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Fanfiction

Harry Potter und die Totenrelikte - Fortes Fortuna Juvat

von Wizardpupil

Der Krankenflügel war so viel ruhiger, als Harry ihn in Erinnerung gehabt hatte. Oder hatte ihm die Ruhe früher einfach nicht gefallen? Jetzt jedenfalls konnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als einfach hier in seinem Bett zu liegen; zu dösen und nachzudenken; hin und wieder einzuschlafen. Madam Pomfrey störte ihn nicht, sie betrat nie den Raum. Percy sah von Zeit zu Zeit nach ihm, sagte aber nichts, blickte nur durch die Tür, als wolle er sichergehen, dass Harry noch lebte, und verschwand dann wieder. Es war ein Traum … es war genau das, was er nun brauchte.
Aber lange konnte es nicht so weitergehen, das wusste er. Bald müsste er aufstehen, um das, was er mit Ron und Hermine abgemacht hatte, in die Tat umzusetzen. Es galt nun, einen Weg zu finden, den Kessel zu zerstören; den Becher zu finden; dann noch das Medaillon, den Horkrux von Ravenclaw und Nagini zu finden. Und Harry hatte sich tatsächlich zu dieser Reihenfolge überreden lassen.
Obwohl Harry wusste, dass er all das tun musste – er, zusammen mit Ron und Hermine, und sonst niemand –, war er sich nicht einmal sicher, ob er es schaffen würde. Nicht nur, weil diese Aufgaben an sich schon unmöglich schienen (das war ihm von Anfang an klar gewesen); sondern, weil Dobbys Tod an ihm nagte wie eine Maus, die ein riesiges Stück Käse entdeckt hatte und nicht vorhatte, davon abzulassen, bevor sie es nicht ganz gegessen hatte. Dobbys Gesicht kurz vor seinem Absturz schwebte vor Harrys geistigem Auge, als hätte es jemand fotografiert und würde mit dem Bild nun ständig vor ihm umher wedeln. Wie er es hasste … So konnte es nicht weitergehen.
Und trotzdem: Als die Sonne schon wieder dabei war, unterzugehen, wurde Harry klar, wie viel Zeit er im Krankenflügel verschwendet hatte. Es war jetzt wirklich Zeit, aufzustehen, Ron und Hermine zu suchen. Im Gegensatz zu dem, was er danach suchen müsste, würde er die beiden wohl äußerst schnell finden.
Er schloss ein letztes Mal seine Augen – befahl Dobbys Kopf, der wieder inmitten der Schwärze auftauchte, endlich endgültig zu verschwinden – und stand dann auf. Einen Moment stand er unentschlossen da; seine Füße taten weh, und am liebsten hätte er sich einfach wieder zurück ins Bett fallen gelassen. Aber er wusste, dass das nicht möglich war. Jetzt nicht mehr.
Und nie wieder, sollte er nicht bald mit der Horkrux-Suche vorankommen …
„Da bist du ja endlich!“
Hermine stand auf, als er den Raum der Wünsche betrat. Mit hastigen Schritten kam sie auf ihn zu und umarmte ihn. „Wie geht es dir?“
„Schon besser.“ Harry stieß sie sanft von sich, dann blickte er zu Ron. „Ihr seid doch bereit, weiterzumachen, oder?“
Ron nickte. „Natürlich.“
„Und –“ Harry zögerte. „Und ihr wisst auch, was das bedeutet?“
Kurz sahen Ron und Hermine einander an, nickten erneut, so, als wollen sie einander ihre Bereitschaft bestätigen. Dann sagte Hermine: „Dass wir nun endgültig mit der Schule aufhören müssen.“
Harry war froh, dass sie das von selbst eingesehen hatten; es wäre unangenehm gewesen, sie überzeugen zu müssen. Ja, in der Zeit zwischen Dobbys Tod und dem Verlassen des Krankenflügels hatte Harry viel nachgedacht, und nur in einem Punkt war er zu einem endgültigen Ergebnis gekommen. Und zwar in dem Punkt, der Hogwarts betraf: Auch wenn es weiterhin ihr Stützpunkt sein konnte, der Schulalltag behinderte sie nur. So, wie es bisher war, konnte es nicht weitergehen.
„Aber vielleicht müssen wir das doch nicht!“
Harry sah Ron ungläubig an. „Jetzt komm schon –“
„Nein, ich mein ja nur.“ Er zwinkerte. „Wenn wir schnell weitermachen, dann werden wir vielleicht noch fertig, bevor wir die Schule wirklich abgebrochen haben! Wir haben schon einen Horkrux – die restlichen finden wir in weniger als zwei Wochen, wenn wir uns beeilen!“
„Klar“, stöhnte Hermine; aber sie schmunzelte.
„Konzentrieren wir uns lieber.“ Harry setzte sich, ungerührt von Rons kleinem Scherz. „Wir sollten McGonagall sofort sagen, dass wir am Unterricht nicht mehr teilnehmen werden. Ich muss ja ohnehin zu ihr, um ihr zu berichten, was genau passiert ist letzte Nacht, also –“
„Nein, musst du nicht“, warf Hermine ein; als Harry sie verwirrt anblickte, fügte sie hinzu: „Ich hab ihr deine Erinnerung gezeigt, im Denkarium. Ich wollte nicht, dass du es jemandem erzählen musst. Das – wäre, glaube ich, nicht schön gewesen.“
Von irgendwoher drangen Worte in Harrys Kopf, aus einer fernen Vergangenheit, in der derjenige, der die Worte gesprochen hatte, noch gelebt hatte … Es wäre wichtig, über schmerzhafte Erlebnisse zu reden, man solle das so früh wie möglich tun … Der absolute Widerspruch zu dem, was Hermine für ihn getan hatte, bewegte ihn kaum. Er hatte das Gefühl, Hermine hatte das Richtige getan.
„Danke“, sagte er. Dann fiel ihm noch etwas ein. „Was hat McGonagall den Schülern erzählt?“
„Gar nichts“, sagte Ron. „Sie hielt es nicht für notwendig. Ist es auch nicht – niemand hat etwas gehört. Du weißt ja mittlerweile, dass diese seltsame magische Wand aus deiner Erinnerung kaum einen Ton hat durchdringen lassen.“
Harry wusste noch, dass Hermine etwas in der Richtung gesagt hatte.
„Aber mit einem anderen Lehrer wirst du reden müssen.“
Er wandte sich an Hermine. „Mit welchem?“
„Viridian“, antwortete sie. „Er will dich sehen.“
Harry stöhnte auf. „Der?“
„Ja, der.“ Es war offensichtlich, dass Hermine ein Lächeln unterdrücken musste. „Du hältst nichts mehr von ihm?“
„Nicht wirklich. Was will er denn?“
„Hat etwas mit dem geheimen Raum in der Küche zu tun, mehr weiß ich auch nicht.“ Sie seufzte. „Ich denke, du solltest gehen. Er weiß vielleicht mittlerweile etwas über die magische Wand.“
Begeistert war Harry nicht von der Vorstellung, wieder ein Gespräch mit Professor Viridian führen zu müssen. Er hatte wirklich aufgehört, an seine Fähigkeiten zu glauben. Und irgendwie war ihm sogar peinlich, worüber er mit Viridian gesprochen hatte; er kannte ihn überhaupt nicht, und war ihm gegenüber offener und ehrlicher als zu vielen anderen Menschen, die ihm vertraut waren. Aber gleichzeitig wollte er wissen, wieso nur er und Dobby, und später auch Luna und Neville, durch die Mauer gehen konnten …
„Wir sehen uns in ein paar Minuten“, sagte er, und stand auf.

