von Kira Gmork
@GefangeneVonAskaban
Ja, ich muss wohl in der Tat als fies outen, weil die Gerichtsverhandlung sich noch etwa zieht. Aber auch nach der Verhandlung geht die Story noch weiter...insgesamt sind es 36 Kapitel - ich wünsche viel Spaß und verspreche weiterhin regelmäßige Updates ;)
@Cara
Ich ahnte doch, dass dir Dracos Rolle hier gefällt, und ich darf dir verraten, dass er nochmal zum Zuge kommt.
Die Richterin hat ein gutes Gespür, doch auch sie muss sich dem Recht beugen...nun, schauen wir mal, wie sich das noch auswirken wird. :)
Liebe Grüße, und viel Spannung mit diesem Chap,
wünscht,
Kira
Kapitel 25
Mit offenen Karten
Hermine hastete den Gang entlang. Sie wäre gerne einfach sitzen geblieben und hätte dem letzten Blick, den sie mit Severus gewechselt hatte, noch etwas nachgespürt, um zu ergründen ob sie sich in ihrer Einschätzung, seine Warnung betreffend, täuschte. Nachdem man ihn abgeführt hatte riss sie sich schließlich aus ihren Gedanken und bahnte sich eilig einen Weg durch die Leute, die schwatzend und trödelnd den Gerichtssaal verließen.
Sie sah ihn am Ende des Ganges und begann zu laufen.
"Draco", rief sie, "warte bitte."
Der junge Mann blieb stehen, zögerte jedoch sich zu ihr umzudrehen. Erst als sie bei ihm angelangt war, wandte er sich ihr scheinbar widerwillig zu. Hermine war irritiert über seinen abschätzenden Blick.
"Granger, was willst du?"
Sie musste schlucken. Diese kalte Anrede hatte sie nicht erwartet. Sie sah wie er sie ungeduldig musterte, dann wich sein Blick ihr plötzlich aus. Hermine hatte das untrügliche Gefühl, dass er am liebsten an einem ganz anderen Ort wäre. Fern von allem was sein Nachdenken über die Dinge erzwang.
"Wie geht es deiner Mutter?" fragte sie vorsichtig.
"Unverändert", seine Stimme klang desinteressiert.
"Das tut mir leid", erwiderte sie leise.
Er nickte kurz. Dann wollte er sich abwenden. "Draco - bitte", sie verstummte als sich seine Augen direkt in ihre zu bohren schienen.
"Hör zu Granger - ich habe nur die Wahrheit gesagt, sonst nichts. Lass mich einfach in Ruhe."
Hermine fühlte sich hilflos. Sie wusste, dass sie ihn gehen lassen musste - aber sie konnte es nicht.
"Du hast dich in Gefahr gebracht, Draco. Du musst auf dich aufpassen!"
Nun blieb er erneut stehen und der Ausdruck in seinen Augen war ein völlig anderer als noch vor ein paar Sekunden.
"Die Todesser haben die Familie Malfoy bereits zerstört. Da kommt es auf einen mehr oder weniger nicht mehr an. Aber offensichtlich ist dir nicht klar, in welcher Gefahr du dich befindest." Er schüttelte einen Moment den Kopf und sah sie dann mit einem ungläubigen Ausdruck an. "Ich meine, du und Snape...das ist eine ziemlich merkwürdige Beziehung, nicht wahr Granger? Ich glaube, ich habe dich immer falsch eingeschätzt. Und wenn die Zeitungen Recht haben, dann erwartest du sogar ein Kind von ihm." Sein Blick wanderte forschend zu ihrem Bauch.
Instinktiv legte sie eine Hand darauf, als müsse sie das Kind vor den neugierigen Blicken schützen.
"Dann ist es also tatsächlich wahr?", seine Stimme klang wirklich verblüfft.
"Was haben die Zeitungen geschrieben?" fragte sie mit belegter Stimme.
