von SnapeAndScully
Kapitel 13
Erinnerungen
Als Scully ihre kleine Wohnung betrat war Jester gerade dabei ihr leeres Tablett wieder mitzunehmen und hatte im Kamin ein wohliges Feuer entzĂŒndet, dass den Raum in ein freundliches rotes Licht tauchte.
âDanke Jesterâ, sagte sie zu dem Hauselfen, der sich wieder tief verbeugte und ihr ein scheues LĂ€cheln schenkte, er ehe geschĂ€ftig den Raum verlieĂ.
âAch Mulderâ, seufzte die junge Frau schwer. âKönntest du das doch nur alles sehe, ich vermisse dich soâ, flĂŒsterte sie in die Stille, nur das Prasseln der zĂŒngelnden Flammen war zu hören.
Sie holte ihre goldene Kreuzkette unter ihrer schwarzen Bluse hervor und betrachtete sie im Schein des Feuers. Sie fĂŒhlte sich so schuldig, Mulder war tot, er war der Letzte seiner Familie gewesen. Zuerst seine Schwester, dann sein Vater, seine Mutter und nun er. Das konnte einfach nicht wahr sein, er durfte nie das finden, wonach er die ganze Zeit so verzweifelt gesucht hatte, die Wahrheit. Doch war sie das, war das die Wahrheit? Welche Wahrheit?
Vorsichtig lies sie ihre Kette wieder unter den seidenen Stoff gleiten und starrte in Gedanken versunken auf die geschlossene TĂŒr.
Sollte sie nicht vielleicht zum FBI zurĂŒckkehren, war es richtig hier zu bleiben und eine Hexe zu werden, Mulders Arbeit hinter sich zu lassen, die X-Akten, sein Lebenswerk nicht weiterzufĂŒhren. Ihre Familie und Kollegen wĂŒrden sich sicher groĂe Sorgen machen, wĂŒrde Mulders Leiche jemals gefunden werden und gebĂŒhrend zu Grabe getragen werden? Sie wĂ€re bei seiner Beerdigung nicht einmal anwesend, hatte er das verdient?
Dennoch, er ist fĂŒr diese Sache gestorben, fĂŒr diese verrĂŒckte Idee von einer Welt voller Magie, wĂ€re es dann nicht falsch, diese Welt, jetzt, wo sie selbst ein Teil davon war, einfach wieder zu verlassen. Sie wĂŒrde seinen Tod nie sĂŒhnen können, doch hier hatte sie die Möglichkeit, war sie das Mulder nicht schuldig, und ihrem Vater?
Mit einem Ruck stand sie auf und fuhr sich nervös durchs Haar. Heute Nacht wĂŒrde sie keine Antwort darauf finden, allerdings raubten ihr die vielen Fragen den Schlaf. Deshalb beschloss sie ein wenig durch das Schloss zu wandern, sich umzusehen, um ihre neue Heimat besser kennen zulernen. Sie war fest entschloss alles verwunderliche einfach hinzunehmen, sich nicht erschrecken zu lassen, selbst wenn ein Geist höchst persönlich vor ihr stehen wĂŒrde. Sie schmunzelte fĂŒr einen kurzen Augenblick, Mulder hatte immer an Poltergeister geglaubt und wer weiĂ, vielleicht existierten hier wirklich Geister.
âSeverus, Sie waren bei Miss Scullys Einteilung in eines der HĂ€user nicht anwesend, das ist unentschuldbarâ, meinte der Schulleiter streng und musterte Snape verĂ€rgert. Der Meister der ZaubertrĂ€nke saĂ in seinem groĂen Ledersessel, ein Glas Feuerwhisky in der Hand und sah mĂŒde zu Dumbledore auf, der unschlĂŒssig im Zimmer auf und ab ging, die HĂ€nde hinter dem RĂŒcken gefaltet.
âNa und, fĂŒr mich existiert diese Frau nicht und ich werde sie auch nicht unterrichtenâ, entgegnete Snape barsch.
