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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Datteltee und Shisha

von Teekon

Laut hustend brachte Remus es einfach nicht über sich, dieses kratzige Erstickungsgefühl zu unterdrücken, und er hielt sich eine geschlossene Faust vor den Mund, so gut es eben ging. Der Geschmack nach Apfel drang deutlich durch den Rauch hindurch, aber dennoch war es Tabak und reizte seine Kehle, und er war es eben einfach nicht gewohnt. Und außerdem war es nicht gerade einfach, genau den richtigen Sog auf den Schlauch zu bringen. Das hatte Professor Al-Harani ihm als erstes erklärt, noch bevor er ihm überhaupt gezeigt hatte, wie man die Wasserpfeife benutzte. Mehr als dankbar nahm der Junge zur Kenntnis, dass sich der Lehrer nicht einmal zu ihm herumdrehte, sondern sein Keuchen einfach überhörte und mit seiner Arbeit fortfuhr.

Niemals zuvor hatte dieses Büro so einladend und gleichzeitig so fremd ausgeschaut wie in diesem Schuljahr. In ähnlicher Art wie das Klassenzimmer hatte er die Privatgemächer des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste verändert und umgestaltet, jedoch viel intensiver und deutlicher. Das große Rondell des Erkerzimmers besaß keine einzige Stelle mehr, an der nacktes Naturgestein hindurch schaute. An jeder Wand waren Teppiche, Tücher und Stoffe aufgehängt, die eine Wärme und eine Weichheit in den Raum zauberten, die Professor Keigwins Büro niemals ausgestrahlt hatte.

Verschiedene Hängelampen und Stehlaternen in unterschiedlichster Ausfertigung warfen indirektes Licht in jede Ecke und ließen dabei die große Mitte des Zimmers dunkel. Manche waren aus Eisen geschmiedet und in schnörkeligen Blattmustern gehalten, während andere aus winzigen bunten Steinchen und Glas zusammengesetzt waren und deshalb mosaikartige Spiele aus flackerndem Schein verbreiteten.

Die stets geschlossene Tür aus dem Büro hinaus in die hinteren Bereiche der privaten Unterbringung hatte einen neuen Anstrich erhalten, schimmerte nun in tief dunkel rotbraunem Ton, passend zu den warmen, satten Farben aus unterschiedlichen Orange-, Rot- und Brauntönen, in denen der Professor dekoriert hatte. Kunstvoll gewebte Shasawan-Teppiche bedeckten den Fußboden komplett und so exakt abgestimmt, dass nirgends eine Ecke überstand oder umgeschlagen werden musste. Während im vorderen und westlichen Bereich der runden Wand Truhen und Kisten mit orientalischen Stempeln gestapelt waren, verbarg sich der eigentliche Arbeitsbereich hinter geschickt aufgestellten und mit Brokat bespannten Paravents.

Eine Art ungeheurer Baldachin senkte die enorme Deckenhöhe und bildete ein schützendes Dach über der unsagbar gemütlichen Sitzecke, die der Professor für Gespräche mit seinen Schülern, aber auch zur Bewältigung seines Papierkrams und der Unterrichtsvorbereitung eingerichtet hatte. Auf einem niedrigen Podest hatte er Sitzhocker aus gemustertem und farblichem Leder neben weichen Kissen und Rollen in reich bestickten Bezügen ausgelegt, und dazwischen verteilten sich zwei kleinere runde Mosaiktischchen und ein längliches Exemplar aus geschnitztem Holz von der selben Farbe und dem gleichen Schimmer wie der neue Anstrich der Tür. Seidenläufer bedeckten die Abstellflächen, so fein gewebt und so durchscheinend, dass die hübschen Muster von arabischen Kalligraphien und Ebrus-Zeichnungen nicht davon verborgen wurden.

Egal wo man hinschaute, ob zur ebenfalls mit Deckchen ausgelegten Fensterbank, zu der herrlich schönen Apothekerkommode mit ihren unzähligen Schublädchen und den Beschriftungen in Abjad oder in die nähere Umgebung: Überall standen grandios gearbeitete Schüsseln und Schalen aus blank poliertem Messing, und ein mit Perlmutt verziertes Weihrauchgefäß verströmte unablässig feinen, wohl riechenden Dampf mit beruhigender und ausgleichender Wirkung. Die hohe Shisha mit ägyptischen Symbolen auf dem Glas stand genau zwischen dem Jungen und dem Professor, während der lange Tisch regelrecht überladen war von ausgebreiteten und geöffneten Büchern und Schriftrollen, und Remus konnte sich kaum satt sehen daran. Ja, Saladin Al-Harani wusste schon, wie man eine angenehme Arbeitsatmosphäre schaffte.

