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Fanfiction

Harry Potter und die Totenrelikte - Namen und Blut

von Wizardpupil

Der November wurde kälter und kälter, die Wolken grauer und grauer. Bald schon fiel der erste Schnee. Das dichte Treiben der Schneeflocken vor den Fenstern spiegelte das wieder, was im Schloss vor sich ging – oder vielleicht eher in Harry selbst. Die Hektik, die sich mit den näherrückenden UTZ-Prüfungen immer weiter ausbreitete, hätte Harry so nicht erwartet. Warum war ihm früher nie aufgefallen, wie gestresst die Siebtklässler alle wirkten?
Wie ernst die Prüfungen ihm waren, fiel ihm erst eines Nachmittags auf, als er Hermine anschnauzte: „Nun vergiss doch mal die Horkruxe!“
Es war einer der letzten Tage des Novembers, und die beiden saßen mit Ron im Raum der Wünsche, in dem Hauptquartier, das sie sich errichtet hatten. Es hatte sich nichts darin verändert, seit sie ihn zum ersten Mal betreten hatten, abgesehen von dem, was auf dem Tisch lag: Ein Schulbuch neben dem anderen, gestapelte oder zerknüllte Pergamente, zwei umgestoßene Tintengläser (Hermine hatte die Flecken noch nicht einmal weggehext, obwohl sie die einzige von ihnen war, die es konnte, und obwohl sie sich von Tintenklecksen auf ihren Unterlagen zu jeder anderen Zeit furchtbar gestört gefühlt hätte). Und über seine Mitschriften aus Zauberkunst war Harry gerade gebeugt, als ihm dieser seltsamer Befehl auskam. Gleich nachdem Harry die Worte ausgesprochen hatte, runzelte er die Stirn, blickte von seinen Notizen auf und bemerkte, dass Hermine und Ron ihn verblüfft ansahen.
„Wow“, sagte Ron, „wer damit gerechnet hat, kriegt ‘ne Galleone von mir. Würde eine kriegen, wenn ich eine hätte.“
„Harry, das hast du nicht ernst gemeint, oder?“, fragte Hermine besorgt.
„Natürlich nicht“, erwiderte Harry empört; er fand zwar selbst, dass Empörung an dieser Stelle unangebracht war, aber es war, was er empfand. „Aber ich kapier das hier einfach nicht. Percy hat uns die Theorie wenigstens beigebracht, seit diese Marchbanks unterrichtet, versteh ich gar nichts mehr.“
Griselda Marchbanks, eine der Hexen, die sie damals bei den ZAGs geprüft hatten, hatte nun den Posten des Lehrers für Zaubertränke übernommen. Sie war keine schlechte Lehrerin, ziemlich fair, und sie mochte Harry recht gerne; aber sie war auch extrem alt, ließ in ihren Sätzen öfters Wörter aus oder unterbrach sich selbst, bevor sie auch nur die Hälfte von dem, was sie erklären wollte, ausgesprochen hatte, und auf Fragen reagierte sie nur mit einem überfreundlichen Lächeln. So langweilig wie Binns plapperte sie zwar nicht vor sich hin, aber sie erzielte ähnliche Ergebnisse wie der tote Lehrer für Geschichte der Zauberei, wenn es darum ging, den Schülern etwas beizubringen.
„Nun vergiss du kurz die Schule“, sagte Ron eindringlich. „Hermine hat etwas herausgefunden.“
Professor Marchbanks und Zaubertränke waren sofort vergessen. „Hast du?“, fragte er Hermine konzentriert, ganz bei der Sache.
Hermine nickte lächelnd. „Wir wissen jetzt noch mehr über die Totenrelikte.“
Harry unterdrückte ein Seufzen; er sagte nur: „Ich dachte, es ginge um die – Schätze.“
„Nein, darüber weiß ich noch nichts Neues.“ Kurz wirkte Hermine niedergeschlagen, aber sofort darauf wirkte sie aufgeregt. „Aber das mit den Totenrelikten ist auch sehr interessant – nein, ehrlich, hör zu! Also, so, wie ich das verstanden habe, sind Totenrelikte – gute Horkruxe.“
Harry sah sie ungläubig an. „Wie bitte?“
„Ich hab ein paar Bücher durchforstet, die ich ansonsten nicht anfassen würde. Du weißt schon –“ Sie rollte mit den Augen. „Bücher, deren Inhalt ähnlich sinnvoll erscheint wie Wahrsagerei. Bücher über alternative Formen der Magie und solchen Schwachsinn.“
„Und darin steht etwas über die Totenrelikte?“ Harry schnaufte. „Klingt ja sehr vielversprechend.“
„Dachte ich auch zuerst“, sagte Hermine, „aber wir dürfen einfach nicht vergessen, dass Dumbledore uns auf sie gestoßen hat! Dumbledore!“
„Ähm – genau gesehen war das der Hut – der Hut! Wozu die Wiederholung auch gut sein soll.“
„Haha, sehr witzig.“ Hermine verschränkte die Arme, und Ron vergrub hinter ihr sein Gesicht in seinen Händen, um sein Grinsen zu verbergen. „Dumbledore hat doch dem Hut gesagt, er soll dir von den Relikten erzählen!“
„Ja, schon gut“, sagte Harry. „Was hast du denn nun herausgefunden?“
Hermine starrte ihn noch ein paar Sekunden zornig an, dann ließ sie ihre Arme wieder sinken. „Was ich mit guten Horkruxen meine“, sagte sie in geschäftsmäßigem Ton, „ist Folgendes: Scheinbar sind auch Totenrelikte irgendwelche Gegenstände, auf die man den Teil einer Seele ablegt. Oder die ganze Seele. Oder so etwas in der Richtung.“ Sie seufzte. „Es ist alles sehr konfus. Wie gesagt – eher etwas für Luna oder Trelawney.“
Harry erstarrte plötzlich; sein Blick schweifte von Hermine ab … Luna … ob sie ihm mit den Totenrelikten helfen konnte?“
„Alles in Ordnung?“
Mit einer raschen Bewegung riss Harry den Kopf wieder hoch. „Ja“, sagte er, während er sich sein schmerzendes Genick rieb. „Sprich jetzt bitte weiter.“
Hermine zögerte einen Augenblick; dann sah sie zu Ron. „Ron weiß es auch schon, er wird es dir erklären.“ Sie schnappte ihre Tasche von der Lehne ihres Stuhls, schwang sie über ihre Schulter und stand auf. „Ich muss zu Alte Runen.“
Ron sah ihr hinterher, bis sie den Raum verlassen hatte. Als er sich dann immer noch nicht Harry zuwandte, räusperte Harry sich. Ron schüttelte seinen Kopf, blickte verwirrt zu Harry, und sagte dann: „Oh – ach so! Ja, Hermine hat es mir schon erzählt.“
„Dann schieß mal los.“ Harry lehnte sich zurück und schloss seine Augen; er war wieder so müde …
„Es war irgendwie so“, begann Ron, dann fügte er hastig hinzu: „Und du solltest es dir nachher nochmal von Hermine bestätigen lassen, falls ich mich irre. Also, Totenrelikte – das muss man sich so vorstellen …“
„Ja?“, drängte Harry, denn Ron schwieg nun; er sah aus, als würde er sich ganz und gar nicht wohl führen.
