von Wizardpupil
Der erste Schrei kam von einer von Fleurs Cousinen, doch er blieb nicht der einzige. Als der Auror zum wiederholten Mal das Wort gerufen hatte, war es bis zu jedem letzten Ohr vorgedrungen und hatte fĂŒr das gesorgt, was wohl in diesem Augenblick am schlimmsten war: Panik.
Die meisten HochzeitsgĂ€ste liefen wild durcheinander, schreiend, teilweise sogar weinend, nach Freunden suchend. Die ersten disapparierten, sobald der Apparierschutz aufgehoben war â einer der Auroren musste das getan haben. Schnell waren die meisten verschwunden, bis auf die Weasleys, Harry und Hermine, das Brautpaar, die Ordensmitglieder, den Geistlichen, die Auroren, Monsieur Delacour und einige andere, darunter Neville und seine GroĂmutter, die in der hintersten Reihe und damit der, die dem Tor am nĂ€chsten war, saĂ, den Hut mit dem ausgestopften Adler auf ihrem Kopf. Madame Delacour war mit Gabrielle an der Hand sofort disappariert, mit einem Ausdruck purer Konzentration auf dem Gesicht, als hĂ€tte sie fast mit so etwas gerechnet. Doch sie war nicht die einzige, die wohl erwartet hatte, derartigen Problemen gegenĂŒberzustehen: Jeder hatte seinen Zauberstab gezĂŒckt, den kampfwilligen Blick in Richtung des Hoftores gewandt.
Auch Harry hatte den Zauberstab in der Hand, bereit, jeden Todesser zu töten, der ihm in die Quere kam. Doch noch war keiner in Sicht. TatsÀchlich war alles ruhig, seit die GÀste verschwunden waren.
âWo sind sie denn?â, rief Bill, ein merkwĂŒrdiges Knurren in seiner Stimme; das Knurren eines angriffswĂŒtigen Wolfes war das wohl. Harry wandte sich zu ihm und Fleur um. Es sah merkwĂŒrdig aus, wie sie da auf ihrem Podest standen, zwischen ihnen der Geistliche, alle drei die ZauberstĂ€be drohend erhoben und die Mienen aufgeregt und wĂŒtend. Kein Wunder, da man die Trauung unterbrochen hatte, kurz, bevor sie zu Ende gewesen war. Die Patroni ĂŒber ihren Köpfen waren verschwunden, und in dem Kelch tobte immer noch der Sturm, tanzten immer noch die Flammen auf dem Wasser.
âSie können natĂŒrlich nicht rein.â Mr Weasley, das Gesicht ungewöhnlich grimmig, ging auf den Auroren zu, der die Anwesenden auf die Todesser aufmerksam gemacht hatte. âWas haben Sie sich dabei gedacht, die Leute so in Panik zu versetzen, wo die Todesser doch dort hinten im Wald herum irren? Die haben keine Ahnung, wo sie hin mĂŒssen! Und solange auĂer dem Apparierschutz keiner vom Fuchsbau genommen ist, werden sie uns auch nie finden können.â
Mr Weasley schien mehr zu sehen von dort aus, wo er stand, als Harry, denn er konnte die Todesser noch gar nicht erblicken. Harry spĂŒrte, wie die Spannung nachlieĂ. Ein paar â darunter viele der Ordensmitglieder â lieĂen ihre ZauberstĂ€be sinken; er hatte das GefĂŒhl, dass das ein Fehler war.
âDie Hochzeit können wir verge-â, begann Mrs Weasley gerade, als das geschah, wovor Harry Angst gehabt hatte.
Mit einem Grinsen, das alles verriet, aber nicht frĂŒh genug auf seinem Gesicht erschienen war, um ihn noch aufzuhalten, hob der Auror vor Mr Weasley seinen Zauberstab, richtete ihn auf das Tor â und mit einem Knall sprang es auf. Ein Triumphschrei kam von irgendwo aus den BĂ€umen hinter dem Fuchsbau, und wie aus dem Nichts erschienen fast fĂŒnfzig groĂe Gestalten inmitten des Hofes, gekleidet in schwarze UmhĂ€nge, mit weiĂen Masken ĂŒber dem Gesicht. Der Auror hatte sie verraten, hatte den Todessern den Weg gewiesen. Und jetzt waren sie da.
âSTUPOR!â, donnerte Moody, und mit ihm riefen viele andere, auch Harry, den Schockfluch. Mr Weasley nicht; der hatte den verrĂ€terischen Auroren kurzerhand zusammengeschlagen, unfĂ€hig, seine Wut zu bĂ€ndigen.
Doch die Todesser wehrten die FlĂŒche locker ab, einer von ihnen lachte ein schrilles Lachen. Es war das einer Frau â das Lachen von Bellatrix Lestrange.
Harrys Nackenhaare stellten sich auf, doch das war nicht die einzige Reaktion auf das Gackern dieser Frau. Die Wut glĂŒhte nun in ihm, Wut, die sich aufgestaut hatte, Wut auf Voldemort und seine Diener, die Menschen töteten. Dieser ganze Zorn wurde aus den hintersten Ecken seines Kopfes freigelassen, vernichteten alle Gedanken auĂer den wenigen, die jetzt notwendig waren fĂŒr ihn: Das war die Frau, die seinen Paten umgebracht hatte; und jetzt war es Zeit, dass er den SpieĂ umdrehte und sie tötete.
