von Kira Gmork
@Magic und Cara
Als Dankeschön ein schnelles Update für euch!
Liebe Grüße, Kira
11. Kapitel
Die Hoffnung stirbt immer zuletzt
Severus sah auf seine Hände, die das Glas umklammerten.
Mit diesen Händen hatte er sie berührt, sie liebkost. Diese Hände hatten sie erregt. Er war sich sicher, sie hatte nicht jede Minute mit ihm gehasst. Aber sie hatte es gehasst, dazu gezwungen zu sein.
Er verstand sie. Er war ein Todesser. Wäre er damals nicht mit Albus im Ausland gewesen, dann hätte auch er an der grausamen Zeremonie teilgenommen. Er hätte dagestanden und ohne jegliche Regung mit eisigem Blick verfolgt, was mit ihr geschah. Auch wenn es in ihm drin anders ausgesehen hätte, für sie hätte es keinen Zweifel gegeben, dass er sie ebenso benutzt hätte, wie die anderen es vorhatten.
Er wunderte sich darüber, wie lange sie durchgehalten hatte.
Ein stolzer Mensch wie Hermine Granger war für die Todesser ein gefundenes Fressen. Wenn man sie demütigte, brach man sie für den Rest ihres Lebens.
Er ließ ihre Haarsträhne durch seine Finger gleiten und griff dann zum Whiskyglas.
So vieles hatte er falsch gemacht. Ohne es zu wissen hatte er ihren Schmerz zu seinem Vorteil genutzt. Doch er konnte es unmöglich ahnen. Sie hatte es geradezu herausgefordert. Aber sein schlimmster Fehler war, dass er sich in sie verliebt hatte. Natürlich hatte sie dies nicht gewollt. Er hatte kein recht sie aufzuhalten. Sie war ohne einen Gruß an ihn gegangen - sie hatte diese Entscheidung getroffen und erwartete, dass er sie respektierte.
Er trank einen weiteren Schluck und murmelte:
"Was jetzt Hermine? Was tust du jetzt?"
Sie hatte ihm gesagt, dass sie sich ebenfalls in ihn verliebt habe. Wie hatte er auch nur eine Sekunde lang glauben können, es sei wahr? Und dennoch glaubte er Anzeichen dafür bemerkt zu haben. War es nicht letztendlich so, dass sie ihn mit ihrem Verschwinden sogar schützen wollte?
Sie musste in der Tat sehr verzweifelt und voller Selbsthass gewesen sein. Sie hatte sich die Haare abgeschnitten und die einzige Möglichkeit aufgegeben, zu überleben. Es sei denn, sie würde sich an einen anderen Todesser wenden. An Lucius gar? Nein, er wusste dass diese Option für sie nicht in Frage kam. Er stürzte einen weiteren Schluck Whisky hinunter, als ihm klar wurde, dass sie beschlossen hatte lieber zu sterben, als sich noch einmal von ihm berühren zu lassen.
Es konnte durchaus am Whisky liegen, aber plötzlich dachte er, dass alles ganz leicht gewesen wäre.
Sie hätten glücklich werden können. Sie hätten zusammen bleiben können. Sie hätten Sex haben können. Sie hätte leben können.
Dann wurde ihm klar, dass er einige wichtige Tatsachen außer acht gelassen hatte.
Völlig benebelt versuchte er, sich diese ins Gedächtnis zu rufen:
Die einfache Tatsache, dass Voldemort wohl kaum ihr Trauzeuge geworden wäre.
Die einfache Tatsache, dass er das nächste Todessertreffen wohl nicht lebend verlassen hätte.
Die einfache Tatsache, dass er nicht wusste, wie lange dieser Fluch anhalten würde.
Und...die einfache Tatsache...dass sie ihn...hasste...
