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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Vollmond über Bloomsbury

von Teekon

Die Natriumdampflampen erfüllten den Platz mit einem fast schaurigen, kränklichen Licht, und obwohl um diese späte Uhrzeit über die Hälfte davon ausgeschaltet war, kehrte keine Dunkelheit ein. Mal abgesehen davon, dass das in einer so enorm großen Stadt wie London sowieso so gut wie ausgeschlossen war, so sorgten die Himmelsgestirne heute Nacht ebenfalls für stetige Beleuchtung. Man selbst bekam ganz orangefarbene Haut, wenn man sich das so beguckte, aber sogar darüber hätte man einschlafen können.

Gähnend reckte sich das kleine Mädchen mit den blonden Ringellocken und seinem fürchterlichen Chiffonkleidchen, drehte eine halbe Pirouette auf den Ballerina-Schühchen und trat aus dem Park heraus auf die leere Straße. Kein Wagen fuhr, kein Fußgänger eilte durch die Gassen. Still war es, abgesehen vom Brummen der Klimaanlagen und dem entfernten Rauschen von niemals stockendem Straßenverkehr. Das eiserne Tor mit dem absplitternden Lack quietschte, als sie es ins Schloss fallen ließ, und ohne auch nur rechts und links zu schauen, schlurfte sie für ihre Erscheinung vollkommen untypisch mit hängenden Schultern über die Fahrbahn auf die dunkle Häuserzeile zu.

Die hellen blauen Augen ganz müde und verschlafen, rieb das Kind sich das Gesicht und stapfte die Bordsteinkante hinauf, öffnete zwanghaft die Lider und schaute sich mit einem Mal erstaunlich sorgfältig um, bevor sie einerseits auf genau die Mittellinie der beiden Häuser vor sich zutrat und andererseits die Augen so angestrengt verdrehte, als müsse sie sich gleich übergeben. Hätte tatsächlich irgendjemand aus den umliegenden Wohnungen sie beobachtet, derjenige hätte nicht gewusst, wo er zuerst hinschauen oder worüber er erstaunter hätte sein sollen. Wie von Geisterhand schob sich eine Stadtvilla zwischen die schäbigen und herunter gekommenen georgianischen Mietshäuser, während gleichzeitig aus dem vielleicht elf Jahre alten Mädchen eine ausgewachsene junge Frau in schwarzen Nadelstreifenröhren und einer langen schwarzen Jacke mit überhängenden und umgeschlagenen Ärmeln wurde. London, Camden, Bloomsbury, Grimmauld Place Nr. 12.

Die Sicherheitsnadeln klimperten gegen die aufgenieteten Knöpfe am Bund des Kurzmantels, wie Dora Tonks sich die paar Stufen zur Haustür an einem klapprigen Geländer hinauf zog, und sie musste schon wieder herzhaft gähnen und sich den Nacken reiben. Das war eine furchtbar lange Nacht gewesen mit dem Wachdienst im Ministerium, und immerhin hatte sie auch ihren ganz normalen Alltag zu bewältigen. Und damit hatte sie für gewöhnlich schon genug Stress an der Backe. Gut, dass sie sich zur Zeit nicht um ihren Haushalt kümmern musste. Hatte schon seine Vorteile, ein drittes Zuhause zu haben. Leise grinsend zückte sie den Zauberstab und berührte damit sacht die schwarze, klinkenlose Tür.

Innen rasselten die Ketten, die Schlösser knackten und sie wurde eingelassen, die Signatur ihrer Magie erkannt, und sie schlüpfte rasch hinein in den finsteren, engen Gang eines ehemals prächtigen Foyers. Ein letzter Blick zurück versicherte, dass niemand sie gesehen oder beobachtet hatte, und sie schloss die Tür und sperrte damit jegliches Licht aus. Im ganzen Haus war es still, rührte sich keine Menschenseele. Nur das Ticken der antiken Standuhr oben aus dem Salon erfüllte das hohe Treppenhaus mit seinem regelmäßigen Geräusch, aber keine trappelnden Füße eines geschäftigen Hauselfen und keine leise flüsternden Stimmen drangen aus der Küche zu ihr hinaus. Na, das wär's ja auch noch, wenn hier irgendjemand nachts um Vier durch die verlassenen Zimmer schleichen würde.

Eigentlich wollte sie nur noch schlafen und konnte es kaum erwarten, oben irgendwo in ein leeres Bett zu fallen und zu knacken, bis Molly gegen die Tür hämmern würde oder wahlweise Sirius sie mit kaltem Wasser überschüttete. Beides war mies, denn Dora ließ sich nicht gern wecken. Schlafen war toll! Aber es gab auch noch andere Dinge, die echt klasse waren, und essen gehörte dazu. Das würde sie jetzt machen. Noch schnell ein paar Spiegeleier und Speck in die Pfanne hauen, vielleicht ein paar Würstchen oder Pilze und dann nichts wie rauf in die Kiste. Die Nacht würde kurz sein, sie hatte wieder Dienst im Aurorenbüro, und Scrimgeour würde ihr die Ohren langziehen, wenn sie zu spät aufkreuzte. Ätzend.