Er schwang schon den Zauberstab hoch, die Worte, von denen er eigentlich wusste, dass er sie nicht aussprechen sollte, auf den Lippen. Doch ein anderer war schneller als er.
âDu!â
Neville war nach vorne gestĂŒrmt, den Zauberstab auf die Todesserin gerichtet, die seine Eltern in die VerrĂŒcktheit gefoltert hatte. Harry wusste, trotz der Maske, die Bellatrixâ Gesicht verdeckte, dass sie begeistert lĂ€chelte. Nevilles GroĂmutter eilte ihm hinterher und wollte ihn zurĂŒckhalten, da hob Bellatrix auch schon ihren Zauberstab.
âAvada ââ
âExpelliarmus!â Lupin warf Bellatrix einen Entwaffnungszauber entgegen. Sie konnte ihn gerade noch abwehren und wandte sich Lupin zu, wĂ€hrend Neville von seiner GroĂmutter, die krĂ€ftiger zu sein schien, als sie aussah, weggezerrt wurde.
Harry wollte nicht mehr warten und zusehen; es war Zeit fĂŒr ihn, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und zu kĂ€mpfen. Die wenigen Auroren, die anwesend waren, und die paar Ordensmitglieder reichten nicht, um alle Todesser in Schach zu halten. Der Geistliche hatte mittlerweile doch seinen Mut verloren und war verschwunden, Nevilles GroĂmutter, die scheinbar keinen anderen Ausweg mehr sah, um ihren Enkel davon abzuhalten, sich in den Tod zu stĂŒrzen, disapparierte mit Neville. Mrs Weasley war damit beschĂ€ftigt, Ginny zu ĂŒberreden, zu fliehen. Aus dem Augenwinkel beobachtete Harry, wie Ginny von ihrer Mutter Richtung Haus gedrĂ€ngt wurde, wie sich Ginny heftig wehrte und rief, sie wolle auch kĂ€mpfen. FĂŒr einen Moment war Harry durch die Sorge um Ginny von seiner Angriffslust abgelenkt, doch kaum hatte er sich versichert, dass Mrs Weasley ihre Tochter im Griff hatte, machte sich Harry bereit. Die Todesser waren weit in der Ăberzahl â Harry musste kĂ€mpfen. Und er war froh darĂŒber.
Als er Tonks zu Hilfe kommen wollte, die es mit zwei Todessern gleichzeitig aufnehmen musste, bemerkte er, dass Ron und Hermine neben ihm herliefen.
âSchnappt ihr euch einen anderen, ich komm mit dem dort allein klar!â, rief er ihnen zu, gerade als wenige Zentimeter neben seinem Ohr ein Todesfluch vorbeizog. âNa los!â
Sie hatten einfach nicht die Zeit, Argumente zu finden, warum sie zu dritt kĂ€mpfen sollten. Daher trennten sich Ron und Hermine mit widerstrebender Miene tatsĂ€chlich von ihm, um ein anderes Ordensmitglied von der Last zu befreien, mit zwei Todessern gleichzeitig kĂ€mpfen zu mĂŒssen.
âExpelliarmus!â, rief Harry, den Zauberstab auf den Todesser gerichtet, der hinter Tonksâ RĂŒcken stand. Dieser Todesser war zu schnell fĂŒr ihn, wandte sich rechtzeitig um und wehrte den Zauber ab.
âSieh mal einer an, wen haben wir denn da?â Harry erkannte die Stimme des Todessers. Fenrir Greyback nahm die Maske von seinem Gesicht. Er entblöĂte die spitzen ZĂ€hne, die er in einem sĂŒffisanten LĂ€cheln zeigte. âHarry Potter! Nach dir haben wir gesucht, so ein Zufall ââ
âHarry, der gehört mir!â
Bill rauschte an Harry vorbei, schneller, als Harry es je fĂŒr einen Menschen fĂŒr möglich gehalten hĂ€tte. Die Narben auf Bills Gesicht schienen stĂ€rker ausgeprĂ€gt zu sein denn je.
Greyback, der begeistert lachte, als er Bill erkannt hatte, warf ihm sofort einen Todesfluch entgegen. Bill wich aus, griff ebenfalls an. Er brauchte wohl keine Hilfe; Harry musste sich einen anderen Todesser suchen.
Schnell drehte Harry sich im Kreis, auf der Suche nach einem weiteren Ordensmitglied, das es mit mehreren Todessern gleichzeitig zu tun hatte. Er sah zwar, dass McGonagall gegen zwei auf einmal kĂ€mpfte, doch schien sie kein Problem damit zu haben: Auf den einen schoss sie magische Fesseln ab, und mit einer zweiten flinken Handbewegung war der andere auĂer Gefecht gesetzt. Ron und Hermine lieferten sich gemeinsam mit einem Todesser ein Duell, der seine Maske mittlerweile verloren hatte und den Harry als Alecto erkannte. Sie war eine von denen, die Dumbledores Tod mit angesehen hatten. Fred und George kĂ€mpften fernab beim Tor des Hofes gegen zwei weitere Todesser, Mr Weasley â sein Zauberstab zerbrochen zu seinen FĂŒĂen â rang am Boden mit dem demaskierten Amycus, Alectos Bruder. Ginny war endlich verschwunden, doch Mrs Weasley kĂ€mpfte, das Gesicht wutverzerrt, mit einem besonders groĂen Todesser. Fleur stand auf dem Podest und schoss SchockflĂŒche von oben auf die Todesser hinab â einige von ihnen waren schon auĂer Gefecht gesetzt.
