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Fanfiction

Verlangen und Liebe II - Kapitel 62-Die Abschlussprüfungen

von Harry James Potter

Kapitel 62-Die Abschlussprüfungen

Die Gewissensbisse über die vergangene Nacht suchten Hermine auch am nächsten Morgen noch heim, als sie müde und schläfrig zur Arbeit ins St. Mungo kam. Das erste Mal seit Harry zum Training aufgebrochen war, wäre Hermine lieber zuhause in Godrics Hollow geblieben. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so dringend Schlaf benötigt zu haben. „Doch!“, meldete sich eine Stimme in ihrem Hinterkopf. An eine Sache erinnerte sie sich noch. An den ersten Tag nachdem Harry und sie damals in Hogwarts im Turm der Schulsprecher eingezogen waren. Sie hatten ihren Einzug gebührend gefeiert und keine Sekunde die Finger voneinander gelassen. Ein kurzes Grinsen konnte Hermine nicht unterdrücken, als sie daran zurückdachte. Mit dem Unterschied freilich, dass die Nacht um Welten besser gewesen als die letzte.
„Merlin, du siehst ja schrecklich aus!“, begrüßte Julia sie, als Hermine gähnend in den Pausenraum eintrat, in dem sich die beiden vor Beginn des Unterrichts zu treffen begonnen hatten.
„Danke, Julia. Ich freu mich auch dich zu sehen.“, nickte Hermine, gähnte noch einmal herzhaft und schaute auf die Uhr. Es war zehn Minuten vor Neun. Sie war die letzte an diesem Morgen. Anthony Goldstein und Hannah Abbott, die anderen zwei Bewerber aus Hermines Jahrgang, saßen bereits an einem benachbarten Tisch. Anthony las gelangweilt im Tagespropheten, während Hannah verzweifelt in ihrem Heiler-Lexikon blätterte und sich Notizen für die anstehende Prüfung machte. Die beiden waren, anders als Hermine, nicht zu Heilern auf Probe ernannt worden, und ihre Ausbildungszeit würde, wie auch bei Julia, die ein Jahr früher begonnen hatte, den Regelsatz von drei Jahren beinhalten. Hermine, die durch ihre hervorragenden Leistungen und den Heilermangel für Fluchschäden, bereits ein Jahr früher, gleichzeitig mit Julia, die Abschlussprüfung zum Heiler machen würde, hatte damit nur zwei Jahre Ausbildungszeit benötigt. Anthony und Hannah würden an diesem Tag ihre Zwischenprüfung schreiben, die Hermine und Julia bereits vor gut einem halben Jahr mit Bravour bestanden hatten.
„Für uns geht’s auch bald wieder los, was?“, grinste Julia, während Hannah sich mit ihren Spickzetteln fast verrückt machte, Anthony hingegen weiter gelassen durch die Zeitung blätterte. „Nur noch vier Wochen, dann sind die Abschlussprüfungen. Wenn das erst mal vorbei ist, mach ich drei Kreuze!“
Hermine nickte. Die Abschlussprüfungen wurden drei Tage dauern und theoretische sowie praktische Themen beinhalten. Zwei dieser Tage würde man ihre Kernfächer (bei beiden Fluchschäden und Vergiftungen durch Zaubertränke und Pflanzen) prüfen, am letzten ihre Nebenfächer.
Mit einem Blick zur Uhr rückten Anthony und Hannah ihre Stühle zurück und standen auf. Mit gekreuzten Fingern ging Hannah aus dem Pausenraum in Richtung der Prüfung heraus. Aus ihrer Umhängetasche schaute eine große Packung Schokofrösche heraus. Anthony tippte Hermine leicht auf die Schulter und meinte:
„Ähm...Hermine? Ich wollte dich was fragen...“
„Tut mir Leid, Anthony!“, lächelte sie. „Ich werde die Zwischenprüfung nicht an deiner Stelle schreiben. Selbst wenn du Viel-Saft-Trank dabei haben solltest.“
„Nein, darum geht’s auch nicht!“, versicherte Anthony und ließ ein hysterisches Lachen ertönen. „Ich dachte nur...also, ich bin ziemlich gut in eigentlich allen Fächern hier im St. Mungo. Und weil du doch bald deine Abschlussprüfung schreibst...ich hab gedacht, wenn du willst, könnte ich ein bisschen mit dir lernen.“
Hermine starrte ihn an. Anthony Goldstein war seit der ersten Klasse in Hogwarts mit ihr in einer Jahrgangsstufe gewesen. Sie hatte, durch Fleiß und Verstand, immer auf alles eine Antwort parat gehabt und so gut wie jede Prüfung mit voller Punktzahl abgeschlossen. Er wusste, dass sie so etwas wie Hilfe beim Lernen nun wirklich nicht nötig hatte. Zumal sie mit dem Stoff ein Jahr weiter war als er und die Zwischenprüfung bereits mit Ohnegleichen plus abgeschlossen hatte. Die Zwischenprüfung, die er noch nicht einmal geschrieben hatte.
„Nein, vielen Dank, Anthony.“, lehnte sie ab. „Ich glaube, ich brauche deine Hilfe nicht. Und wenn, dann lern ich doch lieber mit Julia hier. Aber vielleicht solltest du mal Hannah anbieten, mit ihr zu lernen. Sie wirkt ziemlich nervös.“
„Ja-ah...“, meinte Anthony, lang ausgedehnt. „Na schön, aber vielleicht hast du ja Lust, irgendwas anderes zu unternehmen...wir könnten vielleicht zusammen in den drei Besen oder im tropfenden Kessel einen trinken gehen, was meinst du?“
„Nein, tut mir Leid.“, meinte Hermine kopfschüttelnd. „Ich glaube nicht, dass Harry das so gern sehen würde...“
Anthonys Mundwinkel fielen ein Stück hinunter.
„Ihr seid also immer noch zusammen?“
„Ja, natürlich!“
„Ich dachte nur...ich hab ihn ewig nicht mehr gesehen. Ich dachte, das wäre mehr so 'ne Schulromanze zwischen euch gewesen. Also so was ganz Zwangloses zum Ausprobieren kurz vor Ende der Schule.“
„Nein, war es nicht!“, schnaubte Hermine und ihre Nasenflügel blähten sich vor Zorn leicht auf. Was erlaubte sich der Kerl eigentlich? „Wenn du's genau wissen willst, hat Harry mich bereits gefragt ob ich seine Frau werden will und ich hab ja gesagt!“, blaffte sie ihn an. Anthonys Gesicht wurde leichenblass.
„Oh...ach so...“
„Ich glaube, du musst jetzt langsam zu deiner Prüfung!“, erinnerte ihn Hermine. „Viel Glück.“
„Ja, viel Erfolg, Anthony!“, setzte Julia hinterher, während der völlig perplexe Anthony mechanisch den Raum verließ.
„Was ist denn mit dem los?“, fragte Hermine, während Julia übers ganze Gesicht feixte. „Hast du das kapiert?“
„Natürlich...“, grinste Julia. „Es zeigt nur, dass -wie würde Lavender es ausdrücken- unsere völlig untervögelte Hermine trotz dunkler Ringe unter den Augen immer noch ziemlich heiß und scharf auf die männliche Bevölkerung wirkt.“
„Meinst du?“, fragte Hermine, fast geschmeichelt.
„Sicher. Was war denn eigentlich gestern?“, wollte Julia wissen. „Hast du die ganze Nacht für die Abschlussprüfungen gelernt?“
Hermine schüttelte den Kopf. Daran hatte sie, im Grunde untypisch für sie, keinen Gedanken verschwendet.
„Du konntest wegen Harry nicht schlafen, richtig? Weil du ihn so vermisst.“
„Ja...“, nickte Hermine. „Aber ich hab auch Blödsinn gebaut letzte Nacht.“ Julias Augen weiteten sich.
„Du hast mit einem anderen Mann geschlafen!“
„So ein Blödsinn! Ich könnte doch nicht mit einem anderen Mann schlafen!“
„Was denn dann?“
„Ich...“, meinte Hermine und sah sich im leeren Pausenraum um. Eigentlich wollte sie das Julia nicht erzählen, aber sie brauchte jetzt einfach jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte. Sie konnte nicht mehr alles alleine tragen. „Ich hab masturbiert, Julia!“
„Das ist alles?“, fragte Julia lachend. „Hermine, das ist ganz natürlich.“
„Ich weiß, aber...aber eigentlich mag ich das nicht so sehr. Ich möchte lieber von Harry berührt werden.“
„Welche Frau nicht?“ Hermine sah sie skeptisch an. „Ich meine, welche Frau wird nicht lieber von einem Mann verwöhnt anstatt sich selbst zu streicheln?“, verbesserte sie sich rasch.
„Na ja, das ist noch nicht alles. Harry hat mich dabei beobachtet...“
„Wie denn das?“
„Durch einen Zwei-Wege-Spiegel.“
„Wow...wie hat er reagiert? Hat ihn das geil gemacht?“
„Na ja, irgendwie schon...“, nickte Hermine verschämt. „Aber er war auch irgendwie geschockt, glaub ich.“
„Wieso denn?“
„Na ja, ich hab nicht meine Finger oder einen Dildo benutzt.“, erklärte Hermine. „Ich habe eine...“
„Ich störe Ihre Unterhaltung ja nur ungern, aber Ihr Unterricht hat bereits vor zehn Minuten angefangen!“, rief eine Stimme, die die beiden jungen Frauen zusammenzucken ließ. In der Tür stand Smethwyck, der Chefheiler für Verletzungen durch Tierwesen. Der große, bullige Mann sah sie stirnrunzelnd an. „Wissen Sie, ich komme mir schon ein bisschen dämlich vor, in dem leeren Unterrichtsraum zu stehen und was über giftige Drachenzähne zu erzählen und keiner ist da, der mir zuhört.“
„Entschuldigung, Sir!“, nickten die beiden, packten rasch ihre Sachen zusammen und folgten ihm hinaus. Sie hatten gar nicht mehr auf die Zeit geachtet.

Die folgenden vier Wochen vergingen wesentlich schneller für Hermine als die quälend langsame Zeit davor. Nachmittags und an den Wochenenden trafen Julia und sie sich nun zum Lernen und verbrachten wirklich jede freie Minute damit, für ihre bevorstehenden Abschlussprüfungen zu büffeln. Selbst abends im Bett las Hermine alles was sie den Tag über gelernt hatte noch zweimal durch, um es sicher verinnerlicht zu haben. In ihrem Arbeitsraum im Keller ihres Anwesens in Godrics Hollow übten Julia und sie ein ganzes Wochenende lang die verschiedensten, anspruchsvolleren Zaubertränke zu brauen, da dies in Julias Mietwohnung nun wirklich nicht möglich war. Dass dabei ein Haufen Geld für Zutaten verloren ging, war Nebensache. Wenigstens eine der Prüfungen würde mit Sicherheit das Brauen eines schwierigen Zaubertranks beinhalten, und sie wollten unter keinen Umständen unvorbereitet an die Sache herangehen, da sich in der Prüfung entscheiden würde, ob sie den Heilerberuf würden ausüben können.
Auch Lavender hatte sich, nach ihrem emotionalen Ausbruch am Tag zuvor, wieder einigermaßen beruhigt und arbeitete sorgfältig jedes Buch über Zaubersprüche durch, das sie auftreiben konnte und übte lange und ausführlich die unterschiedlichsten Zauber. Bald beherrschte sie nicht mehr nur das Standard-Reportoire (wie zum Beispiel Explosionszauber, Brandzauber, Schwebezauber oder entfernte Dinge mithilfe von Magie zu sich zu rufen oder Türen zu öffnen bzw. zu versperren) sondern auch die kompliziertere Magie, etwa um einen Gegenstand in einen Portschlüssel zu verwandeln, Gedächtnisse zu löschen und zu verändern, oder auch den Proteus-Zauber, der Lavender anfangs jedoch oft missglückte und sie die Unterstützung von Hermine brauchte. Diese hatte zwar gerade selbst viel fürs St. Mungo zu tun, half ihrer Freundin aber immer gerne beim Üben für ihre Abschlussprüfung in Zauberkunst. Hermine beherrschte den Proteus-Zauber, der mehrere gleichartige Dinge miteinander verbindet, sodass sich eine Veränderung an einem einzigen Exemplar auch auf alle anderen auswirkt, seit ihrem fünften Schuljahr. Seit sie damals für die DA Galleonen so verzaubert hatte, dass alle Mitglieder über das nächste Treffen Bescheid wissen konnten, indem Harry nur an seiner eigenen Goldmünze den Termin heraufbeschwor. Doch bald schon beherrschte Lavender, die sich mit vollem Eifer darauf konzentrierte, auch diesen Zauber allein und mühelos. Nach und nach lernte Lavender auch noch verschiedene Schutzzauber, den schwierigen Ausdehnungszauber oder die Revelio-Zauber, mit denen man überprüfen konnte, ob sich zum Beispiel Menschen in einem unbekannten Haus aufhielten.