Mit ihren Gedanken ganz bei köstlichen Fressalien und der wohlbekannten Wärme eines Bettes, schlenderte Tonks den langen Flur hinunter, vorbei an den aufgespießten Köpfen von Kreachers Hauselfen-Vorfahren, dem wackligen Tischchen mit den silbernen Schlangenarmleuchtern und dem unsagbar hässlichen Schirmständer aus einem abgesägten Trollbein. Sie schüttelte sich bei dem puren Anblick und konnte einfach nicht umhin, für einen winzigen Moment ganz grüne Haare zu bekommen vor Übelkeit. Die liebe Verwandtschaft. Geschmacklos und aufbrausend wie Mineralwasser in irgendeinem Muggelcafé beim Beschatten eines Schwarzmagiers. Und Gott sei Dank größtenteils über der Wupper. Abgesehen von dem schäbigen Bild da hinter den langen, unbewegten Vorhängen. Selbst das Porträt murmelte nicht mehr vor sich hin, sondern atmete pfeifend und zischelnd. Echt eklig.

Die Hand an die Klinke legend, stapfte Dora ein paar Stufen abwärts in den rundbogigen kurzen Gang, der in die etwas tiefer gelegene Küche des Hauses führte, trat hindurch und wischte auch die dahinter aufgespannte Gardine beiseite. Komisch, dachte sie und kratzte sich am Kopf. Sie hatte nichts, aber auch gar nichts von ihren üblichen Fettnäpfchen erwischt. Weder waren die Ketten laut gewesen, noch hatte sie einen Leuchter oder den Schirmständer umgebrezelt, und Tantchen Walpurga ratzte friedlich vor sich hin.

Verwundert darüber, schürzte die junge Frau die Lippen und zuckte die Achseln, bevor sie offenen Auges mit der Stirn in die von der Decke herabhängenden Kupfertöpfe hinein rasselte. Hastig danach greifend, bekam sie so gerade eben noch den einen in die Finger, den diese Aktion aus dem Haken gehebelt hatte, und so blieb es bei relativ leisem metallenem Klappern.

Nichts passiert, alles in Butter. Erleichtert ausatmend, duckte sich Tonks etwas und befestigte die Kasserole wieder an ihrem Platz, bevor sie eine beschwichtigende Geste mit den offenen Handflächen machte, als könne das die Töpfe davon abhalten, doch noch herunter zu segeln und einen Höllenlärm zu veranstalten. Es blieb ruhig. Das Schaukeln der einzelnen Gefäße hielt sich in Grenzen. So rasch wie möglich machte die Aurorin ein paar Schritte nach vorn und verließ damit den gut drei Yards langen Durchgang vom Hauptteil des Gebäudes in die Nutzräumlichkeiten hinunter.

Obwohl das übrige Haus so unwirtlich und wenig einladend war, mochte sie die Küche irgendwie, konnte gar nicht so richtig beschreiben wieso. Es hatte schon irgendwie was von den Verließen des Hauses Slytherin in Hogwarts mit den blanken Steinwänden und dem erst weit oben beginnenden Putz, der bogigen Decke und dem funzligen Licht, aber dennoch war es irgendwie gemütlich und schön. Ein winziges Fenster gab es in der hinteren rechten Ecke des lang gestreckten Raumes, von dem aus man in den verkommenen Innenhof und auf die Rückseiten der Häuser der Parallelstraße blicken konnte. Katzen versammelten sich dort oft an den Mülltonnen, und es roch nicht besonders gut, weshalb das Schiebefenster für gewöhnlich verschlossen blieb. Um diese Zeit allerdings war es außerdem mit einem schwarzen Stück Stoff zugezogen, als wenn irgendjemand überhaupt würde hinein schauen können.

Die endlos erscheinende Tafel, die in der Mitte die Küche fast vollständig ausfüllte, war blank gewienert, wenn auch keine Tischdecke vorhanden war, und das Eichenholz glänzte speckig, während drumherum sich ein Stuhl an den anderen reihte. Von der Decke hingen weitere Kessel, Kellen und andere Kochutensilien, und an den Vitrinen voller Geschirr und edlem Silberbesteck waren Bündel aus getrockneten Kräutern angebracht. Auf langen Regalen gab es Töpfe und Kisten und Döschen voller Zutaten, für das gewöhnliche Kochen genau so sehr wie für die Zubereitung von Zaubertränken. So durcheinander wie das hier aufgereiht war, konnte es sich nur um die Heimat von alteingesessenen Magiern handeln, mit solcher Selbstverständlichkeit ging man damit um.

Auf der linken Seite, wo knarrende Holzstufen wieder zurück führten in den bewohnten Teil des Hauses, und wo nun der kurze, dunkle Flur zur hinteren, schmaleren Treppe in Finsternis lag, gab es noch eine offene Feuerstelle, einen Kamin, der zwar ans Flohnetzwerk angeschlossen war, vor dem man sich aber vor allem die kalten, klammen Glieder aufwärmen konnte, wenn der Winter sich über London legte. Ein alter, abgewetzter Ohrensessel, mit zwei Decken belegt, bildete hier den Ort, an dem Sirius die meiste Zeit des Tages verbrachte, wenn niemand sonst aus dem Orden sich am Grimmauld Place aufhielt. Dann wurde er immer ein bisschen asozial und stinkend faul, wie Tonks das nannte, und sie grinste und wunderte sich nicht darüber, dass ein kleines Feuerchen noch leise vor sich hin brannte und angenehme Wärme verbreitete.

Es war auch nicht komplett dunkel wie sonst, wenn sie um diese Uhrzeit herkam. Eine der in der Wand verankerten Kerzen im Windlicht leuchtete ein herrlich gemütliches Lichtchen auf den Steinboden mit den wenigen zerfransten Teppichen. Das zauberte gleich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht, und Dora fühlte sich gar nicht mehr so müde und abgespannt und frierend von der Februarkälte da draußen. Als verpuffe die Feuchtigkeit aus ihren Kleidern, konnte sie sich besser bewegen und machte sich gleich daran, rechts hinüber zu Anrichte und Herd zu stiefeln.