Ihm entfuhr ein ungläubiges Schnaufen. "Granger, du liest doch sonst alles was dir zwischen die Finger kommt. Willst du mir wirklich erzählen, du hättest heute deine Nase noch nicht in eine Zeitung gesteckt?"
Hermine hatte konnte keine Kraft aufbringen zu verbergen, dass er sie mit seinem Spott verletzte. Seine Augenbrauen zogen sich für einen Moment zusammen, dann wurde seine Stimme weicher als er sagte: "Es wurde berichtet, dass Snapes schwangere Freundin im Gerichtssaal säße und, trotz ihrer Anwesenheit am Tag von Voldemorts Tod, nicht selbst als Zeugin aufgerufen würde. Es wurde zwar kein Name genannt, aber natürlich war mir klar, dass es sich nur um dich handeln konnte."
Hermine sah ihn entsetzt an. Wie hatte sie auch ernsthaft erwarten können, dass ihre Beziehung geheim bleiben könnte. Entweder war die Erwähnung der Schwangerschaft ein Schuss ins Blaue gewesen - oder ein Reporter hatte Informationen von den Wächtern erhalten, die das leise Gespräch zwischen ihr und Severus als einzige gehört hatten. Sie würde wohl kaum die Wahrheit erfahren. Hermine fühlte Übelkeit in sich hochsteigen.
Draco sah wie sein Gegenüber plötzlich blass wurde. Unbeholfen streckte er eine Hand nach Hermine aus. "Hey, alles in Ordnung?"
Sie nickte schwach. Er sah sich kurz um und führte sie dann zu einem der Stühle im Eingangsbereich. "Tu mir 'nen Gefallen und kipp nicht um, Granger. Ich hab keine Ahnung was man mit einer bewusstlosen schwangeren Frau macht, o.k.?"
Sie nickte zögerlich und lächelte ihn kurz kraftlos an. Hermine bemühte sich langsam und gleichmäßig zu atmen. "Geht schon wieder", sagte sie schließlich.
Er sah tatsächlich äußerst erleichtert aus. "Ich war schon sehr verwundert als ich dich mit Snape zusammen im Hause meiner Eltern antraf. Allerdings hatte ich bei weitem genug Sorgen, um mich damit näher befassen zu können. Aber nun habe sogar ich begriffen, dass ihr ein Paar seid. Und ich frage mich, ehrlich gesagt, wie es dazu kommen konnte. Ich dachte immer du und Potter..."
Hermine schüttelte stumm den Kopf. "Zwischen Harry und mir war nie etwas. Wir waren nur Freunde."
"Und Weasley?" fragte Draco um auch den letzten Zweifel auszuräumen.
Sie schüttelte entschieden den Kopf. Er lächelte sie schief an. "Wundert mich nicht, dass die beiden nicht bei dir landen konnten wenn du auf Typen wie Snape stehst."
Hermine entfuhr ein kurzes Lachen. "Die Sache zwischen Severus und mir hat sich einfach so ergeben", erklärte sie vage.
Er schien zu grübeln. "Severus...", spürte er dann dem Klang dieses Wortes nach. "Außerhalb der Schule kannte ich nur meinen Vater der ihn mit Vornamen ansprach. Aus deinem Mund klingt es allerdings irgendwie angenehmer."
"Na, das will ich doch hoffen", sagte sie lächelnd. Er lächelte zurück. "Du hättest dir kaum eine kompliziertere Beziehung aussuchen können, Granger - außer mit mir vielleicht." Hermine sah ihn mit aufgerissenen Augen an. "War nur ein Witz", beteuerte er dann. Plötzlich wurde er ernst. "Mit den Drohungen der Todesser ist nicht zu spaßen. Du musst dich schützen, Hermine." Das Wort war raus, bevor er es noch richtig bemerkt hatte. Als ihm klar wurde, dass er zum ersten Mal ihren Vornamen benutzt hatte, stutzte er einen Moment und schien sich dann selbst einzugestehen, dass es wohl längst Zeit dafür war, ihr nicht mehr ihren Nachnamen wie eine Beleidigung um die Ohren zu knallen.
