Kapitel 5-FrĂĽher Freund, heute Feind
„Irgendwie trau ich dem Besen nicht…“, murmelte Hermine. „Ich meine, wer würde mir schon einen Besen schenken?“
„Ach komm schon Hermine, die Hälfte der Leute die uns was geschenkt haben, kennt uns nicht mal!“
Hermine sah ihn durchdringend an.
„Aber jemand, der mich nicht kennt, wird wohl kaum 500 Galleonen für mich ausgeben. Nein, der Besen wurde anonym geschickt, das ist mir zu gefährlich. Ich werde den Besen erst untersuchen lassen!“
„Wie du willst…“, meinte Harry Schultern zuckend. Sie wandten sich wieder dem Berg Geschenken zu, und fuhren fort auszupacken.
Als Harry und Hermine die, teilweise nĂĽtzlichen, teilweise unnĂĽtzlichen, Geschenke ausgepackt hatten, war es bereits elf Uhr geworden.
„Was möchtest du heute zum Mittagessen?“, fragte Hermine lächelnd. „Soll ich dir was Leckeres kochen?“
„Du musst nicht…“
„Ich weiß, ich muss nicht. Aber ich möchte es gern! Hast du auf irgendwas besonders Hunger?“
„Ich weiß nicht…vielleicht…Gulasch?“
„Gulasch ist kein Problem für mich!“, nickte Hermine.
„In der Speisekammer ist alles was wir dafür brauchen. Aber ich helf dir doch, oder?“
Hermine schĂĽttelte den Kopf.
„Tut mir leid Harry, das mach ich allein! Ich möchte für dich was kochen.“
„Aber…“
„Kein aber! Ist das denn so schlimm, dass ich was für dich kochen möchte? Herrgott, ich bin immerhin deine Frau!!!“
„Etliche Feministinnen würden bei diesem Satz den Kopf schütteln!“, meinte Harry.
„Es ist wirklich kein Problem!“, versicherte Hermine. „Ich hab zwar nicht vor, von nun an bis zu meinem Tod in der Küche zu stehen und zu putzen, aber das heißt ja nicht, dass ich es nie tue!“
Harry nickte und Hermine ging in die KĂĽche. Harry setzte sich jetzt mit dem Tagespropheten in das Wohnzimmer. Jetzt hatte er Zeit, die Zeitung ausfĂĽhrlicher zu lesen. Doch nicht ein einziger Artikel war interessant, es gab so gut wie keine Neuigkeiten.
Unwirsch warf er die Zeitung beiseite. Er nahm die Brille ab und fuhr durch seine Augen. Das mit den Dementoren lieĂź ihn einfach nicht in Ruhe.
Als Hermine ihn zum Essen rief, stand er auf und taumelte ein wenig. Er ging hinunter in die KĂĽche. Auf dem KĂĽchentisch stand eine Schale mit Gulasch und eine mit Spaghetti, dazu hatte Hermine einen Tomatensalat gemacht.
„Ich hoffe, es schmeckt dir, Süßer…“, lächelte Hermine und die beiden setzten sich.
Harry schmeckte es nicht gut. Es schmeckte hervorragend! Nie hatte er gedacht dass Hermine so gut kochen konnte, und das sagte er ihr auch. Hermine errötete leicht.
„Na ja, ich hab in den letzten drei Wochen nicht viel zu tun gehabt, da hab ich Kochbücher von meiner Mutter gelesen…“
Als beide, mit ein wenig Zauberkraft, das Geschirr gespült hatten, gingen sie in den Garten um in der Laube eine kleine Mittagsruhe einzuhalten. Sie legten sich beide in der schattigen Laube auf die weiße Bank, und sie genossen das Vogelgezwitscher und die Ruhe. Eine Stunde mochte so vergangen sein, als plötzlich das Klingeln einer Glocke zu hören war.
„Was ist das?“, fragte Hermine.
„Da will einer rein…“, antwortete Harry, auf dem Rücken liegend und mit geschlossenen Augen.
„Oh, versteh schon!“, giftete Hermine und stand auf. Sie umkreiste das Haus und ging zum Tor. Hinter den Eisenstäben erkannte sie eine blonde Gestalt.
„Lavender!“, rief Hermine und lief auf das Tor zu. Plötzlich fiel ihr etwas siedendheiß ein. „Warum sind wir Weihnachten in die Winkelgasse gefloht?“
„Weil du ein Kleid brauchtest um Harry noch mehr anzutörnen, damit er dich in der letzten Nacht bevor er los musste, auch schön schwindelig ficken konnte!“, antwortete Lavender mit rollenden Augen. Hermine war erleichtert. Kein Zweifel, das war Lavender.