Während sie in den Unterschränken und hängenden Kommoden nach Pfanne und Brettchen angelte, kriegte sie gar nicht so richtig mit, wie sie zu summen und leise zu pfeifen begann, wischte sich die zur Zeit langen, grell violetten Haare aus dem Gesicht und flocht sich einen unordentlichen Pferdeschwanz, damit ihr das nicht alles in die Zutaten fiel. Kein Make-up tragen zu müssen, hatte schon seine Vorteile, befand sie mal wieder lächelnd und schraubte das Würstchenglas auf, das sie so eben in der hintersten Ecke eines Regals gefunden hatte.

Auf dem Untergrund aus nacktem Stein klickten die nicht einzuziehenden Krallen ziemlich hell, aber was sie wirklich dazu brachte, sich herum zu drehen, war dieses seltsam fragende Geräusch, das man von einem Tier nicht erwartet hätte, auch wenn es sehr nach einem halben Winseln klang. Ohne Hast und ohne Erschrecken fuhr Dora rasch herum, und weil sie etwas ganz Ähnliches zu Gesicht bekam, wie sie erwartet hatte, lächelte sie nur und widmete sich wieder ihren Vorbereitungen. Zu grüßen vergaß sie jedoch nicht: „Oh, hi Remus!“

Natürlich, es war Vollmond heute Nacht, das hatte sie komplett vergessen. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass Sirius mal wieder als Tatze durchs Haus schlich, weil das weniger das Aufsehen seiner Mutter in ihrem Porträt erregte, und weil er das offenbar einfach gerne tat, aber was da um die Ecke auf der obersten Stufe herum schaute, war die langgezogene, grau tingierte Schnauze eines Wolfes. Dass sie ihn hier in der Küche ließen, hatte sie gar nicht gewusst, aber es erklärte die Kerze und wieso das Feuer noch brannte. Ihm beruhigt den Rücken zu wendend, entflammte Dora einen Holzscheit und sorgte für Hitze unter ihrer Pfanne. Der Wolf gab ein zustimmendes Jaulen von sich, das vermutlich so viel heißen sollte wie „hallo, Tonks“.
Sie grinste und kümmerte sich darum, die Würstchen heiß zu bekommen, während die klickenden Prankenschritte hinter ihr über Holz, Stein und Teppich das Tier erstaunlich leichtfüßig vorwärts kommen ließen.

„Magst du auch?“ fragte sie ganz selbstverständlich, genau so, als wäre er gerade halb im Schlafanzug, halb angezogen mit wuscheligen Haaren die Treppe hinunter gestolpert, genau so, wie sie sich das vorstellte, wenn Remus Lupin morgens aufstand. Ein Kichern unterdrückend, hatte sie keine Ahnung, wie enorm strahlend mit einem Mal die Farbe ihres Haares wurde, aber das machte nichts, denn es war duster. Sich mit dem Hintern gegen den warmen Herd lehnend, wandte Tonks sich herum und verschränkte die Arme vor der Brust. Oh, das wurd' aber schnell heiß! Und wo war der überhaupt hin? Der konnte doch keine Türen aufmachen, oder?

Ach da! Unter der Tafel, keine fünf Fuß von ihr entfernt, entdeckte sie die zusammengelegten Vorderpfoten, die mindestens jede einzelne den Durchmesser der kleinen Pfanne besaßen, in der sie gerade ihr Nachtmahl zubereitete. Die lange, breite Schnauze mit der glänzenden kalten Nase ruhte auf den Gelenken, und die reflektierenden Augen betrachteten sie unter buschigen Brauen, die fast menschlich aussahen, wie er eine davon hochzog und dieses winselnde Geräusch zwischen den Lefzen hindurch schlüpfen ließ. Sich ein wenig bückend, warf Dora einen betrachtenden Blick zwischen den Stuhlbeinen hindurch und schürzte anerkennend die Lippen. „Mann, bist du ein Riesenvieh!“ lobte sie und nickte bestimmt.

Offenbar war er über dieses Kompliment wenig begeistert, das konnte man sogar an der Mimik eines Wolfes erkennen, aber Dora bemerkte das gar nicht so richtig. Klar hatte sie schon Werwölfe gesehen, auch und vor allem in Verwandlung, denn die allermeisten von dieser Sorte waren nun mal eng an das Schicksal von Schwarzmagiern gebunden, und es war ihr Job, solche Kerle zur Strecke zu bringen. Da stolperte man eben auch schon mal über den ein oder anderen Mondsüchtigen. Und so erschreckend war das nun auch wieder nicht. Ja, Remus war ein relativ großes Exemplar, aber im Vergleich zu den anderen war er gepflegt, fast wie gebürstet, und er sabberte auch nicht beim Anblick von am Boden liegenden Gegnern. Das allerdings hatte wohl eher damit zu tun, dass er heute wie an jedem Vollmondabend unter dem Einfluss des Wolfsbanns stand.

Das war leicht zu verstehen und selbst für den Laien zu erkennen. Mal abgesehen davon, dass er nicht knurrend und blutrünstig jedes Lebewesen mit menschlichen Zügen anfiel, was die einfachste Methode war, um die Wirkung festzustellen, konnte man es an seinen Augen sehen, wenn man sich nahe genug heran traute. Die waren nicht giftgrün verfärbt, und keine vertikalen Schlitze zogen sich zusammen und entspannten sich, wenn er sich so fokussierte wie jetzt, als er sie ansah. Wie bei einem jeden Wolf, aber vor allem wie bei dem Menschen, in dem sich dieses Tier sonst verbarg, waren die Regenbogenhäute silbern grau, und achtzackige grüne Sterne glänzten um die runden Pupillen.