Sie hatte sich gut und intensiv vorbereitet, und die Abschlussprüfung Mitte Mai, die sie bei Professor Marchbanks und Professor Tofty ablegte (die sie beide noch von ihren ZAGs und UTZs her kannten) lief zu ihrer eigenen Überraschung reibungslos und ohne den geringsten Zwischenfall. Den schriftlichen Teil las Lavender sich gleich dreimal durch, weil er ihr schlicht zu einfach erschien. Keine einzige Frage bereitete ihr Probleme, und auch im praktischen Teil vollführte sie die Übungen spielend leicht. Als sie schließlich und als letzte Aufgabe einen perfekten Proteus-Zauber auf eine lange Reihe identischer Holzfiguren anwandte, klatschten Professor Marchbanks und Professor Tofty laut Beifall und erklärten entzückt, dass sie eine derart talentierte Schülerin schon lange nicht mehr gesehen hätten. Im Stillen bedankte sich Lavender noch bei Hermine dass sie mit ihr geübt hatte und nahm lächelnd die Urkunde über die bestandene Professur entgegen. Die beiden Professoren schüttelten ihr begeistert die Hand und beteuerten, dass Hogwarts sich glücklich über sie als Lehrerin schätzen könne, was Lavender ungeheuer schmeichelte. Sie war nie das große Genie im Unterricht gewesen, das war Hermine, und sie hatte niemals, in ihrer gesamten Schulzeit nicht, ein Ohnegleichen bekommen, selbst in ihren UTZ-Prüfungen in Zauberkunst hatte sie (Lavender verfluchte noch immer diesen Trinkpokal, der sich einfach nicht versteinern lassen wollte) nur ein E geschafft. Während sie stolz die auf feinstem Pergament geschriebene und mit dem Siegel des Zaubereiministeriums versehene Urkunde betrachtete, musste sie sich die Frage stellen, ob sie auch so viel, oft, lang und ausführlich gelernt hätte, wenn Chris nicht zum Aurorentraining aufgebrochen wäre. Aber der Gedanke an Chris ließ sie, obwohl ihr im Moment das Glück durch den ganzen Körper strömte, aufseufzen und die Schultern sinken lassen. Wie sehr sie ihn, auch in diesem Moment noch, vermisste! Ihr Herz kam ihr vor als würde es Tränen vergießen und auch ihr Unterleib schien anzumerken, dass Chris' Abschiedsgeschenk bestenfalls ein unzureichendes Imitat im Vergleich mit dem Original war.

Auch an diesem Abend saß Hermine in der Bibliothek von Godrics Hollow zum Lernen an einem der Schreibtische. Sie hatte einen vielleicht handbreitdicken Wälzer über verschiedene Behandlungsmethoden von magischen Vergiftungen aufgeschlagen.
„Anders als bei jenen Vergiftungen, die durch bestimmte Tränke oder Pflanzen hervorgerufen wurden, ist bei fluchbetreffenden Vergiftungen zu beachten, dass sich erst im Stadium von mindestens einer Stunde die signifikanten Merkmale zeigen, die darauf schließen lassen, um welche Art von...haben Harry und ich es eigentlich schon mal auf diesem Tisch miteinander getrieben?“, schlich sich in ihre Gedanken hinein noch während sie den Satz las. Sie starrte auf die dunkle Schicht Leder, die als Schreibunterlage über die Eichenholztische gezogen war. „Ich glaube nicht...“, überlegte sie. „Wir haben's auf dem Küchentisch miteinander getan und auf dem Couchtisch oben im Wohnzimmer, aber hier in der Bibliothek...Ach hör auf, du dummes Mädchen!“, schalt sie sich selbst. „Es sind nur noch gut zwei Wochen, die wirst du ja wohl noch rumkriegen. Achtundvierzig hast du ja schließlich schon hinter dir! Außerdem hast du jetzt sowieso genug fürs St. Mungo zu tun!“ Entschlossen las sie weiter, kam aber über die dritte Zeile nicht hinaus. Es wollte nicht klappen, sie konnte sich jetzt nicht konzentrieren. „Ach Harry, was hast du nur mit mir gemacht...“, murmelte sie. „Erst mach ich Sachen, die ich mir früher niemals auch nur hätte vorstellen können...“ Durch ihren Kopf schossen ihre gemeinsamen Erlebnisse in den Klassenräumen, im Wohnzimmer ihrer Eltern oder auch im Haus der Weasleys, die ihren Unterleib zum glühen brachten. „...und jetzt kann ich noch nicht mal mehr lernen, weil ich dich so sehr liebe und vermisse!“
Da sie ahnte, dass es für den Abend sowieso nichts mehr mit Lernen werden würde, beschloss sie es sich auf dem Sofa gemütlich zu machen, das Photo-Album von Harry und ihr durchzublättern und ein bisschen in Erinnerungen zu schwelgen. Sie knallte den Wälzer zu, ließ ihn auf dem Schreibtisch liegen und verließ die Bibliothek, als auch schon ein großer, messingner Ton, die Türklingel, erklang. Hermine stieß die Haustür auf und eine warme Sommerbrise drang herein. Am schmiedeeisernen Tor stand eine erwartungsvolle Lavender.

„Lav, wie ist es gelaufen?“, fragte Hermine aufgeregt, nachdem sie sicherheitshalber mithilfe einer Frage Lavenders wahre Identität überprüft hatte.
„Na ja...“, grinste Lavender über beide Backen. „Was soll ich sagen: Vor dir steht Professor Brown!“ Hermine stieß einen begeisterten Schrei aus und riss die Arme um sie.
„Oh Lavender, das freut mich so für dich! Aber du musstest einfach bestehen, du hast die Zauber ja perfekt beherrscht.“
„Ohne dich hätte ich es nicht geschafft...“, meinte Lavender und erzählte von der letzten Aufgabe.
„Das müssen wir feiern! Komm mit rein.“
„Ich hab auch was dabei...“ Sie reichte Hermine eine Flasche Elfenwein und eine große Packung Zauberpralinen. „Ich wollte mich dafür bedanken, dass du mir so geholfen hast beim Lernen.“
„Oh, danke, Lav!“, lächelte Hermine und führte Lavender ins Haus hinein. „Aber wer weiß, so lange wirst du vielleicht gar nicht Professor „Brown“ sein...“
„Wieso nicht?“, fragte Lavender ahnungslos, die die Anspielung nicht verstanden hatte.
„Wer weiß? Vielleicht bist du früher als du denkst Professor Wenders...“, erinnerte sie Hermine lächelnd. Ihr Lächeln steckte Lavender an.
„Na, erstmal müssten eigentlich Harry und du heiraten, oder? Ihr seid doch schon so lange verlobt.“
„Fast drei Jahre!“, nickte Hermine und ließ, ein wenig missmutig, die Schultern hängen. „Aber Harry hat noch nicht einmal auch nur die kleinste Andeutung gemacht, dass er jetzt schon heiraten möchte.“
„Na ja, er ist halt auf diesem dämlichen Aurorentraining, da er kann er dich ja schlecht fragen!“, versuchte Lavender sie aufzumuntern. „Wart mal bis Anfang Juni. Ich wette, es ist das erste, was er zu dir sagt, wenn er wieder da ist.“
Hermine lächelte, ließ sich aufs Sofa plumpsen und mit einem Klopfen ihres Zauberstabs schoss der Korken aus der Weinflasche heraus.
„Obwohl, vielleicht das zweite...“, verbesserte Lavender sich. „Das erste wird vermutlich sein: Schatz, runter mit den Klamotten!“
Hermine stimmte in ihr Lachen mit ein, füllte zwei Weingläser und die beiden Freundinnen stießen grinsend an.
„Auf Hermine Potter!“, lächelte Lavender.
„Auf Lavender Wenders!“
„Oh Merlin, das fällt mir jetzt erst auf!“, kicherte Lavender. „Ich meine „Lavender Wenders“...das klingt total bescheuert, oder?“
„Ich finde, es ist ganz okay.“
„Na ja, vielleicht schon...“, lenkte sie ein und nachdenklich drehte sie das Weinglas in ihrer rechten Hand. „Lavender Wenders...doch, daran könnt ich mich gewöhnen.“

Kurz vor Ende Mai brachen Hermines und Julias Abschlussprüfungen im St. Mungo an, und pünktlich eine Woche vorher nahm ihre Nervosität ein erschreckend hohes Maß an und beide waren sich völlig sicher, nicht eine einzige Frage oder Aufgabe meistern zu können, während die andere sicherlich mit Ohnegleichen ihr Examen bestehen würde.
„Hermine, du bist nur so hibbelig, weil du deinen Körper ignorierst. Wenn du dich nur ein Mal selbstbefrie...“
„Nein, Lav!“, entgegnete Hermine stur. Sie hatte Lavender nichts von ihrem schwachen Moment in der Küche erzählt und auch bei Julia war sie nicht mehr näher darauf eingegangen. Gerade Lavender sollte sich nicht bestätigt darin wissen, dass Hermines Körper Befriedigung langsam mehr als dringend nötig hatte. Zwar war sie im Gespräch mit ihr und Julia sehr offen geworden und konnte sich mit ihr auch in fast allen Bereichen aussprechen, aber auf gewisse Themen reagierte sie noch immer gehemmt. Nur Harry konnte sie sich in sexueller Hinsicht bedenkenlos und vollständig anvertrauen. „Ich bin immer nervös vor Prüfungen.“
„Das klappt schon...“, versicherte Lavender. „Du bist ja nicht umsonst die klügste Hexe!“

Am Dienstagvormittag stand der theoretische Teil ihrer Prüfung in Fluchschäden an. Der Chefheiler Jones teilte Hermine und Julia je ganze sieben Blatt Pergament mit Aufgaben aus und klopfte beiden aufmunternd auf die Schultern.
„Bleibt ganz locker, meine Mädchen...“, lächelte er dabei wohlwollend. „Ihr werdet's schon schaukeln. Seid ja nicht umsonst die talentiertesten Hexen, die ich je unterrichten durfte.“
Die beiden strahlten ihn ermutigt an und besonders Hermine war ihm ungeheuer dankbar für seine Worte. Jones war ihr mit seiner väterlichen Art überaus sympathisch. Auch wenn er manchmal sehr kleinkariert war und sich an Details aufhielt, was Hermine aber durchaus nachvollziehen konnte. Er hatte ihnen immer Mut zugesprochen und war stets freundlich und hilfsbereit gewesen. Hinzu kam noch, dass er vom Typ und vom Aussehen sehr Harry ähnelte, nur dass er wohl fünfzig Jahre älter war und dementsprechend grauhaarig, aber erstaunlicherweise hatte sein Gesicht nicht eine Falte. „Eigentlich sieht er ganz gut aus...“, dachte Hermine und kaute auf ihrem Federkiel herum, während sie beobachtete, wie er den Tagespropheten aufschlug. „Ist er eigentlich verheiratet?“
„Viel Glück, Mine!“, hörte sie in diesem Moment Julias Stimme neben sich.
„Dir auch...“, nickte sie und zog das erste Prüfblatt hervor.

Der theoretische Teil von Hermines Prüfung verlief bei allen 147 Fragen reibungslos, nur als in Frage 63b nach der korrekten Zauberstabbewegung um überflüssige Gliedmaßen zu entfernen gefragt wurde, musste Hermine diese Bewegung mit dem Federkiel ausführen um sich zu erinnern, da sie solch simple Behandlungen mittlerweile wie automatisch machte. Bei Julia lief es ähnlich. Sie hatte schon ein ganzes Jahr eher als Hermine mit ihrer Ausbildung im St. Mungo begonnen, und auch sie hatte fleißig gelernt in den letzten Wochen. Bereits nach zweieinhalb Stunden konnten Sie, mit einem zeitlichen Unterschied von gerade mal einer Viertelstunde (Julia war schneller fertig, da Hermine darauf bestand, alles noch einmal gründlich durchzulesen) freudestrahlend ihre Prüfblätter bei Jones abgeben, der sie zufrieden schmunzelnd entgegen nahm.
Auch der praktische Teil der Prüfung in Fluchschäden verlief weitaus besser, als Hermine und Julia befürchtet hatten. Es erwies sich als Glücksfall, dass beide das Zaubertränkebrauen noch einmal wiederholt hatten, denn zu Beginn der Prüfung hatten sie einen Alraune-Wiederbelebungstrank zuzubereiten. Hermine, die ja im zweiten Jahr selbst nur durch diesen Trank wieder zum Leben hatte erweckt werden können, grinste innerlich in sich hinein. Sie hatte bereits in den Sommerferien nach jenem Jahr alles über diesen Trank gelesen, was sie nur finden konnte, da sie unbedingt hatte wissen wollen, was ihre Versteinerung rückgängig gemacht hatte. Selbst als sie sich bereits mit ihren Eltern auf dem Weg nach Frankreich befand, hatte sie weiterhin die Zauberbücher durchgewälzt. Hermine grinste noch breiter. Das war der Sommer gewesen, in dem sie fast nur an Harry hatte denken können und am liebsten mit ihm statt ihren Eltern Frankreich besucht hätte. Aber andererseits hatte sie auch bei den folgenden Sommern sehr oft an Harry gedacht. Und bei dem vorherigen auch, obwohl sie sehr beleidigt war, dass er nie auf ihre Briefe geantwortet hatte (und umso erleichterter, als sie erfuhr, dass das an Dobby gelegen hatte). „Ach Harry...“, dachte sie und musste sich plötzlich wieder zusammenreißen, um nicht anzufangen zu weinen. „Ich vermiss dich so...“
„Miss Granger, ich störe Sie ja nur ungern in Ihrer Mediation, aber die Zeit läuft bereits und die Alraune wird sich nicht von selbst klein schneiden, es sei denn, Sie benutzen Ihren Zauberstab dafür!“, erinnerte sie Jones mit scharfem Unterton.
„Oh, ja...“, nickte Hermine. „Entschuldigung, Sir...“

