von Wizardpupil
Harry betrat schon eine Stunde später wieder den Gemeinschaftsraum von Gryffindor. Er fühlte sich seltsam leer. Und müde – plötzlich so müde …
Ron und Hermine hatten auf ihn gewartet. Sie saĂźen beim Kamin, in dem nur noch ein kleines Feuer brannte.
„Wie war’s?“, fragte Hermine, als Harry sich neben ihr in einen Sessel sinken ließ.
„Sinnlos“, antwortete Harry nur. Viel mehr konnte er nicht sagen: Obwohl er, wenn er ganz ehrlich war, nichts anderes erwartet hatte, war er doch enttäuscht …
„Wie, sinnlos?“ Ron runzelte die Stirn. „Was hast du denn gedacht, dass du dort etwas über die Horkruxe herausfinden würdest?“
Harry seufzte; dann erzählte er ihnen doch noch, warum er eigentlich zu den Gräbern seiner Eltern hatte gehen wollen. Was Luna ihm gesagt hatte, die Geschichte von All Hallows Eve, den Toten, die zurückkehren würden …
„Aber, das ist doch Schwachsinn, Harry.“ Hermine machte sich kaum Mühe, ihre Abneigung zu verstecken. „Dir hätte klar sein müssen, dass das nur wieder eine von Lunas –“
„Mir war klar, dass du das sagen würdest“, unterbrach sie Harry. „Deshalb hab ich euch auch nichts davon gesagt. Aber es ist egal.“ Er ließ seine Augen machen, was sie wollten, und in diesem Moment beschlossen sie, auf das Kaminfeuer zu starren. „Es hat nicht funktioniert. Meine Eltern waren da nicht.“
Er sah gerade noch rechtzeitig hoch, um mitzubekommen, wie Ron und Hermine einen besorgten Blick wechselten.
„Keine Angst“, sagte er, bemüht um eine kräftige Stimme und ein ehrlich wirkendes Grinsen. „Das macht mich nicht fertig. Ich hab nur …“
„Gehofft.“ Hermine nickte, ihre verständnisvollen Augen auf ihn gerichtet, und jegliche Abneigung aus ihrer Stimme verschwunden. „Natürlich. Wie jeder von uns.“
Harry nickte ebenfalls, dann versanken die drei in Schweigen.
Es regnete immer noch, und die Tropfen prasselten gegen die Fenster des Gemeinschaftsraumes. Erst jetzt, wo er neben dem Kaminfeuer saß, fiel Harry auf, wie kalt es draußen gewesen war. Er ließ seinen Blick durch den Gemeinschaftsraum streifen. Außer ihnen waren nur noch ein paar einzelne Schüler auf den Beinen, nicht gewillt, die Nächte des Wochenendes in ihren Betten zu verbringen – da aber die meisten von ihnen Fünft- oder Siebtklässler und von grauenhaften Schul- und Prüfungsstress geplagt waren, sahen sie alle so müde aus, wie Harry sich fühlte.
Am schwarzen Brett war eine Nachricht befestigt, die Harry schon vor einigen Tagen gelesen, die ihn aber nicht wirklich interessiert hatte. Aufgrund neuer, verbesserter Schutzzauber rund um Hogwarts war es den Schülern an diesem Wochenende erlaubt, Hogsmeade zu besuchen. Harry konnte sich richtig vorstellen, mit welcher Sorge, welcher Angst und welchem Widerwillen McGonagall diese Ankündigung, die da in Hagrids fast unlesbarer Klaue geschrieben war, verlautbaren hatte lassen. Er hatte zumindest nicht vor, zu gehen. Obwohl … es wäre wohl eine nette Abwechslung. Und vielleicht könnte er sich wieder ein bisschen mit Luna unterhalten. Oder Professor Viridian weiter über seine Mutter ausfragen – und über den Schleier, den er in ihrem ersten Gespräch so schnell vergessen hatte. Oder aber – eine kleine Flamme loderte bei diesem Gedanken in seinem Herzen auf, begleitet von dem leisen Wimmern des niedergeschlagenen Monsters in seinem Bauch – er könnte Ginny endlich einmal wieder treffen, mit ihr allein sein, mit ihr reden …
„Ehrlich, Harry, dass ist doch nicht schlimm, oder?“
Harry wandte sich zu Ron um, sah seine unsicher gerunzelte Stirn, aber auch seinen auĂźerordentlich gefassten, entschlossenen Blick.
„Ich meine, du hast vielleicht deine Eltern nicht gesehen“, sagte Ron, „aber – aber war es nicht gut, dass du ihre Gräber an ihrem Todestag besucht hast? Ich meine – hättest du das getan, wenn du nicht – wenn Luna dir nicht die Geschichte von All Hallows Eve erzählt hätte?“
Harry dachte darüber nach … Ja, eigentlich hatte Ron Recht. Harry hätte sich irgendwann – ob nun schon morgen, oder erst in einer Woche, oder in einem Jahr, oder in zehn Jahren – oder gegen Ende seines Lebens (wenn das nicht schon in kurzer Zeit sein würde) – schlecht gefühlt, wenn er die Gräber seiner Eltern nicht besucht hätte an ihrem Todestag. Und – auch das stimmte – Harry hätte wohl nicht rechtzeitig daran gedacht, hätten Viridian und Luna ihm nicht die Geschichte von All Hallows Eve vorgesponnen.