Aus dem Glas ein Würstchen herausfischend, wartete Tonks nicht darauf, dass er irgendwie zu antworten versuchte, sondern hielt es ihm einfach hin und kam sich dabei reichlich bescheuert vor. Gut, dass das hier niemand beobachten konnte. Der Wolf musste ein wenig geduckt vorwärts kriechen, bevor er sich aufrichten konnte, weil er sonst kaum unter den Tisch passte und sich die Rübe stoßen würde. Wahrscheinlich würde der hohe Rist auch an den Verstrebungen hängen bleiben, und das wäre nicht nur peinlich, sondern auch höchst unangenehm für Remus. Sobald er jedoch heraus konnte, schüttelte er sich das Fell aus und tapste näher heran, langsam genug, um sie nicht zu erschrecken.

Dora Tonks war nicht ängstlich, war sie noch nie gewesen. Black'sches Blut verbot solche Gefühle gänzlich, mal abgesehen davon, dass sie recht gut differenzieren konnte. Sicher musste sie achtgeben, sich nicht an diesen – zugegeben hammermäßigen – Reißzähnen zu verletzen, aber sie waren beide vorsichtig genug dafür. So lang wie ihre kleinen Finger präsentierten sich die Eckhauer, wenn er so das Maul öffnete und die Wurst aus ihrer Hand schnappte. Davon hätte man schon eine Gänsehaut bekommen können, aber nicht Tonks. Sie drehte sich wieder zu ihrer Pfanne herum und tätschelte ihm sanft den breiten Schädel, während er sich an seinem Happen gütlich tat.

Die Färbung und Statur eines gewöhnlichen europäischen Wolfes hatte er, wenn auch wesentlich größer und kräftiger gebaut, mit den unmissverständlichen Merkmalen seiner Übernatürlichkeit versehen. Die Schnauze war lang, aber auch wesentlich breiter, was das Tier regelrecht grinsen lassen konnte, und die Ohren ragten ein wenig höher und spitzer hinauf. Mindestens 250 lbs musste er schon auf die Waage bringen, und alles in allem gemessen dürfte sich die Länge auf gut 6'5'' belaufen haben, ohne die ausladend buschige Rute. Das war der offensichtlichste Unterschied zu einem echten Wolf, niemals eingeknickt oder unterwürfig, und ein Muggel hätte ihn und seine Artgenossen eher für einen Tschechischen Wolfhund oder eine Mischung mit einem Sennenhund gehalten. Die meisten waren auch ziemlich verfilzt und verwahrlost, was die Lebensumstände des Menschen widerspiegelte, der sie eigentlich waren. Aber zur Zeit war das bei Remus anders, denn Molly Weasley fütterte ihn und Sirius Black gewährte ihm ein warmes Plätzchen an seinem Kamin.

Langsam von der angenehmen Wärme und der netten Gesellschaft nun doch etwas eingelullt, gähnte Dora wieder und schaufelte sich Würstchen, Speck und Eier auf den Teller, bevor sie die Klappe des Ofens schloss und damit das Feuer erstickte. Das sollte reichen. Dazu noch ein Butterbierchen und ab in den Ohrensessel, entschied sie. Mit den Fingern schnippsend, bedeutete sie Remus, dass er ihr ruhig folgen könnte, und sie kriegte kaum mit, wie der Wolf erneut eine Braue steil hochzog. Na gut, das war schon besser als alleine zu sein, und Sirius hatte heute ja mal wieder sein Hirn irgendwo liegen lassen und total vergessen, welche Mondphase heute war. Sonst hätte er wohl seine Pflichten nicht so sträflich vernachlässigt.

Hinter dem Mädchen her streifend, bewegte sich das unglaublich große Tier auf den Kamin zu, wo Dora sich schon niederließ und ihr Nachtmahl auf einem kleinen Schemel zurecht rückte. Sich reckend und mit den hübschen dunkelbraunen Augen klimpernd, lehnte sie sich zurück und streckte genüsslich die Arme gen Decke. Nein, die würde mit Sicherheit heute nicht mehr zu Bett gehen. Als wolle sie das bestätigen, zog sie eines der Wolltücher von der Rückenlehne herunter und mummelte sich gemütlich darin ein, bevor sie sich an ihren Spiegeleiern bediente.

Die knisternden Flammen leckten sacht am ehemals messingfarbenen Gitterrost vor dem Kamin, mehr und mehr herunter brennend in der fortschreitenden Nacht. Ein schönes Licht verbreitete das, flackernd und beruhigend, und richtig träumerisch, verbunden mit der wohligen Wärme einfach nur wunderbar. Hier musste man sich keine Gedanken darum machen, wie schneidend der Wind am Themseufer war oder wie fies kalt der Eisregen niederging im Hyde Park. Zufrieden schnurrend, ließ der Wolf sich auf dem Teppich nieder und faltete seine flauschigen Pranken unter seiner langen Schnauze. Schlafen wäre genau an dieser Stelle ganz hervorragend, viel besser als oben in seinem Zimmer, wo er eigentlich hätte sein sollen. Die Augen schließend, rutschte er einfach so zurecht, dass er genauso weit vom Kamin entfernt war wie von den Schuhspitzen des Mädchens.