Kurz darauf erreichte er Viridians Büro. Er klopfte, Viridian rief, er solle herein kommen, und Harry öffnete die Tür. Das Büro wirkte genauso leer wie beim letzten Mal, als Harry es betreten hatte. Und wieder stand da diese merkwürdige Kerze auf dem Schreibtisch, hinter welchem Viridian saß.
„Guten Tag, Professor.“
„Hallo, Mr Potter.“ Professor Viridian lächelte. „Nehmen Sie Platz.“ Er wies auf den Stuhl auf der anderen Seiten des Tisches, ihm gegenüber.
Harry setzte sich.
„Ich wollte Ihnen mitteilen“, begann Viridian, „dass ich herausgefunden habe, mit welchen Flüchen und Bannen der geheime Raum in der Küche belegt war.“
Harry sagte nichts. Viridian schien sein Schweigen richtig zu deuten und fuhr fort.
„Erst einmal haben wir erkannt, dass dieses Zimmer das geheime Büro Helga Hufflepuffs war.“
Harry hob die Augenbrauen. Natürlich. Voldemort musste das herausgefunden haben. Das war der Grund, warum er dort den Hufflepuff-Horkrux versteckt hatte.
„Das Büro hatte wohl schon zur Zeit Helga Hufflepuffs einen Tondämpfungszauber an sich. Man hört und hörte nichts, was in dem Zimmer passiert, außer, man befindet sich selbst darin. Wer die schwarze Kiste darin versteckt hat, hat das wohl zu seinem Vorteil genutzt.“
Viridian ging nicht näher auf die Kiste ein, aber sein Blick zeigte seine Neugierde. Harry ignorierte es, wartete einfach, dass er weitersprach.
„Ein Zauber, den wohl nicht Hufflepuff selbst benutzt hat, ist diese magische Mauer. Die Lehrer haben erkannt, worum es sich dabei handelt.“ Viridian beugte sich nach vorne. „Niemand gelangt allein durch sie. Man kann nur den geschützten Raum betreten, wenn man mindestens zu zweit ist – und einander aus freien Stücken sein Leben opfern würde.“
Harrys Körper verspannte sich. Erst war er fassungslos, wusste nicht, was er sagen sollte. Dann spürte er, dass seine Hand zitterte; er befahl ihr still, damit aufzuhören, aber sie hörte nicht auf ihn.
„Ist alles in Ordnung, Harry?“
Wie konnte Viridian eine so dumme Frage stellen? Gerade er, der doch behauptete, er könne mit den Toten reden, müsste wissen, wie es ihm jetzt –
Mit den Toten reden …
„Professor Viridian“, sagte Harry; seine Stimme zitterte nicht wie seine Hand, aber er vermutete, dass es an seinem leisen Tonfall lag, „bitte beantworten Sie mir eine Frage. Können Sie wirklich mit den Toten reden?“
Es schien eine Weile zu dauern, bis die Frage in Viridians Kopf einsackte. Erst reagierte er gar nicht – er saß da und sah Harry an, als hätte er überhaupt nichts gesagt. Dann begann er langsam, zu verstehen. Falten schlichen sich auf seine Stirn, sein Gesicht fiel in sich zusammen. Dann lehnte er sich wieder in seinem Stuhl zurück.
„Wissen Sie, Mr Potter“, sagte der Professor mit einer Stimme, die müde und leise klang, „wenn einem Menschen etwas – etwas Schreckliches zustößt – so wie Ihnen – vor allem, wenn die Person noch ein Kind ist … dann wird sie manchmal – sehr sensibel.“
Harry hob die Augenbrauen. „Und Ihnen ist etwas Schreckliches zugestoßen?“
Viridian seufzte. „Meine Mutter ist gestorben, als ich sieben Jahre alt war.“
Harry stutzte. „Ich – oh.“
„Sie brauchen mich nicht zu bemitleiden“, sagte Viridian kopfschüttelnd. „Was Ihnen passiert ist, ist um einiges schlimmer als das, womit ich zu kämpfen hatte. Aber es ist nun einmal sieben das Alter, in dem die meisten Kinder ihre magischen Fähigkeiten unbewusst anzuwenden lernen. Und der Tod meiner Mutter scheint dieses Erkennen meiner Fähigkeiten beeinflusst zu haben, auf irgendeine Art und Weise. Und dann musste ich es allein schaffen, zu lernen, woher diese seltsamen Gefühle und Stimmen kamen.“
Auch wenn Viridian Recht hatte, dass Harrys Schicksal um einiges schrecklicher war, so fühlte er doch Mitleid mit ihm. Kein besonders Großes, aber Viridians leise Stimme war so traurig, dass er gar nicht anders konnte. „Wo war Ihr Vater?“
Viridian schnaufte. „Hat meine Mutter und mich verlassen, noch vor ihrem Tod.“ Er schloss die Augen. „Das hat mich damals fast noch mehr verletzt als der Todesfall selbst.“
Viridian öffnete seine Augen wieder, lächelte. Aber Harry konnte ihm ansehen, dass es kein richtiges Lächeln war. Es wirkte mehr wie eine traurige Grimasse.

Im Raum der Wünsche war es furchtbar still an diesem Abend. Harry, Ron und Hermine saßen beisammen – und schwiegen. Die beiden anderen waren sehr enttäuscht gewesen, dass Harry ohne brauchbare Neuigkeiten zurückgekehrt war. Er hatte es nach Viridians Geschichte nicht länger in dem Büro ertragen und war gegangen; als er nacherzählt hatte, was er erfahren hatte, hatte er die Magie der Mauer in Hufflepuffs Büro für sich behalten. Es war in irgendwie ... nun, peinlich war das falsche Wort. Aber doch, eigentlich war es ihm peinlich.
Auf dem Tisch zwischen ihnen lagen unzählige Bücher über Hogwarts, die Gründer, über schwarze Magie und deren Bekämpfung. Sie hatten die letzte Stunde damit verbracht, eine neue Spur zu verfolgen. Dass der Kessel in der Küche versteckt gewesen war, hatte Hermine auf eine Idee gebracht: Sie vermutete nun, dass der letzte Gründer-Horkrux, der von Gryffindor oder Ravenclaw, ebenfalls an einem Ort versteckt sein würde, der für den betroffenen Gründer wichtig gewesen war. Sie waren sich einig, dass Voldemort nicht zwei Horkruxe in Hogwarts verstecken würde, also suchten sie nur nach Orten außerhalb. Die Städte vielleicht, in denen sie gelebt hatten. Aber sie hatten kein Glück: Sowohl Ravenclaw als auch Gryffindor waren von Kindheit an alle paar Monate in eine andere Stadt gezogen, manchmal sogar in ein anderes Land. Sie hatten sich überlegt, die Geburtsorte der beiden als erstes aufzusuchen, und diese Idee notiert, aber weiter waren sie nicht gekommen.
„Ich habe über etwas nachgedacht.“
Endlich sagte jemand etwas! Harry wandte sich an Hermine, begierig, wieder zu diskutieren, Ideen zu sammeln, etwas zu tun.
„Worüber?“, fragte er.
„Über die Seelenpyramide.“ Sie nickte Richtung Kamin, neben welchem die Seelenpyramide jetzt zusammen mit Büchern, dem silbernen Medaillon, dem Denkarium und Hufflepuffs Kessel in einem Regal stand, das der Raum der Wünsche für sie gebaut hatte. „Ich frage mich, warum sie Harry gezeigt hat, wo der Kessel ist.“
Harry runzelte die Stirn; er hatte das ganz vergessen.
„Das ist doch, was sie tun soll, oder?“, sagte Ron.
„Ja, schon …“ Hermine stand auf. „Aber hieß es nicht, sie müsse aktiviert werden, damit das funktioniert? Man müsse einen bestimmten Zauber sprechen?“
„Du hast Recht!“, rief Harry; er war so erstaunt, dass er ebenfalls aufstand, ohne es selbst zu steuern. „Wer hat sie dann aktiviert?“
Hermine zuckte mit den Schultern. „Genau das verwirrt mich doch. Zeigt die Pyramide etwas an, sobald sie aktiviert wird, oder erst, wenn sie in der Nähe eines Horkruxes ist? Je nachdem hat entweder jemand schon vor längerer Zeit den nötigen Zauber ausgesprochen –“
„– oder irgendjemand hat es in dem Moment getan, indem ich die Treppe runtergegangen bin?“, schloss Harry. Das konnte er sich kaum vorstellen. „Glaubst du das?“
„Nein“, sagte Hermine. „Ich habe deine Erinnerung mehrmals angesehen. Du warst vollkommen allein. Ich nehme an, man muss die Pyramide sehen, um sie zu verzaubern, so, wie man auch bei den meisten Flüchen sein Opfer anblicken muss.“
„Und wer hat dann den Zauber angewandt?“, fragte Ron von seinem Stuhl aus. „Dumbledore?“
„Glaub ich nicht“, erwiderte Harry. „Das hätte er uns doch gesagt, oder?“
Hermine lächelte. „Es gibt wohl nur einen Weg, das herauszufinden.“