„Weißt du, ich glaub nicht, dass dir das sehr gefallen wird … Naja, es ist so: Ein Zauberer speichert seine Seele – ohne Mord oder so etwas! – in einem Gegenstand, und das macht er für eine bestimmte andere Person, die dann … praktisch … ein Andenken hat oder so? Keine Ahnung, echt …“
„Ein paar mehr Details?“ Harry versuchte, nicht zu genervt zu klingen, aber es war schon lange her, dass er sich so über Ron geärgert hatte, wie in diesem Moment. „Wie kann jemand seine Seele spalten, ohne jemanden zu töten?“
„Darum geht’s doch, sie wird nicht gespaltet! Das Ganze wirkt irgendwie erst – nach dem Tod des Zauberers, der den Zauber ausgesprochen hat. Oder so …“
Harry lachte leise. „Klingt ja äußerst realistisch.“
Aber Ron zuckte nur mit den Schultern. „Ich leite nur die Infos weiter. Aber Hermine hat gesagt, das Wichtigste ist, dass es wieder auf – das Eine hinausläuft. Du weißt schon.“ Er gab ein nervöses Kichern von sich. „Liebe.“
„Die schon wieder“, murmelte Harry, aber so, dass Ron es nicht hören konnte.
„Ich hab keine Ahnung, ob das wirklich irgendetwas zu bedeuten hat“, fuhr Ron fort. „Aber Hermine ist eben überzeugt, dass diese vier Erbstücke der Gründer aus deinem Buch Totenrelikte sind. Und wenn sie das sagt …“ Er zuckte erneut mit den Schultern.
Harry lächelte ihm halbherzig zu, dann stürzte er sich stöhnend wieder über seine Notizen.
„Hast du das mit dem Licht in Verteidigung verstanden?“, fragte Ron ihn nach einigen Minuten mit verzweifelter Stimme.
„Das Aura-Gerede?“, entgegnete Harry, gefolgt von nichts als einem leisen Zischen.
Ron gluckste. „Nicht mehr so begeistert von Viridian wie früher?“
Harry blickte nicht einmal hoch, wollte Rons selbstgefälligen Gesichtsausdruck nicht sehen. Er und Hermine hatten wohl Recht gehabt. Professor Viridian war ein Schwindler, ein Betrüger – oder einfach nur ein Verrückter. Das war Harry spätestens dann klar geworden, als eine deutliche Veränderung in Viridians Unterricht gespürt hatte werden können. Nachdem sie die grundlegenden Bereiche der Verteidigung gegen die dunklen Künste wiederholt und vertieft hatten, hatte Viridian begonnen, seine Art von Unterricht vorzustellen. In ihrer letzten Unterrichtsstunde hatte er von Auren und Seelen gesprochen, magischen Lichtern und Energien. Einem Haufen Müll also. Er hatte ihnen Übungen gezeigt – magische Übungen, hatte er behauptet –, die an Mediation erinnerten, inklusive geschlossener Augen, gefalteter Hände, konzentrierter Atmung und all dem Blödsinn, den eine Nachbarin der Dursleys einmal ausprobiert hatte, bevor sie von den anderen Bewohnen des Ligusterwegs vertrieben wurde.
„Wir müssen bald zum Unterricht.“ Ron erhob sich, öffnete seinen Rucksack, hielt ihn mit der einen Hand an den Tisch und benutzte die andere, um seine Bücher allesamt gleichzeitig hineinzuschieben. „Gehen wir?“
„Wäre wohl besser“, murrte Harry. Sie hatten nun Verwandlung – eine weitere Stunde, auf die Harry nicht einmal im Geringsten Lust hatte. Fudge war ein fürchterlicher Lehrer; in seinem Unterricht wiederholten sie nur das, was sie bei McGonagall schon gelernt hatten, und er selbst zeigte nie Verwandlungen vor, ließ sie immer Hermine oder einen anderen begabten Schüler machen. Alle vermuteten schon, dass Fudge eigentlich gar nicht gut mit Verwandlungszaubern umgehen konnte.
Die zwei verließen den Raum der Wünsche, versicherten sich, dass die Tür verschwunden war, und gingen dann los. Die Korridore waren allesamt leer, es war angenehm ruhig und –
„Hey, Potter!“
– und dann passierte es, dass jemand nach Harry rief. Harry erkannte die Stimme nicht sofort, blieb stehen und wollte sich schon umdrehen – als ihm klar wurde, wer da nach ihm verlangte. Hastig lief er weiter und riss Ron mit sich, um so zu tun, als hätte er nichts gehört, aber da packte auch schon jemand seine Schulter. Er drehte sich um und blickte direkt in das von McLaggen.
„Weißt du, ich hab’s eilig –“, sagte Harry sofort, aber er konnte sich nicht rühren, so fest war McLaggens Griff.