Obwohl Harry eigentlich lieber kĂ€mpfen als denken wollte, arbeitete sein Kopf wie wild. Etwas stimmte nicht. Der Auror, der sie verraten hatte, hatte alle darauf aufmerksam gemacht, dass Todesser auf dem Weg waren, bevor er sie eingelassen hatte. Die meisten dieser Todesser â Harry war erschrocken, wie viele es waren â waren scheinbar keine besonders mĂ€chtigen, denn sonst wĂŒrden nicht jetzt schon so viele am Boden liegen. Und doch waren auch Leute wie Bellatrix Lestrange und Greyback dabei, Elite-Todesser, soweit Harry wusste. Das hier war nicht einfach nur ein Angriff auf die Hochzeit, sonst hĂ€tte der Auror den GĂ€sten nicht die Zeit gegeben, zu fliehen. Etwas steckte dahinter, und es war nicht schwierig, zu erkennen, was. Die Todesser wollten ihn haben, und der Auror hatte den GĂ€sten Zeit gegeben, zu fliehen, damit weniger Leute hier waren und Harry bleiben und kĂ€mpfen musste.
Der Orden schien das mittlerweile auch verstanden zu haben. Moody stand hinter ihm, Kingsley vor ihm, und versuchten, ihn abzuschirmen.
âHör zuâ, murrte Moody ihm zu, nachdem er einen Schildzauber gesprochen hatte. âDie sind da, um dich ââ
âUm mich zu holen, ja, ich weiĂâ, sagte Harry hastig. âWenn du denkst, dass ich deswegen fliehe ââ
âWenn du jetzt nicht von selbst abhaustâ, unterbrach ihn Moody, âwird Kingsley dich packen und mit dir disapparieren. Du hast keine ââ
Seine letzten Worte gingen in einem lauten Schrei unter. Harry und Moody wandten sich um. Fleur, oben auf dem Podest, starrte entsetzt auf den FuĂ der Treppe, die zum Podium fĂŒhrte. Und dort, in einer groĂen Blutlache, lag Bill.
Das konnte nicht sein. Harry hatte das GefĂŒhl, als wĂŒrde ihm der Boden unter den FĂŒĂen weggezogen. Das konnte einfach nicht wahr sein, Bill konnte nicht â nicht an seinem Hochzeitstag â
âStupor!â
Mrs Weasley traf den groĂen Todesser mitten in der Brust, dann stĂŒrmte sie auf ihren Sohn zu. Sie hatte es ebenfalls gesehen.
âDU!â, schrie sie jemanden an, und ihrem Blick folgend erkannte Harry Greyback, der zu den FĂŒĂen von Bills Körper stand. âDu Bestie! Ich werde dich ââ
Doch wie zuvor schon Harry bei Bellatrix, war auch Mrs Weasley nicht schnell genug, um ihre Rache auszuĂŒben. Auch ihr kam jemand zuvor. Fleur war die Stufen hinunter geschritten, stand wie in Trance neben Bill, und hatte die Hand Mrs Weasley entgegengestreckt.
âN-neinâ, stammelte sie leise. âDer gehört mir.â
Sie wandte sich zu Greyback um, TrĂ€nen in ihren Augen, das Gesicht vor Hass und Zorn so schrecklich verzerrt, so ungewöhnlich unschön. Und dann schrie sie erneut â einen schrecklichen, kreischenden, lauten Schrei, der jeden im Hof des Fuchsbaus innehalten lieĂ, der die Auroren, die Ordensmitglieder und die Todesser gleichermaĂen den Kopf herumreiĂen lieĂ, um zu sehen, woher dieses GerĂ€usch kam.
Es war kein gewöhnlicher Schrei. Und Harry hatte das GefĂŒhl, dass Fleur sich verĂ€nderte, wĂ€hrend sie diesen schrecklichen Laut von sich gab â oder verĂ€nderte sie sich tatsĂ€chlich? War ihr Gesicht nicht nur weniger hĂŒbsch anzusehen als sonst, weil die Wut es so zurichtete? War es tatsĂ€chlich hĂ€sslicher? Harry wusste: Er bildete es sich nicht nur ein, dass es sich in die LĂ€nge zog, dass es sich verwandelte. Es war nicht nur ein Trugbild, was sich da an Stelle ihres Munds und ihrer Nase bildete. Harry war klar, was geschah, als zusĂ€tzlich zu Fleurs vogelartigem Kopf und ihrem Schnabel etwas aus ihren Schultern wuchs, als sich diese schuppenbesetzten FlĂŒgel ausbreiteten. Die Veela in Fleur war durchgebrochen.