Das Schulleiterbüro war dunkel und leer. McGonagall war immer noch nicht hier hergezogen. Umso besser – niemand würde sie stören.
Sie wollten nicht viel Zeit verschwenden, sich schnell um die Angelegenheit kümmern.
Glücklicherweise war Dumbledore wach.
„Ah, Besuch!“ Dumbledore strahlte sie aus seinem Porträt heraus an. „Wie gefällt euch meine neue Frisur?“
Harry sah erstaunt, dass Dumbledore seine Haare zu einem Zopf geflochten hatte. Er unterdrückte das Lachen; offensichtlich lebte Dumbledore seine exzentrische Seite auf noch seltsamere Weise aus, jetzt, wo sein ganzes Dasein auf ein Bild beschränkt war.
„Ich vermute, ihr seid nicht wegen meines neuen Aussehens hier“, sagte Dumbledore lächelnd. „Dürfte ich fragen, welchem Umstand ich diesen späten, aber willkommenen Besuch zu verdanken habe?“
„Wir müssen Sie etwas fragen, Professor“, sagte Hermine.
„Schon wieder?“ Dumbledore kicherte. „Meine liebe Miss Granger, ich weiß vielleicht vieles, aber wenn Sie mir noch mehr Fragen stellen, befürchte ich, dass ich bald keine Antworten mehr zu geben habe. Immerhin –“
„Auf diese Frage wissen Sie sicher eine Antwort“, sagte Hermine hastig; offensichtlich war Dumbledore im Tod noch gesprächiger als lebendig.
„Oh, verzeihen Sie mir mein Geplappere!“ Dumbledore zwinkerte. „Man unterhält sich hier so selten mit solchen, deren Füße man auch tatsächlich sehen kann.“ Er senkte die Stimme. „Und, um ehrlich zu sein, die Gespräche mit meinen Schulleiterkollegen werden langsam ein wenig ermüdend.“
„Das habe ich ganz genau gehört, Albus!“, rief die Hexe in dem Nachbarportrait, und Dumbledore kicherte erneut.
„Aber nun stellen Sie mir Ihre Frage. Ich hoffe, dass ich Ihnen helfen kann.“
„Ja, gut“, sagte Harry. „Professor, haben Sie, als Sie – nun – als Sie noch –“
„Als ich noch gelebt habe?“, half Dumbledore ihm auf die Sprünge.
„Genau. Haben Sie da den Zauber angewandt, der die Seelenpyramide Horkruxe finden lässt?“
Dumbledore hob die Augenbrauen. „Um ehrlich zu sein … ich könnte mich nicht daran erinnern, nein. Wieso fragst du, Harry?“
„Weil die Seelenpyramide das getan hat.“
„Oh, ja, davon habe ich gehört.“ Dumbledores Miene veränderte sich plötzlich; er sah betroffen aus. „Das habe ich ganz vergessen, ich wollte euch zu eurem Erfolg gratulieren. Aber der Preis … der Preis, zu dem ihr erfolgreich wart bei der Suche … es ist schrecklich. Es tut mir sehr Leid, Harry.“
Harry antwortete nicht; an Dobby wollte er jetzt nicht mehr denken.
„Also haben Sie die Seelenpyramide wirklich nicht aktiviert?“, fragte Ron in die unangenehme Stille hinein.
„Nein, ganz sicher nicht“, sagte Dumbledore. „Sehr verwunderlich, dass sie dich trotzdem zu dem Horkrux geführt hat, Harry. Aber das kann ich euch leider auch nicht erklären. Nun, falls das alles gewesen sein sollte – ich bin noch mit einer jungen Dame verabredet, sie würde heute ihren hundertdreißigsten Geburtstag feiern und hat mich und ein paar andere zu einer Feier im Porträt der Ewig Traurigen Skelette eingeladen –“
„Um ehrlich zu sein, Professor, gäbe es da noch etwas.“
Harry und Ron blickten zu Hermine.
„Was denn?“, fragte Ron.
„Ja, was?“ Harry konnte sich nicht erinnern, dass sie Dumbledore noch andere Fragen stellen wollten.
„Zwei Dinge, um genau zu sein“, sagte Hermine nur, ohne die Augen von Dumbledore zu nehmen. „Wissen Sie, über eines möchte ich schon länger mit Ihnen reden, wenn Harry auch wieder einmal hier ist, und das andere – ist wohl noch wichtiger, und mir gerade erst eingefallen.“
„Schießen Sie los!“, sagte Dumbledore fröhlich, und er lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. Harry hingegen stellte sich aufrechter hin; er war gespannt, was Hermine nun fragen würde.
„Einerseits“, begann Hermine, „hätte ich folgende Bitte: Sagen Sie Harry, dass die Totenrelikte wichtig sind.“
Enttäuscht entspannte sich Harrys Körper. Er rollte mit den Augen.
„Hermine, ich hab doch schon gesagt, dass ich dir jetzt glaube!“, rief er. „Ist das wirklich –?“
„Ich will, dass du nicht nur so tust, als würdest du mir glauben“, fiel Hermine ihm ins Wort, „ich will, dass Dumbledore es dir bestätigt! Und mir, wo wir schon dabei sind – bei mir ist es schließlich auch nur ein Gefühl.“ Sie wandte sich an Dumbledore. „Professor?“
Dumbledore ließ seine Augen zwischen Harry und Hermine hin und her wandern; dann sagte er: „Nun, um ehrlich zu sein – ich bin ein wenig überrascht. Ich hab euch doch gesagt, dass die Totenrelikte eine Rolle spielen, oder?“
„Aber Sie haben auch gesagt, dass die Horkruxe wichtiger sind“, erwiderte Harry.
Dumbledore nickte. „Ahh“, sagte er verständnisvoll, „ach so. Darum geht es also. Nun, es ist so – die Totenrelikte sind wichtig. Tatsächlich nicht so wichtig wie die Horkruxe. Aber äußerst wichtig. Vielleicht sogar wichtiger, als wir uns vorstellen könnten.“
Hermine drehte sich zu Harry um und warf ihm einen überlegenen Blick zu; völlig unnötig, wie Harry fand. Er hatte ihr doch schon zugestimmt, dass die Totenrelikte wichtig sein mussten!
„Könnten Sie mir dann Ihre zweite Frage stellen?“ Dumbledore blickte auf seine goldene Uhr, die der, die Harry nun besaß, sehr ähnlich war. „Ich bin schon spät dran.“
„Natürlich.“ Hermine räusperte sich. „Wie haben Sie den Ring zerstört?“
Es dauerte ein paar Sekunden, bis Harry realisiert hatte, was Hermine gefragt hatte. Nein, dachte er. Nein! Wie hatten sie so dumm sein können? Wieso hatten sie Dumbledore nicht schon viel früher gefragt? Der einzige, der ihnen sicher sagen konnte, wie man Horkruxe zerstörte, war bis vor kurzem verloren geglaubt gewesen – und dann hatten sie ihn wiedergefunden und die ganze Zeit nicht daran gedacht, ihn zu fragen! Sie waren so bescheuert!
Aber jetzt würden sie es gleich erfahren!
Harry wandte sich erwartungsvoll an Dumbledore – und stellte erschrocken fest, dass sich auf dessen Gesicht ein trauriger Ausdruck breit gemacht hatte.
„Ich habe mir schon gedacht, dass ihr mich das fragen würdet“, sagte er, und seufzte. „Aber – ich kann euch nur sagen, dass das, was ich getan habe, um den Ring zu zerstören, für euch unmöglich ist. Im Augenblick zumindest.“
Harry konnte es einfach nicht glauben. „Aber, Professor –!“
„Nein, tut mir Leid!“ Dumbledore stand auf. „Tut mir Leid, aber ich kann euch eure Frage nicht beantworten. Und wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet.“
„Professor Dumbledore!“, rief Harry, und er stürzte nach vorne, als würde er glauben, er könne Dumbledore einfach an der Schulter packen und zurückhalten. Aber da war das Porträt auch schon leer.
„Das gibt’s doch nicht!“, sagte Ron; sein Mund stand offen. „Was ist los mit ihm?“
„Keine Ahnung“, sagte Hermine, leicht den Kopf schüttelnd. „Ich versteh es nicht.“
Harry verstand es nicht nur nicht – er war entsetzt. Wie konnte Dumbledore ihnen so etwas antun? Sie suchten nach Antworten, Dumbledore hatte eine, und er enthielt sie ihnen vor? Wieso?
„Wir sollten ihn ein andermal noch einmal fragen, denke ich“, sagte Hermine; Harry konnte nicht fassen, dass sie damit so locker umging. „Aber jetzt sollten wir schlafen gehen, es ist spät.“
Sie ging zu einer der Vitrinen, die in dem Büro standen.
„Ähm – was genau hast du vor?“, fragte Ron – Harry glaubte, es zu wissen: Er sah ein rotes Glänzen in der Vitrine, wie das eines Rubins.
„Ich nehm das hier mit“, antwortete sie. Sie öffnete die Vitrine, griff hinein und holte etwas heraus. Sie musste Gryffindors Schwert mit beiden Händen halten, um es heben zu können. „Ich denke, wir sollten das jetzt in den Raum der Wünsche bringen, wo auch das Medaillon ist.“
Der ehemalige Schulleiter, der in dem Porträt direkt über der Vitrine saß, schüttelte missbilligend den Kopf, aber Hermine ignorierte ihn und ging den anderen beiden voraus aus dem Büro.