Sprudelnd begann der Alraune-Wiederbelebungstrank erneut zu kochen, als Hermine mehr Holz ins Feuer warf und exakt vierundzwanzigmal im Uhrzeigersinn umrührte (hätte sie es gegen den Uhrzeigersinn getan, hätte sie logischerweise noch zwei große Löffel Florfliegen hinzugeben müssen). Als sie schließlich die zerkochten Alraunenstücke, die inzwischen ihren Saft abgegeben hatten, aus dem Sud herausfischte, drei Tropfen Salamanderblut hinzugab, das ganze vier Minuten lang kochen ließ und abschließend einmal sachte mit dem Zauberstab gegen den Rand des Kessels tippte, breitete sich sogleich ein würziger, erfrischender Duft im Raum aus, der sie alle sofort wach und munter werden ließ.
„Ausgezeichnet!“, nickte Jones zufrieden. „Ausgezeichnet, Miss Granger. Ich brauche den Trank eigentlich gar nicht mehr zu überprüfen, in meinem Alter merkt man das allein schon am Geruch.“
Hermine lächelte über das ganze Gesicht, als die leicht aufgelöste und hektische Julia auch gegen ihren Kessel tippte und der Geruch im Raum sich noch verstärkte. Erleichtert, dass beide Zaubertränke die gleiche Farbe angenommen hatten, ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken und wischte sich über die schweißnasse Stirn.
„Ist ja gut, Miss Misstress, Sie haben's geschafft...“, nickte Jones und besah sich ihren Zaubertrank. „Allerdings ist Ihr Ergebnis anscheinend nicht so gut gelungen wie das von Miss Granger. Sehen Sie, der Trank ist nicht dickflüssig genug. Sie hätten ein klein wenig mehr Flubberwurmschleim nehmen können, nicht wahr?“ Julias Lippen zitterten und schwach sah sie Jones an. „Aber es ist dennoch ein zufriedenstellendes Ergebnis!“, stellte er rasch klar. „Sind Sie damit einverstanden, wenn ich Ihnen 95 von 100 möglichen Punkten gebe und die Prüfung damit mit Ohnegleichen minus überragend bestanden ist?“
Julia nickte heftig und seufzte erleichtert auf. Sie hatte schon Angst gehabt, nicht bestanden zu haben. Danach prüfte Jones aufs genaueste Hermines Alraune-Wiederbelebungstrank. Es dauerte beinahe fünf ganze Minuten, und mit jeder verstrichenen Sekunde wuchs die Unruhe in Hermine und nervös drehte sie die Messingwaage in ihren Händen. Könnte er sein vorschnelles Urteil noch einmal überdacht haben?
„Tja...“, murmelte Jones schließlich. „Ich hab's wirklich versucht, Miss Granger, aber es geht nicht.“ Hermine schluckte. „Ich kann einfach nicht den kleinsten Fehler finden!“, erklärte Jones lächelnd. „Volle Punktzahl. Ohnegleichen plus!“
Hermine schrie vor Freude auf und schlang die Arme um seinen Hals.
„Danke Sir, vielen Dank!“
„Schon gut!“, lächelte er und schob sie sanft beiseite. „Ist ja schlussendlich Ihre Leistung.“
Vorwurfsvoll blickte Julia Hermine an, als sie sich von ihrem Lehrer für Fluchschäden gelöst hatte.
„Was war das denn für 'ne Aktion?“
„Ich hab mich halt gefreut!“, erklärte Hermine und füllte ebenso wie Julia ihren Trank in Phiolen ab, die in den Vorratsräumen des St. Mungo gelagert werden sollten.

Abschließend wurden die Fähigkeiten von Hermine und Julia im Bereich Fluchschäden noch an einem praktischen Beispiel geprüft. Hermines Patientin war in ihrer Bewegung ein wenig eingeschränkt, da ihr Unterleib, wie bei einer Meerjungfrau, in einer Schwanzflosse endete. Solch plumpe Fälle stellten für Hermine, die ja bereits fast ein Jahr lang Heilerin auf Probe im Bereich Fluchschäden war und öfters Patienten hatte, keinerlei Probleme dar, und binnen kurzer Zeit hatte die Frau wieder ihre ursprünglichen Beine (wobei sie zornerfüllt erklärte, dass diese kürzer und pummeliger wären als sie ihre Ursprungsbeine in Erinnerung hatte, und sie verlangte augenblicklich ihre Schwanzflosse zurück). Jones schob die Patientin freundlich vor die Tür und erklärte lachend, dass es halt auch solche Fälle gäbe und weiterhin, dass Hermine diese Prüfung ebenfalls zu seiner vollsten Zufriedenheit bestanden hätte. Auch diesmal drückte Hermine ihn voller Freude fest an sich.
Julia hatte ein paar kleine Probleme mit ihrem Patienten. Da er lediglich in der Luft schwebte, nahm sie an den Fluch recht einfach brechen zu können, er stellte sich jedoch als komplexer heraus, als sie zunächst gedacht hatte. Erst als sie einen weiteren Fluch, von dem der junge Mann nichts gesagt hatte, einen Furunkelfluch (nebenbei bemerkt an seinem Allerwertesten, und es schien ihm sehr unangenehm zu sein, der hübschen, attraktiven Heilerin seinen nackten, furunkelübersäten Hintern zu präsentieren) beseitigt hatte, konnte sie auch den Schwebezauber von ihm nehmen. Peinlich berührt zog er seine Hose wieder hoch und verschwand so schnell er konnte. Grinsend drehte sich Julia zu Hermine um.
„Na ja, immerhin nicht an seinem besten Stück...“, flüsterte sie. Hermine grinste zurück.
„Wunderbar Miss Misstress. Ich gebe auch Ihnen hier die volle Punktzahl!“, nickte Jones.
„Aber...aber ich hab doch zwei Anläufe gebraucht.“, bemerkte Julia.
„Das kann schon mal vorkommen. Und es ist doch die eigene Schuld des jungen Mannes, wenn er uns nicht alle Symptome verrät. So peinlich es auch sein mag, ein Hinterteil voller Furunkel zu haben. Ob da wohl seine Freundin für verantwortlich war?“
Hermine und Julia lachten.
„Nun, da Ihre Prüfungen für diesen Tag abgeschlossen sind, kann ich Ihnen ja eins verraten: Sie haben im Bereich Fluchschäden mit Bravour bestanden. Ich habe in der Mittagspause ihre schriftlichen Arbeiten durchgesehen und bevor Miss Granger mich wieder stürmisch umarmt...“ Ein Hauch Rosa strich über Hermines Wangen. „...will ich Ihnen gleich sagen: Sie haben beide, und das habe ich hier in über fünfzig Jahren noch nie erlebt, keine einzige Frage falsch beantwortet. Damit kann ich mit Stolz sagen, dass Sie Miss Granger, die größtmögliche Punktzahl überhaupt erreicht haben, und Sie Miss Misstress, stehen gerade mal zwei klitzekleine Punkte darunter, bedingt durch Ihr bescheidenes Ergebnis von Ohnegleichen Minus bei dem Alraune-Wiederbelebungstrank.“ Wieder lachten Hermine und Julia. Sie fühlten sich unsagbar erleichtert. Eine ihrer drei Prüfungen hatten sie bereits hinter sich gebracht und mit guten Noten bestanden. „Ich bin sehr stolz auf Sie beide!“, nickte Jones. „Das war hervorragende Arbeit, und das St. Mungo kann sich glücklich schätzen, Sie als Heilerinnen zu gewinnen.“
„Vielen Dank, Sir!“, lächelte Hermine geschmeichelt und Julia nickte.
„Ich habe Sie sehr gern in meiner Ausbildung gehabt.“, fügte Jones noch hinzu. „Es ist ziemlich ruhig heute...wenn Sie möchten, würde ich Sie gern auf einen Drink in den tropfenden Kessel einladen.“
„Ja, gerne, Sir!“, antwortete Julia.
„Sehr nett von Ihnen!“, fügte Hermine hinzu.

Bereits am nächsten Tag hatten Hermine und Julia ihre Abschlussprüfung in Vergiftungen durch Zaubertränke und Pflanzen zu bestreiten. Auch dieses Fach begann mit einem ausführlichen theoretischen Teil, der noch umfangreicher als am Tag zuvor war. Nachdem sie nach über drei Stunden mit rauchenden Köpfen endlich die Prüfzettel abgeben konnten, waren sie heilfroh, diesen Part hinter sich gebracht zu haben. Hermine war sich zwar nicht sicher, alle Fragen komplett richtig beantwortet zu haben, glaubte aber ganz ordentlich abgeschnitten zu haben, während Julia felsenfest davon überzeugt war, gerade ihre gesamte Heilerausbildung in den Sand gesetzt zu haben.
Am Nachmittag mussten sie erneut einen Trank zuzubereiten, in diesem Fall eine Weinrautenessenz, ein recht einfach herzustellendes, aber äußerst wirksames und nach Zitrone riechendes Gebräu, das gegen Spätfolgen von Giften hilfreich war.
Beinah hätte Hermine die Belladonnaessenz überlesen, gerade noch rechtzeitig schüttete sie sie in den Kessel hinein. Im Grunde war es wie bereits gesagt ein sehr einfacher Zaubertrank, und Hermines und Julias fertige Mixturen waren mehr als zufriedenstellend für Professor Bloombottom, und als sie mit einem freudigen Händeklatschen die Prüfung als bestanden erklärte, freuten sich alle drei in gleichem Maße.
Auch der theoretische Teil war bei weitem nicht so schlecht ausgefallen wie Sie gedacht hatten. Hermine hatte mit 89% immerhin noch ein Erwartungen übertroffen Plus geschafft, und Julia lag, entgegen ihrer Befürchtungen, mit 93% und einem Ohnegleichen Minus sogar ein paar Punkte über Hermine.
Am Donnerstag folgten die Abschlussprüfungen in ihren Nebenfächern. Beide begannen mit Verletzungen durch Tierwesen. Auch hier hatten Sie einen (mit gerade mal vierzig Aufgaben jedoch relativ kurzen) Fragebogen zu bearbeiten, und direkt danach mussten sie einen blutbildenden Trank brauen (der ebenfalls recht einfach herzustellen ist und Blutblasenschoten, Löwenfischgräten und eine erstaunliche Menge Marzipanschokolade beinhaltet). Anschließend verabreichten sie ihren fertig zubereiteten Trank in richtiger Dosierung ihren Patienten. Alles insgesamt dauerte vielleicht gerade mal gut eine Stunde und somit war diese Prüfung recht schnell beendet. Julia hatte nun eine längere Pause, während Hermine ihre Prüfung in Utensilien-Unglücke ablegte. Anders als Julia hatte sie nicht nur die benötigten zwei Nebenfächer gewählt, sondern alle Unterrichtsfächer, die es im St. Mungo überhaupt zu belegen gab. Diese Prüfung war die einfachste von allen: Es gab keinen theoretischen Teil, sie musste lediglich einen Patienten, dem rostige Teile seines explodierten Kessels im Bein steckten und zwei Patienten, die auf ihren Flugbesen stark aneinander gestoßen waren, behandeln, und als sie dies ohne Probleme erfolgreich getan hatte, erklärte Melbourne (obwohl er Hermine nach wie vor aus Schüchternheit nicht ins Gesicht schauen konnte) dass sie auch diese Prüfung geschafft habe. Julia riss die Arme in die Luft, als Hermine ihr das Ergebnis freudestrahlend mitteilte.
Die letzte und schlimmste Prüfung war Magische Pestilenzen. Zwar hatten sich beide gut vorbereitet und füllten den theoretischen Teil ohne Probleme aus, aber sie konnten Fox, den Chefheiler, und seine widerliche, arrogante Art nicht leiden. Selbstgefällig saß er am Pult, hatte die Beine auf den Tisch gelegt und sah ihnen hämisch grinsend beim Schreiben zu. Er war ein ekelhafter Mensch, und sowohl Hermine als auch Julia freuten sich, in der Zukunft viel in der Abteilung für Fluchschäden zu arbeiten und nichts mehr mit ihm zu tun zu haben.
„Haben Sie doch mal irgendwas hingekriegt!“, bemerkte er spöttisch, als sie, gleichzeitig und ziemlich früh, ihre ausgefüllten Bögen abgaben. „Sie haben mit Sicherheit voneinander abgeschrieben, nicht wahr?“, rief er ihnen noch nach, begann die Aufgabenzettel zu kontrollieren...und musste zu seinem Bedauern feststellen, dass die beiden jungen, attraktiven Frauen keinen einzigen Fehler gemacht und die Prüfung mit sämtlichen Punkten bestanden hatten.
Auch in diesem Fach erwartete sie ein praktischer Teil: Julia musste einen Fall von Drachenpocken behandeln, was mehr als einfach war, denn dies war das gängige Thema, das in jedem Fachbuch als erstes Beispiel genannt war. Hermines Patient hatte einen Anfall von Verschwinditis, was ein wenig anspruchsvoller war. Eine simple Anti-Fluchbehandlung brachte nicht den gewünschten Erfolg (zwar verschwand der Kopf des Patienten nicht mehr, war jedoch durchsichtig wie Wasser). Fox grinste bereits schadenfroh, als Hermine sich an eine bestimmte Stelle aus ihrem Lehrbuch erinnerte und eine wöchentliche Behandlung des fehlenden Körperteils mit Kompressen, die zuvor in eine Tinktur aus vier Teilen Murtlap-Essenz und sechs Teilen Schrumpflösung mit ungewöhnlich hohem Anteil an abessinischen Schrumpelfeigen zu umwickeln. Nach einem Monat sollten sich bereits nennenswerte Fortschritte zeigen, da die Mixtur die Krankheit direkt aus der Haut ziehen würde. Fox' Lachen erstarb und obwohl er Hermine, trotz fehlerfrei und vollständig abgelieferter Diagnose, so viele Punkte wie nur möglich abzog, konnte er ihre bestandene Prüfung nicht mehr verhindern und musste zähneknirschend ertragen, dass Hermine die komplette Abschlussprüfung im St. Mungo mit Ohnegleichen Minus abgelegt hatte, wobei nur seine Prüfung die Note überhaupt so weit hinabgezogen hatte (was Jones noch im Nachhinein furchtbar aufregte). Auch Julia bestand mit einem Ohnegleichen Minus, erreichte in genauer Endrechnung jedoch drei Punkte weniger als Hermine, was in einer Gesamtpunktzahl von über achthundert Punkten jedoch kaum auffiel.
„So ein Schweinehund...“, zischte Julia noch Stunden später. „Dir einen Fall von Verschwinditis zu geben, das ist doch unfair...“
„Ist schon gut, Julia!“, lachte Hermine. „Hat ja geklappt.“ Voller Stolz blickte sie auf ihr Zeugnis, das mit fünf Unterschriften und einem großen Siegel des St. Mungo erklärte, dass sie die Heilerausbildung sowie die Abschlussprüfung erfolgreich beendet und bestanden hatte.