Sich das letzte Würstchen in den Mund schiebend, entschied auch Tonks, dass sie absolut keinerlei Bedürfnis mehr hatte, jetzt noch durch den kühlen Flur und das quietschende Treppenhaus nach oben zu kriechen, nur um in ein Bett zu gelangen. Hier war es doch auch schön, sehr sogar, gemütlich und dazu auch noch in netter Gesellschaft. Kichernd bückte sie sich, ohne die Decke um ihren Körper nur leicht zu verrücken, griff an die Schnallen ihrer Schuhe und öffnete sie, um sich die schweren Dinger auszuziehen, die sie schon seit über 24 Stunden trug. Das konnte nicht gut sein. Remus rührte sich nicht mal richtig, auch wenn deutlich war, dass das Tier nicht schlief. Seine Lider zuckten, wie sie in seine Nähe kam, und er winselte leise.

Weit nach vorne gebeugt, hielt die junge Frau inne und betrachtete den ruhigen, vor sich hin atmenden Wolf, dessen massiver Brustkorb sich hob und senkte, und trotzdem konnte sie weder die elfenbeinfarbenen Spitzen der Eckzähne tatsächlich wahrnehmen, noch die rasiermesserscharfen Klauen in den Pfoten als Bedrohung ansehen. Ein Prusten unterdrückend, streckte Dora Tonks vollkommen ohne die geringste Vorsicht die Hand aus und kraulte das riesige Tier mit zarten, kräftigen Fingern mitten zwischen den Ohren. Der Wolf schnurrte und reckte sich ein bisschen und tat so, als ob er schliefe.

Meine Güte, bei Merlincs sämtlichen dreckigen Unterhosen, was machte sie da eigentlich? Als habe ihr jemand auf die Hand geklopft oder als habe ihre werte Mutter sie beim Rauchen erwischt, räusperte sich Tonks und richtete sich auf, hastig die Hand aus dem graubraunen Fell nehmend. Das hier war Remus, zum Teufel! Der einzige überlebende Freund ihres bescheuerten Großcousins! Den konnte sich doch nicht einfach kraulen wie irgendeinen blöden Köter! Oh je, er würde das morgen alles wissen, oder? Sie hatte ihm 'ne Wurst gegeben! Verflucht ... Das war definitiv schlimmer als Tante Walpurga aufzuwecken oder über den Trollfuß zu stolpern. Das einzige, auf was sie da noch hoffen konnte, war Remus' schüchterne Verschwiegenheit.

Mit einem ganz merkwürdigen Klopfen unter dem Zungenbein schüttelte sich die junge Frau leicht und hatte auf einmal einen Einfall, den sie ohne zu zögern in die Tat umsetzte. Da war eine zweite Decke auf der Lehne des Ohrensessels, in dem sie saß, und es war nicht gerade einfach, sie auseinander zu falten, ohne großartig Wind damit zu erzeugen. Remus zuckte nicht mal mit den Lidern, während sie die weiche Wolle über ihm ausbreitete und sie vorsichtig, jedoch sorgfältig unter die muskulösen Flanken des Werwolfs schob. Und sie hätte schwören können, dass er sich das gefallen ließ und sich ein wenig erhob, damit es ihr leichter fiel. Immerhin war das Biest ganz schön sauschwer! Tonks grinste leise vor sich hin und stemmte sich auf, um sich in dem Sessel zurück zu lehnen und die Stirn gegen die Lehne sacken zu lassen.

Ein anstrengender Tag war das gewesen. Mochte sein, dass nicht viel los war, dass sie nur auf Wachstation waren und eigentlich gar nicht viel passieren konnte, aber auch das zehrte ganz schön an den Nerven. Dumbledore hatte gebeten, die Augen offen zu halten, seit der Name des Jungen aus diesem beknackten Kelch aufgetaucht war, allerdings hatte auch der weise alte Zauberer keine Ahnung, in welche Richtung genau sie denn eigentlich recherchieren sollten. Irgendwelche alten Todesser? Das wäre die sinnvollste Variante, die auch die junge Aurorin sich vorstellen konnte, besonders wenn man die Anwesenheit von Snape und Karkaroff bedachte. Und trotzdem war die Bedrohung nicht richtig greifbar. Nymphadora Tonks mochte das überhaupt nicht. In diesem Moment jedoch war ihr nicht nach Grübeln zumute. Viel zu gut fühlte sie sich, viel zu sicher, irgendwie seltsam beschützt von einer kalten, empfindlichen Nase und zwei wie Lauschern aufgestellten, spitzen Ohren, die sich selbst dann noch jedem Geräusch zu wandten, wenn der Wolf tief und fest und unglaublich friedlich schlief.

Wie sich das wohl anfühlte, man selbst und doch jemand, etwas ganz Anderes zu sein? Wenn sich der ganze Körper veränderte und die Bewegungsabläufe sich dem anpassten, wenn sich die Sinne erweiterten und man mit einem Schlag jedes Wort von Kreachers Murmeln oben auf dem Dachboden verstand. Ob das überhaupt richtig an seinen Geist drang? In wiefern war er eigentlich der Mensch unter dem Einfluss des Wolfsbanntranks? Beschränkte sich das rein auf die Impulskontrolle, oder war er auch kognitiv anwesend? Konnte er mehr als seinen Läufen einfache Befehle erteilen? Vielleicht sogar Türen öffnen, Schlüssel herumdrehen, eventuell sogar – rein theoretisch – nonverbale Zaubersprüche verwenden? Oder fehlte dazu der Zugriff auf die Magie, wenn er so war wie jetzt?