Der darauffolgende Morgen war schrecklich. Harry hatte nicht eine Minute lang geschlafen. Dumbledores traurige Gesicht, als er gesagt hatte, er könne ihnen nicht helfen – und dass er das überhaupt gesagt hatte! – hatte ihn die ganze Zeit verfolgt. Wieso wollte Dumbledore ihnen nicht verraten, wie er den Ring zerstört hatte? Was für einen vernünftigen Grund konnte es dafür geben?
Etwas in Harry schrie, es gäbe überhaupt keinen. Dumbledore wäre einfach verrückt geworden. Er war schon lebendig verrückt gewesen, und dass er jetzt gestorben war, hatte ihm den Rest gegeben. Ja, so musste es sein …
Jeder andere Teil in ihm wusste natürlich, dass es nicht so war.
Als Harry dann zur Frühstückszeit die große Halle betrat, drehten sich alle Köpfe nach ihm um, und es würde plötzlich vollkommen still. Jeder hatte es also schon gehört … Hermine hatte McGonagall gestern erzählt, dass sie nicht mehr am Unterricht teilnehmen würden, während Harry bei Viridian war. Und offensichtlich hatte es sich bereits herumgesprochen.
Harry versuchte, die Blicke zu ignorieren. Er hatte das schon so oft erlebt, also sollte es ihm eigentlich leicht fallen. Doch in den Augen der anderen war etwas Neues, etwas, mit dem er bei ihnen bisher noch nicht zu kämpfen gehabt hatte: Enttäuschung. Sie alle dachten, er hätte sie im Stich gelassen, hätte mit der Schule aufgehört, weil er nicht mehr kämpfen wollte. Dass genau das Gegenteil der Fall war, konnte sie ja nicht wissen …
Er nahm zwischen Ron und Hermine Platz, die ihn schweigend begrüßten, nur mit einem kurzen, unglücklichen Lächeln. Sie waren wohl genauso empfangen worden wie er.
„Hallo, ihr drei.“
Harry drehte sich um; es war Hagrid. Er stand über sie gebeugt da, ein aufmunterndes Lächeln auf dem Gesicht, und sprach leise mit ihnen.
„Hab alles schon gehört“, sagte er. „Schrecklich. Ganz fürchterlich schrecklich. Wollte eigentlich gleich zu dir, Harry, aber dann hab ich mir gedacht, du willst wohl ‘n Weilchen allein sein, also bin ich nich‘ gekomm’n …“
Wie schon gestern bei Dumbledore, sagte Harry darauf kein Wort.
„Aber desweg’n bin ich eigentlich nich‘ hier“, flüsterte Hagrid weiter. „Euch is‘ wahrscheinlich aufgefallen, dass die Hochzeit jetz‘ nich‘ stattgefunden hat.“
Harry errötete; die Hochzeit von Hagrid und Maxime hatte er völlig vergessen. Das war seiner Ansicht nach zwar verständlich, aber er wusste nicht, wie weit Hagrids Verständnis ging, wenn es um etwas wie seine Hochzeit ging.
„Ach, mach dir keine Vorwürfe“, sagte Hagrid, der scheinbar Harrys Gesichtsausdruck richtig interpretiert hatte. „Du hast mehr um die Ohr’n, als die meisten aus’m Orden jemals von sich behaupt’n könnt’n, wenn wir ungefähr versteh’n, was du machst. Jedenfalls hab’n wir sie verschoben – weg’n dem, was vorgestern passiert ist. Sie hätt ja gestern sein soll’n, und Olympe hat sich so gefreut, dass es ‘ne Winterhochzeit is‘, aber …“ Er seufzte. „Kann man nichts machen.“
Er lächelte erneut, dann stapfte er davon. Harry fühlte sich noch schlechter als zuvor. Jetzt hatte er auch noch einen Freund enttäuscht …
„Er hat doch gesagt, du sollst dir nichts draus machen“, sagte Ron. „Also mach dir auch nichts draus, ja?“
„Jaah, schon gut“, murmelte Harry, aber er dachte wieder an Dumbledores Gesicht, an seine Worte.
„Ron hat Recht“, sagte Hermine, „lass dich von so etwas nicht ablenken. Wir haben viel zu tun.“