„Ich will dir nur eine Idee vorstellen“, sagte McLaggen. „Es ist eine gute Idee, sie wird dir gefallen.“
„Wir können das auch ein andermal besprechen –“
„Der Unterricht beginnt doch erst in einer halben Stunde!“
„Aber – ich – also gut!“ Harry hörte auf mit seinen kläglichen Versuchen, sich McLaggens Hand zu entwenden. Diese wurde sofort lockerer, aber blieb auf Harrys Schulter liegen. Ron stellte sich neben Harry, was die Situation für ihn um einiges erträglicher machte.
„Da wir draußen nicht Quidditch spielen dürfen –“ (mit einem Geräusch, als würde er auf den Boden spucken, machte er klar, was er von dieser Entscheidung der Schulleiterin hielt) „– könnten wir doch im Schloss einen Raum zu einem Quidditch-Feld umwandeln!“
„Klar“, warf Ron ein, „weil es ja auch so viele Zimmer in Hogwarts gibt, die groß genug wären.“
„Wir sind Zauberer, Weasley!“ McLaggen betrachtete Ron mit halbgeschlossenen Augen, die Mundwinkel offensichtlich angewidert hochgezogen. „Wenn was nicht groß genug ist, machen wir es groß genug. Außerdem hab ich von so einem Raum gehört, der sich den Wünschen dessen anpasst, der ihn betritt –“
„Tut mir Leid, aber wir haben wirklich Besseres zu tun.“ Nun riss sich Harry tatsächlich los; McLaggen wandte seinen Blick ihm zu, scheinbar überrascht. „Wir müssen jetzt zum Unterricht.“
Er wollte sich schon umdrehen, aber da packte McLaggen sein Handgelenk. Harrys andere Hand war schon auf dem Weg zu seinem Zauberstab, als McLaggen sagte: „Mein Onkel – ich meine, Professor Ogden – würde uns dabei helfen! Er hat gesagt, das wäre eine tolle Idee und hält das auch für durchaus machbar und –“
„Ogden?“
McLaggen wandte sich an Ron – Harry tat das gleiche und war überrascht, zu sehen, dass Ron ins Leere starrte, die Augen auf die Wand hinter McLaggens Schultern gerichtet, eine kleine Falte zwischen seinen Augenbrauen.
„Ron, was ist?“, fragte Harry, aber Ron antwortete nicht, schüttelte nur den Kopf.
„Was hat Weasley?“ McLaggen ließ Harry los, stellte sich bedrohlich nah direkt vor Ron hin, richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Hast du etwa was gegen den Namen von meinem –“
„Ach, halt doch die Schnauze!“, murrte Ron plötzlich; er ließ den völlig verblüfften McLaggen stehen und deutete Harry mit den Händen an, mit ihm zu kommen, bevor er losrannte. Harry war selbst zu erstaunt über Rons Ausbruch, um sofort zu reagieren, aber er riss sich zusammen, wandte sich zu McLaggen und hob entschuldigend die Schultern, unterdrückte den Drang, bei McLaggens Anblick laut loszulachen (mit offen stehendem Mund und lose herumhängenden Armen sah er aus wie Goyles älterer Bruder) – und eilte schließlich Ron hinterher.
„Was gibt es denn?“, sagte er, als er im nächsten Korridor auf Ron traf und sie gemeinsam an einer Gruppe von tuschelnden Geistern vorbeigingen.
„Ogden, Harry, Ogden!“ Ron flüsterte ihm das verschwörerisch zu, und als Harry verständnislos die Stirn runzelte, stöhnte Ron. „Verstehst du denn nicht? Ogden – wie Bob Ogden!“
„Bob – ach so!“ Jetzt wurde auch Harry klar, wovon Ron sprach. „Bob Ogden, der Ministeriumsangestellte, der den Fall der Gaunts untersucht hatte!“
Es war seltsam, dass Harry sich erst jetzt erinnerte. Immerhin hatte er die Erinnerung zusammen mit Dumbledore gesehen, nicht Ron. Andererseits, warum hätte er sich den Namen merken sollen? Dumbledore hatte nie angedeutet, dass der wichtig sein könnte … genau. Das bedeutete –
„Das ist nicht wichtig“, sagte Harry. „Dumbledore hätte sonst –“
„Vielleicht ist das ein weiterer seiner versteckten Hinweise!“ Ron lief und redete immer schneller, er schien aufgeregt zu sein. „Vielleicht hat er McGonagall gesagt, sie soll Ogden einstellen, damit –“
„– damit ich mit ihm reden kann?“ Harry schwieg ein paar Sekunden, um darüber nachzudenken; war das möglich? Sicher … War es wahrscheinlich? Nicht unbedingt. Wenn jetzt bloß Hermine hier wäre, die könnte entscheiden, ob Rons Vorschlag sinnvoll war. Obwohl – so, wie sie zurzeit von den Totenrelikten besessen war …
„Hältst du das nicht für möglich?“, fragte Ron leise; Harry drehte ihm seinen Kopf zu, erkannte die Unsicherheit auf seinem Gesicht. Ron hatte Angst vor Harrys Meinung, vor Harrys Urteil. Das sollte so nicht sein.
„Doch, natürlich“, sagte Harry, und Rons Mund breitete sich zu einem erleichterten Lächeln aus, „aber was sollte uns ein Gespräch mit diesem Ogden bringen? Was soll der für Informationen für uns haben?“
„Keine Ahnung“, entgegnete Ron nur. „Wir sollten es herausfinden, meinst du nicht?“
„Kann sein – Ron, sieh mal –“
„Nein, jetzt hörst du mal zu!“
Zum zweiten Mal brauchte es eine Weile, bis Harry reagieren konnte. Er ging noch ein paar Schritte, bevor ihm klar wurde, dass Ron ihn nicht nur regelrecht angeschrien hatte, sondern auch stehen geblieben war. Verwirrt drehte er sich um.