Erstaunlich klar und unwahrscheinlich exakt bildeten sich die Konturen unter ihren Fingern heraus, als könne sie nun zehnfach so gut diskriminieren wie zuvor. Im Nachbarhaus schnarchte jemand leise und drehte sich herum, und Sirius redete im Schlaf von Azkaban und Dementoren, und sein Herzschlag war quer durch alle Wände zu hören und zu spüren, wie er sich beschleunigte darunter. Und das pulsierende Blut, das roch man meilenweit, ringsherum, überall Menschen, schlafend, wehrlos, ohne jegliche Chance. Ihre ganz speziellen Duftnoten hatten sie alle, manche wie Kekse, andere wie staubige Bücher und wieder andere versehen mit dem feinsten Hauch von – ja, von roten Johannisbeeren in der Sonne. Einen tiefen Atemzug nehmend begriff Tonks, dass das sie selbst war, ihr eigener Geruch, und das flackernde Licht hinter ihren Augenlidern machte ihr bewusst, dass sie nur geträumt hatte.

Nach und nach zog sie sich selbst aus dem Schlaf heraus und ließ es geschehen, wieder mit eigenen, nicht eingebildeten Sinnen die Umgebung wahr zu nehmen. Auf der einen Seite war es kühler, frischer irgendwie, und dennoch war das Feuer wieder lodernder und heizte die Küche für den Tagesbedarf zunehmend auf. Ein wenig fröstelnd unter ihrer Decke, reckte sich Tonks nur sehr leicht und bewegte sich kaum. Jemand summte irgendwo hinter ihr, eine Frau, und ihr war sofort klar, dass es nach sieben Uhr sein musste. Bald Zeit für die berufstätigen Anwesenden, sich zur Arbeit zu begeben. Sie gähnte und schlug endlich die Lider auf, und noch war es dunkel vor dem nicht mehr verhangenen Fenster in der hinteren Ecke. Nur ein ganz feiner, zarter Streifen eisigen Morgenrotes bildete sich zwischen den Zinnen der Häuser von Bloomsbury.

Noch bevor sie sich herum gedreht hatte, um die Lehne des Sessels herum lugte, stockte das Summen, und Mollys mütterlich-fröhliche Stimme flüsterte ein liebes: „Guten Morgen!“ Augenblicklich widmete sich Mrs. Weasley wieder den Frühstücksvorbereitungen, und der Speck bruzelte in der Pfanne, und der Tee dampfte auf der Warmhalteplatte. „Hallo, Molly ...“ murmelte Tonks und unterdrückte vergebens ein lautes Gähnen. Die Nacht war wirklich kurz gewesen. Und trotzdem fühlte sie sich erholt genug für einen weiteren Arbeitstag. Wenn der Abend heraufziehen würde, würde sie totmüde ins Bett fallen und alles nachholen.

Während sie sich vornüber beugte, um nach ihren Halbstiefeln zu fischen, die Augen noch ganz verklebt von Schlaf, sprach Molly schon leise weiter, verteilte dabei Teller und Tassen an diesem Ende der langen Tafel, denn hier war es wärmer. „Das ist nett von dir, dass du ihn zugedeckt hast!“ befand sie und deutete nur mit dem Kinn in Richtung des Teppichs vor dem Kamingitter, und da erst bemerkte Tonks, dass sie nicht alleine waren. Zusammengesunken, ineinander geschrumpft, lag Remus auf dem Boden in einem Berg aus blauer Wolldecke, weiterhin genau auf die gleiche Art und Weise verdreht wie der Wolf eingeschlafen war. Die Beine schien er unter dem Körper gefaltet zu haben, die Arme waren angewinkelt und die Hände an den Gelenken über einander gekreuzt, die linke Wange so darauf gestützt, dass sich die prominente Nase regelrecht zwischen Mittel- und Ringfinger verfangen hatte.

„Sirius hat wieder vergessen, seine Tür von außen zu verriegeln,“ flüsterte Molly zwischen dem Klappern von zwei Schüsseln hindurch und klang davon wenig begeistert. Von schlechter Pflichterfüllung hielt sie nichts. Alles, was man von Remus in diesem Moment sehen konnte, war sein linker großer Zeh am unteren Ende der Decke, das rechte, bloße Knie gar nicht weit vom Tischbein entfernt, und alles ab der Achsel aufwärts. Die Schulter, das Gräteneck so eindrucksvoll durch die viel zu sehnig entwickelte Muskulatur nach außen sichtbar, war kreidebleich und weiß wie frisch gefallener Schnee, und diese Blässe zog sich bis hinauf zu einer schräg verlaufenden Linie an seinem Hals entlang. Dort hörte der Kragen auf, ab da bekam er ein wenig Farbe, wenn auch kaum nennenswert.

Seufzend stemmte Molly eine Hand in die Hüfte und schüttelte den Kopf. „So stromert er dann nachts durchs Haus, und am nächsten Morgen findet man ihn irgendwo, zusammengerollt, den armen Kerl!“ Das direkt angeschlossene „ach je, ach je, ach je“ hörte Tonks zwar, schaute sich aber nicht danach um und bekam so die verlegene Röte in Mollys Pausbäckchen nicht mit. So friedlich lag er immer noch da, als habe er sich seit der Nacht überhaupt nicht bewegt. Von seiner Rückverwandlung hatte sie nichts bemerkt. Ging denn das eigentlich? Oder verlief das immer recht ruhig und problemlos unter dem Wolfsbann, oder überhaupt wenn er während dessen schlief? Sie hatte keine Ahnung, und fragen würde sie ihn das sicherlich nicht.