Auf dem weiß-blau-schwarz gehaltenen Mosaiktisch zu seiner Rechten stellte der Professor die filigrane Ibrik aus reinem Silber wieder ab und griff gleichzeitig nach beiden gläsernen Untertassen, bevor er sich herumdrehte und dem jungen Mann sein Glas mit satt bernsteinfarbenem Tee reichte. Ohne ein Wort zu sagen, machte er nur eine kurze Geste mit dem Kinn und einer Augenbraue, und Remus bedankte sich und nahm sein Getränk entgegen. Das würde gut tun nach einem so tiefen Zug aus der Pfeife.

Wie immer vollkommen ohne Eile, lehnte Al-Harani sich zurück in seinem außerhalb des Unterrichts wesentlich legereren Aufzug und stemmte ein Bein hoch, bevor er nach seinem Schlauch der Shisha langte. „Wo waren wir stehen geblieben, Mr. Lupin?“ erkundigte er sich, und der Schüler schluckte den wunderbar warmen Datteltee hinunter.

Das war nun schon der dritte Abend, an dem sich Remus hier eingefunden hatte, und obwohl er zunächst mehr als skeptisch, ja sogar furchtsam gewesen war vor dieser Begegnung, kam er nun ausgesprochen gern her. Und das lag nicht nur an dem immensem Material, das der Professor besaß und einem interessierten Jungen bereitwillig und ohne lästige Investigation zur Verfügung stellte. Saladin Ibn Ahmad Al-Harani war ein ausgesprochen angenehmer Gesprächspartner. Er war besonnen und vorsichtig, sprach jedoch recht viel und erzählte vor allem offen und ehrlich, und das war schön und tat gut. Man konnte ihn quasi zu jedem Thema befragen, ohne dass er böse Absichten dahinter entdeckte oder auch nur in Erwägung zog. Und das ermöglichte einem ein Vordringen zu ungeahnten Horizonten. Remus genoss das sichtlich.

Aus diesem Grund machte es ihm auch überhaupt nichts aus, ähnlich redselig zu sein, und dennoch blieb er immer etwas reserviert, was wiederum kein Problem für den Lehrer darzustellen schien.

Anderthalb Stunden, keine Minute mehr, keine Minute weniger, so lange blieb der junge Mr. Lupin hier, wenn er zu seinem Professor kam, und darauf achtete Al-Harani streng. Wichtigeres gäbe es für einen Menschen in diesem Alter, als sich mit alten Männern in dunklen Zimmern bei Räucherwerk und heißen Getränken zu verschanzen, und darauf bestand er rigoros, egal wie gern Remus offensichtlich eben genau das getan hätte. Aber auch Neugierde musste manchmal gezügelt werden. Niemand verstand das so gut wie der Professor selbst, und für einen Augenblick verdüsterte sich seine Miene. Doch der Junge bekam es nicht mit.

Noch bevor Remus antworten konnte, erinnerte Al-Harani sich selbst und hob eine Braue, wovon sein Gesicht wieder heller wurde. „Ah ja! Ich weiß,“ sagte er und gestikulierte mit einem ausgestreckten Zeigefinger. Augenblicklich errötete der Schüler und nickte verlegen, denn es war eine der wenigen Fragen gewesen, die ihm ein wenig peinlich gewesen waren. Sonst waren sie das nicht, der Professor drückte sich sehr sorgfältig aus und achtete vorsichtigst darauf, ihm nicht zu nahe zu treten. Dennoch handelte es sich nun einmal um ein sehr heikles, äußerst persönliches Interessengebiet auf Seiten des älteren Mannes, und da ließ es sich manchmal nicht vermeiden, wenn es nicht gerade angenehm war. „Nun?“ begann Al-Harani. „Haben Sie darüber nachgedacht?“

