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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - In Potum Veritas

von Teekon

Er hasste das, wenn er nicht schlafen konnte. Er hasste es mit solcher Inbrunst. Erst recht, wenn er müde war, wenn er abgeschlagen und einfach fertig mit den Nerven und der Welt war. Dann wollte er träumen, einfach die Augen zumachen und jemand anderes sein, wenigstens für ein paar Stunden. Von ihm aus durften es auch schwarze, gestaltlose Träume sein, solange er nur nicht an die Decke, an die schweren Samtvorhänge starren musste, denkend, grübelnd, den Schädel voller wirrer, scheußlicher Gedanken und wüster, horrender Ideen. Aber es ging einfach nicht. Selbst hier, in diesem Haus, verborgen von alter Magie, bekam er keine Ruhe.

Es gab Mittel und Wege, wie man Schlaf erzwingen konnte, das wusste auch jemand, der in Zaubertränke vielleicht nicht unbedingt der Beste war, denn dafür war Baldrian nicht die einzige Pflanze. Man konnte es mit allem tun, was zum Gären imstande war. Alkohol. Das kannte er, dem vertraute er, wusste um die Wirkung gut genug. Und was noch viel besser war: Es war einfach zu beschaffen und schmeckte wesentlich besser als irgendein Trunk, den er oder irgendwer sonst in dieser Stadtvilla ihm zurecht hätte brauen können. Die einzige Schwierigkeit bestand somit darin, hinunter in die Küche zu schleichen und das Zeug zu finden, in einem der vielen Schränke verborgen, billigen Kochwein, fuseligen Sherry für die Bratensoße, ganz egal was, Hauptsache mit genügend Prozenten.

Das hohe Treppenhaus lag still, und nur das regelmäßige, feine Knarzen von sich verziehendem Holz huschte wie trippelnde Mäusefüße daran herauf und wieder hinunter, wie er sich auf das Geländer im obersten Stock, gleich unter der Dachkonstruktion mit den runden Essen, lehnte. Rechts und links von seinem Gesicht versperrten ihm die Locken die Sicht, verlorene Spannkraft darin nur noch mehr zu Boden ziehend, doch er bemerkte das kaum, so sehr hatte er sich daran gewöhnt, immer ein wenig gehetzt und abgekämpft zu sein. So sahen viele aus dieser Tage. Das war nichts Ungewöhnliches. Kein Grund zu übermäßiger Besorgnis. Die Lampen durften nicht anspringen.

Gezückt den hübschen, kurzen Stab aus Apfelbaum, jede einzelne Laterne, jeden Lüster und jede Kerze auf dem Weg nach unten mit einem Zauber belegend, dass ihm das Haus nicht zur Hilfe kam und ihn gleichsam verriet. Barfuß, Schritt für Schritt auf bloßen Zehen, trat er abwärts, dicht an der Wand entlang und voraus lauschend, verharrte auf jedem Absatz, bis sein Herzschlag sich weit genug herunter regulieren ließ, dass er weiter schleichen konnte. Zirpendes Atemgeräusch aus einem der Porträts warnte rechtzeitig, bevor er mit der Schläfe an den vorspringenden, vergoldeten Rahmen stoßen konnte, und hastig hinauf greifend, verhinderte Regulus Black den Absturz des Bildes, der nicht nur diesen Insassen, sondern alle anderen mit geweckt hätte.

Vorsichtig jetzt, er kam näher an die bewohnten Geschosse seines Elternhauses. Hier links, da war es gewesen, damals, die Beratungen der Todesser, die O.A.B noch geduldet hatte, und versteckt hatte er sich hier oben, hatte zuhören, dabei sein, einer von ihnen sein wollen, während Sirius mit grimmig knirschenden Zähnen in den Schatten gehockt hatte. Ganz anderen Ansinnens. So wie auch jetzt.