Hermine vermied es ihm allzu deutlich zu zeigen, dass sie die Veränderung überhaupt bemerkt hatte. "Ich lebe auf Hogwarts. Dort bin ich geschützt genug. Ich sollte jetzt mal Ausschau nach Albus halten, er wird sich sicher schon wundern wo ich bin."
"Sprichst du jetzt alle ehemaligen Lehrer mit Vornamen an?" erkundigte Draco sich mit einem Lachen. Hermine schüttelte schnell den Kopf: "Nein - nicht alle. Ich sollte jetzt aber wirklich nach ihm suchen." Dracos Blick ging an ihr vorbei. "Das wird wohl nicht nötig sein. Er steht dort drüben. Offenbar will er nicht stören."
Hermine drehte sich um und sah, wie Dumbledore in einige Unterlagen vertieft an der Wand lehnte. Als er ihren Blick bemerkte, steckte er die Unterlagen weg und kam langsam auf sie zu.
"Mr. Malfoy, das war sehr mutig von Ihnen. Und sehr hilfreich", fügte er dann an.
"Professor, es war mir ernst als ich zu Ihnen kam und sagte, dass ich den Todessern den Rücken kehren würde. In dem Moment, als ich mich dazu entschieden hatte war mir klar, dass es gefährlich für mich werden würde. Aber in Zeiten wie diesen leben wir alle gefährlich, nicht wahr?" Sein Blick wanderte zu Hermine und unwillkürlich auf ihren Bauch, den sie diesmal nicht schützend vor ihm verbarg.
"Was werden Sie nun tun, Mr. Malfoy?", fragte Dumbledore. Draco zuckte kurz mit den Schultern, doch seine Worte klangen entschieden und wohl überlegt.
"Ich werde eine neue Laufbahn einschlagen, denke ich. Es wird Zeit, dass ich mein Leben neu einrichte. Und nun, wo ich ohnehin die meiste Zeit damit beschäftigt sein werde mich um den Schutz vor den Todessern zu kümmern, da dachte ich mir, ich werde mal antesten, ob man mich als Auror ausbilden würde. Wenn ich mir Leute wie Shadow ansehe, dann werde ich das Gefühl nicht los, dass das Ministerium ebenfalls mal frischen Wind braucht."
Dumbledore nickte lächelnd. "Ja, da könnten Sie durchaus Recht haben, Mr. Malfoy. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Und wenn Sie mal Hilfe brauchen - meine Tür steht Ihnen jederzeit offen. Passen Sie auf sich auf."
Draco nickte dankend: "Sie auch Professor - Hermine", mit diesem knappen Gruß drehte er sich um und verließ kurz darauf das Gerichtsgebäude.
oooooooooooooooooooooooooooooooooo
Die Hoffnung wuchs mit jeder Stunde. Hermine wusste, dass Severus sie genau davon hatte abhalten wollen. Dennoch glaubte sie gespürt zu haben, wie die Richterin in Severus ebenfalls ein Opfer sah. Nie zuvor hatte sie so fest an einen Freispruch geglaubt.
Obwohl sie fast vor Aufregung zersprang, wagte sie nicht sich zum Büro des Direktors zu begeben. Auf keinen Fall wollte sie ihn bei seinen Vorbereitungen für den nächsten Tag stören.
Es war inzwischen Abend und Hermines Einfall, in die Bibliothek zu gehen um die Zeit totzuschlagen, ließ sich nicht in die Tat umsetzen, da diese inzwischen geschlossen hatte. Früher wäre sie natürlich in den Gemeinschaftsraum gegangen und hätte mit Harry oder Ron eine Partie Zauberschach gespielt. Erneut wurde ihr bewusst, dass sie mit den beiden unbedingt Kontakt aufnehmen musste. Sie würden es ihr ohnehin nie verzeihen, dass ausgerechnet Draco Malfoy vor ihnen von ihrer Beziehung zu Severus wusste. Also fügte sie sich in das Unvermeidbare.