Greyback starrte Fleur an, Furcht in seinen kalten Augen, sein Mund weit offen. Er schien sich nicht bewegen zu können bei Fleurs Anblick. Harry konnte es verstehen â auch er hatte Angst, wĂŒnschte sich sehnlich, Fleur wĂŒrde sich wieder zurĂŒckverwandeln. Da stieĂ sie auch schon ein weiteres vogelartiges Kreischen aus, hob ihre Arme â und in ihren HĂ€nden erschienen, wie aus dem Nichts, FeuerbĂ€lle. Ihren Zauberstab hatte sie auf dem Tisch oben auf dem Podium gelassen, sie brauchte ihn nicht. Und sie warf einen Feuerball nach dem anderen auf den am Boden kauernden Greyback, schrie und schrie. Greyback war wieder zur Besinnung gekommen und wehrte einige FeuerbĂ€lle mit seinem Zauberstab ab, doch andere trafen ihn, und schnell stand sein Kopf in Flammen. Nun schrie er ebenfalls, brĂŒllte mit Fleur um die Wette, wer lauter war, wer die KĂ€mpfenden mehr faszinieren konnte, die eine mit ihrem hĂ€sslichen ĂuĂeren, der andere mit seinen brennenden Haaren. Harry hielt die anderen nicht einmal fĂŒr dumm, weil sie die Chance nicht nutzten, um die abgelenkten Todesser niederzuschmettern â von Fleurs Anblick konnte man sich einfach nicht losreiĂen, als wĂ€re ihre Vogelgestalt genauso bezaubernd wie ihr sonst so wunderschönes Gesicht.
Es war so schnell vorbei, wie es begonnen hatte. Greyback lag bewusstlos, rauchend, aber nicht mehr brennend am Boden. Fleur â selbst diese rachsĂŒchtige Veela, die sie jetzt geworden war â schien zufrieden zu sein. Sie verwandelte sich zurĂŒck, blickte auf den bewegungslosen Greyback hinab, nun wieder mit ihrem schönen, doch traurigen, wĂŒtenden, Ă€ngstlichen Gesicht. Dann drehte sie sich um, fiel auf ihre Knie und brach ĂŒber dem Körper ihres Mannes â oder des Mannes, der ihrer hĂ€tte werden sollen â zusammen. Sie weinte, wie Harry noch nie zuvor jemanden hatte weinen hören, nicht einmal Mrs Weasley.
Und wĂ€hrend all dessen war der Kampf immer noch nicht wieder aufgenommen worden. Es war jetzt alles still, bis auf Fleurs Schluchzen und Weinen. Bis die zwei Wörter an Harrys Ohr drangen, den er schon die ganze Zeit zu hören befĂŒrchtet hatte.
âAvada kedavra!â
Den grĂŒnen Blitz nahm Harry nur aus dem Augenwinkel war, doch das dumpfe GerĂ€usch, das das Aufschlagen eines Körpers auf den Boden verursachte, verriet Harry, dass der Fluch sein Ziel getroffen hatte. Es schien, als sollte Bill nicht das einzige Opfer sein. Harry wagte es nicht, sich umzudrehen und nachzusehen, wer gefallen war. Wann hatte er zum letzten Mal solche Angst gespĂŒrt?
Aber es war nicht nötig, dass er sich umdrehte.
âNEIN! NEIN, NEIN, NEIN!â
Es war Fred, der schrie, und Harry wusste sofort, wer gestorben war. Dennoch drehte er sich nicht um, wollte es nicht sehen, denn das wĂŒrde bedeuten, dass es tatsĂ€chlich wahr war.
âGreyback hat es vermasselt!â, hörte Harry Bellatrix rufen. âWir verschwinden! Enervate!â
Ăberall im Hof kamen die bewusstlosen Todesser wieder zu sich, und bevor jemand etwas tun konnte, verschwanden sie alle mit einem einheitlichen Plopp. Moody und Kingsley liefen weg von Harry, aber er sah nicht, wohin sie rannten. Wenn er ihnen nachblicken wĂŒrde, wĂŒrde er den Toten sehen, und das durfte nicht passieren.
âHarryâ, sagte jemand hinter ihm, und Harry erkannte Hermines Stimme, spĂŒrte ihre Hand auf seiner Schulter. Wie lang hockte er nun schon da und weigerte sich, sich von der Stelle zu bewegen? Vielleicht waren es Minuten, vielleicht aber auch nur diese eine Sekunde, die es ihm gewesen zu sein schien.
Aber jetzt stand er auf, sah in Hermines verzweifeltes Gesicht. TrĂ€nen tropften von ihrer Nasenspitze, von ihrem Kinn. Sie wandte sich um und Harry folgte ihrem Blick, nachdem er ein letztes Mal zu Fleur gesehen hatte, die nun allein bei Bill war, ihr Hochzeitskleid getrĂ€nkt von seinem Blut. Als Harry dann in die gleiche Richtung sah wie Hermine, konnte er erst einmal nichts erkennen auĂer ein paar Menschen: McGonagall, Tonks und Lupin, zwei Auroren und Ron. Harry sah Rons Gesicht; es drĂŒckte gar nichts aus, wirkte eher wie eine Maske. Nicht einmal Fassungslosigkeit oder Schock brachte seine Miene zusammen bei dem, was er da vor sich hatte. Harry wusste, was das war, und er verstand auch, dass Ron keinen Weg fand, seine GefĂŒhle zu zeigen, weder in seinem Gesicht noch sonstwie. Harry wusste auch nicht genau, was er tun sollte.