Er hatte ihn gesehen, keine Woche her, verbissen und so stolz, so unglaublich geschickt, so stark, wie er den Zauberstab schwang, als wäre es ein Instrument, als könne er mit seiner Magie Musik erzeugen. Eine Wonne, dabei zu zusehen, sogar, wenn er die in die Flucht schlug, die einen schützen sollten. Regulus hatte keine Angst gehabt, nein, nicht vor ihm, nicht einen Augenblick lang. So als könne es einfach nicht wahr sein, dass er, der Große, der Ältere, ihm jemals irgendetwas zuleide zu tun vermögen könne. Dabei wusste er es genau: Sirius würde nicht zögern, oh nein. Denn er trug das Mal wie sie alle.

Ein Stockwerk tiefer, leiser jetzt, sacht und zaghaft, und die untere Galerie breitete sich in trügerischem Licht vor ihm aus. Durch die bunten Gläser der Butzenscheiben sickerte Straßenbeleuchtung herein, spiegelte sich, tanzte über Läufer und Dielen, verfing sich in den Streben der Brüstung, schimmerte glitzernd in den Ornamenten des Weihnachtsbaumes im großen Salon. Erloschen war das Feuer im Kamin, leer der Schaukelstuhl, in dem Mutter sonst saß und stickte, verhärmter mit jedem Monat, der verging, mit jeder Stunde, die Vater in seinem Studierzimmer verbrachte. Die Tür dorthin war zu, die Klinke blank, so oft genutzt nun. Selten nun sah man ihn heraus kommen, as er mittlerweile auch da drin, und Regulus war fast sicher, dass Orion auch jetzt auf dem Canapé in der Ecke gleich rechts hinter dem Eingang ausgestreckt lag und schlummerte. Hoffentlich fester, ruhiger, friedlicher als er. Ohne die Hilfe von Feuerwhiskey.

Das Schlafzimmer der Eltern war nicht zu sehen vom Haupttreppenhaus aus, nur zu erreichen über einen der verschachtelten Seitenkorridore, und niemals zuvor war der Junge darüber so glücklich gewesen. Schweiß trat ihm auf die Stirn, von der Anstrengung allein, den einen Fuß in gehobener Position zu halten, bis sich sein Kopf sicher war, gefahrlos wieder auftreten zu können. Die Stufe knirschte, und er hielt den Atem an, das Herz bis in die Ohren pulsierend, doch immer noch rührte sich rein gar nichts. Für Sekunden, Bruchteile davon, griff dieses seltsam vertraute und doch so abwegige Gefühl des Grauens nach seiner Seele, jagte ihm erneut das Blut durch jede einzelne Kapillare seines schmalen Körpers: Allein. Ausgestorben. So verlassen, die Villa am Grimmauld Place, es konnte überhaupt niemand hier sein außer ihm. Tot, alle tot.

Unsinn. Er schüttelte sich die Gänsehaut fort, zwang sich zur Rationalität und schlüpfte, die Schulter über die Tapete schrammend, um den Halt der Wand zu spüren, nicht zu verlieren, Stufe um Stufe die letzten beiden Absätze hinunter. Von hier aus konnte er es schon sehen, das schwarz-weiße Fliesenmosaik im Foyer, die lange Garderobe mit dem silbernen Armleuchter in Form vieler sich windender Schlangen, und die geschnitzten Türen, die davon abgingen, waren alle geschlossen. Kein Lüftchen bewegte den Vorhang vor dem rundbogigen Gang, der nach unten und hinten führte, hinüber in die Küche, in die ein Black sonst nur dann ging, wenn er die Hintertreppe wählen wollte. Nicht ihr Reich, das des Hauselfen und bezahlter Dienerschaft, die es längst nicht mehr gab. Entlassen, fortgeschickt, nicht vertrauenswürdig genug.

Vier Stockwerke überbrückt, berührten die nackten Ballen seines Fußes endlich das Muster in jenem Flur des Erdgeschosses, und Regulus Black überquerte verstohlen vorwärts eilend diese letzte Lücke zwischen den abgerundeten Stufen und der angenehmen Dunkelheit in dem kurzen Verbindungsstück von herrschaftlichem Wohnbereich zum Versorgungstrakt der Villa. Sobald er hinter die Stoffbahn geschlüpft war, hüllte sie ihn ein, diese Finsternis, die gut abgedichtete Tür voraus, die den Geruch von Braten und gedünstetem Gemüse in der quer zum Korridor liegenden Küche einsperrte. Leise nur klimperten die Kupfertöpfe über seinem Kopf, und so schnell er konnte, schob der junge Mann sich durch einen Spalt und war am Ziel.

