten Abend Albusâ, knurrte Snape wĂŒtend.
In seinem Kopf dröhnte eine schreckliche Kakophonie aus Zweifel, Verwirrung und seltsamerweise auch tiefer Zuneigung.
âSie sollten besser wieder nach drinnen gehenâ, meinte er tonlos zu Scully, aber als sie sich in Bewegung setzte und Dumbledore sich wieder umdrehte, legte er fĂŒr die Dauer eines Wimpernschlages seine bleiche Hand auf ihren RĂŒcken.
âMiss Scully, Sie haben doch nicht vergessen, dass Sie mir einen Tanz versprochen haben, oder?â, witzelte Dumbledore und bot ihr mit einer ausladenden Geste seine Hand an.
âNein Professorâ, antwortete Scully geschlagen und zwang sich zu einem LĂ€cheln.
âSie entschuldigen mich Professor Snape?â
Snape sah sie nur aus seinen schwarzen Augen an, seine Miene war ein Bild aus Stein.
âSie sollten sich auch etwas amĂŒsieren Severusâ, meinte Dumbledore, doch Snape wandte sich wortlos ab und verschwand in der Menge.
Scully dachte, als sie von Dumbledore auf die ĂŒberfĂŒllte TanzflĂ€che gefĂŒhrt wurde, dass sie noch nie einen so faszinierenden Menschen wie Snape getroffen hatte. Er bewegte sich mit einer auĂergewöhnlichen Eleganz. Sein schlanker Körper glitt mit flieĂenden Bewegungen durch die Menschenmasse, seine Haltung war aufrecht und stolz. Sein herrisches Auftreten lieĂ ihn gröĂer erscheinen, als er wirklich war.
Scully und Dumbledore tanzten zu einem langsamen Lied und obwohl Scully seit Ewigkeiten nicht mehr getanzt hatte, macht sie eine gute Figur und viele junge MĂ€nner reckten angetan die Köpfe nach der hĂŒbschen Frau. Danach fand ein ĂŒbergangsloser Partnerwechsel statt und Scully fand sich plötzlich in Jures Armen wieder.
âGuten Abend Miss Scully, Sie sehen heute ganz bezaubernd aus. Das Kleid steht Ihnen wunderbar.â
Jure lĂ€chelte sein falsches LĂ€cheln und seine weiĂen, spitzen EckzĂ€hne blitzten kurz auf. Er zog Scully eng zu sich heran und umschlang ihre HĂŒfte mit seinem Arm. Er stierte gierig auf den tiefen Ausschnitt ihres Kleides und sein Becken kreiste ihm Rhythmus des Liedes um ihres.
âOh ja, Sie sehen einfach zum AnbeiĂen ausâ, hauchte Jure heiser in ihr Ohr und Scully versuchte ihn erfolglos wegzudrĂŒcken.
âSie sind mein Lehrer. Fassen Sie mich nicht anâ, zischte Scully mit den Lauten einer Schlange.
âSie mussten in meinem Unterricht niemals meine Kompetenz und ProfessionalitĂ€t in Frage stellen. Aber heute Nacht bin ich nur ein Mann und Sie sind eine verdammt hĂŒbsche Frauâ, flĂŒsterte Jure und war ihrem Mund dabei gefĂ€hrlich nahe. Scully wandte angewidert das Gesicht ab und atmete erleichtert auf, als die letzten Töne des Liedes endlich verklangen. Wie ein zappelnder Fisch wand sie sich in seinen Armen, doch sein fester Griff hielt ihr Handgelenk unbarmherzig fest.
âWo wollen Sie denn so schnell hin, Miss Scully? Gönnen Sie mir noch einen weiteren Tanz, es fĂ€ngt gerade an mir SpaĂ zu machen.â
âMir aber nicht, also lassen Sie mich losâ, forderte Scully forsch.
âDarf ich? Partnerwechsel?â Die ölig freundliche Stimme durchschnitt wie ein scharfes Messer die GerĂ€uschkulisse in der Halle und Jure hörte sofort die Dissonanz zwischen gespielter Höflichkeit und unverhohlenem Hass. Snapes schwarze Augen schienen den Kroaten zu durchbohren, da dieser keine Anstalten dazu machte, seine erbeutete Schönheit wieder freizugeben.
âIch darf doch?â, fragte Snape nun etwas lauter und seine Hand legte sich schmerzhaft auf Jures Unterarm.
âNatĂŒrlichâ, antwortete Jure gepresst und mit hart erkĂ€mpfter Selbstbeherrschung, wĂ€hrend er Scullys Hand freigab. Snape lieĂ Jure los und bot der rothaarigen Frau mit einer vornehmen Geste die seine an.
âDankeâ, sagte Scully leise, wĂ€hrend sie von Snape ĂŒber das Parkett gefĂŒhrt wird. Snape tanzte mit unerwarteter ProfessionalitĂ€t, ihre beiden Körper hielten einen angemessenen Sicherheitsabstand zueinander ein, aber Snape musste sich beherrschen, sie nicht nĂ€her an sich zu ziehen.
âSchon gutâ, antwortete er unterkĂŒhlt und sah sie nicht direkt an. Er fĂŒrchtete sich vor dem Anblick ihrer Augen, ihres Gesichts, ihres Körper, er befĂŒrchtete, dann vollends die Kontrolle ĂŒber sich zu verlieren.
âEs tut mir Leid, dass Sie nun doch tanzen mĂŒssen, so war das nicht geplant.â
âEin Tanz mit Ihnen ist keine Strafeâ, meinte Snape und ein kleines LĂ€cheln stahl sich heimlich auf seine Lippen. Scully rĂŒckte nĂ€her an ihn heran und Snape stieg ihr zarter Duft von RosenblĂŒten in die Nase.
Scully schloss die Augen und lies sich im sanften Takt der Musik von ihrem Partner fĂŒhren.
Nachdem der letzte Akkord verebbte fĂŒhrte Snape Scully wĂŒrdevoll vom Parkett und Beide gingen, wie in stiller Absprache, nebeneinander her und verlieĂen die groĂe Halle.
Jure sah dem ungleichen Paar wutentbrannt hinter her und schwor Rache.
âDu wirst bald schon mir gehören, meine wunderschöne ErzsĂ©bet,â flĂŒsterte er und er leckte sich genĂŒsslich ĂŒber die Lippen, wobei seine weiĂen, scharfen EckzĂ€hne bedrohlich aufblitzten.
âSie sollten jetzt zu Bett gehenâ, sagte Snape sanft, der Scully zu ihrer Wohnung begleitet hatte. âIch selbst werde versuchen die SchĂŒler in ihre SchlafsĂ€le zu treiben.â
âDanke, danke fĂŒr diesen schönen Abendâ, meinte Scully leise, mit einem ehrlichen LĂ€cheln auf den Lippen.
Snape nickte stumm und sah ihr ein letztes Mal an diesem Abend in ihre tiefblauen Augen, ehe er sich von ihr abwandte.
Dieser Anblick hatte sich fĂŒr immer in seine Seele eingebrannt.
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