âOh, aber heute Mittag haben Sie sich sehr wohl fĂŒr sie interessiert, als Sie sich an ihr gerĂ€cht haben!â
âWasâ, schrie Snape und sprang auf und bĂ€umte sich drohend vor dem Schulleiter auf. âWas hat sie Ihnen erzĂ€hlt? Was habe ich ihr denn so schlimmes angetanâ, zischte er.
âSie? Miss Scully hat mir ĂŒberhaupt nichts erzĂ€hlt. Hagrid hat Sie beide gesehen und war empört ĂŒber Ihr Verhalten der Frau gegenĂŒber. Sie hat lediglich gesagt, dass nichts gewesen wĂ€re.â
âEs war auch nichts, sie hat es nicht anders verdient, wie hat sie sich denn gegenĂŒber von mir verhalten? Ist dasâ, und dabei zeigte er mit einer vagen Geste auf seine Wange âetwa ein respektvolles Verhalten?â
âSie war verwirrt und Sie haben abscheuliche Dinge ĂŒber ihren Vater gesagt Severusâ, mahnte Dumbledore.
Snape schwieg einen Moment und dachte nach. Dumbledore hatte Recht, er hĂ€tte nicht so ĂŒber ihren Vater sprechen dĂŒrfen, er hatte ihn nie gekannt, dennoch, so behandelt man einen Severus Snape nicht.
âWieso hat sie mich geschĂŒtzt, ich habe ihr einen riesen Schrecken eingejagt, sie war verzweifelt genug, wieso hat sie dem Schulleiter nichts ĂŒber mein indiskutables Verhalten erzĂ€hlt, warum hat sie geschwiegenâ, schoss es Snape durch den Kopf und seine Miene verdĂŒsterte sich.
âUnd, in welches Haus ist sie nun gekommenâ, fragte der Zaubertranklehrer barsch.
âDas hat Sie vorhin noch nicht interessiertâ, antwortete Dumbledore und lĂ€chelte verschwörerisch.
âWas denken Sie denn, Severusâ, fragte er dann.
Der Zaubertranklehrer ĂŒberlegte kurz und meinte dann abfĂ€llig.
âVielleicht ist sie eine Ravenclaw, in der Muggelwelt scheint sie ein kluger Kopf gewesen zu sein. Oder eine Gryffindor, manchmal ist sie wohl etwas zu mutig, wie ihr Vater.â
Das Grinsen des Schulleiter wurde noch breiter, doch er schĂŒttelte nur den Kopf. Snapes Augen weiteten sich, denn er glaubte kaum, dass sie eine Hufflepuff geworden ist und das wĂŒrde bedeuten, dass sie eine Slytherin ist.
âNein, Sie haben sie nicht in mein Haus gesteckt, das können Sie nicht machenâ, rief Snape empört aus.
âIchâ, fragte Dumbledore belustigt. âIch habe Miss Scully nicht in Ihr Haus gesteckt. Ihnen ist das Auswahlverfahren wohl bekannt, der Hut hat sie fĂŒr eine Slytherin befunden, Sie werden schon noch herausfinden warum. Zu der anderen Sache. Sie haben morgen ab 16 Uhr frei wie ich weiĂ, Sie werden Sie unterrichten.â
âWas? Professor, nein, das werde ich nicht tun!â
âAber Severus, sehen Sie es als Herausforderung. Nicht jede Schule bekommt die Chance wissenschaftlich belegen zu können, wie sich die FĂ€higkeiten entwickeln. Wir haben hier wahrscheinlich einmalig die Möglichkeit, eine erwachsene Hexe ohne Ausbildung unterrichten zu
dĂŒrfen, das ist fantastisch, ich bin bereits sehr gespannt, wie sie sich machen wirdâ, erklĂ€rte der Schulleiter voller Enthusiasmus.
âWenn Sie mir Ărger machtâ, knurrte Snape, der sich geschlagen gab âdann werfe ich sie eigenhĂ€ndig aus Hogwarts!â
âSie haben das MĂ€dchen hergebracht, ich denke kaum, dass Sie sie so schnell wieder loswerden wollen. Gute Nacht Severusâ, sagte Dumbledore und zwinkerte ihm im Gehen kurz zu.