Wie eine Kerze in der Nacht, so war dieser Raum, und er konnte spüren, wie es ihm ein wenig wärmer wurde, nicht nur auf der Haut, sondern auch tief drin. So ganz anders als das gesamte Terrassenhaus im georgianischen Stil, archaischer, einfacher, und vielleicht gerade deshalb so viel gemütlicher und ehrlicher und echter. Aus rauem Stein die Wände bis zu einer gewissen Höhe, ehe weiß getünchte Bögen daraus wurden, die sich ganz oben trafen, und nichts, was hier hing, stand, stapelte war überflüssig oder reine Dekoration. Kessel, Pfannen, Gewürze, getrocknete Sträuße von Gräsern und Kräutern, Geschirr und Besteck, Schöpfkellen, Holzlöffel, Schränke über und über voll mit Utensilien zum Kochen und Backen, hier eine Schüssel, da eine Springform, und das Ganze dominiert von dieser endlos erscheinenden Tafel aus von Arbeit poliertem Eichenholz. Nicht einmal eine Tischdecke gab es, nur Brettchen mit Messern und einfache Steinguttellerchen, auf denen Stumpen verworfenen Wachses aus den Kronleuchtern der Villa mit flackernden Flämmchen Helligkeit schenkten.

Regulus seufzte, beruhigt, fast zufrieden, und endlich traute er sich, die Schultern auseinander zu drücken und sich aufzurichten. Die Wirbelsäule knackte bedrohlich, aber er nahm es kaum wahr, drehte den Zauberstab zwischen den Fingern und hätte ihn fast sogar eingesteckt. Am liebsten wäre er hier geblieben. Kekse aus der emaillierten Dose dort oben auf dem Wäscheschrank hätte er sich holen können, dazu ein Glas kalte Milch und dann mit baumelnden Beinchen auf einem viel zu hohen Stuhl sitzen und austrinken, bis die Oberlippe ganz weiß war und Sirius sich langweilte und wieder neue Abenteuer bestehen wollte. Lächelnd, so als ginge das heute Abend wirklich genauso wie damals, trat Regulus weiter in die Küche hinein, wandte sich rechts herum, wo der gusseiserne Ofen noch immer glühte von dem darauf zubereiteten Dinner.

Scheite knackten in der Asche, und ein zartes Vibrieren ließ die Deckel auf den Platten summen, so vertraut und bekannt aus vielen Jahren, in denen er hier darauf gewartet hatte, ein Hogwartsschüler zu werden. So wie es alle Zaubererkinder taten, überall in ganz Britannien. Nicht mehr lange nun, es waren die letzten Weihnachtsferien vor seinem Abschluss, doch daran mochte er jetzt genauso wenig denken wie an sein Bett, egal wie sehr er sich nach den weichen Daunenfedern sehnte und darin versinken wollte. Nur, wenn der Schlaf zu ihm kommen mochte. Und dafür brauchte er irgendwas. Es musste hier sein, und er war sich relativ sicher, wo.

Ducken musste er sich dafür, bücken regelrecht, um an jenes Fach zu kommen, in dem die Flaschen aufbewahrt wurden. Unbeschriftete Behältnisse aus grünem Glas, nur anhand der Korken als alkoholische Getränke zu erkennen, und wie der Koch es schaffte, sich genau die Sorte heraus zu suchen, die er gerade brauchte, konnte sich Regulus beim besten Willen nicht erklären. Natürlich. Niemals wäre er von allein auf dieses Versteck gekommen, und nie hätte er sich in Kindertagen daran gewagt, so einen quietschenden Stopfen heraus zu ziehen und einen Schluck zu riskieren, nicht einmal daran zu riechen. Davon war ihm ganz schummrig und schlecht geworden, und sein Bruder hatte ihn ausgelacht und ihm auf die Schulter geklopft. Alles so viel leichter, wenn man nicht auf sich gestellt war. Fortgelaufen, ihn zurückgelassen, dieser feige Hund. Immerhin für eins dankbar sein musste Regulus ihm schon, entschied er hier und jetzt, wie er sich auf sein eigenes Knie stützte und in den dunklen Schrank hineinspähte: Ohne Sirius hätte er heute Nacht schlecht bis gar nicht geschlafen. Und in vielen Nächten zuvor.