Entschieden griff sie nach Feder und Papier und schrieb die längst überfälligen Briefe. So schwer war ihr noch nie eine Korrespondenz gefallen. Aus jedem Satz schien das schlechte Gewissen den Jungs gegenüber, und die Sorge um Severus sich widerzuspiegeln. Als sie schließlich die fast identischen Schreiben überflog war ihr klar, dass die Jungs dies wie ein Hammer treffen musste. Sie war versucht beide Botschaften mit einer einzigen Handbewegung zu zerreißen. Doch sie hielt inne. Diese Briefe waren ihr schon schwer genug gefallen. Sie würde keinen zweiten Anlauf zu Stande bringen. Also rollte sie sie kurzerhand zusammen und machte sich auf den Weg in die Eulerei um sie abzuschicken, bevor sie es sich nochmals anders überlegen konnte.
oooooooooooooooooooooooooooooooooo
Die Nacht war einfach nur grauenvoll gewesen. Es war eine der schlimmsten ihres ganzen Lebens. Die Mischung aus Angst und Hoffnung hatte sie kein Auge zutun lassen. Immer wieder war sie rastlos aufgestanden und ziellos durch die Räume gelaufen. Wie unter Zwang hatte sie jeden einzelnen Gegenstand berührt, von dem sie sich erinnern konnte dass er ihn jemals in der Hand gehalten hatte. Und sie hatte unablässig gemurmelt: "Du musst zu mir zurückkehren. Ich liebe dich. Ich brauche dich."
Schließlich hatte sie sich wieder erschöpft auf das Bett gelegt, doch der Schlaf wollte sich immer noch nicht einstellen. Leicht legte sie eine Hand auf ihren Bauch und versuchte eine winzige Bewegung des Kindes zu erhaschen. Doch es war zu früh. Noch war da nichts zu spüren und kaum etwas zu sehen. Aber es war da. Sie spürte es. Es war wie ein Wunder, dass da eine Mischung aus ihr und ihm in ihr heranwuchs. Eine Mischung, und dennoch ein völlig eigenständiger Mensch. Zum ersten mal dachte sie darüber nach, wie dieser Mensch wohl sein würde. Draco hatte Recht - sie waren tatsächlich ein merkwürdiges Paar.
Seufzend schloss sie die Augen. Dumbledore, Hagrid, Draco, Harry und Ron...sie alle glaubten nun die Wahrheit über ihre Beziehung zu Severus zu kennen. Doch die Wahrheit war viel komplizierter, viel beschämender als all ihre Freunde es sich wohl vorstellen konnten. Nie würden sie erfahren was Severus wirklich für ein Mann war, wenn sie nicht die wahren Umstände kannten, die ihre Beziehung überhaupt erst ins Rollen gebracht hatte. Wie sehr er sich gegen die rein sexuelle Beziehung aufgelehnt hatte. Seine Bemühungen, ihr den Grund für ihr merkwürdiges Verhalten zu entlocken, und seine Schuldgefühle wegen seines egoistischen Verhaltens. Ihr kam in den Sinn, wie sehr es ihn verletzt haben musste als sie ihm sagte, sie könne ihm nicht vertrauen. Immer hatte sie geglaubt, dass es ihm völlig gleichgültig war ob ihm jemand vertraute oder nicht. Sie hatte ihn immer so eingeschätzt, dass er auf seinen eigenen Vorteil aus war und ihm sonst nichts etwas bedeutete. Er hatte ihr das Gegenteil bewiesen. Immer und immer wieder. Wie sollte sie all dies ihren Freunden klar machen, ohne die furchtbar peinlichen Details ihres Fluchs dabei zu erwähnen? Sie hoffte, dass ihre Freunde es einfach verstehen würden. Die neuen Gegebenheiten einfach akzeptierten und ihr alles Glück der Welt wünschten.
Hermines Gedanken wanderten wieder zu Severus Prozess und ihre Finger schlossen sich krampfhaft und das Kissen. Er musste freigesprochen werden - er musste einfach.