Und das hatten sie. Denn der Entschluss, den Totenrelikten von nun an genauso viel Aufmerksamkeit zu schenken wie den Horkruxen, stand jetzt fest. Und Harry war klar, was das bedeutete: Noch mehr Arbeit, noch mehr Sorgen, noch länger ausstehendes Ende. Noch längerer Krieg …
Denn der war voll im Gange. Die Todesser wurden jetzt scheinbar erst richtig aktiv. Die Nachrichten von Verschwundenen oder Toten kamen nun doppelt so häufig in den Zeitungen wie zuvor. Die Stimmung in Hogwarts wurde düsterer: Nach den Weihnachtsferien waren einige Schüler nicht mehr gekommen, mittlerweile waren noch mehr auf dem Weg zurück nach Hause. Wahrscheinlich hatte ihnen das jüngste Ereignis endgültig gereicht: Cornelius Fudge, ehemaliger Zaubereiminister und vorübergehender Lehrer für Verwandlung, war während seiner Erledigungen in London vor Augenzeugen überfallen und entführt worden. In seiner Zeit als Zaubereiminister war ihm nichts geschehen – kaum unterrichtete er in Hogwarts, erwischten die Todesser ihn. Die Reaktion der Eltern, ihre Kinder nach Hause zu holen, war mehr als verständlich.
Der restliche Jänner war, trotz dem Ausfallen von Hagrids Hochzeit und der erfolglosen Suche nach hilfreichen Informationen zu Horkruxen und Totenrelikten, nicht ereignislos für Harry: McGonagall, Viridian und Hagrid veranstalteten eine kleine Trauerfeier für Dobby. Zu den Ritualen der Hauselfen waren sie nicht zugelassen, weswegen sich McGonagall überlegt hatte, Harry den endgültigen Abschied auf eine andere Weise zu ermöglichen. Als sie ihm das mitteilte, konnte Harry nicht anders, als sich schlecht zu fühlen, weil er sich anfänglich so gegen die Unterstützung des Ordens gesträubt hatte – dass er dem Orden nicht vertraut hatte.
Die Feier fand draußen auf den Ländereien in der Nähe von Dumbledores Grab statt, und war tatsächlich eine kleine Angelegenheit. Harry war sich sicher, dass Dobby mehr verdient hatte als neun Gäste und einen kleinen Grabstein spät am Abend, aber ihm war auch klar, dass das hier nicht möglich war, ohne die Aufmerksamkeit der anderen Schüler zu erregen. Und Harry war froh, dass der Abschied in einer Gemeinschaft von so wenigen Leuten stattfand; er weinte still, während alle Gäste den Abend damit verbrachten, zu schweigen und den Stein anzustarren, auf dem Dobbys Name und sein Geburts- und Todestag stand. Dieser eine, winzige Stein ließ Harry so die Fassung verlieren, dass ihm vollkommen egal war, dass außer den drei Lehrern, ihm, Ron, Hermine, Luna und Neville noch jemand da war: Ginnys Anwesenheit berührte ihn überhaupt nicht. Und das, obwohl er sie schon so lange so gerne sehen wollte, sie wieder in die Arme nehmen, festhalten wollte …
Dann brach der Februar hinein und weit und breit war kein Schnee mehr zu sehen. Hogwarts war mittlerweile gespenstisch leer: Nur noch etwa die Hälfte der Schüler war hier und Harry selten einen von ihnen; tagsüber waren sie im Unterricht, nachts schliefen sie in ihren Gemeinschaftsräumen, während Harry, Ron und Hermine den Raum der Wünsche dazu gebracht hatten, sich auszweiten. Jeder von ihnen hatte nun ein eigenes Schlafzimmer, in dem er die Nacht mit seinen eigenen trüben Gedanken verbringen konnte, seine immer größer werdende Verzweiflung vor niemandem verstecken musste.
Und ihre Verzweiflung wurde größer, oh ja, das wurde sie.
„Das Schwert haben wir, und das Medaillon. Zwei Totenrelikte! Genauso wie den Kessel – ein Horkrux! Das ist doch schon was!“
Wie so oft, versuchte Hermine wieder, die anderen mit diesen Worten aufzuheitern, als sie Mitte Februar etwas abseits von den beim See aufgestellten Stühlen standen und miteinander tuschelten. Sie waren ausnahmsweise einmal nicht im Raum der Wünsche, obwohl es nicht Essenszeit war: Hagrids und Madame Maximes Hochzeit fand endlich doch noch statt. Hagrid war unglaublich aufgeregt gewesen den ganzen Tag. Harry hatte gedacht, er hätte Hagrid schon in seiner seltsamsten Verfassung erlebt – entweder, als er Norbert den Drachen ausgebrütet hatte oder als er Aragog die Riesenspinne begraben hatte, oder, und das war am aller ehesten mit dem vergleichbar, wie er sich nun aufführte, als Seidenschnabel zum Tode verurteilt worden war. Da war er so nervös gewesen, dass er keinerlei Kontrolle darüber gehabt hatte, was er tat. Heute schien er noch weniger bei Bewusstsein zu sein; und dennoch war er noch auffälliger als sonst. Seine riesenhafte Gestalt kombiniert mit der Tollpatschigkeit und der Unbeholfenheit, die er heute an den Tag legte, machte ihn beinahe unerträglich. Er hatte seit dem Morgen schon mehr Gläser zerschlagen, fallen gelassen oder zerdrückt, als Harry, Ron und Hermine zusammen in ihren ganzen bisherigen Leben; als er so schnell wie möglich ins Schloss wollte, war er aus Versehen gegen die Mauer gelaufen – die daraufhin wie Holz zerbröselt war; andauernd fiel ihm etwas Neues ein, was er noch tun musste, um seiner Verlobten würdig zu werden, und dann brach er in Tränen aus, versteckte sich für einige Minuten und kam dann wieder zurück, wutentbrannt, weil niemand ihn darauf hingewiesen hatte, dass seine Hochzeit kurz bevor stand. Und als Trauzeuge musste Harry das meiste davon ertragen.
Madame Maxime hingegen schien die Ruhe in Person zu sein. Sie schmunzelte erheitert, wenn Hagrid sich wieder so unerträglich verhielt, und lächelte ihm geduldig – verliebt – zu. Ihr zu ehren war Fleur gekommen. Kaum hatte sie Harry, Ron und Hermine gesehen, war sie auch schon zu ihnen gerannt, um ihnen mitzuteilen, dass Bill im St Mungos lag. Er hatte wohl einen Rückfall erlitten, wenn man das so nennen konnte – die Spuren der Werwolfsangriffe machten sich bemerkbar.
„Ist – schwebt er in Lebensgefahr?“ Ron hatte deutliche Probleme dabei, das auszusprechen.
Fleur öffnete den Mund – schüttelte dann aber nur den Kopf, drehte sich weg und lief weiter zu Ginny.
Die Hochzeit verlief relativ unspektakulär – sah man einmal davon ab, dass Hagrid stolperte und auf den Fuß des kleinen Professor Flitwick flog, woraufhin er, Madam Pomfrey und Percy den Rest der Zeremonie verpasste, weil er in den Krankenflügel gebracht werden musste; oder davon, dass Madame Maximes Cousine zweiten Grades in Ohnmacht fiel, als sie Grawp erblickte. Harry verfolgte die Hochzeit nur mit einem Ohr und einem Auge, obwohl er der Trauzeuge war. Glücklicherweise hatte er nicht mehr zu tun als dazustehen, während Hagrid und Madame Maxime einander ewige Liebe schworen. Er wollte wieder zurück in den Raum der Wünsche, wollte weiter nachforschen … Aber eines interessierte Harry doch: Hagrids Patronus. Falls die beiden wie Bill und Fleur ihre Patroni herbeirufen würden. Aber es geschah nicht; natürlich nicht: abgesehen davon, dass Hagrid wohl nicht die notwendigen Fähigkeiten hatte, war es ihm verboten, Magie anzuwenden, seit er aus der Schule verwiesen worden war.
Den Rest der Feier verbrachten Harry, Ron und Hermine damit, an einem Tisch zu sitzen und nachzudenken, möglichst viel miteinander zu reden, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Die anderen Gäste um sie herum redeten laut und tranken viel, freuten sich ihres Lebens; am lautesten waren die französischen Freunde und Verwandte Maximes, die fast ununterbrochen lachten, die meisten sehr schrill, einige fast bellend. Und die Feier endete genauso, wie es zu erwarten gewesen war: Mit einem völlig betrunkenen Hagrid, der nach einem lauten „HOCH AUF NAPOLÉON!“ umkippte und auf dem Boden einschlief. Madame Maxime lachte herzhaft, hievte Hagrid auf ihren Rücken und zog ihn dann zu ihrer Hütte.