Sie öffnete das Tor und die beiden Freundinnen umarmten sich.
„Ich wollt nur mal sehen, wie’s dir so geht.“
„Komm doch rein!“, lächelte Hermine und führte Lavender in das Haus, nachdem sie das Tor sorgfältig geschlossen hatte.
Lavender pfiff anerkennend, nachdem Hermine sie in die Eingangshalle des Hauses gefĂĽhrt hatte.
„Wusstest du denn nicht, wie es hier aussieht?“
„Nein. Ich hab zwar beim Bau geholfen, aber mit der Inneneinrichtung hab ich nichts zu tun. Eigentlich war ich nur im Garten.“
Die beiden gingen in die KĂĽche und setzten sich an den Tisch, auf dem Harry und Hermine es noch wenige Stunden zuvor getrieben hatten.
„Möchtest du einen Tee?“
„Gerne.“
Hermine setzte Wasser auf und sich selbst neben Lavender.
„Und wann seid ihr eingezogen?“
„Erst gestern.“
„Oh, tut mir leid, dass ich euch schon so früh störe. Ich dachte, ihr würdet hier schon ein paar Tage wohnen.“
„Du störst nicht!“, versicherte Hermine.
„Und?“, fragte Lavender und lächelte sie süßlich an. „Habt ihr euch schon…eingelebt?“
Hermine wusste genau was Lavender meinte.
„Und wie wir das haben…“, grinste sie. „Und wie läuft’s zwischen Ron und dir?“
„Nun…wir haben uns getrennt.“
Hermine zog ĂĽberrascht die Augenbrauen hoch und lieĂź mit einem Schlenker ihres Zauberstabs den fertigen Tee auf sie zufliegen.
„Warum das?“
„Es war nicht nur der Sex der keinen Spaß mehr gemacht hat…“, erklärte Lavender. „Er wurde immer fieser. Eigentlich war Ron ja immer ein liebevoller Tölpel. Aber er wurde immer fauler, ich musste alles für ihn machen, und er hat für mich gar nichts gemacht. „Lav, komm mal her, Lav koch mir mal was…“ Das war einfach nicht mehr zu ertragen.“
Hermine musste fast lächeln bei diesen Worten. Harry hatte sich vehement geweigert, dass sie für ihn kochte, nur damit sie nicht das Gefühl hatte, ausgenutzt zu werden.“
„Jedenfalls wurde mir das dann alles zuviel!“, erklärte Lavender nüchtern und nippte an ihrem Tee.
„Und geht’s dir jetzt besser?“
„Schon…“, lenkte Lavender ein. „Aber…“
„Aber?“
„Nun ja, sexuell frustriert war ich vorher schon…“, gab sie zu. „Aber trotzdem liegt zwischen keinem Mann im Bett und Ron im Bett ein Unterschied. Bei Ron hatte ich auch ein paar Mal Orgasmen, aber das war zuletzt nur noch in einem von zehn Fällen. Und bei dir?“
„Ich? Ich hatte noch nie Sex ohne Orgasmus!“, antwortete Hermine wahrheitsgemäß.
„Du hast Glück…“
„Ja, hab ich wirklich…“, gab Hermine zu. „Aber du wirst bestimmt schnell einen neuen Typen finden.“, versicherte sie. „Und wenn du es mal ganz dringend brauchst, mach doch einen One-Night-Stand. Wenn ihr beide das wollt, ist das ja nichts Schlimmes.“
„Soweit war ich auch schon…“, murmelte Lavender und trank wieder einen Schluck Tee.
In diesem Moment kam Harry in die KĂĽche.
„Oh, hallo Lavender.“
„Hi Harry.”, lächelte Lavender.
„Wie geht’s Ron?“
„Wir haben uns getrennt.“
„Oh, tut mir leid.“
„Muss dir nicht Leid tun, Harry. Ich hab uns eher getrennt.“
„Ich glaube, ich muss mal nach ihm sehen…“, überlegte Harry. „Ich apparier mal gerade zu Ron rüber, ja Hermine?“
„Okay…“, nickte Hermine und gab Harry einen Abschiedskuss, bevor dieser aus der Tür verschwand.
„So einen könnt ich auch gebrauchen!“, gab Lavender zu.