„Was ist denn?“
„Was ist?“ Ron kam mit großen Schritten auf ihn zu; er war schon dabei, zum Schutz die Arme zu heben, aber Ron nahm ihn nur am Arm und zog ihn in einen kleinen Geheimraum hinter einem Wandteppich. „Ich sag dir jetzt mal, was los ist!“, sagte er, nachdem er Harry losgelassen hatte. „Beziehungsweise, du erklärst es mir hoffentlich. Wieso bist du so gegen alles, was Hermine herausgefunden hat? Warum siehst du nicht ein, dass die Totenrelikte wichtig sind, weil Dumbledore uns darauf hingewiesen hat?“
Damit hatte Harry nicht gerechnet. „Ich – ich –“
„Ja?“ Ron verschränkte die Arme.
„Ich – ich weiß es nicht, okay?“ Erschrocken stellte Harry fest, dass er zu schreien begonnen hatte; er bemühte sich, leiser zu sprechen, aber besonders viel Erfolg hatte er nicht. „Ich glaube, es ist genau deswegen – weil Dumbledore uns darauf hingewiesen hat!“
Ron starrte ihn an. „Das ist mit Abstand die dümmste Erklärung, die ich mir hätte vorstellen können.“
„Er hat uns erst so spät darauf hingewiesen, nach seinem Tod, obwohl er geahnt hat, dass er sterben würde! Er hat gesagt, diese Dinge sind alle nicht so wichtig wie die Horkruxe! Das hat er alles selbst gesagt!“
„Aber er hat nicht gesagt, dass sie unwichtig sind!“, erwiderte Ron. „Es gibt Gründe, warum er uns von all dem erzählt hatte!“
„Ja – vielleicht –“
„Ach was, nicht vielleicht! Ganz sicher!“
„Ja, okay, ganz sicher!“ Harry musste sich davon abhalten, mit der Faust gegen die Wand zu schlagen; warum war er so wütend? „Ja, es hat etwas zu bedeuten, gut. Also, die Totenrelikte. Aber was hat das denn –?“
„Mit Ogden zu tun?“, unterbrach ihn Ron. „Keine Ahnung. Wie gesagt, wir sollten es besser herausfinden.“ Er ging zum Wandteppich, schob ihn zur Seite. „Es reicht, wenn einer von uns Verwandlung verpasst. Ich glaube, es wäre gut, wenn du zu Ogden gehst – du kannst sowas wohl besser als ich. Außerdem hast du in der letzten Stunde mit Fudge viel mehr verstanden als ich, ich sollte diesmal auf jeden Fall dabei sein.“
Es dauerte kurz, bis Harry verstand, was Ron da vor sich hin faselte – als es ihm aber klar wurde, verlor er restlos seine Nerven.
„Sag mal, geht’s noch?“ Harry war mit einem großen Schritt bei Ron, packte ihn bei den Schultern. „Glaubst du, du kannst mich hier herumkommandieren? Ich sag dir jetzt mal was, ich – ich –“
Aber er wusste nicht, was er sagen sollte. Er blickte nur in Rons Augen, geweitet in einer Mischung aus Neugier und ein klein wenig Angst. Und in Sekundenschnelle wurde Harry klar, dass das, was er hier veranstaltete, lächerlich war. Alles daran; angefangen dabei, dass er die Wichtigkeit der Totenrelikte leugnen wollte; bis hin zu der Situation, in der er sich nun befand, seinen besten Freund gewaltsam festhaltend, wütend, ohne wirklichen Grund dafür zu haben. Denn eigentlich hatte Ron Recht, und Harry alles andere als das: Er wusste nicht genau, warum er die Möglichkeit, dass Dumbledore Ogden absichtlich als Lehrer für ihr siebtes Jahr geplant hatte, so einfach zur Seite warf, wenn es doch so einfach war, mehr darüber herauszufinden, das zu hinterfragen und nachzuforschen …
„Also gut“, sagte er, und er ließ Ron los. „Schön. Ich rede mit Ogden.“
Ron schien erleichtert zu sein; er strahlte Harry an. „Wusste ich’s doch.“
„W- wo ist sein Büro?“
„Fünfter Stock, im Korridor neben dem Jungsklo“, sagte Ron. „Das weiß ich, weil seine Vorgängerin Burbage mich mal dorthin geschleift hat. Hat mich erwischt, als ich in der Bibliothek eine Hausübung von ‘ner Schummelfeder hab schreiben lassen.“
„Gut, dann – bis nachher.“
Ohne eine Antwort von Ron abzuwarten, drängte sich Harry an ihm vorbei und hinaus auf den Korridor. Er wollte das schnell hinter sich bringen. Vielleicht hatte er nun akzeptiert, dass Ogden etwas wissen könnte, dass Dumbledore ihnen noch mehr wichtige Informationen vorenthalten hat, damit sie von selbst darauf kommen; aber er rechnete sich kaum Chancen mit dem Gespräch mit Ogden aus. Er erwartete nichts, glaubte nicht einmal, dass es einen Nutzen haben würde. Aber probieren schadete nicht.
Und vielleicht würde er so Ron und Hermine wieder beruhigen und zufrieden stellen, ihnen zeigen, dass er nicht völlig aufgegeben hatte. Denn das hatte er keinesfalls. Aber eines musste er zugeben: Er hatte in letzter Zeit unglaublich wenig getan. Und noch weniger geschafft.
Irgendwann würde er vielleicht herausfinden, warum das so war, was los war mit ihm … aber vorher musste er nun endlich mit seiner Aufgabe weiterkommen.
Er erreichte den Korridor im fünften Stock, von dem Ron gesprochen hatte. Es gab hier nur eine Tür; das musste die sein, die zu Professor Ogdens Büro führte. Entschlossen ging Harry darauf zu, hob die Hand, klopfte.
„Herein“, drang eine Stimme durch die Tür. Harry öffnete sie und betrat den Raum dahinter; es war ein sehr kleiner, nichts Besonderes darin bis auf die Wanduhr, die die Form einer Katze hatte.