Natürlich hatte Remus, mehr und intensiver als jemals zuvor. Diese Gespräche warfen auch für ihn, der doch schon so lange damit lebte und es so oft durchgestanden hatte, immer wieder neue Aspekte auf, und er runzelte die Stirn und nickte. „Ja, Sir,“ bestätigte er, biss sich auf die Lippe und überlegte, wie er das wohl erläutern konnte, was er sich ausgemalt hatte. Die Finger tippten unruhig auf der geöffneten Buchseite vor ihm auf dem Tisch herum dabei, und er war einmal mehr froh darüber, wie geduldig der Professor war. In seinem ganz eigenen Tempo durfte er sich äußern. „Ich denke nicht, dass es sich um eine Abänderung handelt,“ meinte er schließlich, und der Araber nickte sofort.

Sich mit dem Daumen den Nagel des nächsten Fingers reibend, setzte er sich etwas gerader hin und nahm einen Schluck aus seinem Teeglas. „Zu dem gleichen Schluss bin ich ebenso gekommen.“ Es gab Ähnlichkeiten dazu, ja, und war dennoch ganz anders. Geisterbeschwörungen waren ein Bestandteil vieler magischer Rituale, besonders der „älteren“, „traditionelleren“ Zauber, in denen sich Al-Harani so besonders auskannte, und die in seinem Heimatland noch wesentlich verbreiteter waren unter den Begabten. Ein Animagus hatte mit der Erkrankung dieses Jungen vielleicht gemein, dass sie Verwandlung in ein Tier daraus resultierte, doch war es normalerweise nicht möglich, den Geist eines magischen Wesens an einen Zauberer oder nur an diese Welt zu binden. Und das, was aus Mr. Lupin hier wurde, wenn der Mond aufging, war unter keinen Umständen etwas Anderes als eine solche Kreatur. Zu stark, zu kräftig, zu außergewöhnlich, um nicht in irgendeiner Form Verwandtschaft zu haben mit Drachen, Greifen, Basilisken und ja, selbst Einhörnern.

Wie sich der Junge über das Buch beugte, das er gezielt aufgeschlagen hatte und darüber zu brüten begann, bekam Al-Harani zunächst nicht mit, noch immer in seinen Erinnerungen kramend, ob er von irgendeiner Form dieser Verbindung, und sei es nur eine Ausnahme gewesen, jemals gehört hatte. Nein, nichts. Es war ihm ein Rätsel, wie das geschah, wieso es sich ausbreitete durch den Biss, durch das Blut wie bei einer der unzähligen Krankheiten, die einen Muggel befallen konnten. Sich multiplizierende Magie, sich fortsetzender Zauber, das war höchst ungewöhnlich, und dennoch schien es in diesen Breiten der Welt stark verbreitet, und niemand hatte sich wirklich mit der Erforschung beschäftigt. Nicht einmal Albus hatte ihm mehr über die Hintergründe sagen können. Dabei hatte er es immer für unmöglich gehalten, dass Dumbledore irgendetwas nicht wissen könnte. Saladin musste lächeln und sacht den Kopf schütteln. Schon im Mittelalter war das so gewesen, und so blieb es wohl. Die Christen verdammten und sperrten fort, anstatt nach Heilung zu suchen. Nicht dass sich dieses Verhalten nicht mittlerweile ausgebreitet hätte ... Vielleicht war das eine Stufe der Geschichte, die jede Zivilisation durchschreiten musste. Nur schade, diese Verschwendung, wenn ein so begabtes Kind wie dieses hier in dem Strudel untergehen musste.

„Sir?“ fragte er in diesem Moment und schreckte seinen Lehrer damit aus den tiefen Gedanken. Seine Stirn war in unzählige Falten gelegt, und an den Schläfen pulsierten mahlende Kaumuskeln. „Beim Animagus-Zauber rufe ich den Geist eines Tieres, richtig?“ bereitete er den eigentlichen Inhalt seines Problems vor, und Al-Harani nickte zustimmend. „Welchen Geist binde ich denn dann, wenn ich einen Animatus ausübe?“ betonte er den veränderten Konsonanten besonders und schaute von seiner Lektüre auf, die ihn bisher, wie an jedem anderen ihrer Gesprächsabende, so wunderbar abgelenkt hatte. Sich gerade setzend, stellte der Professor seine Tasse ab und faltete die Hände. Nur Mr. Lupin hier konnte solche Fragen haben.