Und er stutzte. Nichts. Da war nichts. In dem ganzen Unterschrank nur gähnende Leere, wo so viele Brandweine gelagert hatten. Ungläubig, als hätte sich ein Ghul dort eingenistet und starre ihn jetzt mit den gleichen, dunkelbraunen Augen an, die er selbst im Spiegel sehen konnte, stierte Regulus Black in die Finsternis, schon versucht, die Hände auszustrecken und über das Holz zu fahren, abzutasten, ob es wirklich wahr sein konnte. Aber es war so, er sah es mit eigenen Augen, gleichgültig, ob es dafür einen Grund gab oder nicht. Wohin sollte das alles sein? Und warum? Sie brauchten es doch, zum Kochen, zum Braten; wie sollte die Port-Sauce für den Weihnachtsbraten in die Schüssel kommen ohne roten Wein? Dumm kam er sich vor, belämmert, ein halber Goyle, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel.

„Kreacher!“ So heftig zuckte er zusammen unter diesem kreischenden Aufschrei, dass er nach vorn fiel und sich den hinteren Schädel an dem splissigen Schrank anrammelte, augenblicklich vor Schmerz aufzischend, die Hand an die aufgeschrammte Stelle pressend. Er hatte sie nicht kommen gehört, war so perplex gewesen von dieser merkwürdigen Überraschung, dass ihm ihre Schritte auf der Hintertreppe nicht aufgefallen waren. Und da stand sie nun, Walpurga Irma Black, in einem schreiend violetten Morgenrock, die strähnigen Locken so wirr an ihrem Kopf, als sei sie von einem Besenflug heimgekehrt, und aus dem gelblichen Gesicht glotzten ihre dunklen Augen wie die einer Krähe, so getrieben huschten ihre Blicke hierhin und dorthin in der halb düsteren Küche.

Hastig spross der junge Mann auf der anderen Seite der Tafel in die Höhe, froh darüber, den massiven Tisch zwischen sich und der eigenen Mutter zu wissen, und dennoch bemüht, ihren Irrtum so rasch wie möglich aufzuklären. Keine Ahnung, was sie von dem ärmlichen Geschöpf wollte zu so später Stunde, aber wahrscheinlich konnte sie nicht zu Bett gehen, wenn ihr nicht jemand die Vorhänge zuzog und die Lampe auf ihrem Nachtschränkchen für sie verlöschte. Einen Moment lang hatte Regulus ein kehlig bellendes Lachen im Rachen stecken, ein höhnisch maliziöses Grollen reiner Schadenfreude, das ihn mit Frohlocken erfüllte, doch er schluckte es herunter. Alte Hexe. Kein Wort sagend, schaute er sie statt dessen nur ausdruckslos an und hob die Schultern wie zum Achselzucken.

Erkennend, dass es nicht der Elf war, den sie beim Rumoren in der Küche endlich gefunden hatte, wo sie ihn seit gefühlten Stunden rief und rief, schüttelte Walpurga sich entrüstet, als wolle sie ihn dafür schelten, der zu sein, der er war. „Hast du ihn gesehen?“ blaffte sie den Jungen an, schien sich nicht einen Moment lang zu wundern, was er tat, was er wohl suchte zu so nachtschlafener Zeit, und dennoch hätte sie schwören können, ein heftiges, pochendes Erröten seiner so hohl gewordenen Wangen wahrgenommen zu haben. Zu empört und aufgebracht, um sich groß damit, um sich überhaupt mit ihm zu befassen. Welch Frevel dieser widerwärtigen kleinen Kreatur, auf ihren Befehl, ihren Ruf nicht zu folgen. Das Kind schüttelte den Kopf, verneinend, und das reichte ihr endgültig. Nach Luft schnappend, wandte Walpurga sich ab und stob davon, die Töpfe in dem Gang über ihr klirrend, wie sie hinaus rauschte ins Foyer und zu schreien begann: „Kreacher!“