Anders als noch auf Bangakilu Island bestand die Abschlussprüfung der Aurorenausbildung, ebenso wie die der Heiler, aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. So standen Ende Mai im Haupthaus zwölf quadratische Einzeltische, beladen mit Pergament, Federkielen und Tintengläsern, in einer Reihe hintereinander bereit für die schriftliche Prüfung.
„Machen Sie sich keine Sorgen...“, beruhigte sie Boulez, der die Testbögen verteilte. „Es ist eine recht einfache Prüfung, alles in allem nur Grundlagen. Lediglich 100 simple Fragen. Wie Sie wissen, sind Auroren in der Zaubererwelt sehr angesehen und wir können nicht zulassen, dass Sie nicht wenigstens ein Mindestmaß an Verstand und Wissen mit in den Beruf hineinnehmen. Unabhängig von Ihrem Kampftalent.“
Chris drehte sich zu Harry um und zwinkerte ihm aufmunternd zu. Harry nickte lächelnd, zog das Prüfblatt zu sich und überflog die ersten Fragen:
1) Nennen Sie drei Eigenschaften des Phönix'
2) Wie lautet die Formel für das Heraufbeschwören eines Patronus'?
3) Beschreiben Sie „magische Kraft“
Harry grinste. Ja, diese Prüfung sollte zu schaffen sein.

„Ich bin mit Harry schon oft hier gewesen.“, erzählte Hermine, als sie, Lavender und Julia am Abend desselben Tages in Godrics Hollow in ein griechisches Restaurant gingen, um ihre erfolgreichen Abschlussprüfungen zu feiern. „Ich könnte sterben für das Essen hier...“
Die drei setzten sich an einen Tisch im hinteren Teil des Lokals und studierten aufmerksam die Speisekarten, die ihnen eine junge, freundliche Kellnerin gebracht hatte.
„Mrs. Potter?“, rief plötzlich eine Stimme. „Schön Sie mal wiederzusehen, Madam!“
„Danke, Mr. Woods!“, lächelte Hermine zurück. „Darf ich vorstellen: Meine Freundinnen Lavender Brown und Julia Mistress.“
„Angenehm!“, nickte der kleine, rundliche Mann. Sein Kopf war beinah komplett kahl, nur um die Ohren war noch ein wenig graues, schütteres Haar. „Mrs. Potter, ich habe schon eine Ewigkeit lang Ihren Mann nicht mehr gesehen.“
„Ja, er ist geschäftlich unterwegs.“, behauptete Hermine. „Aber er wird in den nächsten Tagen schon nach Godrics Hollow zurückkehren.“

„Mrs. Potter?“, fragte Julia, nachdem Mr. Woods abgezogen war. „Hab ich irgendwas nicht mitgekriegt, Hermine?“
„Das ist nur eine Geschichte, die wir den Muggeln im Dorf hier aufgetischt haben, um in Ruhe leben zu können.“, erklärte Hermine. „An unserem Haus steh ich offiziell doch auch als Hermine Potter. Die Einwohner hier sind nun mal der Meinung, dass Harry ein Lord sei und ich seine Gemahlin.“
„Stimmt doch auch, oder?“, fragte Lavender. Hermine und Julia starrten sie an. „Na, ich meine, hast du nicht mal auf den Stammbaum bei euch geguckt?“, fragte Lavender. „Da steht doch oben irgendwas von einem Lord Potter, oder nicht? Und Titel werden doch vererbt, wenn ich mich nicht irre. Und da Harry der letzte Überlebende der Potters ist...“
„Darüber hab ich noch nie nachgedacht...“, gab Hermine zu. „Stimmt, du hast Recht. Aber was soll's. Harry hat sich nie viel aus Ruhm und Titeln gemacht. Im Grunde will er nur endlich ein normales, ruhiges Leben führen.“
„Hast du Harry eigentlich geschrieben, dass du bestanden hast?“, wollte Lavender wissen. Hermine nickte.
„Ja, und er freut sich für mich, hat aber auch geschrieben, dass er mit nichts anderem gerechnet hat. Und Chris? Weiß er, dass du jetzt „Professor Brown“ bist?“
„Jepp...“, nickte Lavender zufrieden. „Und er hat gemeint, dass ich meine Belohnung dafür später kriegen würde...was nehmt ihr denn?“ Der Blick der drei flog zurück in die Speisekarten.

Zwei Tage später, am Morgen des 01.Juni, trafen sich alle Aurorenschüler auf dem Platz der Magier vor dem Haupthaus ein, wo Dwight, Taylor und Boulez sie bereits erwarteten.
„Ich begrüße Sie hiermit zu dem Beginn Ihrer Abschlussprüfung.“ Taylors Blick fuhr langsam und feierlich die Reihe der zwölf Zauberer entlang. „Ein ganzes Jahr schon haben Sie sich auf diesen Moment vorbereitet. Diese Prüfung wird entscheiden, ob wir Sie wirklich als Auror zulassen können und ob Sie in den Genuss kommen, das hoch angesehene Aurorenzertifikat zu erhalten. Oder ob Sie ohne Abschluss zurück nach Hause gehen müssen, um die hiesige Prüfung in einem Jahr anzutreten.“
„Wehe, wir fallen durch...“, murmelte Chris Harry zu. „Dann wär ich nämlich freiwillig schon durch die Zwischenprüfung gerasselt.“
„Hast Recht...“, nickte Harry. Es stimmte. Diese Abschlussprüfung würde entscheiden, ob das ganze, quälende Jahr Trennung von Hermine, das ihn mehr als einmal an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte, Sinn gemacht hatte. Vom Training her war es sicherlich mehr als nützlich gewesen, aber dennoch hätte Harry es, ohne erfolgreichen Abschluss, als pure Verschwendung gesehen. Er schloss die Augen und atmete tief durch, als er schon wieder an Hermine denken musste. Anders als noch vor vier Wochen nahm er jetzt lediglich sein Herz wahr, das sich danach sehnte, sie wieder bei sich zu haben. „Weil ich sie liebe...“, dachte er. „Weil ich sie wirklich liebe und bei mir brauche. Weil ich glücklicher bin, wenn sie bei mir ist.“ Seine Erektion, die fast permanent und auch jetzt noch eine Ausbeulung in seinem Hosenbein verursachte, nahm er kaum noch zur Kenntnis. Das war im Moment zweitrangig.
„Sie alle haben den theoretischen Teil bestanden.“, fuhr Taylor fort. „Und Sie alle haben damals die Zwischenprüfung erfolgreich abgeschlossen. Damals ging es um Ihr Geschick im Kämpfen, Ihre Fähigkeit Zusammenhänge zu entdecken und vor allen Dingen darum, ob Sie Ihr eigenes Leben retten können. Die Abschlussprüfung wird schwerpunktmäßig anders ausfallen.“
„Sie werden jedoch auf die gleiche Weise eingeleitet!“, erklärte Dwight. „Sie werden erneut durch Bedarfs-Portschlüssel an einen Ort dieser Insel gebracht, an dem Sie wieder die letzten Anweisungen erhalten werden. Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg und ich bin sicher, dass Sie alle das Zeug haben, diese Prüfung zu bestehen!“
Boulez ging die Reihe der Auroren mit einem kleinen Beutel ab und jeder zog einen der Portschlüssel heraus.
„Sind Sie bereit?“, fragte Taylor. „Dann viel Glück! Sie haben drei Tage Zeit, um die Prüfung erfolgreich abzuschließen. Die Zeit läuft ab....jetzt!“
Harry tippte den kleinen, gelben Stern in seiner Hand mit dem Zauberstab an und der Portschlüssel ließ ihn davon gleiten.

Er landete in einer kleinen Höhle, kaum mehr als eine Grotte, mit dem Kopf voran direkt im Schnee. Doch Harry hatte sich die letzten sechs Monate so sehr an Schnee gewöhnt, dass er die Eiseskälte kaum noch wahrnahm. Er rappelte sich auf und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. Vor der Höhle tobte ein gewaltiger Schneesturm, der offensichtlich magischen Ursprungs war, denn am Platz der Magier war es noch ein klarer, trockener Tag gewesen. Auf einem flachen, altarähnlichen Stein lag ein Brief, wiederum mit violetter Tinte an einen „Prüfling“ adressiert, beschwert durch eine goldene, orientalisch wirkende Lampe mit dicken Rubinen, die Harry an ein Kinderbuch erinnerte, dass er, nachdem es von Dudley weggeschmissen worden war, interessiert gelesen hatte. Er zog den Brief hervor und erwartete ein Kauderwelsch mit komplizierten, nichtssagenden Hinweisen wie beim letzten Mal, der Brief war jedoch relativ kurz und konkret gehalten.

Sehr geehrter Prüfling,
die Aufgabe eines Auroren besteht nicht nur darin, Schwarzmagier zu fangen oder zu bekämpfen, sondern auch im Bewachen eines zuvor bestimmten Schützlings vor etwaigen Gefahren, seien es Todesser, Monster oder sonstige Bedrohungen.
Mit dem Tippen Ihres Zauberstabs an die Lampe werden Sie einen provisorischen Schützling heraufbeschwören. Die beschworene Person wird Ihnen im Kampf in keinster Form von Nutzen sein und kann nicht sprechen, agiert aber in allen anderen Bereichen nicht anders als ein normaler Mensch. Die Person kann laufen und wird auf ihre Anweisungen hören. Wie auch jeder Mensch kann sie getötet bzw. gelöscht werden, was jedoch ein Scheitern Ihrer Prüfung zur Folge hätte.
Bringen Sie die beschworene Person innerhalb von drei Tagen heil und unbeschadet zum Platz der Magier, der von Ihnen aus gesehen im Osten liegt.

Mit freundlichen Grüßen,
Eric Fawcett, Leiter der VAST

PS: Versuchen Sie nicht, die Lampe mitzunehmen und die Person erst kurz vor dem Platz heraufzubeschwören. Das wird nicht gelingen.

„Darauf wär ich gar nicht gekommen.“, murmelte Harry, zückte seinen Zauberstab und tippte einmal sachte gegen die Lampe. Sofort stieg dunkler, rötlicher Rauch aus ihr herauf, der sich allmählich zu verdichten begann und sich in eine hübsche, junge Frau mit kastanienbraunem Haar und rehbraunen Augen formte, die Harry sehr freundlich anlächelte.
„Hermine!“, rief Harry überrascht und verstand, dass die beschworene Person anscheinend nicht einfach irgendjemanden darstellte, sondern wohl das Abbild eines von ihm geliebten Menschen. Ihr Lächeln verbreiterte sich noch. Die Hermine-Kopie sah exakt wie das Original aus, nur ein wenig blasser und heller. Sie trug gegen die Kälte Wollmütze, Schal, Handschuhe und einen dicken Wintermantel, und zwar, wie Harry auffiel, exakt dieselben Kleidungsstücke, die die echte Hermine zuhause hatte.
„Kannst du mich hören?“
Die Gestalt nickte.
„Gut, ähm...darf ich dich Hermine nennen?“
Wieder nickte die Gestalt und lächelte ihn bezaubernd an, was Harry komplett aus der Fassung brachte. Er hatte Hermine schließlich seit einem ganzen Jahr nicht mehr als leibliche Person direkt vor sich gesehen, und auch wenn dies nur eine Kopie war, so verfehlte sie doch nicht ihre Wirkung bei ihm.
„Okay...ähm...wollen wir dann aufbrechen?“, fragte er schüchtern. Wieder nickte die falsche Hermine.
Harry richtete seinen Zauberstab in den Sturm und rief „Finite Incantatem!“, doch völlig unbeeindruckt davon blies und wütete der Sturm weiter, womöglich sogar noch stärker als zuvor. „Okay, hab auch nicht wirklich damit gerechnet...“, murmelte Harry. Er steckte den Kopf aus der Höhle heraus und sah sich in beide Richtungen um, konnte aber nichts erkennen. „Weise mir dir Richtung!“, flüsterte er seinem Zauberstab zu und merkte, dass sie sich links halten mussten, sobald sie aus der Höhle herausgekommen waren. Er packte die Hand der falschen Hermine fest mit seiner eigenen, umklammerte mit der anderen den Zauberstab und führte sie hinaus in den Sturm.