Harry war erstaunt, wie ruhig es dort war, dass Mrs Weasley nicht wie Fleur in TrĂ€nen ausbrach. Doch ihr ging es wohl wie Ron â sie wusste nicht, was sie tun sollte, und TrĂ€nen wĂŒrden ohnehin nicht reichen.
Langsam schritt Harry neben Hermine auf diese kleine Gruppe von Leuten zu. Die Auroren und die restlichen Mitglieder des Ordens waren nirgends zu sehen â sie waren wohl den Todessern gefolgt oder ins Ministerium geeilt, um zu berichten, was geschehen war. Harry wurde immer langsamer, umso nĂ€her er dem kam, was er nicht sehen wollte. Doch dann schlieĂlich stand er neben Ron und blickte hinab auf das, was er gewusst, aber nicht fĂŒr möglich gehalten hĂ€tte.
Ăber Georges totem Körper â die Augen starr in Richtung des Himmels gerichtet â lag Mrs Weasley, die den Bauch ihres Sohnes verdeckte, fast so, als wollte sie ihn beschĂŒtzen. Neben ihr kniete Mr Weasley, unglĂ€ubig auf George blickend, auf der anderen Seite Charlie, der seine Hand auf den RĂŒcken seiner Mutter gelegt hatte, den Blick abgewandt. Und Fred kniete neben Georges Kopf, sein Gesicht hinter seinen HĂ€nden verborgen. TrĂ€nen tropften durch seine Finger auf seinen Zwillingsbruder hinab.
âAber â das ist unmöglisch â er lebt!â, hallte es plötzlich ĂŒber den Hof. âEr lebt! Bill atmet, er atmet! Er ist nischt tot!â
Mrs Weasley sprang plötzlich hoch, als wÀre sie elektrisiert worden, mit ihr Mr Weasley und Charlie. Sie wollten loslaufen, da stand Fred plötzlich auf.
âNein!â, rief er, sein schockiertes Gesicht auf seine Mutter gerannt. âGeorge ist tot, du kannst doch jetzt nicht weg von ihm! Bill lebt doch noch, ihn kannst du spĂ€ter auch noch sehen! Du musst jetzt bei George bleiben!â
âAber â aber Fred âŠâ Mrs Weasley faltete die HĂ€nde zusammen, als wĂŒrde sie beten, sah Fred flehentlich an. âBitte, versteh doch â wir mĂŒssen Bill helfen, er blutet stark â ich muss ihm helfen ââ
âNein, du musst bei George bleiben!â
âEs tut mir Leid!â Mrs Weasleys Stimme war so seltsam leise; sie hatte keine Kraft mehr. âIch muss zu Bill, bitte ââ
âSchon klar!â, schrie Fred, seine Stimme kein bisschen leise so wie die Mrs Weasley, sondern kraftvoll â und voller Hass. âAlles klar! George ist ja gar kein Weasley, ich weiĂ, der ist egal! Aber Bill, der ist natĂŒrlich ein Weasley, zu dem musst du sofort!â
âNein!â Nun war auch Mrs Weasleys Stimme wieder lauter, und sie verschrĂ€nkte ihre Finger, ballte ihre gefalteten HĂ€nde zusammen. âNein, bitte, das ist nicht wahr, ich will zu Bill, weil ich ihm helfen ââ
âNatĂŒrlich!â Fred lachte. Harry hatte ihn noch nie so humorlos lachen hören. âDas ist der Grund, sicher. Als ob!â
Dann beugte er sich hinunter, umfasste George bei den Schultern, hob ihn hoch und drehte sich auf der Stelle.
âNein!â, kreischte Mrs Weasley, doch Fred und George waren schon verschwunden.
Das war zu viel fĂŒr Mrs Weasley. Ihre Augen rollten bedrohlich und sie fiel nach hinten um, bewusstlos. Mr Weasley und Charlie fingen sie auf. Auch Ron hatte genug; er fiel auf seine Knie, die immer noch ausdruckslose Miene auf die Stelle gerichtet, auf welcher Sekunden zuvor der Kopf seines toten Bruders gelegen hatte â auch wenn er nicht sein richtiger Bruder gewesen war. Hermine hockte sich schnell neben ihm hin und zog ihn in eine Umarmung, die er zwar nicht erwiderte, aber gegen die er sich auch nicht wehrte.
Tonks und Lupin waren wÀhrenddessen zu Bill geeilt, um seine Blutung zu stoppen. Sie disapparierten mit ihm, vermutlich ins St.Mungo, zusammen mit Fleur.