Und dann kam ihm die Idee. Konnte es sein … war es möglich … das Viridian ihm nur aus diesem Grund von All Hallows Eve erzählt hatte? Glaubte er selbst nicht daran, dass der Schleier sich tatsächlich öffnete, dass die Toten tatsächlich für eine Nacht zurückkehrten?
Er wollte diesen Gedanken weiterverfolgen. Aber nicht jetzt.
Zum Zeichen, dass Ron ihm geholfen hatte, lächelte er ihm zu. Ron grinste erleichtert zurück, und Hermine strahlte ihn an, offensichtlich verblüfft, aber begeistert.
„Wie geht es Lupin?“, fragte Ron dann, vielleicht, um sich von Hermines Verzückung abzulenken; er war sehr rot im Gesicht. Und falls das seine Absicht war, dann gelang ihm ihre Ausführung sehr gut: Hermine wandte sich sofort an Harry, mit einem interessierten und besorgten Blick.
„Nicht so gut“, sagte Harry wahrheitsgemäß, und Hermines Befürchtungen schienen sich zu bestätigen: Jegliches Interesse in ihrer Miene war verloren, Besorgnis übernahm alles. „Er sagt, Tonks würde sich in letzter Zeit … abweisend verhalten oder so. Jedenfalls passt etwas in ihrer Beziehung nicht. Er sieht wieder sehr krank aus.“
Als sich in Hermines Augen nun die Traurigkeit sammelte, knotete sich in Harrys Magen etwas zusammen.
„Was – was ist denn?“, wollte er wissen, und er klang dabei fast befehlend.
Hermine zögerte; schließlich sagte sie: „Oh – Harry, es ist so … Werwölfe – haben generell eine – eine andere – eine niedrigere Lebenserwartung als normale Zauberer. Dass Lupin so krank aussieht – ich weiß nicht, ob das tatsächlich nur von Tonks abhängt, weißt du …“
Harry starrte Hermine an. Nein, dachte er nur. Nein
„Du willst doch wohl nicht sagen –“, begann Ron, aber Hermine fiel ihm ins Wort; sie klang panisch.
„Ich sage nur, dass es möglich ist! Es gefällt mir doch nicht – ich hab nur so viel Angst –“
„Ach was“, warf Ron ein, mit den Augen rollend.
„– was, wenn Lupin –“
„Nein.“ Harry schüttelte den Kopf, energischer, als er wollte. „Nein, das wird schon nicht – nicht jetzt – es herrscht Krieg.“
„Eben!“
„Nein, Hermine – es herrscht Krieg.“ Es schien ihm wichtig zu sein, dass sie verstand; wenn sie verstand, dann war es möglicherweise doch mehr als eine bloße Hoffnung. „In Kriegszeiten, da – da kann doch niemand einfach an einer Krankheit sterben oder – oder wegen seines Alters! Da – da ist es Mord, oder – oder eine Explosion in einer großen Schlacht oder sonst etwas – und so etwas wird es nicht geben, wenn wir die Horkruxe rechtzeitig zerstören!“
Ron wagte es tatsächlich, zu schnaufen. Hatte er nicht gerade noch einfühlsame, beruhigende Worte zu Harry gesagt?
„Glaubst du das echt?“, fragte er jetzt. „Dass es keine Schlachten geben wird? Ob nun vor oder nach Voldemorts Fall, die Todesser werden doch immer kämpfen. Zerstörte Horkruxe hin oder her.“
„Ron, sei leise!“, zischte Hermine; sie sah sich nervös um, aber es hatte offenbar niemand zugehört: Alle Schüler waren noch über ihre Bücher oder Zeitungen, Pergamente oder Schokofroschkarten gebeugt, gähnend und mit halbgeschlossenen Augen.
„Wie auch immer.“ Ron schien plötzlich wütend zu sein: Er verschränkte seine Arme und blickte Hermine missmutig an, wobei sich seine Augenbrauen über seiner Nase trafen. „Ich geh schlafen. Ich bin müde. Gute Nacht.“
Dann stand er ohne ein weiteres Wort auf und ging davon, in Richtung der Schlafsäle.
„Was ist bloß los mit ihm?“, fragte Harry, worauf er sich natürlich keine Antwort erwartete. Aber Hermine seufzte.
„Ist doch klar. Zu dir hab ich nicht gesagt, du sollst leise sein, als du über die Horkruxe gesprochen hast –“
„Ich war ja auch leise.“
„Ja, das ist nicht der Punkt – er denkt immer noch –“ Sie schüttelte den Kopf. „Immer noch, sogar jetzt noch …“ Und nach einer Weile des Schweigens fügte sie hinzu: „Harry, ich glaube, ich geh auch schlafen. Gute Nacht.“
„Gute Nacht“, antwortete Harry, aber da hatte Hermine sich schon erhoben. Harry saß da, allein.