Und dann kam ein äußerst unangenehm kalter März. Harry war geschockt – so viel Zeit war schon vergangen, und sie hatten nichts erreicht! Sie hatten tatsächlich die Geburtsorte von Gryffindor und Ravenclaw besucht, zusammen mit Lupin. Aber sie hatten nichts gefunden. Nicht das Geringste. Die Häuser, in denen sie gelebt hatten, standen nicht einmal mehr. Statt Gryffindors ehemaliger Wohnung stand dort nun ein Supermarkt, und wo einst Ravenclaw gewohnt hatte, waren eine Telefonzelle und eine Trafik errichtet worden.
Aber ein Morgen im späten März brachte eine Wende mit sich. Harry, Ron und Hermine saßen beim Frühstück in der großen Halle. Wie immer, wenn sie sich außerhalb des Raums der Wünsche zeigten, mussten sie die gierigen und schamlosen Blicke der Schüler ertragen. Es war schwer, in Ruhe zu essen, wenn man sich beobachtet fühlte. Aber am allerschlimmsten war es für Harry, dass Ginny nicht herübersah. Er hasste sich dafür, bei Dobbys Trauerfeier nicht mit ihr geredet zu haben – er hasste sich.
Doch eine Ablenkung kam, als die Eulen die Post brachten. Hedwig trug natürlich keine Briefe in ihren Krallen, aber wenigstens konnte Harry Zeitung lesen. Er ließ seine Eule in seinen Cornflakes picken, bis sie zufrieden war und wieder los flog, dann faltete er den Tagespropheten auf.
Sein Mund fiel sofort auf.
„Ron!“, zischte er. „Hermine! Seht her!“
„Was ist?“, fragte Ron, besorgt klingend; aber als er und Hermine auf das Titelblatt blickten, strahlte er. „Jawohl!“

UNTERSUCHUNGEN IN DER WINKELGASSE BEENDET

Jeder wird froh sein, zu hören, dass die beliebte Einkaufsstraße von London wieder zugänglich ist. Nach monatelanger Untersuchung durch das Zaubereiministeriums, sind die Läden der Winkelgasse nun geöffnet. Nur bei einem,
Madame Malkins, kam es zur Schließung, da dort verdächtige Gegenstände im Keller entdeckt worden sind.

(Hermine atmete laut auf, und Harry vermutete, dass sie gerade ebenfalls diese Stelle gelesen hatte.)

Ebenso ist die gesamte Nokturngasse, die schon immer ein zwielichtiger Ort war, berühmt für die gefährlichen Objekte, die dort verkauft wurden, nun gesperrt. Alle Läden wurden geschlossen, vielen Besitzern die Zulassung entzogen.
Zu zwei sensationellen Vorfällen ist es allerdings gekommen: Erstens haben die Kobolde von Gringotts einen Aufstand vollzogen, der bisher vom Zaubereiministerium verheimlicht worden ist. Nähere Details, die wir unserer Kolumnistin Rita Kimmkorn zu verdanken haben, können Sie auf den Seiten sieben und acht nachlesen.
Zweitens ist einer der verschwundenen Ladenbesitzer wieder aufgetaucht: Florean Fortescue, dem das beliebte Eisgeschäft
Fortescues Eispalast gehört, ist überraschenderweise zurückgekehrt. Es ist unbekannt, was mit ihm geschehen ist, und wie er den Todessern entkommen konnte, wenn sie überhaupt ihre Finger im Spiel hatten.

„Fortescue ist wieder da!“ Harry legte die Zeitung auf den Tisch und Ron schnappte sie sich sofort. Er war froh, dass dem Eisverkäufer nichts passiert war; im Sommer vor seinem dritten Schuljahr hatte Florean Fortescue ihm mit Schularbeiten geholfen und ihm Eis geschenkt.
„Und Madame Malkins hatte verdächtige Gegenstände in ihrem Keller?“ Hermine klang ungläubig. „Ich bin mir nicht so sicher, ob alles in diesem Artikel stimmt.“
„Aber die Winkelgasse ist sicher wieder offen“, sagte Harry; er wurde nun wieder ernster. „Und das bedeutet …“
Er und Hermine sahen einander an. Sie nickte.
„Wir sollten planen, wie wir es anstellen“, sagte sie.
Harry stimmte ihr zu. Es würde sicher auffallen, wenn sie zu dritt von Laden zu Laden liefen und nach Horkruxen suchen würden. Sie mussten an das vorsichtig herangehen, jeden Schritt genauestens planen. Und sie sollten schnell anfangen – viel mehr Zeit durften sie nicht vertrödeln, aber den perfekten Plan zu kreieren würde wohl lange dauern.