Als sie es schließlich gar nicht mehr aushielt stand sie auf und zog sich Jeans und Pullover über. Dann stieg sie die Stufen aus den Kerkern hinauf und verließ das Schloss durch die riesige Eingangstür. Die Sonne ging gerade auf und Hermine setzte sich auf eine niedrige Mauer, um das Farbenspiel zu beobachten, das sich jede Minute zu ändern schien.
Die Fenster des Schlosses lagen alle noch im Dunkeln. Hermine stutzte jedoch als sie glaubte, aus Dumbledores Büro einen schwachen Lichtschein zu erkennen.
Sollte der alte Mann etwa die ganze Nacht über an dem Plädoyer gearbeitet haben? Doch sie konnte dem Direktor wohl kaum einen Vorwurf machen, dass er seinen wohlverdienten Schlaf geopfert hatte. Zudem war ihr klar, dass sie ohnehin besser nicht erzählte, dass sie ebenfalls die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte. Sie war schließlich nicht nur für ihre eigene Gesundheit verantwortlich, sondern auch für die des Kindes. Mit schlechtem Gewissen erhob sie sich von der kalten Mauer und ging ein Stück durch die noch kühle Morgenluft.
Schließlich schlich sie sich zurück ins Schloss und in die Kerker, um einige Zeit später scheinbar ausgeschlafen zum Frühstück in der Großen Halle zu erscheinen.
Sie zwang sich dazu, eine ausgewogene Zusammenstellung auf ihren Teller zu legen, dann betrachtete sie ihn und sofort kamen ihr Zweifel wie sie auch nur die Hälfte davon bewältigen sollte. Als sie Dumbledores Blick auf sich spürte, begann sie zögerlich zu essen. Nachdem sie tapfer den Teller leer gegessen hatte, fragte sie sich, was daran so gesund sein sollte wenn ihr jetzt doch kotzübel war. Dieser Zustand wurde nicht besser als die Posteulen plötzlich wie Pfeile durch die Luft schwirrten. Überall verteilten sie Zeitungen und auch Hermine wollte sich heute zwingen einen Blick hineinzuwerfen. Nachdem sie eine der Hogwartseulen vom "Tagespropheten" befreit hatte, wollte sie diesen gerade aufschlagen, als plötzlich wieder etwas um ihren Kopf segelte. 'Das kann unmöglich sein', war ihr erster Gedanke. Sie hatte diese Eule schon so lange nicht mehr gesehen. Sie hatte gewusst, dass sie kommen würde - aber so schnell?
"Hedwig", sagte sie in einer Mischung aus Beklemmung und echter Freude, was ihre Stimme seltsam fremd klingen ließ.
Die Schneeeule schien sich ebenfalls zu freuen sie zu sehen, was sie mit einer Landung auf ihrem Tisch und einem kurzen Schnäbeln an Hermines Fingernägeln kundtat. Hermine strich ihr sanft über das Gefieder, was Hedwig mit einem leisen Krächzen zu genießen schien. Dann besann sich die Eule offensichtlich auf ihre eigentliche Aufgabe und streckte ihr Bein aus, an dem eine Rolle Pergament befestigt war.
"Von Harry, hm?", fragte Hermine überflüssigerweise. Mit zittrigen Fingern löste sie die Nachricht und Hedwig begann an einem Stück Brötchen zu knabbern, das Hermine ihr hingeschoben hatte. "Er hatte es wohl ziemlich eilig mit einer Antwort", murmelte Hermine zu sich selbst, während sie den Brief entrollte. Verwirrt sah sie auf die wenigen Worte, die dort eindeutig in Harrys Schrift geschrieben standen.
Hallo Hermine,
danke für Deine Nachricht. Ich werde so bald wie möglich nach Hogwarts kommen um mit Dir zu sprechen.