Erleichterung. Sobald sie den Raum verließ. Fast lachhaft, so war es schon immer gewesen, schon als er noch das Kind gewesen war, das sie nach wie vor in ihm sah. Beinahe hätte Regulus erneut gelacht, dieses Mal tonlos, lautlos, und er wünschte, seine Pyjamahosen hätten Taschen, um eine Hand darin zu versenken. Noch hier zu bleiben, war sinnlos. Wieso auch immer er das getan hatte, der Hauself hatte den Schnapsvorrat verlegt oder gänzlich aufgelöst (als käme er nicht darauf, warum, grundgutes, wunderbares Schlappohr), und auch schleichen war jetzt überflüssig. Wenn Orion Black von diesem Gezetere da im Treppenhaus nicht aufwachte, dann würde es das gemächliche Trappsen eines jungen Mannes auf den Stufen erst recht nicht tun. Seufzend, nun erst recht nicht mehr an Schlaf denkend, darauf hoffen könnend, zuckte Regulus zu sich selbst die Achseln und schlurfte davon.

Und es war alles wieder da, der Grund für seine Insomnia, schlimmer als zuvor und nicht mehr zu verdrängen. Weil sie ihn so daran erinnert hatte, wie es besser gar nicht ging, eindringlicher, den Namen des Wesens herausgebrüllt. Kreacher. „Einen Auftrag hat er Kreacher gegeben,“ hatte der Elf eifrig genickt, Wasser des Stolzes auf den schwarzen Knöpfen seiner Augen, keinerlei Angst darin schwimmend. Das hatte ihn zuversichtlich gestimmt, seinen Herrn, und die knorrigen Schultern fest im Griff, hatte er ihn gedrückt. „Sehr gut, Kreacher!“ hatte er sich gefreut. „Dann führ' ihn zu seiner vollsten Zufriedenheit aus, hörst du?“ Geweint hatte der Diener vor lauter Seligkeit, sich die lange, schnauzenartige Nase geputzt wie ein röhrender Elefant, so trompetend. „Und dann kommst du zu mir zurück,“ hatte Regulus sein eigenes Glück kaum fassen können. „Dann kommst du zu mir zurück.“

Aber das war er nicht. Immer noch fort. Wie lange nun? Er hatte die Stunden nicht gezählt. 'Zu mir zurück.' Nicht einfach hierher, zum Schlafen in seine Kammer, versteckt aus Furcht irgendwo im Haus, vielleicht bei O.A.B im Studierzimmer, ihm behilflich sein bei seiner verqueren Arbeit und seinen merkwürdig schaurigen Forschungen, derer Regulus immer noch (und weniger nun, denn Orion passte auf wie ein Adler) nicht habhaft werden konnte. Nein, zu ihm, und nur zu ihm. Doch Kreacher war nicht aufgetaucht. Er blieb fort, verschollen, vermisst, mochte der Schüler fast sagen, und so vertieft in seine Gedanken, seine Sorgen um das doch ihm unterstellte Geschöpf, bemerkte er gar nicht, wie seine Beine ihn Stück für Stück höher drückten, Stockwerk um Stockwerk.

Walpurga krakelte noch immer. Aufwallend und abebbend, schallte ihre schrille Stimme durch die Flure und Gänge, knallten die Türen, die sie öffnen und wieder schließen konnte auf ihrer Suche nach dem unerlässlichen Diener. Keine zweites Organ gesellte sich dazu; es blieb ruhig auf der südwestlichen Seite des Hauses am Grimmauld Place. Natürlich, man hätte es sich denken können, dass Mr. Black sein Reich auch akkustisch schützte. Seine Ruhe haben durch und durch, konnte er dort drinnen, träumen, schlafen, egal, wovon. Schwarzer Magie oder Sonnenlicht auf seinen Katzenkrallen. Böse Zauber oder blühende Disteln am Ufer des Sees. Ganz wie er wollte.