Diese beiden, dachte er, und er konnte ein kleines Grinsen nicht unterdrĂĽcken.
Am nächsten Morgen ging ein aufgeregtes Tuscheln und Murmeln durch die große Halle. Für einen Moment dachte Harry, alle hätten von seinem nächtlichen Ausflug außerhalb des Schlosses erfahren – aber schon die ersten paar Wortfetzen, die er verstehen konnte, machten ihm klar, worüber sie tatsächlich redeten. Hogsmeade.
„Unglaublich, wie sehr die sich alle darauf freuen“, murrte Harry, als er sich neben Ron und Hermine setzte.
„Ich weiß nicht, ich freue mich auch schon sehr“, erwiderte Hermine, die mit einem seltsamen Gesichtsausdruck ihr Marmeladenbrot betrachtete. „Immerhin durften wir ja bisher nicht mal auf die Ländereien, wann immer wir wollten, sondern nur zu bestimmten Zeiten. Ein bisschen rauszukommen schadet nicht.“
Harry sagte nichts. Er hatte Ron und Hermine gestern nicht mehr gefragt, ob sie denn gehen würden. Er jedenfalls blieb dabei: Das Dorf reizte ihn überhaupt nicht, trotz der Möglichkeiten, die er sich überlegt hatte. Denn nachdem er noch eine Nacht darüber geschlafen hatte, war ihm klar geworden: Das waren gar keine realistischen Möglichkeiten. Ginny würde mit ihren Freunden gehen und kein Interesse daran haben, das Wochenende mit ihm zu verbringen; Luna, wenn sie überhaupt ging, würde wohl eine von den Freundinnen sein, die mit Ginny unterwegs war; und Professor Viridian konnte er sich in Hogsmeade kaum vorstellen. War es vielleicht sogar möglich, dass er hier bleiben würde, in seinem Büro, und dass Harry sich dort mit ihm unterhalten könnte, ungestört von angeblichen Unterrichtsstunden?
„Sieh mal, wer da kommt“, flüsterte Ron griesgrämig in Harrys Ohr. Harry sah hoch – und seine Stimmung sank ins Bodenlose.
Die breitschultrige, große Figur von Cormac McLaggen kam entlang des Gryffindor-Tisches auf sie zu. Auch Hermine blickte hoch und wandte ihren Blick schnell wieder auf ihr Marmeladenbrot; rote Flecken waren auf ihren Wangen erschienen, und als Ron das sah, verschränkte er erneut die Arme.
„Hallo, Potter“, sagte McLaggen, als er sie erreicht hatte.
Harry gab nur ein leises Grunzen von sich.
„Weißt du, was dieses Hogsmeade-Wochenende bedeutet, Potter?“
Eigentlich hatte Harry keine Ahnung, wovon McLaggen sprach. Würde er ihn jetzt zu einer Schlägerei herausfordern? Oder wollte er ihn zu einem Date einladen? Bei der Vorstellung musste er sich zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Stattdessen schüttelte er einfach den Kopf.
McLaggen hob die Augenbrauen, ziemlich überrascht, scheinbar. „Na, dass Quidditch auch bald wieder erlaubt sein wird, vermutlich. Oder nicht?“
Daran hatte Harry nicht einmal im Geringsten gedacht. Er zuckte mit den Schultern. „Kann sein. Wieso?“
Jetzt sah McLaggen ihn an, als befürchtete er, der ehemalige Kapitän der Gryffindor-Mannschaft hätte irgendwie den Verstand verloren. „Na, dann musst du auch wieder die Mitglieder des Teams auswählen!“
„Warten wir erst einmal ab, ob Quidditch tatsächlich wieder erlaubt wird, ja? Und jetzt entschuldige uns bitte – ich muss mich mit meinen Freunden allein unterhalten.“
McLaggen blieb noch kurz stehen, drauf und dran, noch etwas zu entgegnen. SchlieĂźlich aber stapfte er resigniert davon.
„Was gibt’s denn so Dringendes?“, fragte Ron grinsend, als McLaggen verschwunden war.
„Tu nicht so, als hättest du ihn nicht auch verscheucht“, sagte Harry, und Ron und Hermine brachen in schallendes Gelächter aus.
Harry ließ seinen Blick währenddessen durch die Halle schweifen – erst den Gryffindor-Tisch entlang, auf der Suche nach Ginny (die er nicht fand), dann hinauf zum Lehrertisch, wo er Viridian erwartete (der nicht da war), und schließlich über die anderen Haustische. An den der Ravenclaws setzte sich gerade –
„Oh Mann.“
Es wunderte ihn nicht, dass Ron und Hermine sich nicht erkundigten, was los war, denn er hatte sehr leise gesprochen. Dort, nicht weit entfernt von Luna, hatte sich gerade niemand anderes als Cho Chang niedergelassen.
„Hast du sie bisher noch gar nicht gesehen?“, fragte Ron, der Harrys Blick gefolgt war, nachdem er zu lachen aufgehört hatte.
