von Thorti
Das Mädchen schreckte hoch. „Wer bist du?“, fragte sie.
Six sprang herab. Das Mädchen wich erneut zurück.
„Mein Name ist Six. Ich komme aus der Stadt.“
„Aus welcher Stadt?“, fragte das Mädchen.
„Aus London.“
„Und was machst dann hier?“
„Wie heißt du?“, fragte Six.
„Ich möchte wissen, was du hier machst.“
„Wie ist dein Name?“
„Nenn mich Eva. Jetzt beantworte meine Frage.
Six lächelte.
„Ich habe Schutz vor dem Regen gesucht und habe diesen Stall gefunden. Er stand leer und da habe ich gedacht...“
„Was hast du gedacht?“, giftete Eva.
„Ich habe gedacht, dass ich hier schlafen könnte.“
„Das darfst du aber nicht.“
„Wie bitte?“, fragte Six.
„Du darfst hier nicht schlafen.“
„Das Tor war doch nicht abgeschlossen, Eva. Wenn hier keiner schlafen soll, dann müsst ihr die Tür abschließen.“
„Du bist der erste, der so dreist ist, hier einzusteigen.“
Six blickte Eva an. Sie behandelt ihn wie einen Verbrecher.
„Ich habe doch niemanden geschadet. Das Heu steht noch am selben Platz. Und mit Landmaschinen kann ich sowieso nichts anfangen. Ich bin ein Stadtmensch.“
„Wie siehst du überhaupt aus?“, fragte Eva.
Six blickte an sich herab.
„In der Stadt bin ich ein Punk. Ein Obdachloser. Aber auf dem Land bin ich ein...“
„Landstreicher!“, beendete Eva seinen Satz.
„Wenn du mich so nennen willst, ja!“
„Du verschwindest jetzt am besten oder ich muss meinen Dad holen.“
„Aber, Eva, du kannst mich doch nicht so einfach im Regen stehen lassen.“
„Es regnet nicht!“, blaffte Eva ihn an.
„Bitte. Für ein oder zwei Nächte. Dieser Stall ist eine perfekte Unterkunft.“
Eva verschränkte die Arme. Sie überlegte.
„Meinetwegen, aber wasch dich mal endlich. Du müffelst!“
Six war ĂĽberrascht von der Antwort. Er nickte und ging hinaus. Nur einige Meter entfernt stand eine Wanne, gefĂĽllt mit Regenwasser. Six entledigte sich seinem T-Shirt und zog die Hose aus. Eva kniff die Augen zu.
„Was fällt dir ein?“
„Ich habe keine Scharm vor dir!“, antwortete Six, als er nun splitternackt vor ihr stand. Er ging hinaus. Eva linste ihm hinterher. Ein zaghaftes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Six legte sich in die Wanne und wusch sich. Das kühle Nass erfrischte seine Sinne. Er winkte ihr zu, als Eva zu ihm linste. Sofort blickte sie wieder weg. Nach ein paar Minuten stieg er aus der Wann und legte sich ins Gras. Die Sonne strich über seinen Oberkörper.
„Was machst du da?“, fragte Eva.
„Ich lass mich trocknen. Wenn ich wie ein nasser Sack hier herum laufe, dann fang ich mir sonst was ein.“
„Dieses Verhalten ist aber nicht typisch für einen Stadtmenschen.“
„Der einzige Unterschied zwischen Stadtmensch und Landstreicher ist, dass der Stadtmensch sich nicht nackig in die Fußgängerzone legen kann.“
„Du bist wirklich ein ganz netter Kerl“, sagte Eva etwas beflissen.
„Ach echt?“, fragte Six.
„Entschuldige. Das ist meine direkte Art. Ich nenne die Dinge gern beim Namen und bringe sie auf den Punkt.“
„Dafür musst du dich nicht entschuldigen. Mir macht es nichts aus.“
Eva lächelte.
„Nicht jeder Kerl kommt damit zurecht. Viele schauen mich an, als wäre ich vom Mars, wenn ich ihnen ins Gesicht blicke und sage: Ich will mit dir schlafen.“
Six blickte sie an.
„Red bitte nicht weiter. Sonst komm ich hier noch in Schwulitäten.“
„Du hast Humor. Das fasziniert mich sehr. Du nimmst diese Welt nicht so ernst.“
„Wenn ich sie ernst nehmen würde, wäre ich ein dauerhaft trinkender Drogenabhängiger.“
Sie nickte.
„Ich werde dir morgen etwas zu essen mitbringen. Du hast nämlich gerade meine Fürsorge erweckt.“
„Aha.“
„Es ist für einen Mann eine sehr große Herausforderung meine Fürsorge zu erwecken. Das schafft nicht jeder 08/15 Boy.“
„Ich fasse das mal als Kompliment auf“, rief Six.
Eva drehte sich noch einmal um und nickte.
„Eva! Bis morgen.“
Das Mädchen mit dem Namen Eva hob die Hand und verschwand in der Ferne. Sie ist etwas ganz besonderes.
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