Snape war wĂŒtend, er war verdammt wĂŒtend, dass konnte Dumbledore nicht machen. Wenn er dem alten Mann nicht so viel, nicht alles verdanken wĂŒrde, dann hĂ€tte er niemals auf diesen lĂ€cherlichen Befehl gehört. Was soll an diesem Weib fantastisch sein?
Es war schon spĂ€t und Snape beschloss, seinen Rundgang zu machen, in der Hoffnung, dummen Gryffindors, und seit heute auch Slytherins durch das Herumstöbern im Schloss Punkte abziehen zu können. Schnell warf er sich seinen Umhang ĂŒber und verlies seine Wohnung.
Scully durchstreifte das groĂe Schloss, folgte den Wegen der SchĂŒler, sah sie lachen, scherzen, beobachtete sie, wie sie auf sich bewegenden Treppen standen und nichts weiter als ein kurzes Achselzucken dafĂŒr ĂŒbrig hatten. Dann verlies sie die belebten GĂ€nge, schlich in entlegenen Flure, schwaches Kerzenlicht flackerte an den WĂ€nden und auf ihrem Gesicht lag ein verrĂ€terischer Glanz, die Neugierde hatte sie gepackt. Es vertrieb ihre dĂŒsteren Gedanken, Gedanken, welche zu nichts fĂŒhrten, denn nun war sie hier, das war ab jetzt ihre Welt. Sie lief einfach immer weiter, nahm diese Treppe, verschwand hinter jener Ecke und ehe sie genau wusste wo sie gelandet war, fand sie sich in einem verlassenen Korridor wieder. Er war schwach beleuchtet, die Fackeln an den WĂ€nden warfen gespenstische Schatten auf den dunkeln Boden und jeder ihrer Schritte hallte von den nackten Fliesen wider. Am Ende des Ganges befand sich ein riesiges Fenster, von dem aus sie den Mond sehen konnte. Langsam ging sie weiter, setzte sich auf den Fenstersims, winkelte die Beine an und schloss ihre Arme darum. Der Ausblick war traumhaft, der Regen hatte nachgelassen und der silbrige Mond wurde von abertausend strahlenden Sternen umrahmt. Die BĂ€ume des angrenzenden Waldes ragten hoch in den tiefblauen Himmel, der thronende Vollmond tauchte die weitern Wiesen in ein gelblich leuchtendes Licht und die Sterne erinnerten sie an eine Unterhaltung, die sie mit ihrem verstorbenen Partner ĂŒber das unsterbliche Sternenlicht gefĂŒhrt hatte. Mulder glaubte, dass das Licht, das wir sehen, Millionen von Jahren alt ist und dass die Seelen der Toten im Sternenlicht wohnen.
âIch hoffe du hast Recht, Mulderâ, flĂŒsterte Scully so leise, dass es kaum hörbar war und eine einsame TrĂ€ne glitzerte auf ihrer Wange im silberblauen Licht des Mondes, wĂ€hrend sie ihre Augen schloss und ihren Kopf gegen die angenehm kalte Scheibe sinken lies.
Severus Snape machte gerade seinen Rundgang und schlich durch den verbotenen Korridor, als er am Ende des Flures eine kleine Gestalt ausmachen konnte.
âLumosâ, schnarrte er und beschleunigte seine Schritte. Ein schmaler Frauenkörper lehnte an dem groĂen Fenster, die Lider waren geschlossen und ihr Atem ging regelmĂ€Ăig, sie schien zu schlafen. Es war bereits halb eins und keinem der SchĂŒler war es erlaubt, in dem Schloss rumzuspazieren und sie durften auf keinen Fall den verbotenen Korridor betreten.
Snape verharrte still, den Zauberstab auf das elfenbeinfarbene Gesicht der jungen Frau gerichtet, deren rotes Haar, wie ein Feuerkranz ihre feinen ZĂŒge umrahmte.