Harry schüttelte den Kopf. „Hab über anderes nachgedacht.“
„Schon klar.“ Ron nahm einen großen Schluck Kürbissaft; dann sagte er: „Du magst sie doch nicht immer noch, oder?“
„Nein“, sagte Harry sofort. Aber es war seltsam, sie hier zu sehen. Hätte sie nicht ihren Abschluss machen sollen letztes Jahr? Aber wie McLaggen hatte wohl auch sie es nicht geschafft … Und nun saß sie dort am Ravenclaw-Tisch, ihr langes schwarzes Haar in einem Zopf, der ihren Rücken hinab fiel, einsam wirkend ohne die Gruppe von Freundinnen, von denen sie für gewöhnlich umzingelt war. Bevor er anderswo hinsehen konnte, begegnete sie seinem Blick, und sie winkte ihm, ein schmales Grinsen auf ihren Lippen. Harry winkte zurück, aber richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf sein Frühstück.
Innerlich grinste er selbst. Er hatte nichts gefĂĽhlt eben. Und die Erinnerung an seinen und Chos Kuss war ihm fremd, eigenartig vorgekommen. Es war Ginny gewesen, die er vor Augen gehabt hatte.
„Übrigens, Harry“, sagte Hermine, und holte Harry damit aus seinen Gedanken, „hast du’s schon gehört? Viridian ist die Woche nicht hier.“
Harry verschluckte sich; während Ron ihm auf den Rücken klopfte, prustete er: „W-was?“
„Ja, eine Frechheit, ich weiß!“ Hermine verstand sein Entsetzen offenbar falsch. „Der muss uns doch auf die UTZe vorbereiten! Aber aus irgendeinem Grund musste er weg, was in der Mysteriumsabteilung erledigen.“
Harry sagte nichts mehr, aber zum Essen konnte er sich trotz seines Hungers auch nicht bewegen. Ein Gespräch mit Professor Viridian konnte er für die nächste Zeit einmal wieder vergessen. Vielleicht sollte er doch nach Hogsmeade gehen, wenn auch nur, um sich abzulenken.
Ron und Hermine schienen es ohnehin für selbstverständlich gehalten zu haben, dass er mitkommen würde. Als er nach dem Frühstück sagte, er wolle noch versuchen, den Aufsatz über den Einfluss der afrikanischen Gewürze auf den Euphoria-Trank für Percy zu beenden, riefen sie ihm hinterher, er solle sich beeilen, damit sie gemeinsam nach Hogsmeade gehen konnten.
Und so lief er bald darauf mit den beiden den Weg zu den Toren von Hogwarts entlang, den er letzte Nacht schon gegangen war. Sein Blick fiel erneut auf das Grab von Dumbledore; nichts deutete an, dass dort etwas Außergewöhnliches geschehen war in der Nacht von Halloween …
Nach der regnerischen, kalten Nacht war es an diesem Tag ĂĽberraschend sonnig und fast frĂĽhlinghaft warm.
„Was geht bloß mit dem Wetter ab?“, fragte Ron, seinen Kopf schüttelnd.
„Sieht ganz danach aus, als würde jemand daran herum pfuschen.“
Neville war an ihrer Seite erschienen, und im Schlepptau hatte er Luna – und Ginny.
„Wollen wir gemeinsam nach Hogsmeade gehen?“, sagte Neville. „Zu sechst ist es doch lustiger als zu dritt.“
„Und schließlich gehören wir alle irgendwie zusammen“, pflichtete Ginny bei; sie lächelte Harry an, und sein Herz machte einen Sprung wie in der Zeit, als er sich gerade erst in sie verliebt hatte.
„Harry, wie war All Hallows Eve bei deinen Eltern?”
Harry drehte seinen Kopf überrascht herum; Luna ging direkt neben ihm. Die anderen hatten nicht gehört, was sie gefragt hatte.
„Woher weißt du –?“
„Ich habe vermutet, dass du ihre Gräber besuchen würdest“, antwortete Luna nur. „Die vielen Fragen – dein Gesichtsausdruck, weißt du?“
„Aha – naja, also – es ist nichts passiert.“
Luna nickte. „Ja, das habe ich erwartet.“
„Das hast du?“ Harry war nun doch erstaunt, obwohl er eigentlich vermutet hätte, dass ihn an Luna nichts mehr verblüffen könnte. Hatte sie ihn veräppelt, als sie gesagt hatte, die Toten würden zurückkehren?
„Das hab ich.“ Sie pflückte eine Blume von einem Busch, an dem sie vorbeigingen. „Die hier sieht aus, als wäre sie kurz vor ihrem Tod.“ Sie steckte sie in ihre Umhangtasche. „Wie auch immer – nun, weißt du, es ist so: Die Toten kehren zwar zurück, aber das heißt nicht, dass wir mit ihnen sprechen können. Es ist ihre Energie, die wiederkommt.“ Sie lächelte. „Verstehst du das?“
Natürlich verstand Harry nichts davon, aber er glaubte auch nicht, dass es da etwas zu verstehen gab. „Ja“, behauptete er einfach, und dann vertiefte er Ron und Ginny so schnell wie möglich in ein Gespräch darüber, dass möglicherweise bald wieder Quidditch erlaubt sein würde.