Die rotbraunen Haare voller eingestreuter grauer Strähnen waren ganz verwuschelt und durcheinander und standen in alle Richtungen ab, als habe er ganz normal in einem Bett übernachtet. Bis an die Jochbögen waren die Wangen, Kieferknochen, Kinn und Oberlippe mit stumpfen Stoppeln übersät, die noch länger zu sein schienen durch die nach dieser Nacht immer hagere Gestalt. Er konnte so hier nicht liegen bleiben. Das Poltern aus dem Obergeschoss verriet ihr das, wo Arthur sich nun erheben und bald schon herunter kommen würde. Molly widmete sich bereits wieder den bratenden Zutaten für das Frühstück, während Tonks rasch in ihre Schuhe schlüpfte und sich von der herrlich warmen, weichen Decke befreite. Sie musste ihn wecken, egal wie viel Widerwillen das erzeugte.

Auf einem Knie beugte Dora sich über den Schlafenden und entschied sich erst einmal für die akustische Taktik. „Remus,“ flüsterte sie, und sofort stellten sich die winzigen Härchen in seinem Nacken auf, doch er rührte sich nicht. „Hey, Remus,“ versuchte sie es erneut, diesmal jedoch gab es keinerlei Reaktion. „Remus, wach auf.“ Ihre Hand zitterte ganz bescheuert, aber sie schob es auf das fehlende Frühstück und leckte sich hastig über die Lippen, bevor sie mit dem Rücken ihres Zeigefingers nur die äußeren Spitzen seiner Bartstoppeln am oberen Kieferwinkel berührte. Lupin zuckte und murrte und kuschelte sich einfach ein wenig tiefer in seine Decke.

Amüsiert grinsend ließ Tonks sich auf einem angewinkelten Bein nieder. „Los, wach schon auf, du bist kein Wolf mehr,“ piekste sie ihn wie zum Beweis in die nackte Schulter und erntete dafür endlich ein zaghaftes Augenöffnen. Nicht mal die Pupillen konnte man richtig erkennen, so tief unten blieben die Lider, aber er hob eine Hand und drehte sie vorsichtig vor seinem Gesicht, ballte die Faust und entspannte die Finger erneut. Das schien ihm zu genügen, und er stemmte sich auf die andere Hand und brummte noch mal, jetzt lauter und ein wenig wacher. Mann, war der verpennt! Ein tiefer, abgehackter Atemzug endete in einem halbwegs unterdrückten Gähnen, wie er sie wortlos, aber fragend anschaute mit verquollenen Augen. „Es ist zehn nach sieben,“ flüsterte Tonks nur und hoffte, dass das als Erklärung reichte.

Für ein paar Herzschläge starrte er sie nur an, schwankte leicht mit dem ganzen Gewicht auf dem einen Arm und nickte schlussendlich. Es war angekommen. Sich mehr aufrichtend, raffte Remus sich die Decke, die um ihn geschlungen war, so gut er konnte und sorgte dafür, in der angenehmen, warmen Weichheit eingehüllt zu bleiben und sich gleichzeitig umständlich am Hinterkopf zu kratzen. Irgendwie juckte es genau zwischen den Ohren. Ein Bett wäre jetzt echt toll gewesen, aber Sirius' kleine Cousine strahlte ihn da von oben her an wie die aufgehende Sonne, und da hatte er irgendwie überhaupt so gar keine Lust, jetzt in seinem Zimmer zu verschwinden. Aber wenigstens was anziehen müsste er sich schon.

Sich etwas zurückziehend, machte Dora Platz, damit der Mittdreißiger aufstehen und sich davon machen konnte. Gerade noch rechtzeitig zog sie sich auf den Sessel und faltete ihre eigene Decke zusammen, denn als Remus gerade die oberste Stufe barfüßig erreicht hatte, polterte es in dem kleinen Flur zur Hintertreppe, und mit ohrenbetäubendem – und vor allem für die Uhrzeit viel zu fröhlichem - „guten Morgen zusammen!“ stürmte Sirius Black aus der schmalen Tür am anderen Ende des dunklen Ganges. Remus grunzte nur irgendwas und wandte sich schon nach rechts, während Sirius bei seinem Anblick nur ein um eine Winzigkeit verlegenes „oh, tut mir leid, Mann“ murmelte und ihm fest auf die bloße Schulter schlug.

Aus irgendeinem Grund hatte Tonks mit einem Mal keinerlei Appetit mehr auf Frühstück. Sie hatte ihren Cousin gern, aber für gewöhnlich war er besonders um diese Uhrzeit einfach ätzend, vor allem, wenn er so diebisch gute Laune hatte. Wie man es mit dem bloß sieben Jahre an der Schule aushalten konnte, war ihr ein Rätsel. War sie etwa auch so? Da konnte man doch nur hoffen, wenigstens irgendwas von Pop geerbt zu haben und nicht bloß von Ma. Am liebsten hätte sie ihren Kopf mehrfach gegen die Tischkante geknallt. Aber selbst das hätte ihn nur zu Spott und Hohn hingerissen, und das war dann auch noch sein Zeichen von Zuneigung. Seufzend stand sie auf und begab sich mal lieber zum Herd hinüber, um Molly zur Hand zu gehen.