Gruß,
Harry
"Ja, toll Harry. Richtig ermunternd. Warum hast du nicht gleich geschrieben, ich solle mir noch einen letzten Wunsch vor meiner Hinrichtung ausdenken", fauchte sie dann böse den Brief an, worauf nicht nur Hedwig sie befremdet anssah, sondern auch Professor Trelawney - völlig ihre hellseherischen Fähigkeiten vergessend - offensichtlich versuchte, in Hermines Pergament zu schielen.
Hermine rollte es wütend zusammen und strich Hedwig dann noch einmal sanft übers Gefieder. "Du kannst losfliegen, Hedwig. Ich habe keinen Brief für dich. Bevor ich Harry jetzt darauf antworte, antworte ich besser gar nicht."
Damit erhoben sich Eule und Hermine gleichermaßen. Während Hedwig durch eines der geöffneten Schlossfenster davonflog, verließ Hermine mit eiligen Schritten die Große Halle. Als sie in den Kerkern angekommen war, schmiss sie wütend die Tür hinter sich zu.
Sie hatte es doch gewusst - warum enttäuschte sie Harrys kühles Verhalten trotzdem so? Es war ihr doch klar gewesen, dass er nicht sagen würde: "Hey, wenn du ihn jetzt magst, dann mag ich ihn halt auch - ich wünsch euch eine tolle Zukunft."
Doch eigentlich hatte er ja gar nichts gesagt. Sein Brief war so etwas von neutral, dass es schon an eine Frechheit grenzte.
Aber vielleicht war er auch einfach nur zu verblüfft und wollte sich jede Stellungnahme untersagen, bevor er richtig darüber nachgedacht hatte. Dennoch hätte er eine andere Anrede wählen können. Ein einfaches 'Hallo' fand Hermine nach den langen Jahren der Freundschaft dann doch etwas gefühllos.
Bisher waren die Reaktionen ihrer Mitmenschen äußerst unterschiedlich gewesen, wenn sie von ihrem Verhältnis zu Severus erfuhren. Albus hatte es scheinbar sofort akzeptiert. Hagrid hatte zwar zugegeben, dass er es nicht recht verstand, aber sich dennoch um Toleranz bemüht. Draco hatte versucht sie in Verlegenheit zu bringen, aber er hatte erstaunlich gut reagiert als er erkannte wie ernst es ihr war. Und Harry? Sie würde wohl warten müssen bis er sein Versprechen einlöste und nach Hogwarts kam. Hermine war sich nicht sicher, ob sie es so eilig damit hatte. Rons Nachricht würde mit Sicherheit später eintreffen. Hermine war gespannt auf seine Reaktion.
Obwohl sie es mit Albus nicht extra vereinbart hatte, trafen sie sich wieder in der Eingangshalle um später gemeinsam zum Gericht zu apparieren. Der Direktor lächelte sie an, doch sie erkannte die dunklen Ringe unter seinen Augen nur allzu deutlich. Er bemerkte ihren kritischen Blick. Mit einem Seufzen sagte er: "Meine Nacht war vermutlich genauso erholsam wie deine, Hermine. Ich hoffe es ist ein gutes Zeichen, dass Richterin Handerson den Prozess so schnell beenden möchte. Aber ich bin mir sicher, dass Shadow noch einmal schweres Geschütz auffahren wird. Sein Plädoyer könnte zu einer Zerreißprobe für die ohnehin schon aufgeladene Stimmung werden. Viele wollen einfach nur Rache an den Todessern. Sie wollen Rache weil sie Angst haben. Und ich fürchte, diese Angst ist immer noch berechtigt. Hermine, ich möchte dass du bei Gericht in meiner Nähe bleibst. Außerdem möchte ich, dass du mich vorher informierst, wenn du Hogwarts verlassen möchtest - und sei es nur für einen Einkauf in Hogsmeade."
Hermine sah ihn empört an. "Das klingt ja ganz so, als hätten die Todesser es geschafft, dass ich nun unter Arrest stehe."