Sie erreichten Hogsmeade schnell. Das Dorf lag vor ihnen, mit seinen kleinen Häusern, den vielen Schülern, die sich um die Schaufenster der verschiedenen Läden sammelten; alle warfen hin und wieder nervöse Blicke über ihre Schultern, als würden sie erwarten, dass Todesser jeden Moment hinter ihnen erscheinen oder ihre Freunde plötzlich weg sein würden.
Die sechs erreichten die Stelle, von der aus Harry mit Lupin zum Friedhof appariert war. Harry versuchte, nicht daran zu denken, und fragte stattdessen hastig, wo sie zuerst hingehen sollten.
„Drei Besen“, schlug Ron vor. „Ich brauch jetzt ein Butterbier.“
Als die sechs in Richtung des Lokals spazierten, beugte Neville seinen Kopf zu Harry und flüsterte ihm ins Ohr: „Warum gehen die beiden denn immer noch nicht Hand in Hand?“
Harry antwortete, grinsend und ohne den Blick von Ron und Hermine zu nehmen: „Das wird schon –“
Aber er brach ab. Denn er sah etwas, das ihn sogar anhalten ließ. Er sah etwas, das ein merkwürdiges Prickeln in seinem Genick verursachte, etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte, auf das er sich aber doch, in den Tiefen seines Unterbewusstseins, ohne es mitzubekommen, vorbereitet hatte, seit er von dem Hogsmeade-Wochenende gelesen hatte …
Der alte Mann, der auf ihn und die anderen zugehumpelt kam, hatte es offenbar sehr eilig. Sein grauer Bart wirkte zerzaust, seine blauen Augen leuchteten aufgeregt. Und Harry wusste, noch bevor der Mann bei ihnen angekommen war, warum er so aufgeregt war, was er wollte – wer er war …
„Harry Potter …“
Es war weder eine Frage, noch eine Feststellung; der Barmann des Eberkopfs sagte Harrys Namen einfach mit einer tiefen, aber etwas kratzigen Stimme, als er direkt vor ihm stehen blieb. Sein Blick durchdrang ihn, und erinnerte ihn damit schmerzhaft an den Blick einer anderen Person.
„Ja“, erwiderte Harry nur.
Der Wirt nickte. „Folge mir. Weasley und Granger dürfen mitkommen. Wer von denen das auch immer sein mag.“
Dann drehte er sich um und ging hastig zurĂĽck zu der SeitenstraĂźe, aus der er gekommen ist. Harry nickte Ron und Hermine entschlossen zu; fĂĽr einen Moment starrten ihn beide nur verwirrt an, doch als er die ersten Schritte dem alten Mann hinterher machte, folgten sie ihm. Sie lieĂźen Neville, Ginny und Luna, die ihnen neugierig hinterher blickten, zurĂĽck, bogen in die SeitenstraĂźe ein, in welche der Wirt des Eberkopfs verschwunden war, und sahen ihn an deren Ende stehen.
Der Mann lief ein paar Stufen hoch, trat in ein Haus ein und lieĂź die TĂĽr offen stehen.
„Was will der von dir?“, fragte Hermine, als die drei ebenfalls zu den Stufen liefen.
Harry antwortete nicht, aber er wusste es. Er befürchtete, dass er es wusste. Die Erinnerung kam zurück, das, was er seit Schulbeginn so gut verdrängt hatte. Wann hatte er das letzte Mal an diesen Traum gedacht? Und wann hatte er ihn das letzte Mal für die mögliche Wahrheit gehalten?
Denn jetzt, so schien es, wurde er tatsächlich zur Realität … zumindest teilweise.
Harry betrat das Haus und er erkannte es sofort wieder. Er war durch den Hintereingang des Eberkopfs hereingekommen: Von hinter der staubigen Bar blickte er auf den düsteren Schankraum, dieser Geruch, den er schon einmal mit Ziegen in Verbindung gebracht hatte, schlug ihm entgegen. Heute waren keine Gäste anwesend.
Der Wirt stand an einem Treppenaufgang. GroĂź und dĂĽnn, fast skelettartig, lehnte er an der Wand und betrachtete Harry von oben bis unten.
Ron und Hermine betraten ebenfalls den Eberkopf und Harry schlug die TĂĽr zu. Es wurde nun noch dunkler in dem Schankraum. Dann wandte sich Harry an den Mann, entschlossen, das hier schnell hinter sich zu bringen.
„Sie sind Aberforth Dumbledore, nicht wahr?“, fragte er.
Der Bruder von Albus Dumbledore, dem Schulleiter, der Harry so viel beigebracht hatte, nickte. Hermine atmete hinter ihm laut auf.
„Sie haben etwas für mich, oder?“
Aberforth nickte erneut, und diesmal schien er etwas ĂĽberrascht zu sein; seine blauen Augen, fast so durchdringend wie die seines Bruders, weiteten sich ein wenig.