Die eiskalte Luft blies ihm noch unter seine wärmende Kleidung und schüttelte ihn durch. Mit festen Schritten stapften die beiden durch den hohen Schnee und Harry hatte schon Angst, sie könnten glattweg weggefegt werden von dem Sturm. Kleine Schneeflocken stoben ihnen ins Gesicht. Auch die Hermine schüttelte sich vor Kälte. Harry konnte kein Geräusch hören außer den tosenden Wind, der ihm um die Ohren rauschte. Auch sehen konnte er kaum mehr als eine Handbreit weit. So mochten die beiden wohl eine Viertelstunde durch das Schneetreiben gestiefelt sein, bis plötzlich ein schwarzer Schatten zwischen den beiden durchschoss und die falsche Hermine nur knapp verfehlt hatte. Harry richtete seinen Zauberstab auf die Stelle, aus der der Schatten gekommen sein musste, aber genau von der entgegen gesetzten Stelle griff nun der Schatten ein zweites Mal an, erwischte diesmal Harry an der Schulter und mit langen Klauen kratzte er hinein. Harry schrie vor Schmerz auf, als er die tiefe Schnittwunde spürte, die in er Kälte sofort vertrocknete. Diesmal hatte er den Schatten jedoch erkannt. Es war eine Harpyie gewesen, allerdings eine etwas kleinere als das Exemplar von Bellatrix Lestrange. Sie war nicht groß genug um sie reiten zu können, sie hatte lediglich die Ausmaße einer großen Eule.
„Na warte!“, zischte Harry. „Stupor!“ Doch der Schockzauber verfehlte sein Ziel. Zu schwierig war es, im dichten Schneesturm den pfeilschnellen schwarzen Schatten, den er kaum erkennen konnte, zu treffen. „Stupor, Stupor, Stupor!“, rief Harry in rascher Folge und ein Feuerwerk an Schockzaubern in alle Himmelsrichtungen verschießend. Keiner davon erzielte den erwünschten Effekt, bis Harry bemerkte, dass die Harpyie nun in einem Wahnsinnstempo ihre Opfer zu umkreisen begonnen hatte, und er schoss einen weiteren Schockzauber auf eine Stelle mehrere Meter vor die Harpyie. Diesmal traf er die Bestie im Flug direkt in die Brust und erstarrt segelte sie ungewöhnlich langsam in den Schnee hinab. Dies war jedoch nicht das Ende des Kampfes. Zwei weitere Harpyien stürzten sich auf die beiden und rammten die falsche Hermine zu Boden. Ein ohrenbetäubendes, schrilles Kreischen ausstoßend, kreisten die Harpyien wie schon ihre Vorgängerin in schnellem Tempo kreisförmig um die beiden herum. „Stupor, STUPOR!“, rief Harry, doch keiner der Schockzauber traf sein Ziel, die Harpyien waren einfach zu schnell. „Verdammt...bei dieser Eiseskälte, meine Finger frieren ja gleich fest...Moment mal: Aguamenti!“ Ein langer, großer Wasserstrahl schoss aus der Spitze seines Zauberstabs, in den beide Harpyien, die nicht mehr abbremsen konnten, direkt hinein flogen. Klatschnass blieben sie einen Moment an einer Stelle schweben, so erschrocken waren sie. Rasch schickte Harry zwei Schockzauber auf die beiden, und erstarrt sanken sie zu Boden. Aus den Augenwinkeln sah Harry, wie eine weitere, bedeutend größere Harpyie auf die immer noch im Schnee liegende Hermine zu hüpfte.
„NEIN!“, schrie Harry und die Harpyie blickte mit ihrem hässlichen Kopf auf. „EXPULSO!“ Der Explosionszauber, den Harry ausgesprochen hatte, hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Mit einem widerlichen, zerfetzenden Geräusch riss es die Harpyie auseinander. Schwarze Feder und gräuliche Hautfetzen flogen in jede Richtung davon. Mit dem Tod der Harpyie nahm der Sturm abrupt ab und das Wetter wurde klar und freundlich, doch Harry hatte jetzt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Panisch kniete er sich hinab zu der falschen Hermine. Hoffentlich war ihr bei dem Zusammenstoß mit den Harpyien nichts passiert. Sollte dies nämlich der Fall gewesen sein, wäre seine Prüfung bereits jetzt gescheitert.
„Alles in Ordnung, Hermine?“, fragte er und wischte vorsichtig ihr Gesicht sauber. Die Gestalt lächelte, nickte und erhob sich aus dem Schnee. Mit vorwurfsvoller Miene deutete sie auf die explodierte Harpyie, ganz so als wolle sie sagen „War das nötig?“ Dann bemerkte sie die aufgerissene Schulter von Harry. Vorsichtig besah sie sich die Wunde genauer und warf ihm einen mitfühlenden Blick zu, der tiefes Bedauern und Tröstung zu beinhalten schien. Harry richtete seinen Zauberstab auf seine Wunde.
„Episkey!“ Doch nichts geschah. Die Wunde ließ sich nicht einfach so schließen. „Was soll's?“, meinte er und versuchte das leichte Schwindelgefühl in seinem Kopf zu ignorieren. „Wird schon nicht so schlimm sein.“ Eine kleine Träne lief der falschen Hermine aus dem rechten Auge als sie sah, dass die Schulter nicht verheilen wollte.

Die beiden setzten ihren Weg Richtung Osten fort. Ein ganzes Stück brachten sie hinter sich, ohne auf eine ernste Gefahr zu treffen. Einmal griff sie ein kleiner Schwarm Doxys an, doch auch hier erwiesen sich Harrys Schockzauber als äußerst wirksam, und unbeeindruckt ließen sie die erstarrten Angreifer im Schnee liegen und gingen weiter.
Ein anderes Mal mussten sie an einem hohen Felshang vorbei, von dem urplötzlich Flüche auf sie hinab prasselten. Harry zerrte die falsche Hermine hinter eine Schneeverwehung in Deckung und wartete ab, bis die Zauber langsam nachließen, bevor er selbst zurückschlug.
„Petrificus Totalus!“, rief er und zielte auf die Stelle, von der die Flüche gekommen waren. Noch zwei weitere Zauber schickte er hinterher, und er meinte, dass zumindest einer sein Ziel erreicht haben musste, denn er war sich sicher, dass dort oben eine Person regungslos in den Schnee gefallen sein musste. Er trat aus der Deckung heraus um einen besseren Blick zu haben, vergaß aber seinen Schützling anzuweisen, hinter der Schneeverwehung zu warten. Die falsche Hermine lief gleich hinter ihm her und ein Schockzauber, der von einem verbliebenen Zauberer beschworen war, schoss hinunter und traf sie mitten in die Brust. Harry jagte ihm einen eigenen Schockzauber auf den Hals, der ihn irgendwo erwischt haben musste, denn er sah schemenhaft, wie auch diese Person erstarrt zusammenbrach. Harry beobachtete aufmerksam den Steilhang, aber es war sonst niemand mehr auszumachen, weder Mensch noch Tier. Die geschockte Hermine lag immer noch erstarrt im Schnee.
„Oh, Scheiße...“, murmelte Harry. „Hoffentlich geht das genauso wie bei richtigen Menschen auch...Enervate!“ Die falsche Hermine öffnete die Augen und lächelte ihm zu und Harry fiel ein großer Stein vom Herzen. „Noch mal gut gegangen, was Hermine?“ Die falsche Hermine nickte eifrig.

Sie zogen weiter. Wieder geschah eine erschreckend lange Zeit nichts, und das war für Harry fast schlimmer als von irgendwem oder irgendwas angegriffen zu werden. Mit der linken Hand zog er die beschworene Hermine hinter sich her, mit der rechten hielt er den Zauberstab, den er wachsam in alle Richtungen drehte, ständig ein „Stupor!“ oder „Expelliarmus!“ auf den Lippen. Seine Nackenhaare hatten sich vor Spannung aufgestellt. Seine Ohren lauschten aufmerksam wie ein Luchs, doch lange passierte nichts und sie konnten ihren Weg in östliche Richtung so unbeschwert weitergehen, wie das in fast einem Meter tiefem Schnee eben möglich ist.

Später stießen sie auf eine tiefe Schlucht, über die nur eine schmale (und natürlich komplett übergefrorene) Brücke ohne Geländer führte. Harry blickte nach links und rechts, doch er sah keine andere Möglichkeit den Abgrund zu überqueren. Unten toste das Wasser des Meeres geräuschvoll gegen die Klippen.
„Okay, wir haben wohl keine andere Möglichkeit...“, erklärte er seinem Schützling. „Wir müssen über diese Brücke...“ Probehalber machte er einen ersten Schritt. Es riss ihn beinah gewaltsam weg und fast wäre er in die Schlucht hinab gestürzt, wenn er nicht noch gerade rechtzeitig zurückgesprungen wäre, so glatt war das Eis. Angestrengt dachte er nach, aber ihm fiel kein Zauber ein, der ihm hier weiterhelfen würde. Das Eis mit magischem Feuer aufzutauen war zu riskant, da es genauso gut die Brücke selbst wegbrennen könnte. Und warme Luft aus seinem Zauberstab strömen lassen...Prüfend blickte Harry zum anderen Ende der Schlucht. Die Brücke mochte gut und gerne fünfzig Meter lang sein. Da wäre er ja noch nach Ablauf der drei Tage mit beschäftigt, insbesondere da, wie ein Blick zur Uhr ihm verriet, der erste Tag sich bereits dem Ende neigte und es nicht mehr allzu lange hell sein würde. „Hm, was mach ich jetzt...?“, murmelte Harry und sah missmutig die übergefrorene Brücke an. Er kam zu dem Schluss, dass er sich wohl nicht in allen Fällen nur auf seine Zauberkraft und Magie verlassen konnte. „Kannst du auf meinen Rücken klettern?“, fragte er die falsche Hermine und sie gab nickend Antwort. „Gut, dann mach das. Ich nehm dich Huckepack!“ Nachdem sie auf seinen Rücken gestiegen war und er sie mit festem Griff hielt, ging er so nah wie möglich an die Brücke heran, legte sich schlussendlich bäuchlings auf den Boden und robbte das letzte Stück, bis er auf der Brücke selbst zum liegen kam. Sofort drohte er wegen der Glätte abzurutschen, aber seine Finger krallten sich in die Querbretter der Brücke hinein und klammerten sich daran fest. „Halt dich richtig gut fest!“, rief er der beschworenen Hermine zu, die auf seinem Rücken saß und deren Beine links und rechts an seinen Hüften hinab baumelten. Unter großem Kraftaufwand, zog Harry sie beide ein Stückchen auf der Brücke vorwärts. Da sie wirklich sehr schmal war konnte er beide Seiten mit Händen fassen, und da sie komplett übergefroren und wie mit einer dicken Eisplatte bezogen war, ging das Vorangleiten einfacher, als er angenommen hatte. Trotzdem war es quälend genug. Mit jedem Zug kam er nur ein winziges Stück voran, und nach einer halben Stunde wurden seine Arme schwerer und er selbst müde, obwohl er noch nicht mal die Hälfte des Weges geschafft hatte. Aber er dachte nicht daran aufzugeben, erst recht nicht mitten auf der Brücke, und so biss er die Zähne zusammen und zog sich und die falsche Hermine immer weiter. Seine Finger begannen taub zu werden und zu schmerzen, jedes Mal, wenn zupackte drang die Eiseskälte durch seine Glieder. Auch seine Bauchpartie bemerkte irgendwann, dass sie die ganze Zeit auf Eis bewegt wurde, und er hatte langsam das Gefühl, der vordere Teil seines Körpers würde einfrieren, während der hintere, besonders der Part, auf dem die Hermine saß, bald voller Schweiß war, was auf der zugigen Brücke alles andere als angenehm war. Wieder wurde ihm schwindelig und er meinte, dass die Wunde an seiner Schulter sich wieder zu öffnen begann.
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten die beiden endlich die andere Seite der Schlucht. Harry schnaufte und rang nach Atem. Es war eine Tortur gewesen, sich über die Brücke hinüber zu quälen. In der Zwischenzeit war es schon fast dunkel geworden, und der Aussicht auf dieser bescheuerten Insel im Stockfinsteren weiterzugehen, konnte er nichts abgewinnen. Unter einem nah gelegenen Hügel stieß Harry auf eine recht geräumige Höhle, in der ein einziger Dementor schwebte. Als Harry seinen Patronus auf ihn hetzte, stolperte der Dementor und fiel fast hin dabei. So etwas hatte Harry erst ein einziges Mal gesehen.
„Du bist ein Irrwicht!“, nickte er. „Wusste gar nicht, dass ihr auch in Höhlen lebt. Riddikulus!“ Der dunkle Mantel des Dementors flatterte wie von einem Windstoß erfasst davon und der Irrwicht schoss hinaus.
„Was meinst du, Hermine? Wollen wir hier für heute Nacht Rast machen?“, fragte er und sie gab nickend ihr Einverständnis. Beide krabbelten froh in die Höhle hinein. Der Tag war sehr anstrengend gewesen. Wieder versuchte Harry die Wunde an seiner Schulter mit Magie verheilen zu lassen, doch auch diesmal ohne Erfolg. Die falsche Hermine sah ihm mitfühlend dabei zu, bis er entschied, dass es nicht funktioniere und stattdessen ein wenig Feuerholz heraufbeschwor und mit seinem Zauberstab ein kleines Lagerfeuer entzündete, an dem sie sich ein wenig aufwärmen und vor allem trocknen konnten. Auch die falsche Hermine setzte sich nah ans Feuer und hielt die blassen Hände vor die Flammen. Ein gewaltiges Knurren ließ beide zusammenzucken.
„Ähm...das war mein Magen.“, gab Harry zu. Er hatte seit dem Morgen nichts mehr gegessen. „Müsst ihr...musst du auch essen?“
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. Also beschwor Harry nur für sich selbst zwei Bratwürste und ein wenig Brot herauf, was er beides im Feuer röstete und dann hungrig in sich hineinstopfte. Seine beschworene Hermine sah schmunzelnd zu wie er schluckte und hinterher alles mit einer großen Flasche Kürbissaft hinab spülte.
„Aber schlafen tut ihr auch, oder?“, wandte er an sie. Sie nickte. „Gut, dann sollten wir jetzt vielleicht am besten schlafen gehen.“ Wieder nickte sie. „Na dann...ähm...gute Nacht.“ Die falsche Hermine beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange, als ob sie so eine Antwort zeigen wolle. Und als sich Harry, noch nah am wärmenden Feuer, rücklings auf den Boden legte, krabbelte sie zu ihm, schmiegte sich an ihn und legte ihren Kopf und eine Hand auf seine Brust, genauso, wie es die echte Hermine immer tat. Harry schloss vor Anspannung die Augen und zum ersten Mal an diesem Tag spürte er wieder seine rebellierende Erektion, die ihm unmissverständlich mitteilte, dass es jetzt langsam wieder an der Zeit für ihn war, heim und zu Hermine zu gehen.