Dumbledore schüttelte traurig den Kopf. "Bitte, tu mir den Gefallen", sagte er dann knapp. Danach apparierten sie bis vor das Gerichtsgebäude.
Hermine glaubte ihren Augen nicht trauen zu können. Wohin man auch sah standen Menschen, die sich drängten um ins Gebäude gelassen zu werden. Doch ein Aufseher versperrte ihnen den Weg.
"Ich darf niemanden mehr hineinlassen der nichts mit dem Prozess zu tun hat. Bitte benutzen sie die magischen Übertragungskugeln um die Verhandlung zu verfolgen. Nehmen sie die Kugeln bitte aus den Körben, die in Kürze herausgetragen werden und legen sie sie später wieder dort hinein. Niemand darf mehr hinein, das Gebäude ist überfüllt."
Als der Mann Hermine und Albus auf sich zukommen sah, trat er einen Schritt zur Seite und ließ sie schnell eintreten, bevor er wieder den Eingang versperrte.
Auf den Fluren des Gerichts war die Hölle los. Viele Leute versuchten noch in den Gerichtssaal zu drängen, obwohl die Plätze bereits alle besetzt waren. Reporter versuchten lautstark wenigstens auf einen Stehplatz zu beharren. Dann sahen sie wie Albus und Hermine versuchten so schnell wie möglich an ihnen vorbei zu gehen. Sofort stürzten sie auf sie zu.
Ein Mann mit einem Schreibblock, über dem eine selbstschreibende Feder tanzte, stürmte auf Hermine zu und fragte: "Miss Granger, was machen Sie wenn Severus Snape lebenslänglich nach Askaban muss?" Ein anderer Reporter versuchte ebenfalls sich zu ihr durchzukämpfen: "Wussten Sie, dass er ein Todesser ist als Sie sich mit ihm einließen?" Zeitgleich versuchte Rita Kimmkorn ihr Glück, indem sie es auf die sanfte Tour versuchte: "Gibt das Kind Ihnen Kraft diese schweren Zeiten durchzustehen?"
Hermine fühlte sich wie ein gehetztes Tier. Albus bedeutete ihr zu schweigen und gemeinsam bahnten sie sich den Weg durch die Journalisten, bis sie im Gerichtssaal ankamen. Dieser war tatsächlich völlig überfüllt. Kein einziger Platz war mehr frei. Albus sah Hermine kurz an, dann sagte er: "Wenn die Presse ohnehin inzwischen im Bilde über eure Beziehung ist, dann wirst du jetzt auch keine falsche Zurückhaltung zeigen und auf dein Recht pochen."
Kaum hatte er das gesagt, sprach er auch schon einen der Gerichtsgeister an. "Diese junge Frau ist die Lebensgefährtin des Angeklagten. Ich darf wohl davon ausgehen, dass sie ein Recht auf einen Sitzplatz hat."
Der Geist machte sich sofort daran einen geeigneten Platz für Hermine zu schaffen, indem er einem der Reporter stumm die Tür wies.
Albus ging zu seinem Platz, nachdem er Hermine zu ihrem Stuhl begleitet hatte. Er hatte ihr sein typisches Zwinkern geschenkt, bevor er sie sich selbst überlassen musste. Hermine hoffte, dass der Prozess bald los ging. Es war schrecklich zu wissen, dass Shadow in wenigen Minuten wieder den Hass auf Severus schüren würde. Doch Hermine wollte einfach nur, dass sie es hinter sich brachten. Die Leute, der Lärm, die Reporter und die unverholenen Blicke, die sie nun von allen Seiten trafen, waren fast mehr als sie ertragen konnte. Aber Hermine würde es ertragen. Sie würde auch diesen Verhandlungstag durchstehen. Und sie spürte wie ihre Nervosität wuchs, Severus endlich zu sehen.
Sollte doch die ganze Welt wissen, dass sie zu ihm gehörte. Jeder in der magischen Welt sollte erfahren, dass sie Severus Snape liebte - egal ob man ihn frei ließ oder schuldig sprach.
tbc
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