„Komm“, murrte Aberforth Dumbledore, bevor er die Treppe hochging.
Als Harry ihm folgen wollte, wurden seine Arme plötzlich umschlossen. Er drehte sich um: Ron und Hermine hielten ihn fest, mit sorgenvollen Mienen.
„Er ist wirklich Dumbledores Bruder“, sagte Harry ruhig, „wir können ihm vertrauen.“
Es dauerte kurz, aber schließlich ließen sie ihn los – Hermine nach Ron.
„Wieso bist du dir so sicher?“, wollte Hermine wissen.
„Ich erklär es nachher“, antwortete Harry nur. „Wenn wir mit ihm gesprochen haben.“
Und dann ging er dann anderen voraus, zu dem Treppenabsatz, die Stufen hoch. Sie folgten ihm langsam, aber wenigstens folgten sie ihm.
Jede Stufe knarrte unter ihren Füßen, als wäre jede einzelne so alt wie der Besitzer dieses Ladens. Je höher Harry kam, desto seltsamer wurde das Gefühl in seiner Brust. Er spürte es; spürte, was hier vor vielen Jahren passiert war, fühlte es, weil er ihm entgegen ging … Hier war auch Albus Dumbledore hochgeschritten, um eine neue Kandidatin für den Posten der Wahrsagelehrerin kennenzulernen … Dort oben hatte er Sybill Trelawney getroffen, und dort hatte sie ihm etwas offenbart – das nicht nur er gehört hatte, das belauscht worden war …
Und das konnte er fühlen. Oder er glaubte es zumindest. So, wie er letzte Nacht geglaubt hatte, die Gräber seiner Eltern würden leuchten. So, wie er glaubte, dass Professor Viridian kein Betrüger war.
Harry war sicher, dass er hier den Schlüssel finden würde; den Schlüssel zu etwas, irgendetwas, ganz egal was … Aber er brauchte etwas, einen Anstoß, etwas, das ihm die richtige Richtung weisen konnte. Und das würde – musste – er hier finden.
Am oberen Ende der Treppe – die, da war sich Harry sicher, auf die er vor ein paar Monaten im Traum als Schlange hinabgeblickt hatte – fand sich Harry einer offenen Tür gegenüber. Das war es. Das war das Zimmer, in dem es damals geschehen war, das Zimmer über dem Schankraum, in dem die Prophezeiung gemacht worden war …
Aberforth Dumbledore erschien im TĂĽrrahmen. Er winkte Harry, Ron und Hermine herein. Die drei folgten der Aufforderung.
Seltsamerweise war dieser Raum weniger staubig als der unten, als würde Aberforth hier öfter putzen – oder war es einfach die Magie, die hier durch das Holz, Wände, Tische und Stühle, strömte, die das Zimmer sauber hielt? Es lag etwas in der Luft.
„Setzt euch“, sagte Aberforth. Er selbst saß bereits an einem der beiden runden Tische, die sich im Zimmer befanden. Abgesehen von dem, den Aberforth besetzte, standen drei Stühle um den Tisch herum. Harry, Ron und Hermine nahmen Platz.
„Also.“ Aberforth nahm die Augen nicht von Harry.
„Also“, erwiderte dieser.
Die Augenbrauen von Aberforth trafen einander beinahe, als er die Stirn runzelte. „Du wusstest bereits, dass ich dir etwas geben möchte?“
„Ich habe es geahnt.“
„Dann ist mein Laden hier scheinbar ein Ort, an dem hellseherische Fähigkeiten besonders mächtig werden.“
Er wusste es also. Er wusste, was Snape hier damals belauscht hatte, kurz, bevor er ihn aus rausgeworfen hatte.
„Albus hat mir gesagt, ich solle dich nach seinem Tod hier her holen“, sagte Aberforth dann.
Da war es schon wieder. Nach seinem Tod … Dumbledore hatte gewusst, dass er sterben würde oder könnte.
„Ich soll dir etwas geben.“
Harry schluckte.
Aberforth ließ eine Hand in seine Umhangtasche gleiten. Und zu Harrys Entsetzen – ihm stockte der Atem, sein Gehirn setzte für einige Sekunden aus – zog er etwas Silbernes daraus hervor. Etwas Silbernes und Rundes, das an einer Kette baumelte …
Aberforth legte das Medaillon, auf dem sich eine Schlange S-förmig, und nicht ein S schlangenartig, krümmte, auf den Tisch und schob es zu Harry hin.
Hermine machte neben ihm ein fassungsloses Geräusch, Ron flüsterte irgendetwas ganz leise. Harry selbst starrte nur auf das Ding, das er im Traum gesehen hatte.
„Aber – aber was ist das?“ Hermine klang atemlos.
„Ist das nicht offensichtlich?“, fragte Aberforth nur.