Sein Kopf sank auf den Tisch und für einen Moment drehte sich alles um ihn. Doch dieser Moment war gnädig kurz, da der Alkohol ihn in einen traumlosen Schlaf fallen ließ.
ooooooooooooooooooooooooooooooooooooo
Ein Donner hallte durch den Raum. In seinem Schädel schien eine Horde rumänischer Drachen Quidditch zu spielen. Dann erklang ein weiterer Donnerschlag.
Severus hob den Kopf und sah eine Holzplatte. Sollte das Brett vor seinem Kopf jetzt etwa so deutlich sichtbar geworden sein?
Ein schaler Geschmack in seinem Mund wies ihn deutlich darauf hin, dass der Genuss von zu viel Whisky das eigentliche Problem war. Mühsam erhob er sich, wobei sein Rücken sich anfühlte, als hätten ihn die Ausläufer eines Cruciatus gestreift.
Mit bleischweren Schritten ging er zur Tür, die Hände auf die Ohren gepresst, in der Erkenntnis, dass dieser betäubende Lärm ein einfaches Anklopfen war.
Vorsichtig öffnete er und sah sich Dumbledore gegenüber. Dieser sah ihn für einen Moment an, schob ihn dann kurzerhand beiseite und betrat den Raum.
"Dein Besuch passt gerade nicht - es geht mir nicht gut," sagte Snape, wobei er den Kopf in die andere Richtung drehte, damit der Direktor nicht sofort seine Fahne roch.
Doch dieser war bereits zum Couchtisch gegangen, hatte die leere Whiskyflasche hochgehoben und drehte sie nun demonstrativ in seinen Händen. "Severus, es ist jetzt das zweite mal, dass du deinen Unterricht versäumst. Wenn du so weitermachst, dann bleibt mir wirklich nichts anderes übrig, als dich zu feuern."
Snape atmete tief durch, dann sagte er: "Dann feuere mich eben."
Sein Mentor sah ihn einen Moment schweigend an, dann sagte er: "Es hat dich ganz schön erwischt, Severus."
"Ich weiß nicht was du meinst."
Dumbledore lächelte nun wissend: "Es gibt nur eine Macht, die aus einem selbstbeherrschten Mann einen völligen Idioten macht - die Liebe."
"Das klingt wie aus einem Kitschroman - Liebe ist nur eine Illusion, eine Verschwendung von Zeit und Energie."
"Das klingt nun aber auch sehr abgedroschen, nicht wahr?"
Snape nickte widerwillig: "Ist aber die Wahrheit," sagte er dann beharrlich.
"Wo ist sie?" fragte Dumbledore plötzlich.
"Ich weiß es nicht."
"Dann ist sie also fort, ohne dir zu sagen wo sie hingeht?"
"Sonst wüsste ich wohl wo sie ist," erwiderte Severus zynisch.
"Habt ihr euch gestritten?"
Der Meister der Zaubertränke nahm Albus die leere Flasche aus der Hand und stellte sie auf den Tisch zurück. "Nein, so einfach ist es nicht - es ist alles viel...komplizierter."
Er stand einen Moment da und überlegte, was er Dumbledore anvertrauen konnte. Schließlich rieb er sich die Nasenwurzel und sagte: "Ich muss sie finden Albus. Ich weiß, dass sie mich nicht sehen möchte, aber ich muss sie finden, bevor es zu spät ist."
Der Direktor sah ihn fragend an, doch Severus winkte bereits ab: "Ich kann dir nicht mehr sagen - aber es ist unglaublich wichtig, dass ich sie finde. Ich hätte sie niemals gehen lassen dürfen."
Dumbledore nickte leicht: "Hast du eine ungefähreAhnung wo sie hingegangen sein könnte?" fragte er vorsichtig nach.
"London," antwortete Severus nun knapp.
"London? Dann haben wir wirklich ein Problem. London ist nicht gerade klein."
"Das ist mir bekannt," knurrte Snape. Dann fügte er eindringlich an: "Unsere Suche muss unauffällig bleiben, Albus."