Mitten in der Nacht erwachte Harry plötzlich. Das Feuer war fast komplett runter geglimmt, und die Höhle lag in vollständiger Düsternis. Er spürte, dass etwas an seinem Schuh zu knabbern begonnen hatte.
„Lumos!“, rief er und sah im Schein seines Zauberstabs, das ein haariges, kaum dreißig Zentimeter großes Wesen mit übergroßem, grauen Kopf, gerade versuchte seinen Stiefel zu verspeisen. Harry sprang auf (wobei er die falsche Hermine unsanft weckte) und versetzte dem Pogrebin (um einen solchen handelte es sich nämlich) einen saftigen Tritt, sodass dieser mit einem Jaulen in hohem Bogen aus der Höhle heraus flog.
„Ich hab eigentlich Glück, dass es nichts Schlimmeres war!“, dachte er. „Ich hab ganz vergessen, Schutzzauber auf die Höhle zu sprechen...“ Sofort holte er dies nach und sicherte ihren Schlafplatz gegen Zauberer, Monster und (obwohl das eigentlich unnötig war) auch gegen Muggel. Er wollte seine Ruhe haben. Nach den Strapazen des Tages wollte er tief und fest die Nacht durchschlafen. Er legte sich wieder seiner beschworenen Hermine, die anscheinend in keinster Weise nachtragend war und sich, sobald er wieder lag, wohlig an ihn schmiegte. Es war schön für Harry, nach fast einem Jahr endlich mal wieder Nachts die Nähe von jemandem zu spüren, auch wenn es nur eine billige Kopie war. Er schloss die Augen und schnell waren die beiden eingeschlafen.

Es war schon später Morgen als Harry aufwachte. Er fühlte, wie sich ein Körper sanft an seinen schmiegte und für einen kurzen Moment lang dachte er, das verdammte Aurorentraining sei vorbei und er wäre daheim in Godrics Hollow und läge in seinem Schlafzimmer bei Hermine. Doch als er den unbequemen, rauen Steinboden der Höhle wahrnahm fiel ihm alles wieder ein und er musste nicht erst die Augen öffnen und die beschworene Hermine neben sich sehen um zu wissen, dass er sich noch mitten in der Abschlussprüfung befand. Er weckte sie und nachdem er ein paar Frühstücksbissen herunter geschluckt hatte, setzten die beiden ihren Weg Richtung Osten fort. Das Wetter war wieder ungemütlicher geworden: Es schneite erneut und Harry musste die falsche Hermine wieder mit einer Hand festhalten, um sie durch den höher und höher werdenden Schnee zu führen. Bald waren seine Haare voller Schnee und seine Nasenspitze schien nur noch aus Eis zu bestehen.
Das anfangs noch offene Land schien sich nun zu verengen. Hohe Klippen taten sich nach und nach links und rechts von den beiden auf, sodass sie bald nicht nur irgendwie durch das Gelände nach Osten gingen, sondern praktisch einen Pfad benutzten. Er war etwas leichter zu gehen, fast so, als würde dieser Weg öfters benutzt werden im Gegensatz zu der Schneewildnis vorher. Sie kamen ein wenig schneller voran jetzt und sogar der Schnee legte sich nach einer Weile wieder. Als zwei Uhr schon vorbei war, machten die beiden eine kleine Rast. Auch die falsche Hermine schnaufte. Sie ermüdete ebenso wie jeder normaler Mensch. Harry war ein wenig nervös, dass sie an diesem Tag noch völlig unbehelligt geblieben waren. Überhaupt verlangte diese Prüfung vor allen Dingen durch Schneestürme und dem beschwerlichen Weg weitaus mehr an Kraft und Ausdauer ab statt Kampfgeschick. Außer den Harpyien, den Doxys und den zwei Zauberern hatte sie in den anderthalb Tagen noch nichts angegriffen. Unruhig trommelten seine Finger auf seinen Knien herum. Anderthalb Tage war er jetzt schon unterwegs. Das war bereits die Hälfte der Zeit der Prüfung, und noch immer kam ihm nichts von der Gegend hier bekannt vor, und er konnte nicht sagen, wie weit es noch bis zum Platz der Magier sein musste. Ärgerlich trank er einen Schluck Wasser und erklärte, dass er nun weitergehen wollte.
Sie folgten dem Weg weiter und nach vielleicht einer halben Stunde verlief er in einem Bogen und endete noch schmaler als ohnehin schon. An seiner engsten Stelle stand ein monströses, kräftiges Wesen. Vier Meter hoch und mit fahlgrauer Haut. In seiner großen Pranke hielt er eine gigantische Keule.
„Ein Bergtroll!“, rief Harry. „Na ja, so was haben wir ja schließlich schon mal geschafft, oder?“ Die falsche Hermine lächelte ihn ahnungslos an und legte den Kopf schief. Da fiel Harry auf, dass dies ja gar nicht die echte Hermine war, nicht die, die er mit Ron zusammen in ihrem ersten Schuljahr vor dem Troll hatte retten wollen. „Gut, warte hier!“, meinte er und schlich sich näher heran. Deckung gab es nicht viel: Die Felshänge stiegen zu beiden Seiten steil an und boten kaum Platz, um Harry zu verstecken. Wachsam hob der Troll seinen Kopf und schnüffelte aufgeregt, als Harry vielleicht noch zehn Schritte entfernt hinter einem kleinen, steinernen Vorsprung stand.
„Keine Chance, näher komm ich unbemerkt nicht...“, dachte Harry. „Vielleicht wenn...“ Doch bevor er den Gedanken noch zu Ende denken konnte, zerbrach der Fels vor ihm wie Reisig, als die dicke Keule des Trolls ihn mit einem Schlag kaputt haute. Harry hatte gerade noch so viel Verstand wegzuspringen, als der Stein in sich zusammenfiel. Der Troll musste ihn bemerkt haben. Im Schnee gelandet, rollte er sich rasch weg, als der Troll einen zweiten Angriff unternahm und ihn die furchtbare Waffe beinah getroffen und todsicher zerschmettert hätte. Der Troll grunzte und seine freie Hand fegte über den Schnee um Harry zu packen, doch er wich aus und sprang einen Satz zurück. Er hob seinen Zauberstab und schoss einen Fluch auf den Troll, der jedoch von seiner dicken Haut zurückprallte. Der Troll kratzte sich unbeeindruckt an der getroffenen Stelle, schmatzte einmal und ließ dann ein lautes Brüllen ertönen. Wieder schwang er seine Keule, und nur um Haaresbreite verfehlte er Harry diesmal. Wieder schoss er einen Fluch auf ihn, der den Troll diesmal auf die Nase traf. Er heulte einmal kurz vor Schmerz auf, wurde aber jetzt noch wilder und schlug schneller und stärker um sich. Die folgenden Zauber und Flüche waren so wirkungslos, dass Harry genauso gut Erbsen auf ihn hätte werfen können.
„So ein blödes Vieh!“, dachte Harry wütend, als er nur mit Mühe der Keule ein weiteres Mal ausweichen konnte. Wieder schmerzte seine Schulter. Noch immer war die Wunde nicht verheilt. „Trolle...“, dachte er verächtlich, während er hin und her sprang und seine Zauber doch nichts nützten. „Nur Kraft, aber strohdumm!“ Doch das brachte ihn auf eine Idee. „Persequo!“
Der Köderzauber schoss den Weg entlang den sie gekommen waren und musste irgendwo ein Ziel getroffen haben, denn der Troll hielt in seinem Angriff plötzlich inne, hob nachdenklich den Kopf und lief dann mit donnernden Schritten davon.
„Hermine, komm, komm!“, schrie Harry, sie kaum aus ihrem Versteck heraus und die beiden rannten so schnell ihre Beine sie nur trugen in entgegengesetzte Richtung davon, so weit weg wie möglich von dem Engpass, den der Troll zu bewachen schien und Harry hoffte, dass er sie nicht verfolgen würde. Sie liefen und liefen. Zwei Doxys versuchten sie im Lauf zu erwischen, doch mit einem Schlenker von Harrys Zauberstab flogen sie eilends und laut aufheulend davon. Bald schon begann der Weg sich wieder zu verbreitern, die Steilhänge an beiden Seiten verschwanden und sie waren aus dem engen Pass heraus gekommen. Harry und die falsche Hermine ließen sich in den Schnee fallen, rangen um Atem und zumindest Harry beschwerte sich über Seitenstiche.

Sie waren noch nicht lange unterwegs, als ein lautes, donnerndes Geräusche die beiden aufhorchen ließ. Es klang wie eine ganze Herde galoppierender Pferde. Der Lärm verstärkte sich und die beiden liefen eiligst hinter einen Felsen in Deckung, als auch schon eine Meute Tierwesen vorbeilief. Harry hatte solche Geschöpfe noch nie gesehen: Sie sahen entfernt so aus wie Wildschweine, nur dass sie längere, gebogene Hauer und rötlich-gelbes Fell hatten und außerdem die Größe eines großen Pferdes. Sie stampften einmal auf der Stelle, grunzten und galoppierten mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit weiter, wobei sie wieder einen ohrenbetäubenden Lärm veranstalteten (bei dem die falsche Hermine sich tatsächlich die Ohren zuhalten musste). Die großen Wildschweine, bestimmt vierzig oder fünfzig Stück preschten in den Engpass zwischen den Felsen hinein, wobei sie eine ganze Ladung Schnee mitnahmen. „Kein Wunder, dass der Pfad dahinten einigermaßen eben war...“, grinste Harry und sah der Herde nach. „Gut, dass die da nicht durchgaloppiert sind, als wir da noch waren. Mal wieder Glück gehabt. Ich frag mich was mit dem Troll passiert.“
Die falsche Hermine zuckte mit den Schultern und sie zogen weiter. Nach einiger Zeit folgte ein flaches Tal, und Harry brauchte nicht erst die Blutlachen zu sehen um zu ahnen, dass hier ein Kampf stattgefunden hatte. Ein großes, offenbar totes Tier lag auf der Seite im Schnee. Als er näher kam, erkannte er, dass es eins der großen Wildschweine war. Dahinter war ein junges, blondes Mädchen, das ebenso blass wie sein Schützling war. Es musste ebenfalls eine beschworene Person sein.
„Was ist denn hier geschehen?“, fragte Harry und die Gestalt wies schniefend auf den Kadaver des großen Tieres. Darunter war ein Stöhnen und Ächzen zu hören. „Wer ist da?“, rief Harry. Wieder stöhnte es unter dem toten Wildschwein.
„Verdammt Harry, jetzt hilf mir schon!“, keuchte eine Stimme, die er als Thomas' erkannte. „Ich krieg den scheiß Ripper nicht von mir runter, ich brauch deine Hilfe, sonst verreck ich hier noch! Mein Schwebezauber reicht nicht allein.“
Mit vereinten Kräften konnten sie das schwere, tote Vieh von Thomas herunter schweben lassen. Thomas keuchte und rang nach Luft, während er sich einen Hauer des Wildschweins aus dem Arm zog.
Die beschworene Frau hängte sich an seinen Hals und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Vielen Dank, Harry...“, japste er. „Ich dachte schon, ich würde da krepieren...diese verdammte Herde hat mich total überrascht...zum Glück sind die Zähne nicht giftig. Episkey!“ Die Wunde in seinem Arm begann zu verkrusten und verheilte schließlich.
„Wie hast du gesagt heißen diese Geschöpfe?“
„Ripper.“, erwiderte Thomas. „Frag mal Lars, der müsste eigentlich besser darüber Bescheid wissen. In Deutschland gibt’s glaub ich keine...“
„Hast du Lars gesehen?“
„Einmal sind wir uns über den Weg gelaufen. Es war Mittag, glaub ich. Ich wollte weiterziehen, aber er wollte erst Rast machen. Da bin ich alleine weitergezogen.“
Harry nickte und deutete auf die beschworene Frau, die immer noch um Thomas' Hals hing.
„Wer ist es bei dir?“
„Katja, meine Freundin...“, schnaufte Thomas. „Und bei dir?“, fügte er mit einem Blick auf Harrys Schützling hinzu. „Deine Verlobte, diese...Hermine?“
„Jepp.“
„Wow...Glückwunsch.“, lächelte Thomas. „Ein hübsches Mädchen. Sieh bloß zu, dass du mich zur Hochzeit einlädst!“
„Blödmann!“, grinste Harry. „Wollen wir zusammen weitergehen?“ Doch Thomas schüttelte den Kopf. „Ich mach jetzt erst Rast und ich glaub, ich geh erst weiter, wenn es schon Abend wird. Dieser Ripper hat mich viel zu sehr geschafft.“
„Du weißt, dass wir nur noch bis übermorgen früh Zeit haben, nicht wahr?“
„Ja, tu ich. Aber es bringt auch nichts, wenn ich erschöpft von irgendwelchen Doxys angegriffen und totgebissen werde, oder?“, grinste Thomas. Harry musste ihm Recht geben.
„Na schön. Nimm's mir nicht übel, aber ich zieh weiter...“
„Viel Glück noch.“, nickte Thomas. „Ach ja, eins noch!“, rief er ihnen hinterher, als die beiden schon fast aus dem Tal heraus waren. „Wenn du nachher zu einer Weggabelung kommst, nimm nicht den rechten Weg! Der führt in eine Sackgasse.“
„Danke.“
„Ein ukrainischer Eisenbauch hat da sein Nest.“, fuhr Thomas fort. „Glaub mir, da willst du nicht hin. Wenn Maurice mir nicht zu Hilfe gekommen wäre, hätte der mich glatt gegrillt!“
„Maurice hat dir geholfen?“, fragte Harry überrascht. Er erinnerte sich, wie Maurice in der Zwischenprüfung ebenfalls auf den Opalauge getroffen war und sofort die Flucht ergriffen hatte.
„Ja, hat er...hat ihm einen Fluch ins Auge geschossen und mich dann weg gezerrt. Oh Mann...Drachen, Ripper, Trolle...warum wollt ich eigentlich Auror werden?“ Er schloss die Augen und ließ sich erschöpft auf den Rücken fallen. Die falsche Katja strich sanft über seine Brust.