âEntschuldige, Arthurâ, sagte McGonagall, ihre Stimme, sonst so streng und gefasst, zittrig und haltlos; auch sie trug eine fassungslose Miene, selbst wĂ€hrend sie sprach. âAber â aber stimmt das, was Fred da gerade gesagt hat? Was hat er damit gemeint, George und er wĂ€ren keine Weasleys?â
âTut mir Leid, Professorâ, wandte Hermine, die immer noch Ron am Boden festhielt, ein, und Harry konnte nur erahnen, welchen Mut es ihr kostete, so mit McGonagall zu reden, âaber das ist jetzt wohl kaum der richtige ââ
âDoch, das ist schon okayâ, sagte Mr Weasley hastig; er seufzte. âIch brauch jetzt eine Ablenkung.â Er sah McGonagall direkt an. âWir haben Fred und George adoptiert, nachdem ihr richtiger Vater, Regulus Black, gestorben ist.â
McGonagall keuchte. âRegulus â Black? Siriusâ Bruder? Und â und die Mutter?â
âMuggelâ, sagte Mr Weasley. âWir haben sie nie gesehen. Aber sie hieĂ Hetty Marquette, wenn Sie es unbedingt wissen wollen.â
Fred hatte nicht gewusst, wie klar es seinem Unterbewusstsein war, wo er nun hinwollte. Doch als er am Ziel seiner Apparation angelangt war, war er nicht ĂŒberrascht, inmitten eines Raumes im Grimmauldplatz Nummer zwölf zu stehen. Seit er erfahren hatte, dass Regulus Black sein Vater war, hatte er schon vermutet, dass diese Verwandtschaft kombiniert mit der Tatsache, dass ihm das Geheimnis des Hauptquartiers des Ordens des Phönix verraten worden war, es ihm ermöglichte, einfach so hier hinein zu apparieren, nicht vor der TĂŒr landen und anklopfen zu mĂŒssen, anders als die anderen Ordensmitglieder. Auch er war ein Mitglied, er war vor einem halben Jahr zugelassen worden. So wie George. George war nur ein halbes Jahr Mitglied des Ordens des Phönix gewesen, nachdem er das so lange ersehnt hatte âŠ
Fred sah auf seinen Zwillingsbruder hinab, den er in seinen Armen hielt. George war tot. Ein Teil von ihm â nein, die HĂ€lfte von ihm war weg. Sie waren nie getrennt gewesen, sie waren immer schon âFred und Georgeâ gewesen und das war auch richtig so. Jetzt starrten Georges leere Augen ihn. Fred erwartete, dass sein Bruder jeden Augenblick aufwachte, ihn angrinste und sagte: âWas guckst du denn so bescheuert?â Doch etwas Derartiges passierte nicht.
Es waren sicher irgendwelche Ordensmitglieder hier, doch niemand hatte ihn gehört. Er legte George auf dem schwarzen Sofa ab, neben dem er erschienen war, und wandte sich dann dem zu, weswegen er ausgerechnet in diesen Raum appariert war.
Der groĂe Wandteppich war immer noch nicht verschwunden, niemand hatte es geschafft, ihn von der Wand zu reiĂen. Fred ging zielstrebig einige Schritte nĂ€her und suchte nach dem Namen seines Vaters. Da, neben dem Loch, wo frĂŒher Siriusâ Name gestanden hatte, entdeckte ihn Fred. Regulus. Es gab keine Verbindungslinie zu einer Frau, keinen Namen einer Gattin. Seine Eltern hatten nicht geheiratet, Fred wusste das â aber das war wohl kaum der Grund, weshalb da nichts von seiner Mutter stand. Sie war eine Muggel. Die Familie Black wĂŒrde nichts mit Muggeln zu tun haben wollen, und alle waren sicher schockiert darĂŒber, dass Regulus sich in eine verliebt hatte.
Warum hatte Fred nicht nach dem Namen seiner Mutter gefragt? Seine Mutter â nein, Molly Weasley hĂ€tte ihn ihm sicher verraten.
Es gab irgendwo eine Chronik der Familie, doch da stand ihr Name sicher auch nicht drin. Fred beschloss, dass der einzige Raum, in dem er ihn wohl finden konnte, Regulusâ Zimmer war.
Sollte er George mitnehmen? Nein, es wĂ€re zu schwierig, ihn die Treppe hochzutragen. Er zog seinen Zauberstab, richtete ihn auf seinen Bruder und lieĂ ihn schweben, hinĂŒber in eine Ecke des Raumes. Dort legte er ihn auf den Boden. Er ging zu George, schloss Georges Augen, legte Georges HĂ€nde ĂŒber seinem Bauch zusammen, so, wie man Tote fĂŒr gewöhnlich begrub. Er wĂŒrde ihn spĂ€ter holen und dann tatsĂ€chlich begraben. Doch vorerst musste das reichen: Er hob seinen Zauberstab erneut, legte die Spitze auf Georges Kopf und disillusionierte seinen Bruder. Keiner wĂŒrde ihn finden, denn keiner wĂŒrde in diese Ecke gehen.
Dann verlieĂ Fred den Raum, vorsichtig und leise, sodass ihn niemand hörte. Stimmen drangen aus der KĂŒche zu seinen Ohren, doch er blieb nicht lang genug stehen, um zu erkennen, wer da sprach. Er eilte die Stufen hoch und im obersten Stockwerk angelangt fand er das Zimmer, an welchem er vor zwei Jahren so oft vorbeigegangen war. Regulus stand auf einem Messingschild, das an der TĂŒr hing. Fred öffnete sie und trat ein.