„Mr Potter!“ Tiberius Ogden grinste ihn von hinter seinem Schreibtisch her an; wie konnte man so alt aussehen? Das steingraue Haar dieses Mannes hatte weder den Glanz von Dumbledores langem Bart, noch vermittelte es den Eindruck von schlicht gealterten Haaren, wie das von Madam Pince – nein, Ogdens Haar erinnerte an Stein, Jahrhunderte alt und herabhängend wie Stalaktiten in Höhlen. Seine Haut war runzliger als jede, die Harry zuvor gesehen hatte, und die vielen haarigen Altersflecken auf Ogdens Gesicht waren beinahe unzählbar – nur die Zähne, die wirkten fehl am Platz. Die waren von fast hellerem Weiß als die von Gilderoy Lockhart.
„Guten Tag, Professor Ogden“, sagte Harry, als er die Tür hinter sich schloss.
„Guten Tag!“, rief Ogden; er stand auf und schüttelte Harrys Hand. „Mr Potter, was für eine Freude! Eine Schande, dass Sie mein Fach nicht belegen – Muggel sind ja so interessant! Aber – was kann ich denn für Sie tun?“ Er wies auf einen Stuhl seinem gegenüber auf der anderen Seite des Schreibtisches, aber Harry schüttelte den Kopf.
„Das geht – hoffentlich – ganz schnell, Professor. Ich wollte Sie nur fragen – nun –“ Wie sollte er es am besten formulieren? Wohl gerade heraus. Er räusperte sich. „Sind Sie zufällig mit einem Bob Ogden verwandt?“
Ogdens erste Reaktion war die, dass er seine Augenbrauen hob, wobei sich seine Nase, seine Wangen und sein Mund alle auf eine höchst abartige Weise mit verzogen. Dann sagte er: „Zufällig ja, Mr Potter. Bob Ogden ist – war – mein Cousin. Wieso wollen Sie das wissen?“
Um Harrys Herz herum wurde es wärmer; hatte er damit gerechnet, dass da tatsächlich eine Verwandtschaft bestand? Er war sich nicht mehr sicher, aber dass es so wahr, ließ seine Aufregung erneut entflammen.
„Bob Ogden hat einen bestimmten Fall behandelt“, sagte Harry hastig. „Es ging dabei um die Familie –“
„– Gaunt.“
Harry stutzte; damit hatte er auf keinen Fall gerechnet. Aber Professor Ogden, der sich mittlerweile wieder hingesetzt hatte, sah ihn nur mit einem Ausdruck grimmigen Verständnisses an und nickte, hatte gerade den Namen genannt, um den es Harry tatsächlich ging.
„Woher wissen Sie –“
„Dumbledore hat mich schon dazu ausgefragt“, sagte Ogden. „Vor mehr als einem Jahr. Ich hab ihm alles erzählt, was ich darüber weiß, und das war nicht viel.“
Das deprimierte Harry nicht; im Gegenteil, es bewies, dass er auf der richtigen Spur war! Jetzt, wo er wusste, dass Bob und Tiberius verwandt waren, jetzt, wo er sogar herausgefunden hatte, dass schon Dumbledore seine Informationen durch Tiberius Ogden bezogen hatte – jetzt war er sich sicher, dass Ron Recht gehabt hatte.
„Professor Dumbledore hat mir so ziemlich alles erzählt, was er über die Gaunts gewusst hat“, sagte Harry; er war zwar nicht besonders vorsichtig mit dem, was er verriet, aber das war ihm jetzt egal. „Aber das kann noch nicht wirklich alles gewesen sein, sonst hätte er –“ Sonst hätte er Sie nicht extra eingestellt, damit ich mit Ihnen reden kann; wie hätte es geklungen, wenn er das gesagt hätte?
„Es tut mir Leid, Mr Potter“, sagte Ogden, und seine leise, heisere Stimme klang auch so. „Aber ich habe Professor Dumbledore alles erzählt, was ich wusste, und seinem Gesichtsausdruck zufolge hat ihm kaum etwas davon weitergeholfen.“
Die Katzenuhr schlug zur vollen Stunde. Harry war ganz kurz davor, noch etwas zu sagen. Zu erwidern, er solle ihm trotzdem dasselbe noch einmal erzählen, weil Dumbledore sich vielleicht geirrt hatte, weil er Fehler machen konnte. Aber irgendwie – nun, da die Flamme der Aufregung erloschen war – wusste er, dass das sinnlos war, dass das nichts brachte … gar nichts bringen konnte. Der Ring der Gaunts war schon gefunden und zerstört, die Gaunts waren nicht mehr interessant. Und sonst gab es nichts, worüber Bob Ogden hätte bescheid wissen können. Oder sein Cousin Tiberius Ogden.
„Lassen Sie den Kopf nicht so hängen“, durchbrach Ogden die Stille, die eingetreten war, nachdem die Uhr zu schlagen aufgehört hatte. „Wollen Sie einen Schluck von Ogdens Old Feuerwhiskey? Unsere Familie ist berühmt dafür!“
„Nein. Aber danke, Sir.“

Harry sah Hermine erst wieder am Abend im Gemeinschaftsraum, und als sie auf ihn zukam, wanderten seine Gedanken zum ersten Mal wieder zurück zu den Totenrelikten. Kein sehr willkommener Gedanke. Aber ein angenehmerer als der an Professor Viridian oder der an die Sackgasse, in die er mit dem Gespräch mit Ogden gerannt war. Das hatte er schon Ron genauestens nacherzählt, bevor der zum Abendessen aufgebrochen war, und das hatte ihm gereicht … Harry war zurückgeblieben, anstatt mit in die große Halle zu gehen; er hatte keinen Hunger.