„Splitter,“ war die simple und wenig erklärende Antwort, aber Al-Harani war vollkommen klar, dass es ausreichend sein dürfte. Die Gedanken des jungen Mannes ratterten bereits wieder so sichtbar hinter seiner Stirn, dass sich die silbergrauen Augen stetig mitbewegten. „Woher stammen diese ... Splitter?“ erkundigte er sich, und der Professor senkte das Kinn und hob es wieder. „Wir, das heißt, jeder Mensch und jedes andere lebendige Wesen, inklusive der Bäume und Gräser, verlieren ständig winzige Absprengungen unseres Geistes, Mr. Lupin,“ erläuterte der ältere Mann mit den ergrauten kurz gehaltenen Haaren, die nur in winzigen Löckchen aus der Aemma hinaus schauten, und Remus leckte sich die Lippen und schob den Unterkiefer hin und her.

Nickend drückte er seine Finger so fest in die Seiten des Buches auf dem Mosaiktischchen, dass sie Dellen und feuchte Flecken auf dem Pergament hinterließen, aber der Besitzer sagte kein Wort dagegen. „Ist das gefährlich?“ fragte Remus, schon weiter denkend in die Richtung, die er sich gesucht hatte und in der er Antworten gebrauchen konnte. Ein sanftes, kurzes Lächeln huschte über die olivbraune Haut des Professors, bevor er bestimmt und beruhigend den Kopf schüttelte. „Einige Dinge in diesem Universum sind unendlich.“ Und der Geist gehörte dazu, das brauchte er nicht extra anzufügen, das verstand der 16jährige von alleine.

Worauf der Junge hinaus wollte, konnte sich Al-Harani nun selbst denken. „Es geht Ihnen um den Sprechenden Hut, nehme ich an?“ Röte schoss Remus in die Wangen, bevor er breit grinsen musste. Keinen Schimmer, wie dieser Mann das machte. Als könne er durch ihn hindurch in seinen Kopf schauen, fast ein bisschen unheimlich, und ihm wollte nicht so recht einfallen, wo er etwas Ähnliches gespürt hatte. Warum sein Herz davon schneller pochte, das konnte er sich nicht ausmalen. Dieses andere Mal war nicht so gewesen wie hier. Dunkler, stechender, forschender, gewalttätiger. Wo? Wann? Wer?

Sich den herabhängenden Stoffschal seiner arabischen Kopfbedeckung von der Schulter wischend, setzte der Professor sich vollständig auf und nahm einen tiefen Zug aus der vor sich hin brodelnden Shisha, bevor er sich darauf einließ. „Es ist richtig, Mr. Lupin, dass die Gründer von Hogwarts gezielt abgespaltene Splitter ihres Geistes auf diesen Hut gelegt haben.“ Wie die Augen des Jungen glänzten! Dass ihm das gefiel, das konnte sich Saladin denken. Je verrückter, je besser, auch wenn man es ihm nicht ansah. Einen hervorragenden Experimenteur hätte er ergeben, hier in seiner Heimat. In Ägypten, ja, da hätten sie etwas Anderes aus ihm gemacht, etwas, das er immer noch sein könnte, wenn er nur wollte und diese kalte, verregnete Insel jemals zu verlassen gedachte. Einer der großen Meister der Zunft von Hapuseneb und Chamweset! Mit Kupferhaaren! Was ein Bild.

Einen Moment die Augen senkend, zog Al-Harani die Schultern hoch in einem kurzen Lachen, und er verzog den Mundwinkel. „Obwohl ich noch immer glaube, dass Schwertmeister Gryffindor sich einen unfairen Vorteil verschaffte und einen größeren Span verwandte als seine Freunde,“ flüsterte er gerade laut genug, dass Remus ihn hervorragend verstehen konnte, und sofort drehte der Junge sich hastig zu ihm herum und zog eine leicht erschrockene Braue höher hinaus. Aber dann fiel ihm ein, wie der Hut an seinem ersten Tag in Hogwarts mit ihm gesprochen hatte, er erinnerte sich an die warme, tiefe Stimme, und er lächelte breit. Ja, da lag Professor Al-Harani sicher nicht verkehrt.