Der Orden hatte auch hier sauber gemacht, das war klar. Nichts war ihm entgangen, alles hatten sie auf den Kopf gestellt. Dieses Zimmer sah aus, als wĂ€re es noch nicht bewohnt worden, zusammengerĂ€umt und ordentlich wie ein Zimmer nur sein konnte, wenn es nie betreten wurde. Bis auf den Staub, der sich auf dem Boden, auf dem Matratzenlosen Bett und auf dem Schreibtisch in der Ecke stapelte. Doch glĂŒcklicherweise wusste Fred, wo damals alles, was als nicht gefĂ€hrlich empfunden worden war in diesem Raum, hingetan worden war. Er ging zum Schreibtisch und öffnete eine Schublade. Ein kleines, mit schwarzem Leder bezogenes Tagebuch lag da, und Fred holte es heraus, begierig und ungeduldig. Erst, als er schon einige Seiten durchblĂ€ttert hatte, wurde ihm plötzlich klar, dass er da etwas in der Hand hielt, was seinem richtigen Vater gehört hatte. Ein seltsamer kalter Schauer lief ihm ĂŒber den RĂŒcken, doch er ignorierte das, konzentrierte sich und suchte nach dem Namen seiner Mutter.
Es war nicht wie das Tagebuch eines MĂ€dchens, stellte Fred erleichtert fest. Es waren keine ausschweifenden Zusammenfassungen des Erlebten, sondern lediglich kurze und bĂŒndige SĂ€tze, oft auch einfach nur Notizen. Seitenlang wurde das Tagebuch mehrmals als einfacher Kalender benutzt, die Tabellen, in denen Datum und Uhrzeit eingetragen war, hatte Regulus Black selbst gezeichnet.
Nach einer Weile gelangte Fred zu einem Absatz, der wichtig erschien. Die Geburt wird eingeleitet, begann er. Vorher hatte Regulus kein Wort in diesem Tagebuch darĂŒber verloren, dass seine Freundin schwanger war. Fred las weiter, einige Daten wie den Namen der Station, die Zimmernummer. Und dann stand da: Bei Hetty setzen die Wehen ein.
Hetty. Fred hatte einen Vornamen. Und irgendetwas klingelte in seinem Hinterkopf. Er hatte den Namen schon einmal gehört â kein Wunder, es war kein wirklich seltsamer Name. Ohne einen Nachnamen hatte er keine Chance.
Fred suchte weiter â und wurde eine Seite spĂ€ter fĂŒndig.
Die Zwillinge sind da â Fred und George Black-Marquette.
Er und sein Bruder trugen also die Namen, die ihre richtigen Eltern fĂŒr sie vorgesehen hatten. Nachdem Fred das erleichtert festgestellt hatte, ĂŒberlegte er, ob er eine Hetty Marquette kannte. Doch den Namen hatte er noch nie zuvor gehört.
Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Schreibtisch, lieĂ das Tagebuch fallen und vergrub sein Gesicht erneut in seinen HĂ€nden. Er seufzte. Wie sollte er Hetty Marquette finden? Was, wenn sie mittlerweile geheiratet hatte und einen anderen Namen trug? Was, wenn sie damals zusammen mit seinem Vater umgebracht worden war?
Er wollte unbedingt seine richtige Mutter treffen. Da sein Vater sicher tot war, war das seine einzige Hoffnung, seine echte Familie kennenzulernen. Er wollte das zusammen mit George tun, wollte ihm gleich nach der Hochzeit vorschlagen, nach ihrer Mutter zu suchen. Dazu wĂŒrde es nie kommen. George war tot.
Unwissend, was er Besseres tun könnte, nahm er erneut das Tagebuch in die Hand und blÀtterte lustlos darin herum. Lustlos, aber doch auch irgendwie interessiert. Das hatte seinem Vater gehört; wie könnte er nicht interessiert sein?
Einige Zeilen sprangen ihn an, weil sie gröĂer geschrieben waren als die anderen. Bald stellte Fred fest, dass sie auch weniger ordentlich waren. Meistens hatte Regulus Black in diesem Buch sehr genau geschrieben, gut leserlich und steril. Doch manchmal sah es so aus, als wĂ€re er in Eile gewesen. Dann waren die Buchstaben weniger genau, mehr gekritzelt â und gröĂer. Manche dieser Zeilen las er. Mutter hat das von Hetty und mir herausgefunden. Und: Sirius hat mir einen Fluch auf den Hals gehetzt, ich kann vorĂŒbergehend nicht mehr reden, Heiler ist unterwegs. Und einige Seiten weiter hinten: Der Dunkle Lord hat mich gebeten, zu ihm zu kommen.
Fred schauerte, als er der Dunkle Lord las. Er wusste noch nicht, wie er damit klarkommen sollte, dass sein Vater ein Todesser gewesen war. Er versuchte, das vorerst einfach zu ignorieren, bis ihm ein besserer Weg einfiel, damit umzugehen. Er las einige weitere dieser hastigen SĂ€tze, bis er einen sah, den er â ohne zu wissen, warum â lĂ€nger anblickte als die anderen.