Er ließ sie zurück, beide Elternteile, wie er höher hinaus stieg, vorbei an der repräsentativen Ebene der Villa und auf die schmalste Stiege, die ihn auf die oberste Galerie führte. L-förmig bog sie sich um die Öffnung herum, wo es steil hinunter ging in eine solche Düsternis, dass die weißen Fliesen auf dem Boden des Foyers nurmehr verschwommene Punkte waren. Vielleicht könnte er aus dem Gaubenfenster schauen an den Himmel von Bloomsbury, wo kreisende Lichter hernieder wanderten, brummend die Triebwerke und blinkend die Positionslichter am Rumpf des fliegenden Muggelschiffes. Regulus stolperte fast über die niedrige Schwelle seiner Schlafzimmertür, wunderte sich nicht mal darüber, dass die Lampen noch immer unter seinem eigenen Spruch lagen und sich nicht entzündeten. Die Tür klickte leise hinter ihm ins Schloss.

Zwei Statuen in der mondhellen Finsternis. Aufgebrochen die Wolken, hing der abnehmende Mond zwischen den Schornsteinen und den kahlen Zweigen der Platanen im kleinen Park des Häuserblocks, und die zitternden, fledermausartigen Ohren des Elfen warfen hässliche, lange Schatten auf das Parkett, grotesk vergrößert und bizarr verzerrt wie ausgebreitete Arme, die sich um ein Opfer legen wollten. Stocksteif wurzelte Regulus fest, starrte die Erscheinung inmitten seines penibel aufgeräumten Zimmers an, wie sich die abgetrennte Sichel des Erdtrabanten in den Augen spiegelte. „Meister,“ krächzte das erbarmungswürdige Ding auf dem Bettvorleger, und das war alles, was es sagen konnte, ehe es, ohne einen Schritt zu tun, plötzlich nach vorn wegkippte und mit dem Gesicht aufgeschlagen wäre, hätte sein Herr nicht blitzschnell geschaltet und reagiert.

Sich regelrecht vorwärts werfend, donnerte der junge Mann auf die Knie, streckte die Hände aus und fing den Elfen auf, so schwer wie noch nie und gleichzeitig so leicht, als wäre er gar nicht wirklich vorhanden, nur noch ein Gespenst seiner selbst und dennoch ein lebloser Stein. „Kreacher!“ hauchte Regulus atemlos, ihn auch für ebenso tot haltend, wie er sich anfühlte im ersten Augenblick der Berührung. Doch dann wäre er fast zurückgezuckt, die brennende Hitze glühenden Fiebers auf schweißnasser Haut spürend, wie im selben Moment der Zauber gelöst wurde und der Docht einer hohen, weißen Kerze mit zischender Verpuffung entflammte. Die braunen Augen weiteten sich vor Entsetzen.

„Alle Druiden!“ Er konnte nur fluchen, ohne Luft zu holen, schockiert von diesem Anblick, denn das dürre Wesen war nicht bleich, nicht farblos wie sonst, es war grün angelaufen von den Zehenspitzen bis hinter die nur angedeuteten Brauen, fahl und schimmlig sah er aus, wie eine Moorleiche, aufgedunsen und gleichzeitig ausgetrocknet, und der Schüttelfrost packte die grauenvoll zugerichtete Kreatur in einem heftigen Krampf. Die Lippen, ausgezogen und blutleer, formten Worte, wollten etwas sagen, doch es ging nicht, nicht wirklich, und Regulus beugte sich über ihn, lauschend, die Ohren spitzend, um ihn verstehen zu können. „Was sagst du? Was brauchst du?“ Schweiß trat dem Zauberer auf die Stirn, wie er den schlaff werdenden Körper aufhob, ihn näher an seinen Kopf bekommend, hoffend, dass er ihm sagen könne, wie er zu helfen imstande war.

