von SnapeAndScully
Kapitel 25
Happy Halloween
Scully ging langsam zu Dumbledores Büro, während sie daran dachte, wie nah der Professor sie an diesem Morgen an sich heran gelassen hatte. Irgendwie spürte sie, dass sie eigentlich zu weit gegangen war und sie hoffte, dass sie bald wieder zu einem normalen Verhältnis zurückfinden konnten.
Als Scully endlich an dem BĂĽro angekommen war und eintrat, saĂź Dumbledore auf seinem groĂźen Holzstuhl hinter dem imposanten, langen Tisch.
“Setzten Sie sich bitte.” Seine Stimme klang sanft und er schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Seine hellblauen Augen musterten sie hinter der halbmondförmigen Brille und er bedachte sie mit einem väterlichen Blick, der Scully etwas beruhigte.
“Erzählen Sie mir bitte von dem Vorfall, Miss Scully.”
“Wieso hat mir niemand gesagt, dass ich die Weide nicht betreten darf, sollte das etwa so was wie eine Prüfung sein?”, fragte Scully forsch und Zorn wallte plötzlich in ihr auf.
“Nein Miss Scully. Es tut mir Leid, dass Sie in Schwierigkeiten geraten sind, aber es wurde schlichtweg einfach vergessen.”
Das sie den verbotenen Wald ebenfalls nicht betreten durfte, verschwieg er ihr vorerst.
Ein Dumbledore vergisst nie etwas, dachte Scully und damit sollte sie recht behalten. In diesem Augenblick wurde ihr zum ersten Mal bewusst, was sie in naher Zukunft sicher wissen sollte. Sie war für Dumbledore nur eine Art Forschungsobjekt und er wollte sehen, wie sie sich mit möglichst wenig Anweisungen, in dieser Welt zurechtfand. Trotzdem mochte sie Dumbledore und seine väterliche Art und ihm ging es vermutlich ähnlich, denn er mochte Scully auch, obwohl das wissenschaftliche Interesse an ihr deutlich überwog.
Ohne eine weitere Aufforderung erzählte Scully ihm das Geschehen auf der Weide und von Snapes heldenhafter Tat. Dumbledore lächelte die ganze Zeit und seine Augen verrieten Stolz, als sie beinahe schüchtern davon berichtete, dass sie gezaubert habe.
“Ich habe insgeheim gehofft, dass Sie bald an diesen Punkt gelangen werden”, hatte Dumbledore daraufhin geantwortet. “Ich habe selten das zweifelhafte Vergnügen auf eine Hexe zu treffen, der eine Ausbildung vorenthalten wurde.”
Forschungsobjekt, dachte Scully wieder und zu diesem Schluss sollte Snape an diesem Tag auch noch kommen.
“Warum haben Sie ihr nicht gesagt, dass sie die Weide nicht betreten darf?” Severus Snape saß aufrecht in seinem Krankenbett und hatte sich gerade in Rage geredet. Dumbledore war ihn gerade besuchen gekommen. Zum einen aus Fürsorge und zum anderen, um seine Version der Begebenheit zu hören.
“Sie scheinen sich sehr um sie zu sorgen, Severus.”
“Sie ist meine Schülerin”, zischte Snape bissig. “Was haben Sie ihr noch über das Schloss und die Ländereien verschwiegen? Das nächste Mal soll ich sie wohl vor Fluffy retten. Was glauben Sie wohl, wie sie sich gegen einen dreiköpfigen Hund durchsetzen kann?”, fragte er angewidert und Dumbledores unerschütterliches Lächeln lies ihn noch wütender werden.
“Warum?” Er spuckte das Wort aus wie ein zähes Stück Fleisch.
“Ich wollte sehen, wie sie sich hier so zurechtfindet. Ihr wäre schon nichts zugestoßen, wir haben ja Poppy.”
“Ach so ist das wohl, Albus? Sie ist so etwas wie ein Versuchskaninchen über dass Sie Ihre Forschungsarbeiten schreiben könne. Verdammt Albus, Sie ist nur eine unausgebildete Hexe, das rechtfertigt nicht, Sie in Gefahr zu bringen! Das dumme Ding hat ihre Kräfte nicht unter Kontrolle, sie wäre um ein Haar von diesem gottverdammten Baum erschlagen worden.”
“Severus, sie ist eine erwachsene Frau, sie muss lernen auf sich selbst aufzupassen und immerhin hat sie endlich gezaubert.”
“Sie hat einen sehr hohen Preis dafür gezahlt”, antwortete Snape trotzig.
“Sind Sie morgen wieder fit?” Dumbledore wechselte mit dieser Frage mehr oder weniger geschickt das Thema.
“Das will ich doch sehr hoffen!”, brauste Snape auf. “Aber ich befürchte, Poppy hat da noch ein paar Worte mitzureden.”