âJahre habe ich nichts gefĂŒhlt auĂer Hass und den unbĂ€ndigen Drang nach Rache, was macht diese Frau nurâ, dachte Snape bei sich und das Bild der neuen SchĂŒlerin brannte sich in seine Seele ein. Noch ehe er entscheiden konnte, wie er jetzt mit ihr verfahren sollte, blickten zwei unglaublich blaue Augen zu ihm auf, deren Glanz und IntensitĂ€t durch das schimmernde Mondlicht noch verstĂ€rkt wurde.
âLily, sie erinnert mich an Lilyâ, schoss es ihm durch den Kopf, doch er verwarf den Gedanken sofort wieder.
Scully setzte sich indessen peinlich berĂŒhrt gerade auf und blinzelte gegen das helle Licht des Zauberstabes.
âMiss Scullyâ, sagte Snape leise, er wollte sie nicht erschrecken.
âIch denke Sie wissen, dass Sie sich hier im verbotenen Korridor aufhalten, das wird Konsequenzen habenâ, knurrte er mit einem Anflug von Zorn.
âSie setzt sich weiterhin ĂŒber alle Regeln hinweg.â
âNein, nein Professor Snape, es tut mir sehr Leid, aber ich wusste nicht, dass dieser Ort hier verboten ist, das hat mir niemand mitgeteiltâ, erklĂ€rte Scully schnell.
âSo so, das Ihnen der Schulleiter also nicht gesagt, na wunderbarâ, zischte der Zaubertrankmeister.
Kommen Sie mitâ, befahl er barsch und die Agentin stand auf und folgte ihm.
âVor mich, ich will sehen, wo Sie hingehen. Nicht dass Sie versuchen zu verschwindenâ, bellte er.
âWohin dennâ, fragte sich Scully resigniert, leistete seiner Aufforderung jedoch folge und ĂŒberholte ihn. Sie konnte regelrecht seine Blick in ihrem Nacken spĂŒren und bei dem Gedanken an seine schwarzen Augen, begann ihr Puls zu rasen.
âIch bringe Sie nun in Ihre Wohnung, denn als eine unbewaffnete Frau sollten Sie nicht alleine im Schloss umherwandern, es ist hier gefĂ€hrlich, auch wenn das nur eine Schule istâ, sagte er sanfter als fĂŒr ihn ĂŒblich.
Scully wollte schon aufbrausen, sie war keine unbewaffnete, hilflose Frau, doch in Anbetracht dessen, wie sie ihn heute morgen behandelt hatte, verkniff sie sich besser das Kommentar, zumal sie ihm noch bald genug beweisen konnte, dass sie durchaus im Stande war hier zu ĂŒberleben.
âEs tut mir Leidâ, flĂŒsterte Scully plötzlich und Snape glaubte schon, sich verhört zu haben.
âWie bitteâ, fragte er scharf.
Die junge Frau drehte sich nun vollends zu ihm um und sah stolz zu ihm auf, denn demĂŒtigen wĂŒrde sie sich nicht von ihm lassen, auch wenn sie ihn falsch behandelt hatte, er hatte es verdient.
âEs tut mir Leid, Sie wissen schon, die Sache heute morgen.â
Snape schaute sie durchdringend an, seine schwarzen Augen bohrten sich in ihre blauen und er las den Stolz darin und den starken Willen, zeigen zu wollen, was sie konnte. Er brach den Blickkontakt ab und nickte kaum merklich, ehe er sie wieder zum Gehen vorantrieb und beide schwiegen.
âGut Miss Scullyâ, sagte Snape, als sie vor ihrer Wohnung angekommen waren. âMorgen haben Sie den ersten Unterricht und zwar bei mir. Ich erwarte sie pĂŒnktlich um 16 Uhr vor meinem Klassenzimmer, ich lehre Ihnen die hohe Kunst der ZaubertrĂ€nke, dann bekommen sie endlich die Chance sich zu beweisen. Ach, und sollten Sie es noch einmal wagen, nachts durch die GĂ€nge zu schlendern, dann bekommen Sie Ărger und zwar gewaltigenâ, endete er hochnĂ€sig und verabschiedete sich mit einem kurzen Nicken von ihr, die ihm ratlos hinterher starrte und sich fragte, wie er sie in kurzer Zeit so gut durchschauen konnte.
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