Tatsächlich hatten sie ihn am nächsten Tag schon parat.
Als sie gerade zur großen Halle gehen wollten, trafen sie im Korridor im ersten Stock auf Lupin. Er war zufällig bei McGonagall in Hogwarts gewesen, wie er ihnen erzählte – und in dem Moment kam ihnen die Idee: Sie schickten einfach ihn, um ihn für sie die Winkelgasse durchsuchen zu lassen. Er stimmte hoch erfreut zu und eilte zurück zu McGonagall, um es ihr mitzuteilen, bevor er sich nach London aufmachte.
„Seltsam, wie viel Zeit der hat“, meinte Ron, während sie weiter zum Frühstück in der großen Halle gingen. „Hat der Orden keine Beschäftigung für ihn?“
„Ich denke, seine Hilfsbereitschaft hat andere Gründe“, sagte Hermine. „Er will sich wohl ablenken.“
„Ablenken?“, fragte Harry. „Wovon?“
„Es läuft doch offensichtlich nicht so gut mit Tonks“, antwortete Hermine.
Ron runzelte die Stirn. „Ach ja?“
Hermine stöhnte und rollte mit den Augen. „Gehen wir einfach frühstücken, ja? Ich habe Hunger.“
Sie setzten ihren Weg zur großen Halle fort – bis jemand hinter ihnen Harrys Namen rief. Sie drehten sich um; McGonagall kam auf sie zugelaufen. Sie trug einen ernsten Gesichtsausdruck. War etwas passiert? War sie nicht einverstanden damit, dass Lupin in die Winkelgasse gehen sollte?
„Harry“, sagte McGongall erneut. „Komm bitte mit.“
Harry bewegte sich nicht. „Ich allein?“
„Ja, du allein!“, drängte McGonagall. „Bitte!“
Irritiert sah Harry zu Ron, dann zu Hermine. Beide zuckten nur die Schultern. Harry tat dasselbe, dann nickte er McGonagall zu, die sich daraufhin umdrehte und loslief. Harry folgte ihr. Sie gingen durch einen Korridor nach dem anderen und Harry glaubte zu wissen, wohin McGonagall ihn führte: In ihr Büro.
Kurz darauf standen sie tatsächlich vor der Tür, die zu McGonagalls Büro führte.
„Du fragst dich bestimmt, warum ich dich hergebracht habe“, sagte McGonagall
Nein, gar nicht, dachte Harry genervt, aber er nickte nur.
„Jemand möchte mit dir sprechen. Ich weiß nicht genau, warum, aber es scheint wichtig zu sein.“
„Wer möchte mit mir sprechen?“, fragte Harry. Er dachte an Viridian; oder, noch schlimmer, an Scrimgeour. Sein Magen verkrampfte sich. Aber McGonagall nannte ihm einen völlig anderen Namen.
„Florean Fortescue.“
Harry zog die Augenbrauen zusammen. „Wie bitte?“
„Floren Fortescue, der Besitzer von –“
„Ich weiß schon, wer er ist, Professor“, sagte Harry hastig, „aber warum möchte er mit mir sprechen?“
„Wie gesagt, ich weiß es nicht genau.“ McGonagall öffnete die Tür zu ihrem Büro. „Geh hinein und finde es selbst heraus.“
Für einige Augenblicke sah Harry McGonagall einfach nur an, ohne sich zu bewegen. War das vielleicht ein Scherz? Sehr lustig war er nicht, aber einfallsreich. Aber wieso sollte sie ihm das erzählen, wenn es nicht wahr war? Genauso sehr musste er aber denken – wieso wollte Florean Fortescue sich mit ihm unterhalten?
„Könnte ich dich bitten, dich zu beeilen?“, fragte McGonagall. „Heute ist eine ganze Horde Kobolde an der Schule, die mich wegen irgendetwas sprechen möchten - wer weiß, was die anstellen, wenn man sie zu lange allein lässt.“
Was soll's, dachte er, und beschloss, McGonagalls Rat zu befolgen und herauszufinden, was Fortescue von ihm wollte. Er betrat das Büro, McGonagall schloss die Tür hinter ihm. Sie war nicht mit ihm eingetreten, es würde also eine Unterhaltung unter vier Augen werden.
Harrys Blick fiel sofort auf die Person, die auf einem Stuhl vor McGongalls Schreibtisch saß, mit dem Rücken zu ihm. Er erkannte die große Figur sofort wieder, obwohl der Mann eindeutig um einiges hagerer geworden war, seit er ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Florean Fortescue drehte sich um; als er Harry sah, breitete sich sein Mund in ein Lächeln aus, das die rosigen Stellen auf seinen Wangen erreichte.
„Hallo, Harry. Schön, Sie wiederzusehen!“
Er stand auf und hielt Harry seine Hand hin. Nachdem Harry sie geschüttelt hatte, holte Florean seinen Zauberstab heraus. Er zeichnete einen Sessel in die Luft; Sekunden darauf landete dieser Sessel klappernd auf seinen vier Beinen. Harry setzte sich und Florean nahm ebenfalls wieder Platz.
„Es freut mich auch, Sie wiederzusehen, Mr Fortescue“, sagte Harry; und obwohl er sich eigentlich wirklich freute, war er zu verwirrt, um es so klingen zu lassen.
„Oh, nennen Sie mich Florean!“ Er kicherte. „Denken Sie wirklich, ich hätte zu Ihnen Harry gesagt, wenn ich nicht von Ihnen erwarten würde, mich auch beim Vornamen zu nennen?“
„Nein – also, ich – ich weiß nicht genau.“ Harry erkannte, wie blöd das klingen musste, was er gesagt hatte, und fügte schnell hinzu: „Ich weiß nicht genau, was Sie von mir wollen, Florean.“
„Verständlich“, gab Florean zurück. „Nun, ich bin aus einem ganz bestimmten Grund hier.“
„Der wäre?“, fragte Harry.
„Ich möchte Sie um Hilfe bitten.“
Harry stutzte. „Um Hilfe? Mich?“
„Ja“, sagte Florean. „Aber bevor ich Ihnen Genaueres erkläre, sollten Sie eines wissen.“ Florean machte eine Pause; er atmete tief ein und aus, räusperte sich – und sagte dann: „Ich bin der letzte lebende Nachfahre Gryffindors.“
Harry spürte, dass seine Augen sich weiteten. „W-was?“
Florean lächelte. „Ich meine das ernst. Godric Gryffindors Blut ist in mir.“
„Was – aber – wie –“, stammelte Harry. „Wieso weiß das niemand?“
Florean hob die Schultern. „Meine Familie hat nie viel Wind darum gemacht. Aber der Stammbaum der Fortescues geht bis auf Gryffindor zurück, das ist nachgewiesen. Fortes Fortuna Juvat, unser Familienmotto – das Schicksal bevorzugt die Mutigen.“ Er zwinkerte.
Harry konnte nicht sofort antworten. Es war ein seltsames Gefühl. Irgendetwas daran, dem Nachfahren Godric Gryffindors gegenüberzusitzen, ließ ihn erstarren. Er wusste nicht, was; Blut war ihm eigentlich egal. Aber das hier war ein wahrer Gryffindor, nicht nur vom Wesen her … Der Erbe Gryffindors, so wie der Erbe Slytherins …
War Florean Fortescue die Lösung für den Krieg mit Voldemort?
„Sie scheinen ja ganz schön baff zu sein“, sagte Florean, offensichtlich erheitert.
„Ich – also, ich weiß nicht genau, was ich sagen soll.“ Harry atmete tief durch. „Wieso – wieso erzählen Sie mir das? Also, jetzt? Wieso nicht schon früher? Und – und wo waren Sie eigentlich, als Sie verschwunden waren?“
„Viele Fragen, wenig Zeit.“ Florean seufzte. „Ich erzähle Ihnen das erst jetzt, weil ich vorher keinen Grund dafür gesehen habe. Ich habe nie jemandem davon erzählt, also wusste ich nicht, warum Sie es wissen sollten, auch wenn ich Sie schon immer gerne mochte. Als Sie damals Gryffindors Schwert aus dem Hut gezogen haben …“ Florean grinste breit. „Spätestens seit dem Tag fand ich Sie toll. Deshalb hab ich Ihnen auch im Sommer darauf mit Ihren Schularbeiten geholfen. Wissen Sie das noch?“
„J-ja, das weiß ich noch“, sagte Harry; jetzt verstand er auch, warum er sein Eis nicht hatte bezahlen müssen. „Das ist ja alles schön und gut, aber – Moment.“ Harry runzelte die Stirn. „Woher wussten Sie, dass ich das Schwert aus dem Hut gezogen habe?“
Florean schmunzelte. „Mein Urgroßvater hat es mir erzählt.“
„Ihr Urgroßvater?“ Harry verstand zuerst nicht – dann fiel seine Kinnlade herunter. „Sie meinen doch nicht etwa –?“
„Dumbledore?“ Florean schüttelte den Kopf. „Nein, der ist nicht mein Urgroßvater. Dexter Fortescue, ein anderer ehemaliger Schulleiter. Er hängt direkt hinter der Vitrine des Schwerts von Gryffindor.“
Harry erinnerte sich. Er hatte schon öfters mit dem Porträt eines ehemaligen Schulleiters gesprochen, den Dumbledore Fortescue genannt hatte – und als Hermine das Schwert aus seiner Vitrine genommen hatte, hatte der Schulleiter dahinter sie boshaft angeblickt! Und – und ja, es war Fortescue, er erinnerte sich!
„In der Zeit, in der ich weg war“, fuhr Fortescue fort, „war ich auf der Suche nach etwas. Ich musste es so aussehen lassen, als wäre ich entführt worden, damit das Ministerium mir nicht hinterher schnüffelt und mir lästige Fragen stellt. Ich arbeite gerne allein, wissen Sie.“ Er machte eine kurze Pause. „Ich habe also etwas gesucht – und genau das, was ich gesucht habe, ist der Grund, warum ich jetzt hier bei Ihnen bin.“
Harry hörte zu; er fühlte sich aufgeregt, gespannt.
„Es gibt da ein Erbstück der Familie“, sagte Florean, „das verloren gegangen ist, vor einiger Zeit. Es ist vermutlich gestohlen worden. Und ich nehme an, dass Du-weißt-schon-wer es gestohlen hat.“
Harry spitzte seine Ohren – er war genau der gleichen Meinung wie Florean. Allerdings vermuteten sie dies wohl aus zwei unterschiedlichen Gründen.
„Was ist das für ein Erbstück?“, fragte Harry, plötzlich nicht mehr aufgeregt, weil er mit einem Gryffindor sprach, sondern konzentriert, bei der Sache. „Was für ein Gegenstand, meine ich?“
„Eine Rüstung“, sagte Florean. „Godric Gryffindors Rüstung, versteht sich.“
Harry nickte. Ja, versteht sich, versteht sich natürlich … Eine Rüstung – ein äußerst unauffälliger Gegenstand, weil sie vermutlich eine von vielen war, aber ein Erbstück von Godric Gryffindor; im Besitz einer Familie, die niemandem von ihrer Abstammung erzählt hatte, und von dieser Familie vor einiger Zeit gestohlen. Klang das nicht wie ein perfekter Horkrux?
„Wann wurde die Rüstung gestohlen?“
„Das können Sie sich vielleicht denken.“ Florean verengte seine Augen. „In der Zeit, in der Du-weißt-schon-wer verschwunden gewesen ist. Man weiß, dass er sich zu dem Zeitpunkt, als uns die Rüstung abhanden gekommen ist, vermutlich in London aufgehalten hat.“
Harry hielt es fast nicht mehr aus – er musste Ron und Hermine davon erzählen! Aber vorher musste noch einiges geklärt werden.
„Warum kommen Sie damit zu mir?“, fragte Harry. „Warum jetzt?“
„Ich habe erfolglos nach der Rüstung gesucht“, erklärte Florean. „Ich will sie unbedingt zurück. Ich mochte sie als kleiner Junge so gerne, wissen Sie? Sie bedeutet mir viel, und ich will sie nicht in den Händen dieses Monsters wissen. Aber ich kann die Rüstung einfach nicht finden – und vor kurzem musste ich dann an Sie denken. Immerhin haben Sie auch das Schwert aus dem Hut gezogen.“
Harry zögerte; so einfach war das aber nicht. Glaubte Florean wirklich, Harry könnte einfach in den Hut greifen und die Rüstung zurückholen? Er wollte gerade antworten und Florean das sagen – da klopfte jemand an der Tür. Verwirrt entschuldigte sich Harry bei Florean, dann stand er auf und öffnete die Tür. Verständnislos erkannte er, wer da geklopft hatte: Hermine.
„Was ist denn? Hat McGonagall euch nicht erzählt, mit wem ich mich hier unterhalte?“
Es rutschte ihm raus, bevor er bedenken konnte, dass Hermine und Ron ja noch gar nichts von Floreans Blutlinie wussten.
„Ja, schon.“ Hermine schien gar nicht empört darüber zu sein, dass er sie so angefahren war. Ihre Stimme war seltsam hoch; als wäre sie aufgeregt, würde diese Aufregung aber unterdrücken. Irgendetwas stimmte nicht. „Ich dachte nur, du würdest es gerne wissen – Nevilles Mutter ist gestorben.“
Es dauerte kurz, bis Harry verstanden hatte, was sie gesagt hatte.
„Oh“, sagte er dann – und hasste sich augenblicklich für diese unangebrachte erste Reaktion. Er dachte daran, wie er Neville damals im St. Mungos getroffen hatte; er hatte so glücklich ausgesehen, als seine Mutter ihm das Kaugummipapier in die Hand gedrückt hatte … „Oh, das ist – das ist furchtbar!“
Hermine nickte. „Ja, ich weiß. Aber – das war noch nicht alles.“ Sie schien sich sammeln zu müssen: Sie schluckte, schloss die Augen – und sagte: „Sein Vater ist aufgewacht. Und er wiederholt andauernd deinen Namen.“