„Tut mir leid Lav…“, meinte Hermine lächelnd. „Der gehört mir!“
Harry sah auf seine Armbanduhr und rief den grĂĽnen Stern hervor, der Rons Aufenthaltsort verriet. Er erkannte, dass es eine StraĂźe in London war, und apparierte.
Harry tauchte in einer dunklen Seitengasse wieder auf. Auf den ersten Blick sah er, dass dieses Viertel der Stadt das heruntergekommenste sein musste. Die Straßen waren voller Abfall, die Wände an den Häusern über und über mit Graffiti beschmiert. Ein fetter Mann, der sich auf einen Besen stützte aber keine Anstalten machte zu fegen, beäugte Harry lange und misstrauisch. Harry stand vor einem großen und recht baufälligen Haus, das mehrere Apartments hatte. Er sah auf die Klingelschilder, von denen er den Staub abwischen musste um die Namen zu erkennen, und sah, dass R. Weasley im vierten Stock wohnte. Er ging hinein und die schimmlige und modrige Treppe hinauf. An den Wänden fehlte Verputz und einzelne Kabel lugten hervor.
„Was für ein Loch!“, murmelte Harry. Er erreichte den vierten Stock. An der Tür stand Rons Name. Harry klingelte. Ein schepperndes Geräusch ertönte, das auch auf dem Gang zu hören war. Doch Ron öffnete nicht. Kurzerhand zog Harry seinen Zauberstab hervor und murmelte „Alohomora!“ Mit einem Knacken öffnete sich die Tür und Harry trat ein.
Was er vorfand, war ein heilloses Durcheinander. Überall lagen Kleidung und teilweise Essensreste herum. Es roch, als hätte Ron tagelang nicht gelüftet. Harry ging an einer kleinen Küche vorbei, in der sich stapelweise dreckiges Geschirr angesammelt hatte und betrat schließlich eine Art Wohnzimmer, wo Ron anscheinend auch schlief.
Ron lag auf einem zerschlissenen Sofa und schien zu schlafen. Er war unrasiert, seine Haare waren ungewaschen und der Pyjama den er trug dreckig. Um ihn herum lagen weitere Klamotten, leere Schnapsflaschen und eine Pizzaschachtel.
„Ron!“, rief Harry und schüttelte ihn. „Ron, wach auf!“
Ron murmelte etwas und öffnete die roten Augen. Verschwommen nahm er Harry war. Er öffnete den Mund und seine Stimme klang wie eingerostet.
„Ha-Harry?“
„Ja.“
„Ich glaub’s nicht!“, rief Ron wütend und sprang auf. „Du wagst es dich hierher zu trauen, du Arschloch?“
„Hä? Was hast du denn, Ron?“
„Du verdammter Drecksack! Hau bloß ab!“
„Was ist denn los?“
„Du hast mir Hermine weggenommen! Sonst würde sie jetzt bei mir liegen, und wir beide würden jetzt…“ Er konnte einen Rülpser nicht unterdrücken. „…zusammen vögeln.“
„Spinnst du Ron? Du hast Hermine und mich doch selbst erst zusammengebracht!“
„Gib mir Hermine wieder!“
„Ich denk nicht daran! Was bildest du dir eigentlich ein?“
„ICH WILL HERMINE HABEN!“ Ron packte seinen Zauberstab und schoss einen Fluch ab, schoss jedoch voll daneben. „GIB MIR HERMINE WIEDER, SONST…“ Ron rutschte aus und fiel rücklings auf den Fußboden.
„Komm, ich helf dir…“, meinte Harry. Was Ron jetzt brauchte, war ne Dusche, gewaschene Kleidung und frische Luft.
„ICH WILL DEINE HILFE NICHT, POTTER!“, schrie Ron und versuchte aufzustehen. „HAU BLOSS AB UND KOMM NICHT WIEDER!“
Harry entschied, dass es jetzt besser war, zu gehen.
„Ja, hau bloß ab, Arschloch!“, murmelte Ron und warf sich wieder aufs Sofa.
Als Harry wieder drauĂźen war, fĂĽhlte er die Trauer in sich aufsteigen. Aber Ron wĂĽrde sicherlich wieder zu sich gekommen. Er wĂĽrde wieder zu Verstand kommen nach all dem Alkohol und dieser Lebensweise, und er wĂĽrde Harry dann sicherlich auch um Verzeihung bitten. Harry wusste das. Oder er hoffte es zumindest.
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