Und Kreacher schrie. Ein trommelfellzerreißender Klagelaut, so voller Qual und begleitet von panischem Strampeln, Treten, Fuchteln mit den Ärmchen, dass es Regulus betäubte, und er fiel rücklings auf die eigenen Füße und rang um Gewalt über den leidenden Elfen. Abwehr war darin, „nein nein!“, und Anderes, Unverständlicheres, Sinnloses beinahe, was das geschundene Geschöpf jammerte und kreischte, egal, wie sehr der junge Mann ihn gegen seinen Oberkörper presste, nicht auf ihn hören könnend. „Shhh, still, Kreacher, still, sie wird dich hören!“ Und da war es schon geschehen. Es rumorte irgendwo unter ihnen, das waren klappernde Schritte von Pantinen auf Parkett, und die gleiche Panik, die den Diener schüttelte, befiel nun den Meister. Wohin? Wohin nur, wo?

Die Idee kam genauso rasch wie die Eile, sich selbst zunickend, und Regulus stemmte sich auf die Füße, auch wenn der Hauself sich wehrte, ihn nicht erkennend in seinem Wahn, der ihn erneut befallen hatte und ihn schüttelte wie Fallsucht, und trotzdem streichelte er weiter beruhigend die zwischen Eiseskälte und Höllenfeuer schwankende Schläfe. „Es wird gut, shhhh, ich weiß, ich weiß!“ Ob es zu ihm durchdrang? Der Junge wusste es nicht. Aber vielleicht brauchte er diese Worte ja auch selbst.

Sirius' Zimmer. Ja, gleich nebenan, dort hinein würde sie niemals gehen, dorthin konnte er ihn bringen, die Tür verrammeln und versiegeln, genauso wie es Orion unten getan hatte, und schon wären sie in Sicherheit. Es war ein Satz, so schnell und geschickt, an den Regulus sich später nicht mehr erinnern konnte. Wie er die Galerie überquerte, wusste er hinterher nicht mehr, hatte keine Ahnung, wie er zu dem Bett gekommen war und gleichzeitig, nonverbal – nonverbal? Ja wirklich – den Muffliato hinter sich geworfen hatte. „Wasser! Wasser!“ hatte Kreacher gebrüllt, stundenlang, war es ihm vorgekommen, und er hatte es ihm herbeigezaubert, mehr und mehr und immer wieder, bis das Fieber nachließ, bis der kleine Elf in unruhige Träume verfallen war.

Zuckungen durchfuhren den zerbrechlichen Körper die weitere endlose Nacht lang, während sein Herr ihm die Stirn befeuchtet hielt und ihn warm zudeckte, ihm zu trinken gab, wann immer die Lider flackernd hochschnellten, auch wenn er sich manchmal sträubte und flehte, bettelte und winselte, er wolle nicht mehr davon nehmen, nicht mehr von dem grünen, schimmernden Trank, lieber sterben. Als die Sonne kam und hinein schien durch Sirius' Fenster im Osten, verhangen von Schlieren auf ewig nicht geputzten Scheiben, war Kreacher still, und seine Haut war nun grau und fleckig, doch hob und senkte sich die schmächtige Brust in ruhigen, regelmäßigen Zügen, und das weiß gewordene, dünne Haar auf seinem hässlichen Schädel war glatt gestreichelt von sorgender Hand, auf deren Unterarm das Dunkle Mal züngelnd brannte.

Regulus Black hockte auf den eigenen Beinen, taub geworden die Füße, und aus stammelnden Schmerzenslauten, in Irrsinn daher Geplappertem und in Entsetzen Erinnertem machte sein Geist ein Bild, und in dieses Bild drängten sich immer wieder zwei einzelne Wörter, die er niemals wieder vergessen hatte. Kanopen. Horcruxe.


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Luna ist auch eine Person, in die ich mich von Anfang an verliebt habe. Sie gibt der Handlung einen wichtigen, neuen Anstrich und sie lässt Harry Dinge anders betrachten. Ich war ihr wirklich von Anfang an verfallen.
Michael Goldenberg