„Ron hat mir schon alles erzählt“, sagte Hermine, als sie sich neben ihm hinsetzte. „Da hat er sehr gut geschlussfolgert!“
„Stimmt.“ Harry legte Lehrbuch der Zaubersprüche, Band 7 zur Seite. Er wusste, was jetzt kommen würde. Und er lag richtig:
„Ron hat gesagt, er hat dir –“
„Ja, Ron hat mir von den Totenrelikten erzählt“, fiel Harry ihr ins Wort. „Und, um ehrlich zu sein, für mich klingt das nicht besonders –“
„Wenn du es nicht für interessant hältst, dann liegt es allein daran, dass du es nicht verstehst!“ Hermine öffnete ihre Tasche und holte ein Buch heraus, legte es offen auf den Tisch und sagte: „Lies das hier!“
Ohne zu zeigen, was er sich dabei dachte (sprich, er verzichtete darauf, mit den Augen zu rollen, zu stöhnen oder ähnlich auszudrücken, dass ihn das nicht interessierte), beugte sich Harry über das Buch und las:
Wenn ein Magier jemanden liebt, und bis in alle Ewigkeit für diesen da sein will, kann er dies tun, indem er von einem Totenrelikt Gebrauch macht. Mithilfe eines komplizierten Zaubers kann ein Magier seine Seele an ein Objekt seiner Wahl binden. Er verzichtet dabei darauf, nach dem Tod weiterzugehen, und wird auch nicht als Geist zurückbleiben. Der Zauber verleiht dem Objekt bestimmte magische Mächte, die nur von demjenigen aktiviert werden können, dem es zum Geschenk gemacht wird. Erzählungen zufolge war das Erschaffen eines Totenreliktes in frühesten Zeiten Teil von magischen Hochzeiten, allerdings wurden damals noch Tiere gewählt, um nach dem Tod des Magiers dessen Seele in sich zu tragen.
„Und du hältst das für möglich?“, fragte Harry, als er fertig war. Er konnte sich einfach nicht helfen: All das interessierte ihn nicht, er glaubte es einfach nicht, hielt es nicht für wichtig.
… Warum eigentlich nicht? Das hatte er Ron auch nicht erklären können …
„Ich halte es sogar für wahr“, antwortete Hermine entschlossen. „Andere Definitionen für Totenrelikte gibt es nicht, nur umfangreichere. Der sprechende Hut will, dass wir die Totenrelikte der Gründer finden – also haben sie ihre Seele auf Objekten hinterlassen. Und diese Objekte sind eindeutig die –“
„Die vier Gegenstände aus Dumbledores Buch“, beendete Harry den Satz; er fühlte sich erschöpft. „Mir ist klar, worauf du hinauswillst, Hermine – aber selbst wenn es so ist, was bedeutet das? Was soll es uns bringen, die Totenrelikte zu finden? Die haben mit den Horkruxen doch nichts zu tun!“
„Da wäre ich mir gar nicht mal so sicher“, sagte Hermine. „Ich glaube, Voldemort weiß von den Totenrelikten, und hat nach ihnen gesucht. Er dachte, er hätte Slytherins Medaillon, aber er hat das falsche erwischt – wir haben das richtige! Er hat wahrscheinlich Hufflepuffs Becher, aber er hat sicher nicht Gryffindors Schwert. Und Ravenclaws Zepter? Ich bezweifle, dass er es hat.“
„Aber das erklärt immer noch nicht, warum du denkst, dass wir die Relikte finden sollten!“
„Ist doch offensichtlich!“ Hermine schüttelte ungeduldig den Kopf. „Die Gründer haben ihren Erben Totenrelikte hinterlassen – abgesehen von Ravenclaw, die hat ihres für alle Mitglieder ihres Hauses gemacht. Also können nur die, die der Blutlinie der Gründer entstammen oder in Ravenclaw sind die Mächte der Relikte aktivieren!“
Harry legte die Stirn in Falten, zum ersten Mal doch interessiert. „Du denkst – du denkst, diese Mächte könnten hilfreich sein?“
„Ich bin überzeugt, dass es so ist“, sagte Hermine; sie schien zufrieden zu sein, dass er endlich verstanden hatte, packte das Buch zurück in die Tasche, schloss die Augen. „Heute war so ein anstrengender Tag …“
„Wem sagst du das“, sagte Harry, aber nur halbherzig; gerade war Ginny an ihm vorbei gelaufen. Sie hatte ihn nicht einmal angesehen, drehte sich nicht um, als sie durch die Tür verschwand, die zu den Mädchenschlafsälen führten …
„Ist ja jetzt egal“, riss Hermine ihn aus der Trance, mit der er Ginny nachgestarrt hatte; schnell sah er wieder zu ihr, als sie sich nach vorne beugte, um leiser mit ihm sprechen zu können. Er tat das gleiche. „Harry, ich glaube, wir sollten dringend unser Problem mit den Totenrelikten besprechen!“
„Haben wir doch gerade!“
„Ich meine unser richtiges Problem“, erwiderte sie. „Ihre Unzerstörbarkeit.“
„Ach ja ...“ Harry schnaufte. „Der Becher.“
Daran hatte er nicht mehr gedacht, seit Hermine ihm zum ersten Mal davon erzählt hatte. Ein Horkrux, der unzerstörbar war. Genau das, was ihm noch gefehlt hatte.
Den Fluch, den er jetzt ausstieß, hatte Harry bisher eigentlich äußerst selten benutzt. Aber er war wirklich das einzige, was ihm dazu einfiel. Nicht einmal Hermine schien empört darüber zu sein. Im Gegenteil – sie nickte.