„Nein, leider nicht“, erwiderte Harry; er konnte nun endlich wieder richtig denken. „Was ist das, Mr Dumbledore?“
Aberforth zuckte zusammen, als würde es ihm nicht gefallen, so genannt zu werden. „Ein Medaillon ist das. Von Salazar Slytherin.“
„Aber – aber sein Medaillon ist – das Medaillon von Slytherin ist golden! Und ein S ist darauf, keine echte Schlange!“ Hermine schien völlig am Ende mit den Nerven zu sein, als hätte dieses Medaillon ihr den Rest gegeben. „Harry, du hast gesagt, es wäre groß und golden und mit dem S und –“
„Aber das ist doch –“ Jetzt mischte sich Ron ein. „Das ist doch – das Medaillon vom Grimmauldplatz! Erinnert euch, das, das wir nicht öffnen konnten! Ich hab euch doch gesagt, dass ich noch weiß, wie es aussieht – ich habe es euch beschrieben –“
„Silber mit einer Schlange darauf!“ Hermine schlug die Hände vor ihren Mund, und so war ihre Stimme gedämpft, als sie sich an Aberforth wandte: „Woher haben Sie –“
„Gekauft“, sagte Aberforth gelassen. „Hab’s diesem nutzlosen Mundungus abgekauft. Er hat nicht erkannt, was das ist, aber mir kam es sofort verdächtig vor. Albus hat dann meine Vermutung bestätigt.“
Harry erinnerte sich; er hatte Mundungus und Aberforth in Hogsmeade gesehen, sie hatten sich unterhalten. Da musste das gewesen sein …
„Albus hat gesagt, ich soll dir das geben, Potter“, fuhr Aberforth fort, „an dem ersten Hogsmeade-Ausflug diesen Jahres. Hat gesagt, wenn du nicht nach Hogwarts zurückkommst, dann soll ich dich eben suchen. Wenn du zurückkommst, gut so. Er wollte, dass du weiter nach Hogwarts gehst.“
Harry hatte Schwierigkeiten, zu verstehen, was Aberforth sagte. Er hatte sich gerade einmal zur Hälfte einen Reim darauf gemacht, als aus seinem Mund schon wieder Worte kamen: „Woher hat Ihr Bruder das gewusst? Dass er sterben würde? Dass ich vielleicht nicht nach Hogwarts zurückkommen würde?“
Aberforth grinste, als er mit den Schultern zuckte. „Woher soll ich das wissen? Wer weiß das schon so genau, wo Albus seine Informationen hergekriegt hat? Hat immer alles gewusst, nicht wahr?“
„Das stimmt“, sagte Ron schwermütig; er griff nach der Kette des Medaillons, ließ sie durch seine Finger gleiten. „Harry, denkst du, das hier ist ein –“
„Ron!“, warf Hermine indigniert ein, aber Ron rollte mit den Augen.
„- einer von den Schätzen, wollte ich sagen!“
„Schätze?“ Aberforth kicherte. „Ich vermute, das ist ein Codename für irgendetwas?“
Harry sah Aberforth an; eine Mischung aus Neugier und Verwunderung machte sich in ihm breit. An dieser ganzen Situation fand er Dumbledores Bruder fast interessanter als das Medaillon in Rons Händen, das eigentlich seine vollste Aufmerksamkeit beanspruchen sollte. Er hatte sich nie vorgestellt, wie Dumbledores Bruder, den er nur einmal erwähnt hatte, sein könnte. Genauso genial? Würde man in der Zaubererwelt dann nicht öfter von ihm hören? Aberforth sah nicht besonders intelligent aus; er machte einen leicht schäbigen Eindruck, so gar nicht Dumbledore-haft …
„Nein“, sagte er dann schließlich doch zu Ron. „Nein, das Medaillon ist nicht der Schatz, nach dem wir suchen. Das hier ist ein anderes Medaillon.“
„Jedenfalls ist es ein echtes von Slytherin.“ Aberforth verschränkte die Arme, um zu unterstreichen, wie sicher er sich in seiner Sache war. „Wenige wissen es, aber nicht das S, sondern die S-förmige Schlange ist sein echtes Zeichen. Das S hat er nur auf diese spezielle Weise, für die er heute bekannt ist, benutzt, wenn er seine Initialen irgendwo hinschreiben musste. Und von wegen, sein Medaillon wäre golden, Miss Granger?“ Aberforth schnaufte. „Slytherin und Gold? Gold war die Farbe seines größten Rivalen, Godric Gryffindor! Was nicht silbern, das nicht original Slytherin.“
Harry spürte Hermines verwirrten Blick, aber er sah weiterhin Aberforth an; der blickte zurück, hämisch grinsend.
„Du würdest gerne mehr über meinen Bruder wissen, nicht wahr, Potter?“
Harry wollte es gar nicht leugnen. Er nickte.