Die nächsten Tage und Abende verliefen sehr ruhig. Snape stand am Montag Morgen, sehr zu Poppys Ärgernis und nicht ohne einiges an Protest von ihrer Seite, wieder vor seiner Klasse. Er war bissig wie immer, auch wenn er noch blasser als sonst wirkte und ihm sein Körper schmerzte. Scully unterrichtete er nach wie vor, auch in Legilimentik und er beherrschte sich in ihrer Gegenwart, was ihn allerdings nicht an etwaigen Wutausbrüchen hinderte, obwohl sie ihm selten einen Anlass dazu bot, da sie sehr gute Arbeit verrichtete. In den Abendstunden lehrte er sie seit diesem gewissen Vorfall fürs Erste nur noch die Theorie und Scully gab sich damit zufrieden, vorerst.
“Miss Scully?” Es war Mittwoch Abend, als Dumbledore nach dem Essen an sie herantrat.
“Wie Sie vielleicht wissen ist am Samstag Halloween und wir feiern hier im Schloss ein großes Fest. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Sie dort ebenfalls begrüßen dürfte. Für die Garderobe sorge ich natürlich.”
Ein unschlüssiges “Ähm” war Scullys erste Antwort, denn sie wusste nicht so recht, ob sie wirklich auf diese Feier gehen wollte, da sie sonst eigentlich derartige Veranstaltungen meiden würde.
“Es steht Ihnen natürlich frei, jeder Zeit zu gehen, Sie müssen nur ein Mal mit mir tanzen”, schlug Dumbledore lachend vor und Scully willigte überrumpelt ein.
Es war ein kalter Oktoberabend, die Welt war bereits von einer dünnen Eisschicht überzogen, als es drei Stunden vor Beginn des Festes an Scullys Zimmertüre klopfte. Ein freudestrahlender Schulleiter stand davor, mit einem langen cremefarbenen Abendkleid auf dem Arm, schmal, aber tief dekolletiert und mit einzelnen, kostbaren Perlen besetzt. Dazu überreichte er ihr eine Schatulle, in der ein Paar Ohrringe mit blauen Diamanten als Anhänger lagen.
Scully war zwar nicht an Abendgarderobe gewöhnt, aber sie verschwendete dennoch nicht viel Zeit vor dem Spiegel. Sie trug ein zartes Makeup, welches ihre natürliche Schönheit unterstrich und das Kleid stand ihr ausgezeichnet. Die Diamanten hatten das klare Blau ihrer Augen und ihre feuerroten Haare fielen in sanften Wellen auf ihre Schultern.
Als Scully um kurz nach Acht die große Halle betrat, war das Fest schon im vollen Gange. Die Schüler, allesamt festlich gekleidet, die jungen Männer in schicken schwarzen Anzügen und die Mädchen in langen Abendkleidern, tanzten ausgelassen miteinander und einige der älteren männlichen Schüler, reckten neugierig ihre Köpfer nach der hübschen rothaarigen Frau.
Dumbledore, der Scully gleich erkannt hatte, winkte ihr vom Lehrertisch beschwingt zu und zwinkerte dann vergnügt. Scully antwortete ihm nur mit einem scheuen Lächeln und schob sich unsicher durch die Menschenmasse.
“Guten Abend Miss Scully”, quiekte Hermine fröhlich, die plötzlich vor Scully aufgetaucht war. Neben ihr stand Ron in einem eher altmodisch wirkenden schwarzgrauen Anzug.
“Hallo Hermine, hallo Ron.”
“Schön Sie hier zu sehen. Sie sehen toll aus”, sagte Hermine und verpasste Ron einen sanften Hieb mit dem Ellenbogen, da sie seinen gierigen Blick, der Scully taxierte, bemerkt hatte.
“Danke, ihr aber auch”, antwortete Scully und errötete leicht.
“Ron und ich wollten gerade tanzen gehen. Also, wir sehen uns heute Abend sicher noch.” Hermine lächelte kurz und zog Ron hinter sich her auf die Tanzfläche.
Scully schlenderte weiter durch die große Halle und suchte einen Ort, an dem sie ungestört und vor allem ungesehen den Abend verbringen konnte. Allein. Sie wusste, dass Dumbledore unbedingt mit ihr tanzen wollte und auch vor ihm wollte sie fliehen.
Tausende von dicken Kerzen schwebten in der Luft und tauchten den riesigen Saal in ein sanftes, flackerndes Licht. Überall hingen ausgehöhlte Kürbisfratzen und die Geister, die im Schloss herumspukten, waren an diesem Abend noch aktiver als sonst. Der fast kopflose Nick begrüßte Scully mit einer ausladenden Verbeugung, bei der er fast seinen Kopf verloren hätte. Fast unsichtbare Ritter schossen mit ihren silbernen Rossen über die Köpfe der Menge hinweg und lösten sich dann in dunstige Nebelschwaden auf.
Snape stand im Halbschatten einer dicken Marmorsäule und hatte von dort aus eine gute Sicht über das rege Treiben in der Halle. Als Scully eingetreten war hatte er genau gesehen, wie die jungen Männer auf ihr Erscheinen reagiert hatten und seine Reaktion war ähnlich ausgefallen. Zwar hatte er seine Mimik besser unter Kontrolle als diese Halbwüchsigen, die sie mit offenen Mündern unverhohlen angestarrt hatten, aber er konnte seinen Blick ebenfalls nicht wieder von ihr nehmen.