Tief unter der Erde war ein Raum – mehr eine Halle – eine riesige Halle. Betrat man sie, so stand man erst einmal am Anfang von etwas, das wie ein langer Flur aussah. Bogen um Bogen aus braunem Marmor führte den Flur entlang, an dessen Ende eine Treppe hinunter führte zum Hauptteil der Halle. Dort ragten Schlangenstatuen aus dem Boden, und Bilder hingen an den Wänden, Porträts von Männern und Frauen, deren Augen seltsam funkelten. Und ganz hinten, am anderen Ende der Halle, war etwas noch viel Merkwürdigeres als das Glänzen in den Augen der gemalten Menschen: Eine Mauer, die scheinbar aus nichts als grünem Licht bestand. Eigentlich war es gar nicht mehr innerhalb der Halle; man sah es nur durch das offene Tor an der Wand. Aber direkt dahinter, da war sie, diese kuriose Mauer, die so aussah, als würde sie sich bewegen. Man musste wissen, worum es sich dabei handelte, um es richtig beschreiben zu können.
Und der Dunkle Lord wusste, was es war. Er selbst hatte schon derartige Schutzzauber angewandt.
Der Dunkle Lord verfluchte denjenigen, der diese Schutzmauer da hingestellt hatte, verfluchte ihn mit allem Hass und allem Zorn, den er aufbringen konnte. Aber lange würde sie nicht mehr stehen, die Mauer. Dafür würde er sorgen.
Aber noch wusste er nicht, wie er das anstellen sollte. Deswegen war er hier: Gerne verbrachte er Tage in dieser Halle, versuchte Flüche und Gegenzauber, aber nichts half. Und jedesmal, wenn er sich von seinen Todessern entfernte, um diesen Raum unter der Erde aufzusuchen, nahm er etwas mit sich. Etwas, das ihm Kraft und Antrieb zu geben schien – war es der Geruch?
Der Dunkle Lord stand unter einem der Bögen in dem Flur, und vor ihm, direkt beim Treppenabgang, war ein großer, schwarzer Kessel. Die Hitze, die von ihm ausging, war gewaltig. Und furchtbar unangenehm. Aber das war dem Dunklen Lord egal, er ertrug es – denn es würde sich lohnen.
Als Dämpfe von dem roten Gebräu, das in dem Kessel brodelte, aufzusteigen begann, hob er seine Arme. Die Dämpfe schlangen sich um ihn, wie seine treue Nagini es so oft tat. Aber es war ein ganz anderes Gefühl – ein grausames Kitzeln, das er unter anderen Umständen nie zugelassen hätte. Aber bald, wenn der Trank fertig war, wenn die Dämpfe endlich auch ihre Wirkung zeigen würden …
Das Kitzeln konnte er ertragen, wenn er an die Zukunft dachte.


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Das, was Harry so liebenswert macht, sind, glaube ich, seine charakterlichen Stärken, die wir selbst gerne hätten, und es sind auch seine Schwächen, die wir nur allzu gut verstehen.
Rufus Beck