„Ja, das hab ich mir gedacht.“ An dieser Stelle lachte Aberforth sogar. „Jeder würde gerne mehr über Albus Dumbledore wissen, vor allem du natürlich. Ich kann dir nicht viel sagen, Junge. Er war immer der Klügere von uns beiden. Er hat all die Preise gewonnen. Er ist Lehrer und berühmt geworden. Er hat die Familie gerächt. Er hat –“
„Gerächt?“, fiel Harry ihm ins Wort. „Wieso die Familie gerächt, was meinen Sie damit?“
Aberforths Miene verlor nun etwas von ihrer Gewitztheit. „Du weißt es nicht? Du warst ihm so nah und er hat es dir nie erzählt? Und du hast es auch in keinem Buch gelesen?“
Harry war nicht einmal fähig, den Kopf zu schütteln. Ein paar von Aberforths Worten hatten ihm einen schmerzlichen Stich versetzt. Du warst ihm so nah und er hat es dir nie erzählt …
„Das hier soll keine Geschichtsstunde werden“, sagte Aberforth, „also mach ich es kurz und knapp. Dumbledore hat Grindelwald in einem Duell halb totgezaubert – weil Grindelwald unsere Eltern umgebracht hat.“ Er kratzte seine Nase, vermutlich, um vorzutäuschen, es wäre nicht schwierig für ihn, darüber zu sprechen; aber seine Lippen zitterten. „Da war ich sechs, Albus gerade mal zehn.“
Harry griff nach der Armlehne seines Stuhls, hielt sich daran fest. Das hatte er nie gewusst … ob Hermine einmal davon gelesen hatte? Ein Blick nach rechts auf ihr entschuldigendes Gesicht genügte, um ihm die Antwort auf diese Frage zu geben.
„Ja, recht traurige Geschichte.“ Aberforth schnaufte erneut. „Ich wollte selbst Grindelwald jagen – hätte ihn schon gleich dort erledigt, wenn ich es gekonnt hätte. Aber selbst Albus war erst mit knapp hundert Jahren erfahren genug, um Grindelwald aufzuhalten, als er aus seinem Versteck kroch, um erneut zu versuchen, die Macht an sich zu reißen. Hätte ich jemals versucht, Grindelwald zu stellen, wäre ich dabei draufgegangen.“
„Warum hat Grindelwald Ihre Eltern getötet?“, fragte Ron.
„Berühmt, beliebt und mächtig.“ Aberforth atmete tief ein. „Das waren die Dumbledores. Und solche Familien hatte Grindelwald immer ganz oben auf seiner Liste.“
Harry wollte mehr hören über Dumbledore, über seine Familie, seine Eltern. Erst gestern hatte er sich damit abgefunden, eine Person kennengelernt zu haben, von er mehr über seine Mutter erfahren konnte – und jetzt war da auch noch Aberforth, der ihm mehr über den ehemaligen Schulleiter von Hogwarts erzählen konnte, als jeder andere!
Aber er sah, wie etwas in seinen Augenwinkeln aufblitzte. Es war das Medaillon, immer noch von Rons Hand baumelnd, das das Sonnenlicht, das durch ein Fenster fiel, reflektiert hatte. Es hatte ein wenig wie Flammen ausgesehen. Und diese Flammen riefen in ihm wieder die Erinnerung hoch, und er wusste, was jetzt wirklich zu tun war.
„Mr Dumbledore“, sagte Harry erneut, „ich habe drei dringende Fragen.“
„Schieß los.“ Wieder schien Aberforth erheitert zu sein.
„Erstens – hat Ihr Bruder Ihnen noch etwas gesagt? Noch etwas, was Sie mir geben oder weiterleiten sollen?“
„Nein.“
„Gut – zweite Frage, wie sicher sind Sie hier in Hogsmeade?“
Aberforth hob die Augenbrauen, aber er antwortete, ohne das zu hinterfragen. „Sehr sicher. Die Schutzzauber sind mittlerweile so hochgradig wie die, die vor dem Tod meines Bruders um Hogwarts gelegen haben.“
Harry nickte erleichtert. „Gut, und zuletzt – haben Sie dieses Medaillon in einer geheimen kleinen Kammer in Ihrer Bar versteckt?“
Aberforth lachte. „Gute Fantasie, Junge – aber nein.“
Harry hätte beinahe ebenfalls gelacht. Das war gut, sehr gut … zumindest Teile seines Traumes waren also tatsächlich nur Traum gewesen. Wenn Aberforth so sicher war, und sein Traum nicht vollkommen wahr war, wozu sollte er diesem Mann dann unnötige Sorgen bereiten?
„Danke vielmals, Mr Dumbledore.“ Harry erhob sich, und Ron und Hermine taten es ihm sofort gleich. „Wir müssen nun gehen. Wir müssen uns in Ruhe über dieses Medaillon unterhalten. Wenn es Ihnen also nichts ausmacht, dann –“
„Geht, geht.“ Aberforth stand ebenfalls auf. „Ehrlich, ich hätte heute eigentlich anderes zu tun gehabt.“
„In Ordnung – aber, eine Frage habe ich doch noch.“ Harry räusperte sich. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Sie noch häufiger besuchen würde? Um – um über –“
„Um über Albus zu sprechen.“ Wieder keine Frage, keine Aussage; einfach nur Worte, und dieser wissende, leicht hämische Gesichtsausdruck. „Ja, Potter, wenn es dein Herzenswunsch ist, dann komm wann immer du möchtest und frag mich was immer du möchtest.“
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