Es wäre vermessen gewesen, ihn nach der Methode zu fragen. Das traute Remus sich beim besten Willen nicht. Wie sich dieser Zauber auswirkte war deutlich am Ergebnis hier im Schloss zu erkennen, und mehr wollte er erst einmal auch nicht wissen. Es war bloß eine Idee, bloß ein klitzekleiner, wagemutiger und witziger Einfall. Naja, vielleicht. Mal sehen. Das hatte ja Zeit.

Mit seinen Gedanken wieder abdriftend, bekam er gar nicht mit, wie aufmerksam ihn der Lehrer beobachtete, bevor er tief Luft holte und erneut nach seinem Tee griff. „Ich habe eine andere Frage an Sie, Mr. Lupin,“ fuhr er in ihrem üblichen Gespräch fort, und Remus nickte nur, die Nase schon wieder im Buch, und dennoch ließ er sich gleichzeitig in ein Gespräch darüber verwickeln, wie genau sich die Einwirkung des Mondlichtes darstellte. Handelte es sich rein um den Tag des kompletten Vollmondes? Oder waren die Nächte davor und danach irgendwie eingeschlossen? Spürte er derweil eine Veränderung, oder nicht?

Darüber musste Remus wirklich eine Weile überlegen, bevor er sich festlegen wollte. „Und muss das Licht Sie tatsächlich treffen oder reicht die Anwesenheit des Mondes am Himmel?“ wollte Al-Harani wissen und lehnte sich wieder entspannter in die vielen Kissen zurück. Aufgehen musste er. Zu sehen sein nicht, nein, aber er musste die erdgebundenen Hindernisse überwunden haben, was bedeutete, dass Remus hier oben in dem schottischen Tal, umgeben von hohen Bergen, eine längere Schonfrist am Abend hatte als daheim im relativ flachen Umland von York. Äußerst spannend! Sehr interessant! Fand der Junge ganz und gar nicht, aber das machte nichts, denn der Professor wandte wie immer einen fabelhaften Trick an, um es ihm leichter zu machen, und auch wenn Remus das vollends durchschaute, ließ er sich davon absichtlich übertölpeln.

Die Bücher. Einfach so viele Informationen! Dazu leere Pergamentrollen und Federkiele und Zeichengerät, und der Schüler durfte jeden Zirkel, jede Schablone und jeden Kurvenzeichner benutzen wie er wollte, und er tat es ausgiebig und ließ sich nicht lumpen. Sich gleichzeitig mit Pentagrammen zu beschäftigen und den Fragen zu zuhören, darüber nachzudenken und eine Antwort auszuformulieren, das fiel wesentlich leichter als in einem ständigen Gespräch zu stehen, in dem man zu Augenkontakt gezwungen war und sich still verhalten musste. Eine sehr gute Strategie. Und meistens unterstützte Al-Harani das noch dadurch, dass er Aufsätze und Essays korrigierte oder Recherche betrieb für seine nächsten Stunden. Oder er war vollkommen entspannt, rauchte und trank Tee und schien bald einzuschlafen, während er selbst nachgrübelte und den Faden weiter verfolgte.

„Unser nächstes Treffen fiele in die Weihnachtsferien, Mr. Lupin,“ machte Al-Harani ihn aufmerksam, während Remus noch immer sorgfältig die sieben Gestirne der klassischen Astrologie kopierte und dabei die Zunge zwischen den Lippen hatte, weil es doch sehr anstrengend war, und das Handgelenk schmerzte ihn. Offenbar waren die gesetzten anderthalb Stunden bereits wieder um, und der Junge konnte nicht umhin, das ein wenig schade zu finden. „Ja, Sir, das ist so. Soll ich eine Woche eher kommen?“ erkundigte sich der Schüler, und die ganze Miene des Professors hellte sich so merklich auf, dass seine weiße Galabeja gleich nochmal so sehr leuchtete. „Ich dachte eher, Sie hätten vielleicht gern eine Pause?“

Ganz überrascht hob Remus den Kopf und hätte beinahe mit der Feder einen riesigen Tintenklecks auf dem Seidenläufer hinterlassen, doch er bemerkte es gerade noch rechtzeitig und erwischte statt dessen das offene Tuscheglas. Mit gerunzelter Stirn schaute er den Lehrer an. Er konnte nicht einmal etwas sagen, denn offenbar hatte Al-Harani längst entschieden, ihn eine Weile von weiteren Fragen zu verschonen. Also würde ihr nächstes Treffen dieser Art erst im neuen Jahr stattfinden. Resigniert schloss Remus sein eben noch gelesenes Buch und machte sich daran, die benutzten Kiele zu säubern, doch auch hier wusste er genau, dass er nicht weit kommen würde.