„Kannst du laut sagen“, meinte sie. „Aber wir sollten nicht zu viel befürchten, sondern uns lieber konzentrieren. Und alle Möglichkeiten abwiegen.“
„Alle Möglichkeiten abwiegen?“ Harry schnaufte. „Wir wissen, dass der Becher ein Horkrux ist! Und wenn ich akzeptieren soll, dass du mit den Totenrelikten Recht hast, dann –“
„Wissen wir wirklich, dass der Becher ein Horkrux ist?“
Für einen Moment wusste Harry nicht, was er darauf antworten sollte; tatsächlich hielt er mitten in seiner Bewegung inne, saß nun da mit unterschiedlich hoch gehobenen Händen und starr geöffnetem Mund. Er zwinkerte ein paar Mal, brachte seine Gedanken in Ordnung; dann endlich sagte er:
„Was?“
„Denk doch mal nach!“ Hermine verschränkte ihre Arme, als könne sie so untermauern, was sie nun sagen würde. „Hepzibah Smith hatte ein goldenes Medaillon von Slytherin, das also nicht echt war, und einen Becher von Hufflepuff. Was, wenn der Becher auch eine Fälschung war? Oder, andere Möglichkeit: Slytherin ist vielleicht berühmt, aber von Hufflepuff stammte sie selbst ab! Was, wenn sie das Medaillon so aufbewahrt hat, dass andere es finden konnten, den Becher aber mit verschiedenen Zaubern so verborgen hat, dass niemand es entdecken würde?“
Kaum mehr als ein ungläubiges Grunzen brachte Harry hervor. „Das meinst du doch nicht ernst, oder? Voldemort soll den Becher nicht entdeckt haben? Voldemort?“
„Ich weiß, dass er mächtig ist – aber vielleicht hat Hepzibah dafür gesorgt, dass nur Verwandte von ihr an den Becher herankommen! Vielleicht hat sie ihre Hauselfe dazu gebracht, sicherzustellen, dass nur Hufflepuff-Nachfahren den Becher in die Finger bekommen können.“
„Hermine!“ Harry vergrub sein Gesicht in seinen Händen; wie ihn das alles auslaugte … „Selbst wenn es so wäre – was sollen all diese Theorien? Was hilft uns das mit den Horkruxen? Wir finden auf diesem Weg doch nicht den Horkrux von Hufflepuff, egal, ob es sich dabei nun um den Becher handelt oder nicht!“
„Aber vielleicht finden wir so ein Totenrelikt, Harry!“ Harry blickte hoch und sah, wie Hermine sich verschwörerisch nach vorne beugte. Sie flüsterte ihm zu: „Wenn tatsächlich nur die Familie von Hepzibah Smith an den Becher herankommen konnten – oder können – dann –“
Aber Harry verstand schon, was sie meinte. „Zacharias.“
Hermine nickte. „Zacharias.“
„Aber wir können den Typen nicht ausstehen!“
„Als ob das etwas zur Sache täte!“, sagte Hermine indigniert. „Wenn er uns helfen kann –“
„– sollte der Becher überhaupt hilfreich sein – beziehungsweise, sollte deine Theorie überhaupt ansatzweise –“
„Lass mich ausreden! Wenn er uns helfen kann, dann wäre es sinnvoll, mit ihm zu sprechen. Du hast schon mit Ogden gesprochen – warum nicht auch noch mit Smith? Vielleicht ist uns diesmal der Name, das Blut nützlich!“
„Warum machst du es dann nicht selbst?“
„Oh, kann ich gerne tun“, erwiderte Hermine lächelnd. „Aber du kommst mit. Zacharias mag uns genauso wenig wie wir ihn, aber Ron am allerwenigsten, den dabei zu haben ergibt nicht viel Sinn; ich kann vielleicht gut mit ihm reden, wenn wir ein Gespräch begonnen haben, aber du musst dabei sein, um ihn überhaupt zu einem Gespräch zu bewegen.“
„Ich?“, sagte Harry verwirrt. „Wieso ich?“
„Ist das nicht klar?“ Hermine rollte mit den Augen. „Er hat Respekt vor dir! Du bist der Auserwählte!“
„Aber –“
„Jeder in Hogwarts würde dir helfen wollen, vergiss das nicht. Das hat sogar Dumbledore gesagt.“
„Er hat nicht von jedem gesprochen, um genau zu –“
„Aber ich vermute, Zacharias Smith ist einer von denen, die dich unterstützen möchten.“
„Und wie kommst du darauf?“ Langsam hatte Harry das Gefühl, dass dieses Gespräch auf nichts hinauslief. Auf nichts Sinnvolles zumindest. Sie würden sich ja doch nicht einig werden.
„Ich habe es im Gefühl“, sagte Hermine nur. Sie nahm das Buch vom Tisch und steckte es in ihre Tasche zurück, dann gab sie diese Harry und sagte: „Geh schon mal vor zum Hufflepuff-Gemeinschaftsraum. Der Eingang ist im gleichen Korridor wie der zur Küche, ich glaube, auf dem Hufflepuff-Porträt ist ein Kessel mit irgendwas zu essen.“
„Was – aber – ich – jetzt kommandiert ihr mich schon wieder herum und sagt mir, was ich zu tun hab!“
„Du willst doch dabei sein, oder? Ansonsten spreche ich nämlich allein mit Smith.“
Harry hätte gerne die Tasche genommen und Hermine damit auf den Kopf geschlagen; stattdessen nahm er sie nur entgegen und schwang sie über seinen Rücken. „Also gut. Aber wieso gehen wir nicht gemeinsam?“
„Ich muss noch schnell hoch in den Schlafsaal.“ Sie stand auf. „Und dann geh ich noch in die große Halle zu Ron und sag ihm bescheid. Da will ich die Tasche nicht unbedingt mit mir herumschleppen. Versuche, unterwegs einen Hufflepuff zu treffen, der dir verrät, wie du in seinen Gemeinschaftsraum kommst, ja? Bis dann!“
„Warte – hey, warte!“
Aber Hermine war schon an ihm vorbei gelaufen und hoch in den Mädchenschlafsaal. Harry sah ihr hinterher, einerseits wütend, andererseits verwirrt. Hatten Ron und Hermine sich abgesprochen, nun die Zügel in die Hand zu nehmen? War er so schrecklich als Anführer gewesen?
Ja, gestand die ehrliche Stimme in seinem Kopf. Er ignorierte sie – ignorierte auch das zornige Grummeln in seinem Bauch, das ihn daran erinnerte, dass Ron und Hermine ihm sagten, was er zu tun hatte. Stattdessen beschloss er, Hermines Rat (Rat, tss) zu befolgen. Vielleicht war ein Gespräch mit Zacharias Smith gar keine schlechte Idee. Vorausgesetzt, Hermine hatte mit irgendeiner ihrer Annahmen Recht. Ihrer weithergeholten Annahmen, wie Harry fand. Aber er hatte ja ohnehin nichts Besseres zu tun.