Hetty glaubt, es wĂ€re vielleicht doch besser, wenn sie zu diesem Bayliss gehen wĂŒrde.
Fred sagte das irgendetwas, doch er wusste nicht genau, was. Bayliss ⊠Den Namen kannte er. Aber woher?
Bayliss ⊠Hetty Bayliss ⊠Hatte sie diesen Bayliss geheiratet, nachdem Regulus gestorben war?
Hetty Bayliss. Ja, diesen Namen hatte Fred schon einmal gehört. Oder gelesen. Aber dann konnte es unmöglich der einer Muggel gewesen sein; wo sollte er den Namen einer Muggel hören oder lesen? Bayliss war sicher auch nicht besonders ungewöhnlich, es gab sicher mehrere Frauen, die Hetty Bayliss hieĂen, darunter auch Hexen. Und doch âŠ
Etwas fiel aus dem Tagebuch. Fred beugte sich schnell hinunter, um es aufzuheben. Es war ein Foto â das Foto eines Autos. Der Ford Anglia, der den Weasleys gehört hatte. Wie kam ein Foto dieses Autos in das Tagebuch von Regulus Black â auĂer âŠ
Fred suchte das Tagebuch nach einem Hinweis ab, und er fand eine fast leere Seite, auf welche Regulus vermutlich dieses Foto kleben wollte. Das war leicht zu erkennen: Die einzigen Worte, die sich auf der Seite befanden, waren ganz unten: Unser neues Auto.
Fred blickte erneut auf den Ford Anglia. Er bewegte sich nicht, nichts bewegte sich auf dem Bild. Es war ein Muggel-Foto. Der Ford Anglia hatte Regulus und Hetty Marquette gehört. Die Weasleys hatten ihn genauso geerbt wie ihn und seinen Bruder.
Und dann fiel es Fred mit einem Mal ein. Er wusste nun, wo er von Hetty Bayliss gelesen hatte. In einem Zeitungsartikel des Tagespropheten. In dem Artikel, der davon berichtet hatte, dass Muggel ein fliegendes Auto gesichtet hatten. Das Auto auf diesem Foto hier, den Ford Anglia, den Ron und Harry Potter nach Hogwarts geflogen hatten.
Fred hatte den Artikel oft zitiert, zusammen mit George, und sich totgelacht darĂŒber, dass Ron und Harry gesehen worden waren. Er konnte sich noch genau an die Worte erinnern.
Als Mrs Hetty Bayliss in Norfolk um die Mittagszeit und so weiter ⊠Mrs Hetty Bayliss in Norfolk.
Fred stand auf, schloss die Augen, das Tagebuch in der einen, das Foto des Ford Anglias in der anderen Hand, konzentrierte sich auf Norfolk, wo er schon einmal gewesen war, um mit einem groĂen Scherzartikelladen zu verhandeln, und disapparierte, mit dem Gedanken im Kopf: Ich will zu meiner Mutter. Ich will zu Hetty Bayliss.
Der Geruch von Meeressalz schoss ihm entgegen, als er in Norfolk landete. Es grenzte an die Nordsee, wie Fred wusste. Und er wusste auch, dass Norfolk sehr groĂ war. Er hoffte, dass es reichte, dass er an den Namen seiner Mutter gedacht hatte, um in der NĂ€he ihres Hauses zu landen.
Er sah sich um und erkannte, dass er mitten in einem umzĂ€unten Garten stand. Zwei ApfelbĂ€ume wuchsen neben ihm, zwischen denen WĂ€scheleinen aufgespannt waren. Die Kleidung, die darauf hing, war nass; es regnete leicht, es war kaum mehr als ein sanftes Nieseln. Freds Blick schweifte ĂŒber ein recht kleines Haus mit Ziegelmauer und einem niedrigen Dach â und dann erblickte er die Frau, die wie erstarrt im Rahmen einer geöffneten TĂŒr stand.
Sie hatte Sommersprossen, sie hatte rotbraunes Haar â sie hatte seine und Georges Augen. Sie starrte ihn an, schockiert, als wĂŒrde sie einen Geist sehen. Fred befĂŒrchtete, sie wĂŒrde ihn nicht erkennen, sie wĂŒrde laut schreien und ihr Mann, dieser Bayliss, wĂŒrde kommen. Doch sie belieĂ es dabei, ihn anzustarren.
Er blickte zurĂŒck, keiner von beiden bewegte sich fĂŒr lange, lange Zeit. Der Regen wurde heftiger, aber Fred machte keine Anstalten, sich vor ihm zu bewahren.
Und dann endlich tat Hetty etwas. Ihr Gesicht war immer noch schockiert, doch ihre Bewegungen waren sicher und kein bisschen zögerlich, als sie auf ihn zugerannt kam. Sie erreichte ihn, schloss ihre Arme um ihn und zog ihn an sich, schluchzte in seine Schulter hinein. Und in diesem Moment war sie nicht Hetty Bayliss, sondern Hetty Marquette, und er war nicht Fred Weasley, sondern Fred Black-Marquette, und alles war so, wie es sein sollte. Es fĂŒhlte sich richtig an. Er war bei seiner Mutter.
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