Sich aufrichtend schüttelte der Araber bereits den Kopf. „Lassen Sie nur, es ist spät und kurz vor Zapfenstreich,“ erinnerte er den Jungen daran, wieso er ausgerechnet um diese Uhrzeit seine Unterhaltungen mit ihm abhielt. Auch wenn Remus das nicht mochte und lieber die Arbeit selbst erledigt hätte, legte er sich beide Hände auf die Oberschenkel und nickte. Einen Zeigefinger hebend, stemmte der Professor sich auf die Füße. „Eins habe ich da noch!“ verkündete er und bewegte sich rasch halbwegs geduckt, aber dabei irgendwie erstaunlich elegant hinüber zu der Apothekerkommode dort vorn neben der Eingangstür, und Remus konnte nichts weiter tun, als sich neugierig zu ihm herum zu drehen. In einem verkeilten Schneidersitz hockend, kam er sich schnell nicht hoch.

Eine der unteren, größeren Schubladen öffnete Al-Harani und murmelte leise und fast ein wenig aufgeregt vor sich hin, wie er dort hineingriff, als handele es sich um etwas sehr Zerbrechliches. Einen ganz trockenen Mund kriegte Remus davon, und ihm schlug das Herz unter das Zungenbein. Bei diesem Mann wusste man nie, was er als Nächstes aus dem Hut zaubern mochte. Aber was auch immer es sein könnte: Es würde sich lohnen! Und da kam auch schon eine längliche Kiste aus feinem, geschnitztem Holz zutage, versehen mit hübschen, geschmiedeten Messingverschlüssen, und der Professor wischte den Staub vom Deckel und schritt dabei bereits zu ihm und dem niedrigen Podest herüber.

Etwas näher an die Kante rutschte Remus und legte ein Handgelenk auf das kleine, runde Mosaiktischchen zu seiner Linken, auf dem Al-Harani das Kästchen nun abstellte und erneut mit flachen Fingern darüber strich. Die neugierigen Augen des Jungen verlangten stumm danach, hinein schauen zu dürfen, und mit einem schnackenden Geräusch klappte der Lehrer die gut gepflegten und geölten Verschlüsse nach oben. Zum Vorschein brachte er ein samtenes Inneres, ganz ähnlich den vielen hundert Einlagen, die Remus in den Zauberstabbehältern von Mr. Ollivander im Laden gesehen hatte, als er dort noch Vater beim Einsortieren geholfen hatte. Nur war hier kein magisches Gerät enthalten, sondern etwas, das er von Abbildungen aus Großvaters Bildwörterbüchern kannte. „Das, Mr. Lupin, ist ein ...“

„Stangenzirkel!“ rief Remus aus und starrte den Professor an, hatte längst verstanden, wozu das gut sein sollte, und Al-Harani nickte, zufrieden lächelnd. Drei Stangen aus schwarz lackiertem Stahl, dazu Schrauben und Einspanner für Federkiel oder Kreide, ganz wie man es brauchte, und zwei pendelartige Spitzen aus blinkendem, vergoldetem Metall, die eine als Stellmoment, die andere die Stütze bei längeren Durchmessern. Ein perfektes, wenn auch so einfaches Instrument zum Zeichnen von Kreisen bis zu einer Größe von 6'5''! „Ganz richtig, Mr. Lupin, ein Stangenzirkel,“ bestätigte der Lehrer, schlug den Deckel wieder zu und verschloss das Behältnis, bevor er es auf beiden Händen dem Schüler reichte. „Er gehört Ihnen.“

Jetzt war Remus erst recht perplex. Das konnte er nicht ernst meinen! Erst gab er ihm eine exakte Kopie eines salomonischen Pentakels und dann auch noch das Werkzeug, um genau einen solch mächtigen Zirkel produzieren zu können? Konnte er sich nicht denken, dass er irgendwie auch noch an die entsprechende Kreide gelangen könnte (und Remus besaß eben dieses Utensil bereits)? Oder wusste er, dass es so war? Nahm er das in Kauf? Oder war das eine Falle? Remus hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Konnte er so ein großes Geschenk überhaupt annehmen? Das war doch nicht in Ordnung, das ...