Schon bald traf Harry auf die Weggabelung, die Thomas gemeint haben musste. Ein hoher Fels tat sich in der Mitte auf (es konnte aber auch der Anfang eines Gebirges sein) und trennte den Weg in zwei Pfade. Da Harry nicht das geringste Bedürfnis hatte, in einer Sackgasse mit einem wütenden, großen Drachen zu landen, schlug er den linken Pfad ein. Eine schwarzgekleidete Gestalt sprang hinter einem Felsen hervor und richtete den Zauberstab auf Harry, doch Harry hatte sich inzwischen so sehr daran gewöhnt, ständig mit einem Angriff zu rechnen, dass er den Mann mühelos entwaffnete.
„Gut gemacht...“, nickte er. Er schlug die Mütze zurück. Er hatte den Kerl noch nie gesehen. „Es ist nicht mehr weit für Sie, Mr. Potter. Wenn Sie nun so freundlich wären und mir meinen Zauberstab wiedergeben würden? Ich muss weiter die Schüler prüfen.“
Harry gab ihm den Zauberstab zurück, ließ den Mann stehen und zog die falsche Hermine weiter hinter sich her.
„Stupor!“ Doch blitzschnell wirbelte Harry herum und sein heraufbeschworener Schild ließ den Schockzauber, den der Mann auf ihn geschossen hatte mühelos abprallen.
„Man kehrt einem Unbekannten nie den Rücken zu.“, erklärte dieser. „Und wie gesagt: Ich muss die Schüler weiter prüfen.“
„Petrificus Totalus!“ Die Ganzkörperklammer traf den Mann direkt in den Bauch. Seine Arme sprangen an seine Seite und wie ein Brett fiel er rücklings in den Schnee hinein.
„Ich bin sicher, irgendjemand von Ihren Kollegen wird Sie schon befreien...“, meinte Harry kalt. „Ich kann ja schließlich nicht riskieren, dass Sie mich noch mal von hinten angreifen!“

Als er am Ende des Pfades ankam, merkte er, dass auch dieser in einer Sackgasse endete. Missmutig starrte er die vollkommen glatte und steile Felswand hoch. Hinaufklettern war unmöglich. „Ob Thomas mich reingelegt hat?“, überlegte er. Aber irgendwie konnte er das nicht recht glauben. „Hier kommen wir jedenfalls nicht weiter.“, richtete er an die falsche Hermine. „Wir müssen irgendwie drum herum gehen, schätze ich.“ Sie nickte. „Tja...wollen wir dann weiter?“ Diesmal nickte sie nicht. Sie runzelte die Stirn und zeigte auf den Himmel, der sich schon in der Abenddämmerung befand.
„Okay, auch wieder wahr...“, nickte Harry und gähnte herzhaft. „Vielleicht sollten wir jetzt Nachtruhe machen...in einer Stunde wird man eh die Hand vor Augen nicht mehr sehen...“ Eifrig nickte sie, und als Harry zur Sicherheit wieder einige Schutzzauber ausgesprochen und sich hingelegt hatte, krabbelte sie wieder zu ihm und schmiegte sich an ihn, bis beide eingeschlafen waren.

Am nächsten Morgen fanden sie links von sich einen weiteren Pfad, der weiter nach oben und offenbar in einen Gebirgspfad führte. Hier war es beschwerlicher zu gehen als je zuvor. Der Schnee stand meterhoch, und oft mussten sie mehr klettern und kraxeln als dass sie richtig gehen konnten, zumal der kantige, glatte Felsen kaum Möglichkeiten bot, um sich daran festzuhalten. So rutschten sie des öfteren ab und glitten wieder zurück. Wenigstens wurden sie hier von Doxy-Angriffen verschont, trotzdem erwies sich der Aufstieg als unsagbar schwer und schien ewig zu dauern. Wieder begann seine Schulter zu schmerzen und Schwindel überkam ihn, er schob das jedoch auf den Höhenunterschied, obwohl er wusste, dass das nicht stimmte. Erst als Mittagszeit bereits vorbei war, hatten die beiden den Gipfel der Gebirgskette endlich erreicht. Erleichtert atmete Harry auf. Sie befanden sich nun an einem der höchsten Punkte der Insel und wenn er zurückschaute, konnte er den Weg, dem sie an den beiden vergangenen Tagen gefolgt waren, komplett zurückverfolgen. Er sah das Tal und den Engpass und, wenn er die Augen zusammenkniff, meinte er auch ganz schwach die Brücke zu erkennen. Er drehte sich Richtung Osten und merkte, dass ihm die Hügelkette und eine lange Reihe von Tannen vage bekannt vorkamen, und er erinnerte sich, dass sie hier schon einmal während des Trainings lang marschiert waren. Und es war damals kein langer Marsch vom Platz bis hierher gewesen. Aufgeregt stapfte er ein paar Schritte weiter und sah, am Fuß des Gebirges und hinter einem kleinen Wäldchen aus Tannen, neun sehr kleine und eine nicht ganz so kleine Hütte um einen Platz stehen. Es war der Platz der Magier.
„Geschafft! Geschafft!“, schrie Harry voller Freude. Es mochten vielleicht gerade mal zwei oder drei Stunden Weg bis dahin sein. Er hatte schon befürchtet, nicht mehr innerhalb der drei Tage anzukommen, doch jetzt war er sich sicher, dass er die Abschlussprüfung bestehen würde. Den Rest des Weges kannte er sogar, und musste ihn nicht mehr aufs Geratewohl in der Wildnis finden. „Wir haben's geschafft!“, rief er noch einmal und riss die Arme um die falsche Hermine. Ein lautes Schnauben ließ ihn zusammenzucken. Auf großen, vierzehigen Füßen gehend stapfte aus einer der Höhlen ein Graphorn heraus, ein großes, gräulich purpurnes Geschöpf mit buckligem Rücken und zwei langen, scharfen Hörnern. Offenbar war er durch Harrys Freudenschreie aufgeschreckt und aus seinem Mittagsschlag gescheucht worden. Er sprintete auf die beiden los und Harry war für einen Moment starr vor Schock, da dieser Angriff für ihn komplett unerwartet kam. Im letzten Moment schubste er die beschworene Hermine in den Schnee hinein um sie vor dem Angriff zu schützen, wobei eins der Hörner des Graphorns jedoch seinen Handrücken erwischte und wie mit einem Rasiermesser einen langen, dünnen Schnitt darüber zog. Harry erinnerte sich, wie Dwight ihnen die empfindlichsten Stellen dieses Wesens aufgezeigt hatte, und ein paar Sprengflüche in die Augen und an den Hals trieben den Graphorn jaulend zurück in seine Höhle. Dann knickten Harry jedoch die Beine ein. Seine Augen tränten, und die Wunde des Graphorns schmerzte mehr als dies für einen kleinen Schnitt üblich war. Auch seine Schulter fühlte sich an, als wäre sie wieder aufgerissen worden, und erneut befiel das Schwindelgefühl ihn, nur diesmal stärker als die Male zuvor. So stark, dass ihm schlussendlich die Augen zufielen und er, in tiefem Schlaf versunken, komplett in den Schnee fiel, während die falsche Hermine noch kräftig an seinem Ärmel zerrte.

Wohlig kuschelte sich die echte Hermine abends in die feuerroten Kissen des Bettes hinein. Es war nur noch eine Nacht. Bereits morgen um diese Zeit würde Harry wieder bei ihr sein. Erleichtert seufzte sie tief auf und merkte, wie ihr Herz vor Vorfreude schon zu klopfen begonnen hatte.
„Ach Schatz, morgen bist du wieder da...“, flüsterte sie noch, als sie auch schon in einen tiefen Schlaf hinabsank. Die ganze Nacht hindurch träumte sie von Harry.

Harry öffnete die Augen, aber er hätte sie genauso gut geschlossen halten können, so abgrundtief dunkel war es um ihn herum. Das einzige, was er wahrnahm, war die falsche Hermine, die an seinem Arm rüttelte. „Lumos!“ Sein Zauberstab erhellte ihr blasses, besorgtes Gesicht und sein Blick fiel auf die Wunde an seiner Schulter. Sie war gelblich angelaufen. „Episkey!“ Doch wieder hatte der Heilzauber keinen Erfolg und Harry hatte im Grunde auch nicht damit gerechnet. Die Wunde des Graphorns an seiner Hand konnte er jedoch verheilen lassen. „Oh Merlin...offenbar ist da so ein Schlafgift in den Krallen bei Harpyien...“, vermutete er. „Oder es war einfach die Anstrengung, dass ich plötzlich eingeschlafen bin...“, murmelte er. „Wie spät ist es?“, fragte er panisch. „Kann ich die Prüfung noch bestehen?“ Die beschworene Hermine zuckte mit den Schultern und deutete auf Harrys Armbanduhr. Es war vier Uhr früh.
„Das wird knapp!“, schimpfte Harry. „Verdammt, wie lange hab ich denn geschlafen?“ Doch er merkte, dass seine Schulter stärker zu schmerzen begann, wenn er sich aufregte. „Okay, gut...“, meinte er schließlich und schnaufte tief durch. „Können wir weiter, Hermine? Wir sind bald da.“
Die falsche Hermine nickte und im Schein von Harrys Zauberstab liefen sie die Gebirgskette entlang.

Es war tatsächlich sehr knapp. Zwar wurden sie in der Dunkelheit nun nicht mehr angegriffen, aber sie kamen auch langsamer voran als noch bei Tageslicht. Während sie noch mit dem Abstieg beschäftigt waren, dämmerte es bereits und begann hell zu werden.
„Verdammt!“, schrie Harry. „Komm jetzt!“ Die falsche Hermine warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, der zu sagen schien, dass sie bereits so schnell lief wie möglich. „Okay, tut mir Leid!“, lenkte er ein. Im Tannenwäldchen angekommen, flog noch einmal ein Schwarm Doxys auf sie zu, doch Harry war jetzt so zorneserfüllt, das sie aufheulten, als ob sie von einem besonders schmerzhaften Fluch getroffen worden wären, ohne dass er in irgendeiner Weise gezaubert hatte. Wieder schmerzte seine Schulter, doch dies ignorierte er jetzt. Harry und die beschworene Hermine drängten sich zwischen den Tannen hindurch und liefen, so schnell sie ihre Beine trugen, dem Platz der Magier entgegen, wo sie vor der großen Statue keuchend in den Schnee fielen. Noch immer hielt Harry die falsche Hermine fest an der Hand. Selbst sie atmete schwer.