"Gut, ich werde sehen was ich tun kann. Ich kenne einige vertrauenswürdige Magier in London, die die Augen nach ihr offen halten können. Und dich beurlaube ich vorerst, Severus."
Der Zaubertrankmeister schüttelte sofort den Kopf. "Nein Albus, gib mir nur eine Minuten und ich bin wieder fit," mit diesen Worten ging er bedächtig zum Badezimmer und musste sich schließlich am Türrahmen festhalten, weil der Boden scheinbar schwankte.
Dumbledore machte keinen Schritt in seine Richtung. Er verspürte keinerlei Lust dazu, von einem Snape, der wütend über sich selbst war, angeblafft zu werden, dass er keine fremde Hilfe benötige um zur Toilette zu gehen. Also sagte er: "Du bist in jedem Fall beurlaubt. In deinem Zustand kann ich dich unmöglich auf die Schüler loslassen. Du bekommst zwei Wochen. Nutze die Zeit gut, Severus."
Dann verließ er ohne ein weiteres Wort den Raum und überließ den Zaubertrankmeister sich selbst.
3 Monate später
Die Luft war heiß und stickig. Die Abgase der Stadt taten ihr übriges um Severus das Gefühl zu geben, dass sein Schicksal ein weiteres übles Spiel mit ihm trieb.
Wozu kam er jedes Wochenende hierher?
Er hatte bereits im Frühling, gleich nach ihren Verschwinden zwei Wochen in London verbracht. Er hatte gesucht wie ein Besessener und war zu dem Schluss gekommen, dass dieser Vergleich wohl stimmte, denn immer noch kam er her und hoffte sie durch Zufall zu finden.
Doch glückliche Zufälle schienen eindeutig nicht zu seinem Leben zu gehören. Es war jetzt so lange her, dass er sie zuletzt gesehen hatte.
Er wusste, dass die Chancen, sie überhaupt lebend zu finden, denkbar schlecht standen. Sie hatte sich damals entschieden diesen Schritt zu gehen - den Schritt der Kapitulation, der ihre Existenz beenden sollte.
Severus wusste das, dennoch konnte er nicht aufgeben. Solange es keinen Beweis für ihren Tod gab, würde er nicht aufhören sie zu suchen. Dennoch neigte sich auch dieser Sonntag seinem Ende entgegen und es wurde Zeit nach Hogwarts zurückzukehren. Dort würde ihn sein Zuhause erwarten, das ihm in letzter Zeit endlich als das erschien, was es eigentlich war - ein einsamer, verlassener Kerker.
Jeden Tag ließ er sich verschiedene Muggelzeitungen liefern. Die Eulen hatten anfangs einiges an Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wenn sie in die Große Halle kamen und ihn regelrecht mit einer Papierflut überhäuften. Doch inzwischen hatte man sich anscheinend daran gewöhnt und er überflog die ersten Zeitungen sofort an Ort und Stelle. Es ging ihm immer nur um spezielle Meldungen. Vielleicht hielt man ihn inzwischen für außergewöhnlich morbide, wenn man das nicht schon vorher getan hatte, aber er las immer nur Todesanzeigen und einmal war sein Herz fast stehengeblieben, als die Überschrift auf der Titelseite verkündete, eine unbekannte junge Frau sei tot aufgefunden worden. Severus war erleichtert gewesen, als er dem Bericht entnahm, dass es sich offensichtlich nicht um Hermine handelte. Gleich darauf hatte er eine gewisse Beschämung über diesen Gedanken gefühlt. Doch wie leid es ihm auch um diese unbekannte Tote tat, so froh war er, nicht Hermines Tod bestätigt zu sehen.
So waren die Tage endlos träge dahingeschlichen. Mit jedem Tag schwand seine Hoffnung ein wenig mehr.