Ein paar unbeholfener Kinder stolperten dümmlich grinsend über die Tanzfläche und versperrten Snape dadurch die Sicht auf Scully, weshalb er sie aus den Augen verlor, was ihm ein ärgerliches Brummen entlockte. Snape zog sich wieder in den Schatten der Marmorsäule zurück und atmete tief durch. Wie er solche Veranstaltungen doch hasste, wie er seine Einsamkeit doch hasste. Er hatte sich dieses Leben als Strafe für seine früheren Taten selbst ausgesucht. Seine Schuldgefühle trieben ihn in den Wahnsinn und sein gebrochenes Herz trieb in ihn die Dunkelheit seiner Seele, in die absolute Verlassenheit. Er verbot sich selbst wieder zu lieben, aber kann man ein solche Verbot wirklich aufrechterhalten. Auch dann noch, wenn sich das kleine verkümmerte pumpende Organ wieder rührt, wenn es plötzlich wieder wild zu schlagen beginnt?
“Guten Abend Professor.”
Snape erschrak so sehr vor der sanften Frauenstimme, dass er zusammenzuckte und einen Schritt zurĂĽcktrat.
“Oh, habe ich Sie erschreckt?“
“Nein, was wollen Sie hier?”, fragte Snape barsch. Seine dunklen Augen musterten sie lange und wanderten an ihrem Körper herab. Sie sah an diesem Abend einfach bezaubernd aus. Ihre Augen harmonierten mit den hellblauen Diamantohrringen und ihr tief dekolletiertes Kleid lies nicht mehr viel Spielraum für die eigene Fantasie. Die beige Seide umfloss ihren porzellanen Körper und die feuerroten Haare, die in sanften Wellen auf ihre zarten Schultern fielen, schienen im hellen Kerzenlicht der Halle zu brennen.
“Nichts bestimmtes”, antwortete Scully unschuldig und lächelte nervös.
“Ich werde sicherlich nicht mit Ihnen tanzen”, platzte es aus Snape heraus, was Scully ein breites Grinsen entlockte.
“Oh nein Professor Snape, das hatte ich auch nicht vor. Ich fliehe vielmehr vor Professor Dumbledore, dem ich wohl irgendwann fälschlicherweise einen Tanz versprochen habe. Außerdem war ich nur auf der Suche nach einem verlassenen Platz, an dem ich unentdeckt diesen Abend an mir vorübergehen lassen wollte. Ich bin durch Zufall auf Sie gestoßen, da mir dieser Ort passend erschien. Ich will ganz sicher nicht tanzen. Ich muss gestehen, ich mag derartige Veranstaltungen nicht sonderlich.”
“Oh”, sagte Snape nur, denn ihm war nun seine plumpe Frage etwas peinlich. Er hätte sich denken können, dass Scully nicht tanzen wollte, und das eine Frau wie sie dann sicherlich nicht mit ihm tanzen würde.
“Wie Sie sehen, dieser Platz ist bereits besetzt, also suchen Sie sich etwas anderes. Sie lenken sonst nur die Aufmerksamkeit von Dumbledore auf mich.” Seine Antwort klang unhöflich und rau, aber der Anflug eines Lächelns zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
Scully sagte nichts mehr, sondern stellte sich einfach neben Snape in den dunklen Schatten der Marmorsäule und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. So konnte sie zwar nichts von dem Fest sehen, aber das wollte sie nicht. Für einen kurzen Moment schloss sie die Augen und dachte an die vielen Betriebsfeiern im FBI, ihrem alten Arbeitsplatz zurück, und wie sich sich davor, meist erfolgreich, zu drücken versucht hatte. Ihre Gedanken kreisten weiter und bissen sich wie tollwütige Hunde an dem Bild von Mulder, ihrem verstorbenen Partner, fest. Der stechende Schmerz eines spitzen Messers durchbohrte ihr Herz und sie musste gegen einen plötzlichen Anflug von Tränen ankämpfen.
Snape, der die Frau mit den geschlossenen Lidern die ganze Zeit fasziniert beobachtet hatte, bemerkte die Veränderung in ihr sofort.
Scully zog scharf die Luft ein und schlug die Augen wieder auf. Snape konnte den Blick nicht schnell genug von ihr abwenden und so starrte er plötzlich in das tiefe Blau unendlicher Ozeane. Und unendlicher Trauer. Wie bei einer ansteckenden Krankheit spürte er unvermittelt den gleichen Schmerz wie die verletzliche Frau ihm gegenüber und er musste gegen das unvorhergesehen starke Verlangen ankämpfen, seine Hand auf ihre Wange zu legen.
“Entschuldigen Sie mich, ich brauche frische Luft”, keuchte Scully mit erstickter Stimme und riss sich von seinem fesselnden Blick los.
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