„Na also, Harry...“, lächelte Dwight. „Es sind noch zwei Stunden bis zur Deadline. Sie haben's geschafft, Sie sind jetzt ein Auror!“ Harry grinste, schloss die Augen und lehnte sich schwer atmend gegen den großen Fuß der Statue zurück. Die Hand der falschen Hermine strich sanft über seine Brust.
„Ich fürchte, wir können Ihnen da nicht ganz zustimmen, Dwight!“, rief Taylor in diesem Moment.
Dwight sah ihn stirnrunzelnd an.
„Wieso? Harry ist definitiv vor Ablauf der drei Tage hier erschienen.“
„Das mag stimmen.“, nickte Taylor. „Aber laut Aufgabe war es vorgegeben, ohne Verletzung hier zu erscheinen...“
„Und wie Sie sehen, ist Mr. Potter an seiner Schulter verletzt. Damit hat er die Abschlussprüfung nicht bestanden.“, fügte Boulez hinzu. Harry stand bestürzt auf. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. Kaum dass er stand, wollten seine Beine wieder nachgeben und beinah wäre er zu Boden gestürzt. Die falsche Hermine strich zärtlich über seinen Arm und hielt ihn fest. Fassungslos starrten Harry und Dwight die beiden an.
„Das ist lächerlich!“, schnaubte Dwight.
„Nein, es ist die Aufgabenstellung.“, erklärte Taylor mit einem unsympathischen Lächeln, das beinah irgendwie hämisch wirkte.
„Nein, das ist Blödsinn!“, korrigierte Dwight. „Kein Auror wird in seinem Beruf sein Leben lang unverletzt bleiben. Harry hat nur eine Schramme, und Sie beide sind nur eifersüchtig, weil Ihre eigenen Schüler...“
„Zugegeben, es ist ziemlich anspruchsvoll, aber es ist immerhin die Aurorenprüfung!“, erinnerte ihn Boulez mit Nachdruck.
„Entschuldigung?“, rief Harry mit lauter Stimme. Die drei Auroren wandten ihren Blick in seine Richtung. „Ich glaube, Sie irren sich...“, flüsterte er und zog den Brief hervor, den er aufgehoben hatte. „Wie in der Aufgabenstellung steht, soll der Schützling unverletzt am Platz der Magier auftauchen. Vom Aurorenschüler steht hier nichts. Und da die Hermine-Kopie keinen Kratzer hat...“
„Zeigen Sie her!“, rief Taylor barsch. Er riss Harry den Brief aus der Hand und alle drei Auroren lasen ihn in aller Eile durch.
„Ich fürchte, so einfach ist das nicht, Mr. Potter!“, antwortete Boulez. „Man kann es so interpretieren wie Sie sagen, es kann aber auch bedeuten, dass nur Sie und nicht Ihr Schützling hier unverletzt erscheinen müssen.“
„Bringen Sie die beschworene Person innerhalb von drei Tagen heil und unbeschadet zum Platz der Magier...“, las Taylor vor. „Es ist vom Wortlaut nicht eindeutig, es kann sich genauso gut nur auf Sie beziehen, Potter.“
„Das ist doch völliger Scheiß!“, brüllte Dwight.
„Bewahren Sie bitte ruhig Blut!“, meinte Taylor kühl. „Natürlich ist es schlimm, wenn einer der eigenen Schüler die Prüfung nicht besteht, aber...“
Die Worte blieben Taylor jedoch im Hals stecken. Seine Augen quollen ein Stück hervor, sein Hals spannte sich an, er würgte und dann spuckte er unter einem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck eine große, schleimige Schnecke aus. Nur Sekunden später folgte die zweite.
Einige Schritte von Taylor entfernt stand Eric Fawcett. Er hatte eine grimmige, unbarmherzige Miene aufgesetzt und den Zauberstab direkt auf Taylor gerichtet.
„Damit dass die eigenen Schüler die Prüfung nicht bestehen, sollten Sie doch beste Erfahrungen haben, Taylor!“, brummte er. „Diesen Zauberspruch wollte ich schon immer mal ausprobieren!“, fügte er hinzu und steckte den Zauberstab wieder weg. Taylor würgte eine weitere Schnecke hervor. Ein langer Schleimfaden von ihr hing ihm aus dem Mund.
„Ich kann nicht glauben, wie lächerlich Sie sich benehmen!“, fuhr er Taylor und Boulez an. Seine blauen Augen funkelten die beiden an. „Und Sie wollen Auroren sein...“ Langsam und würdevoll trat er zwischen die vier Personen. „Ich habe den Brief verfasst, also erlauben Sie mir wohl auch, meinen eigenen Wortlaut zu interpretieren!“, rief er. „Selbstverständlich ging es in dieser Aufgabe darum, den SCHÜTZLING heil und unbeschadet hierher zu bringen. Hätten Sie Ihren gesunden Menschenverstand eingesetzt wie Mr. Potter, hätte Ihnen das klar sein müssen. Warum sollte ein Auror hier unbeschadet ankommen, die Person die er beschützen sollte allerdings verletzt abliefern dürfen? Das ist himmelschreiender Unfug!“ Boulez zitterte unter seinen Worten, Taylor krabbelte eine weitere Schnecke die Kehle herauf. „Es gehört praktisch zur Aufgabe eines Auroren verletzt zu werden!“, verkündete Fawcett. „Darf ich Sie Taylor, daran erinnern, dass Sie noch nach dem zwanzigsten Einsatz so stark verletzt zur Zentrale zurückkamen, dass man Sie nicht mehr erkennen konnte?“ Boulez lachte. „Lachen Sie nicht Boulez, Sie konnten es nach Ihrer Aurorenausbildung bestenfalls mit einem Grindeloh aufnehmen!“, wies ihn Fawcett zurecht. Boulez' Lachen blieb ihm im Halse stecken. „Was Sie beide einfach nicht ertragen können ist die Tatsache, dass es neue Auroren auch nach uns geben wird. Und dass sie vielversprechend sein können.“ Fawcett klopfte Harry auf die Schulter. „Ich habe die Abschlussprüfung von Ihnen beiden damals besichtigt und ich kann mit Gewissheit sagen, dass der junge Mr. Potter talentierter ist als Sie beide zusammen. Er besitzt Mut und Tapferkeit und Verstand wie ich es Ihnen nicht zutrauen würde, und ich bin sicher, dass er einer der besten Auroren sein wird, die die Zaubererwelt je gesehen hat.“ Ein warmes, angenehmes Gefühl zog sich durch Harrys Körper und es fiel ihm schwer zu verbergen, wie geschmeichelt er war. Dwight und die falsche Hermine lächelten ihm gleichermaßen zu. „Dennoch wäre mir ein einstimmiges Ergebnis sehr entgegenkommend.“, meinte Fawcett. „Ich, Eric Fawcett, Leiter der internationalen VAST und damit höchster Auror, erkläre hiermit, dass Mr. Potter die Abschlussprüfung im Zuge der internationalen Aurorenausbildung mit voller Punktzahl erfolgreich abgeschlossen hat und ihm damit das Aurorenzertifikat mit Bestleistung ausgehändigt wird. Haben Sie etwas dagegen, Boulez?“
„Nun...mit Bestleistung...“, doch Fawcetts scharfer Blick ließ ihn zusammenschrumpfen. „Nein, Sir. Ich habe nichts dagegen.“, erklärte er rasch.
„Und Sie, Taylor?“
„Nein, Sir...“, würgte Taylor zwischen zwei weiteren Schnecken hervor. Er war mittlerweile auf dem Hosenboden in den Schnee gesunken.
„Und Sie sicherlich auch nicht, oder Dwight?“
„Nein, Sir!“, erwiderte Dwight, der sich das Lachen kaum noch verkneifen konnte. „Wirklich nicht...“
„Was lachen Sie noch?“, schimpfte Fawcett und sah ihn mit ernstem Blick an. „Ich glaube, hier gibt es nichts zu lachen!“
„Noch mal gut gegangen, was?“, murmelte eine Stimme in Harrys Ohr. Er fuhr herum und erkannte, dass es Chris war. Er war anscheinend unverletzt, wirkte aber schrecklich müde und ausgelaugt. An seinen Arm klammerte sich eine beschworene Person die Lavender absolut identisch sah.
„Chris!“, rief Harry. „Hat alles geklappt?“
„Ja, hab Lavender 2 hierhin bringen können...“, grinste er. „Alter, war aber nicht einfach. Hattest du auch einen Jeti?“
Doch Harry kam nicht mehr dazu zu antworten, denn Dwight zog die beiden zur Seite.
„Herzlichen Glückwunsch, Gentlemen.“, lächelte er. „Ich bin sehr stolz, dass Sie beide die Abschlussprüfung bestanden haben. Obwohl ich daran nicht einen Moment gezweifelt habe!“, fügte er hinzu. „Hier Harry, das sollte gegen das Harpyiengift helfen. Einfach dick auftragen!“, und damit drückte er Harry eine bauchige Phiole in die Hand.
„Woher wissen Sie das?“, fragte Harry. „Ich meine, dass das eine Harpyie war?“
„Na hören sie mal, ich bin immerhin Auror.“, bemerkte er. „Wie Sie beide jetzt auch!“, setzte er grinsend hinterher. „Wissen Sie, nach einigen Jahren bekommt man einfach ein Gespür dafür, welches Monster da seine Krallen ins Fleisch gerammt hat. Glauben Sie mir, es gibt kein Tierwesen, das mich noch nicht verletzt hat.“ Er überlegte kurz. „Außer einem Mantikor, glaub ich...“
„Nun Potter, Wenders, hat mich gefreut!“, knurrte Fawcett, der zu ihnen herüber geschritten kam. Er reichte jedem der beiden die Hand und schüttelte sie mit festem Griff. „Machen Sie was draus, ich könnt mir vorstellen, dass Sie schneller benötigt werden als Sie denken...ach ja, die brauchen Sie jetzt ja nicht mehr.“ Mit einem kräftigen Schlag seines Zauberstabs klopfte er der falschen Lavender auf den Kopf, worauf sie sich in Luft auflöste. Die falsche Hermine winkte Harry noch einmal zu, bevor auch Sie von Fawcetts Zauberstab erwischt wurde. Beinah bestürzt schauten Harry und Chris den beiden nach.
„Keine Sorge...“, meinte Fawcett und das erste Mal erkannten sie ein Lächeln auf seinem Gesicht. „Ich denke, es gibt jetzt etwas weitaus Besseres für Sie als diese Kopien...apropos, das erinnert mich an was!“ Er richtete seinen Zauberstab auf die Küste hinaus, murmelte etwas und da brach auch schon mit einer gewaltigen Flutwelle das scharlachrote Schiff Owens aus dem Meer heraus und begann sacht auf dem Wasser hin und her zu schwanken.
„Ich denke, wir haben Potter und Wenders lange genug festgehalten. Was meinen Sie, Dwight?“
„Ganz Ihrer Meinung, Sir.“, lächelte Dwight.
„Dann, gute Heimreise Ihnen beiden!“, fügte er an Harry und Chris gewandt hinzu. „Denken Sie dran: Machen Sie was draus!“
Und bevor sie noch antworten konnten, verschwand Fawcett mit einem großen Knall wie vom Erdboden verschluckt. Entweder der Apparierschutz war nun aufgehoben, oder er beherrschte Magie, von der Harry und Chris noch nie gehört hatten.
„Dann kommen Sie.“, lächelte Dwight und führte die beiden auf das Schiff.
„Sir, wann bekommen wir unser Aurorenzertifikat?“, fragte Chris.
„Die Zeugnisse werden Sie vermutlich in einer Woche von Owen erhalten. Diesen Spaß wird er sich wohl noch gönnen, obwohl er viel zu tun hat.“
Harry wollte gerade (zum wiederholten Male) nachfragen, was Owen im Moment tat, aber eine andere Frage drängte sich in ihm auf.
„Sir, diese...diese beschworenen Schützlinge...“
„Sie stellten Personen nach die Ihnen besonders nahe stehen!“, erklärte Dwight und bestätigte damit Harrys Vermutung. „Genau genommen, die Person, die Ihnen am teuersten und wertvollsten ist und die Sie am meisten vermissen würden. Ich bin übrigens bewegt, dass dies gerade ihre Verlobten waren. Sie scheinen sie wirklich sehr zu lieben.“
„Klar doch.“, nickte Chris.
„Aber es war noch mehr als das Äußere!“, bohrte Harry nach.
„Was meinen Sie, Potter?“
„Na ja, diese falsche Hermine, die...die hat sich auch wie Hermine benommen.“, erklärte er. „Vom Wesen. Wie sie mich angelächelt hat. Und dass Sie besorgt meine Schulter untersucht hat, als die Harpyie mich angegriffen hat.“ Dass Sie nachts sich ebenso an ihn gekuschelt hatte wie Hermine das zu tun pflegte, verschwieg er jedoch.
„Das ist nichts ungewöhnliches.“, erklärte Dwight. „Die Schützlinge waren Projektionen aus ihren Gedanken heraus. Logisch, dass sie genauso agieren und handeln wie ihre Originale oder so, wie sie die Originale in Erinnerung haben. Nur kämpfen durften sie nicht für Sie, da dies sehr unfair hätte sein können. Es kann ja beispielsweise sein, dass Miss Granger besser kämpfen kann als Miss Brown, wodurch Sie einen Vorteil gehabt hätten.“, richtete er an Harry. „So, und an Bord sollten Sie sich erstmal gründlich duschen, umziehen und vielleicht auch ein paar Stunden schlafen. Am Abend werden wir in England sein.“
„Gute Idee...“, nickte Harry und gähnte herzhaft.

Harry und Chris stellten sich an die Reling des Schiffes und warfen einen letzten Blick auf die Insel Mjöllnir.
„Eigentlich hätten wir uns von den anderen noch verabschieden müssen...“, murmelte Harry. „Ich hätte gern gewusst, ob sonst alle bestanden haben...“
„Vielleicht haben wir ja noch mal Gelegenheit dazu...Boah, jetzt wird mir selbst England warm vorkommen!“, grinste Chris und lehnte sich lässig ans Geländer. Harry grinste zurück und tat es ihm gleich. Das letzte was sie von der Insel sahen, war wie Boulez sich noch voller Scham den Kopf kratzte, während Taylor weiterhin Schnecken hervorwürgte. Fawcett hatte ganze Arbeit geleistet. Dann sank das Schiff mit einem Strudel in die eiskalte Gischt des Meeres hinein.


Wie ihr merkt, werden die Kapitel jetzt ein wenig länger, damit ich die verbliebene Handlung von Verlangen und Liebe II noch in insgesamt 70 Kapitel reinquetschen kann, bevor Verlangen und Liebe III startet. So, liebe Leser, dann schreibt mal viele Kommis, es würd mich nämlich freuen, wenn wir mit dieser Geschichte noch über die 500-Grenze kommen würden.


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Am schwierigsten fand ich, das Tauchen technisch zu bewältigen und dabei auch noch zu spielen. Ich durfte nie vergessen, dass Harry Kiemen hat, also gar nicht atmet. Also hatte ich sorgsam darauf zu achten, dass ich keine Luftblasen ausatmete. Um mich herum konnte ich überhaupt nichts erkennen, ich hörte nur Jamies völlig unwirkliche Stimme. Ein absolut bizarres Erlebnis, aber ich fand es echt toll.
Daniel Radcliffe über Unterwasser-Dreharbeiten