Es war an einem Freitag, als er gerade zu Unterrichtsbeginn Zutaten verteilt hatte, als die Tür plötzlich geöffnet wurde und Albus ihm bedeutete mit ihm sprechen zu wollen. Die Schüler nahmen erstaunt zur Kenntnis, dass Snape ohne irgendwelche Drohungen, im Falle eines Tumultes seiner Schüler, sofort das Klassenzimmer verließ um dem Direktor zu folgen.
Die beiden Männer standen auf dem Flur und Severus sah, wie Albus Gesicht im Kerzenschein einen hoffnungsvollen Ausdruck annahm. "Kannst du dich erinnern, dass ich sagte, ich habe ein paar Freunde in London, die die Augen nach ihr offen halten könnten?"
Snape nickte schnell.
"Nun, es gibt da jemanden, der genau so schlecht Süßigkeiten widerstehen kann wie ich. Sein Name ist Ben Wallace und er hat von mir, genau wie die anderen, ein Bild von Miss Granger erhalten. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe eben einen Brief von ihm bekommen. Er schreibt, dass er gestern seinem Heißhunger auf eine große Portion Eis nachgeben musste und sehr erstaunt war, weil ihm die Bedienung so bekannt vorkam. Zu hause hat er das Bild, das er von mir erhalten hatte, gesucht und er ist sich sehr sicher, dass sie es war."
Als Dumbledore sah, welche Wirkung diese Worte auf seinen jüngeren Freund hatten, hob er schnell abwehrend die Hände und sagte eindringlich: "Freu dich lieber nicht zu früh, Severus. Der gute Ben ist ein genauso alter Mann wie ich. Es kann sein, dass seine Augen ihn getrogen haben. Was mich nämlich irritiert, ist die Tatsache, dass er schreibt, die Haare der jungen Frau seien sehr viel kürzer gewesen, als die auf dem Foto."
Severus schien nun nichts mehr halten zu können: "Dann ist sie es wirklich," sagte er und schien plötzlich nicht mehr zu wissen, was er mit seinen Händen anstellen sollte. Spontan umarmte er Albus, was dieser mit einem erstaunten Keuchen zur Kenntnis nahm.
"Ich schätze, du möchtest direkt nach London fahren," sagte er dann lächelnd.
"Ich...ich habe Unterricht," sagte Snape zögerlich.
"Ja - darum bin ich auch hier. Wird Zeit, dass ich mal wieder die ein oder andere Unterrichtsstunde übernehme. Aber verlange nicht von mir Zaubertränke herzustellen. Vielleicht werde ich deine Kessel eher missbrauchen um den Schülern die Vorzüge von Schokoladenfondues nahezubringen."
"Alles was du willst, Albus," sagte Snape mit einem Kopfschütteln, und Dumbledore hatte längst erkannt, dass er nur darauf brannte endlich gehen zu können.
"Hier, dies ist die Adresse des Eiscafés. Ich wünsche dir viel Glück." Wenig später befand sich Severus erneut auf dem Weg nach London. Doch diesmal hatte er einen Grund zu wirklicher Hoffnung. Er würde sie finden. Noch heute würde er ihr gegenüberstehen. Und plötzlich, so als hätte jemand eiskaltes Wasser über ihn geschüttet, wurde ihm bewusst, wie wenig sie genau dies wünschte. Und dann merkte er, wie aus dem tiefsten Winkel seines Geistes die leise Frage heranschlich, die ihn immer dann überfiel wenn er hoffte, sie lebend wiederzusehen.
Wem hatte sie sich hingegeben, dass sie überlebt hatte? Gab es einen anderen Todesser in ihrem Leben, der sie im Bett mit dem versorgte, was sie so dringend benötigte. Oder, schlimmer noch, der ihr Leben mit ihr teilte, weil er vielleicht nicht so widerwärtig war, wie er selbst?
Es war schrecklich, diese Gedanken nicht einfach unterdrücken zu können. Doch nun war er auf dem Weg nach London. Er würde ihr in die Augen sehen und hoffentlich die Wahrheit erkennen, bevor er sich zum völligen Idioten machte.
TBC
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