Aber Al-Harani nickte ihm nur aufmunternd zu und hielt ihm das Kistchen etwas näher hin, bis er ihm fast an die Brust stubste. Mit offenem Mund und ganz weiten Augen nahm der 16jährige das kunstvoll verzierte Holz in beide Hände und betrachtete es regelrecht ehrfürchtig, obwohl es doch so ein kindisches, rückständiges Muggelartefakt war. Jeder seiner Freunde hätte darüber gelacht und keinen Schimmer gehabt, wozu sowas gut sein könnte. Aber Remus wusste es besser. Es war eine genial einfache Methode, um makellos mathematische Kreise auf jede Oberfläche zu zaubern. Und während er sich noch in seinem Kopf dabei beobachtete, wie er den Dielenboden unter dem zerfetzten Teppich mit den vielen Löchern und Fransen mit roter Kreide bemalte, lächelte der Professor zufrieden.

„Und nicht vergessen, Mr. Lupin,“ sagte Al-Harani mit in den gegenüberliegenden Ärmeln versenkten Händen, wie er sich aufrichtete und zur Tür hinüberschritt, die er langsam öffnete. „Im Uhrzeigersinn!“ mahnte er eindringlich, und die kühle Luft aus dem leeren und dunklen Klassenzimmer waberte die schmale Treppe hinauf und in den angenehm warmen und von Weihrauchduft erfüllten Büroraum hinein. Remus erhob sich, die neuen Pergamentrollen unter dem Arm und den Stangenzirkel in seiner Kiste auf den Händen tragend, wie er zu ihm hinüber schritt, um sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum zu machen.

Erst hier, als er durch den Türrahmen stolpern und verschwinden wollte, hielt Al-Harani ihn an der Schulter fest, eindringlich mit einem Mal und sehr ernst. Jetzt sagt er's endlich. 'Hab' Sie erwischt, Sie Schlingel, schwarze Magie, ja?' konnte Remus es schon in seinem Kopf hören, aber dabei wurden ihm nicht mal die Ohren heiß, und regelrecht verlangsamt schaute er zu dem großgewachsenen Mann auf, den er vielleicht bald einholen mochte. Das Leuchten in den Augen war noch da. So dunkel, fast schwärzer als die von Sirius waren seine Regenbogenhäute, und dennoch viel tiefer und von so viel Erfahrung geprägt, dass die Pupillen wie endlose Brunnenschächte anmuteten. Das Lächeln jedoch, das war fort, ersetzt durch einen Ausdruck von ... Sorge. Seltsam war das.

Die Hand an seiner Schulter fasste hart zu, ohne zu schmerzen, und der Junge begriff die Wichtigkeit dessen, was der Lehrer nun flüsterte, noch bevor ein Wort seine Lippen verlassen hatte. „Und wischen Sie aus, Mr. Lupin! Die Mitte zuerst, die Mitte! Das zerstört den Kreis. Rufen Sie nicht mehr Geister als Sie brauchen!“ Es war so unpassend und gleichzeitig traf es genau. 'Zauberlehrling' dachte Remus. Und er verstand, wieso Saladin Ibn Ahmad Al-Harani all dies tat. 'Zauberlehrling'. Innerlich hätte er fast gelacht, nicht weil es lächerlich war, sondern weil er sich geehrt fühlte. Ein wenig lächelnd, nickte er fest und heftig, und einen weiteren Herzschlag lang schaute ihm der Mann tief in die Augen. Da war das wieder. Wo nur? Wann? Und wer? Remus konnte sich nicht erinnern. Es war genau so und ganz anders.

In einer kurzen Geste drückte der Professor die Halsbeuge des jungen Mannes, und dann lächelte er selbst und machte ein aufforderndes Kopfnicken in Richtung des Klassenzimmers. „Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nachtruhe.“ Und das war Remus' Stichwort. Den Kasten in seiner Robe verschwinden lassend, hüpfte er die ersten Stufen hinunter, eine Hand am Geländer, und erst unten zwischen den Pulten drehte er sich herum. „Gute Nacht, Sir, und vielen Dank!“ Und dann stob er davon, die Mittelreihe hinunter und hinaus auf den langen Korridor, seinem großen Ziel erneut ein Stück näher.


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