Harry winkte Neville im Vorbeigehen zu, als er zu dem Porträt der fetten Dame lief. Neville saß ganz allein an einem Tisch, über Zeichnungen von Kräutern und Pflanzen gebeugt, und bemerkte Harry kaum. Bevor er den Gemeinschaftsraum verließ, sah sich Harry noch um, ob Ginny vielleicht hier war; aber sie war nirgends zu sehen. Harry seufzte und kletterte durch den Ausgang.
Im Schloss war es nicht gerade ruhig, aber Harry entdeckte keinen Hufflepuff auf seinem Weg hinunter in die Eingangshalle. Vermutlich waren sie alle entweder in ihrem Gemeinschaftsraum oder in der großen Halle beim Abendessen. Hermine würde dort einen finden; sie musste ohnehin zu Ron.
Also ging Harry, als er die Eingangshalle erreichte, direkt zu der Tür neben der Marmortreppe, durch die man zu den Kellern gelangte. Harry war schon mehrmals dort unten gewesen, immer, wenn er in die Küche gegangen war. Vielleicht könnte er ja Dobby besuchen, bis Hermine kam, oder Kreacher …
Er schloss die Tür hinter sich, bevor er die Treppe hinab lief. So fühlte er sich einfach wohler: Er riskierte nicht, dass jemand ihn beobachtete. Auch, wenn das kaum Sinne ergab – wer sollte ihn denn hier bitte beobachten, oder was sollte es ausmachen, wenn er beobachtet werden würde?
Mit Hermines Tasche über den Rücken gehängt, aber ohne die Aufregung, die er während des Gesprächs mit Ogden erst gefühlt hatte, ging Harry langsam Stufe für Stufe hinunter. Zacharias Smith – ausgerechnet mit dem musste er jetzt reden … Konnte nicht ein anderer Hufflepuff mit Hepzibah Smith verwandt sein? Ernie McMillan zum Beispiel, mit dem verstand er sich recht –
SSSSSNNNNGGGGG!
Fast wäre er gestolpert und die letzten Stufen hinuntergeflogen. Ohne Vorwarnung war dieses grausame Geräusch durch seinen Kopf gesirrt; und es hörte nicht mehr auf! Es klang ein bisschen wie eine Kettensäge, und es schien von überall zu kommen. Es tat ihm in den Ohren weh … Was sollte er tun? Umkehren? Oder weitergehen? Vielleicht war es ja nur Peeves, der irgendwo in den Wänden Unsinn anstellte … aber, was wenn nicht?
Ach was, hörte Harry seine Gedanken über das Geräusch hinweg, sei kein Angsthase. Er schluckte – und ging einfach weiter.
Aber je tiefer hinunter er lief, desto lauter wurde das Geräusch. Was war das, wo kam es her? Es war unmöglich, den Ursprung des Geräusches auszumachen; egal, wohin Harry blicke, er hörte es überall gleich laut … Er hatte wirklich keine Angst davor; aber es war ihm ganz und gar nicht geheuer. Stimmte etwas nicht? War es ein Alarm der Schule? Griffen die Todesser an?
Als Harry durch die Tür am Ende der Treppe trat, kam ihm die Idee, doch einfach wieder umzudrehen und hoch in die Eingangshalle zu rennen, nachzusehen, wie die anderen auf das Geräusch reagierten. Er war schon dabei, umzudrehen – da fiel ihm auf, dass es leiser geworden war. Einen Moment hielt er an, dann lief er aber die Stufen wieder hoch – und das Geräusch wurde lauter. Verwirrt blieb Harry stehen. Konnte es sein …?
Er ging die Treppe wieder hinunter, trat durch die Tür; das Geräusch wurde leiser. Irritiert ging er ein paar Schritte den Korridor entlang; es war der, an dessen Wände die vielen Porträts hingen, die Lebensmitteln darstellten. Das Gemälde am Ende des Ganges, das, auf dem ein Kessel voller unterschiedlicher Speisen abgebildet war, musste das sein, dass zum Hufflepuff-Gemeinschaftsraum führte.
Mit jedem weiteren Schritt, den Harry tat, wurde das Geräusch leiser und leiser. Warum? Harry verschwendete nicht zu viel Zeit mit diesem Gedanken, sondern ging einfach. Seine Aufregung stieg und stieg – als wüsste er, dass das etwas zu bedeuten hatte. Aber natürlich hatte er keine Ahnung. Er hofft nur … ja, was hoffte er?
Das Geräusch war nun kaum noch hörbar – er ging noch einen Schritt, und noch einen – und plötzlich wurde es wieder lauter. Und lauter und lauter. Harry blieb stehen, zögerte, versuchte noch einen Schritt, und das Geräusch wurde noch stärker und deutlicher. Er drehte sich langsam um – und dabei hörte er es endlich. Er erkannte endlich, aus welcher Richtung diese seltsame Sirene kam. Von seinem eigenen Rücken her.
Aus Hermines Tasche.
Er nahm sie ab, so hastig, dass er ihn beinahe fallen ließ. Aufgeregt legte er sie auf den Boden, öffnete sie – das Geräusch war noch deutlicher zu hören, erst jetzt erkannte Harry, dass es vorher gedämpft geklungen hatte. Und nun verstand Harry auch, woher genau es kam.
Mit zitternden Händen holte er die Seelenpyramide hervor. Die Kugel im Inneren drehte sich schnell, das Röhrchen an der Spitze pfiff und veranstaltete den Krach. Harry wollte nicht, dass jemand kommen und nachsehen würde, was die Ursache des Lärms war, also verfolgte er schnell seine Schritte wieder zurück bis zu der Stelle, an der die Pyramide am leisesten war. Als er das getan hatte, blickte er auf – er stellte wenig überrascht fest, dass er wusste, wovor er stand.
Das Porträt, das zur Küche führte, hing vor ihm an der Wand.


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