Während dessen flezte Sirius sich breitbeinig auf einen Stuhl, griff nach Messer und Gabel und pflanzte sie zu beiden Seiten seines Tellers auf wie eine Horde Kleinkinder, die nach Nahrung verlangen wollte. Und das mit Gegröhl. „Lass nur, Schätzchen!“ sagte Molly einen winzigen Tick zu hastig, und in ihrer Müdigkeit begriff sogar Tonks, was das heißen sollte. Ja, OK, sie war ein wenig tolpatschig. So schlimm war das nun auch wieder nicht. Wozu gab's Reparo? Resigniert fiel sie einfach auf einen freien Stuhl und protestierte nicht einmal mehr dagegen. „Ma hat schon recht,“ murmelte sie dazu und zog das Haarband aus ihrem Zopf, so dass die violetten Strähnen wieder lang und glatt auf ihre Schultern fielen. „Für'n Haushalt bin ich echt zu blöd.“

Grinsend bedachte Sirius sie erst nur mit einem Seitenblick, denn in diesem Moment stürzte Arthur durch die Haupttür herein und rief ein so unbedachtes „Morgen!“, dass auf dem Flur die Hölle losbrach. In höchsten Tönen begann Walpurga Black zu kreischen und ihre üblichen Beleidigungen und Beschimpfungen zu schreien, worauf beide Weasleys bleich wurden und wieder hinaus rannten, um Abhilfe zu schaffen. Gleichzeitig polterte es auf der Holztreppe nach hinten heraus, und Remus stapfte ungekämmt, aber zumindest in Hosen mitsamt Trägern und halbwegs in den Bund gestopftem Hemd in ihre Richtung. Sich immer noch höchst armverdrehend den Hinterkopf kratzend, brummelte er unzusammenhängend, aber die beiden am Tisch Sitzenden werteten das als Begrüßung und erwiderten also.

Das war doch verrückt. Der war viel zu abgekämpft, um jetzt noch was zu essen oder überhaupt nur blöd hier am Tisch zu sitzen. Das bemerkte sogar Sirius, und der schüttelte den Kopf und beguckte sich das, wie sein alter Schulfreund mit dem lächerlichen Dreitagebart und immer noch ohne Schuhe ein paar Schritte auf die Tafel zu machte und auf einem Stuhl ihm gegenüber zusammensackte. Man hätte schwören können, er sei augenblicklich eingeschlafen. Sich den eindrucksvollen Spitzbart zwirbelnd, der umso mehr an seinen verstorbenen Herrn Vater erinnerte, grinste Sirius immer noch und widmete sich wieder seinem unterbrochenen Gesprächsanfang. Auf dem Flur kreischte Mutter Black noch immer.

„Na na, da musst du dir halt 'nen Mann suchen, der das für dich übernimmt!“ schlug er vor und schaute sich schon einmal um, ob nicht irgendwas Essbares bereits abgreifbar war. So blitzend und giftig, wie die Kleine ihn da aus ihren dunklen Augen von unten her an glimmerte, bewies sie nur noch mehr, aus welcher Familie sie stammte. „Dafür hab' ich keine Zeit,“ befand Tonks, und er war sich nicht sicher, ob sie für die Suche oder für sein echt dämliches Gelaber meinte. Aber weil es so schön war, grinste Black nur noch breiter, während Arthur und Molly zurückkehrten. Sie schüttelte entnervt den Kopf, wobei ihr Angetrauter immer noch ganz rote Wangen hatte und sich augenscheinlich sehr schämte für diesen morgendlichen Schrecken.

Keine Ahnung wieso, aber das war so lustig, dieser Gesamtanblick, dass Sirius nicht widerstehen konnte. Die Tasse Tee von Molly entgegen nehmend, die sie ihm über den Tisch reichte, deutete er nur mit einem Daumen auf den halb auf der Tafel liegenden und ruhig atmenden Remus schräg vor sich. „Was ist mit ihm? Er ist noch zu haben!“ scherzte Sirius und streckte ihr schon die Zunge raus, bevor sie überhaupt die Gelegenheit hatte, die Oberlippe hochzuziehen wie ein beleidigter Gaul. Oh Mann, das war einfach zu witzig! Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, reagierte Lupin auch noch halb aus dem Schlaf heraus und streckte in einer einzigen Bewegung matt, aber bestimmt, den linken Mittelfinger so aus, dass er direkt in Sirius' Richtung in voller Breitseite sichtbar war.

Augenblicklich brach Black in sein bellendstes lautes Lachen aus und veranlasste damit seine Mutter in ihrem Porträt zu einer erneuten Tirade. Arthur Weasley verdrehte die Augen und stürmte los, während Molly mit zusammen gepressten Kiefern und dem Serviertablett auf den Händen belegte Sandwiches herumreichte. In all dem Chaos bemerkte niemand den Flush aus brennendem Rot, bevor Tonks sich schüttelte und fassungslos „dein ... Humor ... ist wirklich erschreckend“ heraus brachte. Sirius lachte nur weiter und zeigte auf Remus' weiterhin anklagenden Mittelfinger, und das junge Mädchen drückte sich aus dem Stuhl. Nichts wie weg hier. Warum auch immer.

Nach einem Toastbrot mit Tomaten, Mayonnaise, Salat und Kochschinken greifend, hielt sie am besten ganz den Mund, biss also gleich hinein und entschied sich für eine hübsche Fönwelle in stufig geschnittenem Dunkelbraun, hielt sich an der Tür fest und flötete im Hinauseilen: „Ciao, Leute!“ Und damit war sie rasant den langen Flur hinunter, in dem Arthur die Vorhänge vor dem Bild zu zuziehen bemüht war, durch die schäbige Haustür und draußen auf den Bürgersteig im eisig kalten Morgengrauen und dem Gemisch aus grauer Dämmerung und orangenen Natriumdampflampen. Sirius war echt ein Idiot. Und er zielte definitiv zu gut. Dora Tonks seufzte und disapparierte.


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