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Fanfiction

Die vergessenen Götter - Die Beschwörung

von Rosiel

Ratet mal, wer eine Woche Urlaub hatte und sich so richtig in die Arbeit stürzen konnte? Stimm! Ich! Deshalb kann ich euch dieses Kapitel auch schon jetzt geben!

Beschwingt von euren wundervollen Reviews, für die ich mich herzlich bedanken möchte, und genügend Schlaf ging mir das Schreiben ganz gut von der Feder und ich hoffe, euch gefällt es auch!

Viel Spaß beim Lesen! Ach ja, mir gehört nichts von der Welt des Harry Potter...


11. Kapitel - Die Beschwörung

Anjolie lief wie ein Tiger durch ihr Zimmer. Sie hatte ihre ganze Selbstbeherrschung aufbringen müssen, um Severus nicht an die Kehle zu gehen und auch jetzt kämpfte sie noch mit sich, ja nicht auf die Suche nach ihm zu gehen. Zum Glück war er sofort nach Hogwarts aufgebrochen, als er mit seiner ?Schreibarbeit' fertig war. Was jedoch nicht hieß, dass sie nicht schon daran gedacht hatte, jemanden zu nötigen, sie in die Schule zu bringen, damit diese Kellerassel als Punchingball benutzen konnte.

Es war wohl nicht nötig zu sagen, dass Anjolie stinksauer auf ihn war. Man sollte kaum glauben, dass ihre ersten Beleidigungen ihm gegenüber sie selbst am meisten geschmerzt hatten. Dieser Anflug von Schwäche war aber schnell verschwunden, als er jede Gelegenheit nutzte, sie bei der Aktion mit den Tuatha außen vor lassen zu wollen.

Voldemort und den sidhe zerstören. Hah! Dass sie nicht lachte! Er hatte doch nur selbst mitgewollt, um sich wichtig zu tun! Sein Problem mit seinem geringen Selbstwertgefühl war ja nun kein Geheimnis für sie. Und jetzt versuchte er es auf ihre Kosten aufzupolieren! Dieser widerliche Mistkerl! Armseliges Abbild eines Möchtegern-Lehrers. Chauvinistisches, nazistisches Arschloch! Dieser arrogante, rassistische, snobistische Giftmischer sollte ja nicht glauben, dass sie das mit sich machen lassen würde!

Anjolie blieb mit zusammengebissenen Zähnen und geballten Fäusten am Fenster stehen und sah hinaus, ohne wirklich etwas zu sehen. Sie versuchte wieder zur Ruhe zu kommen und nicht an ihn zu denken, doch das klappte nicht so recht. Warum hast du nie bemerkt, wie er wirklich ist? Gegen alles voreingenommen, was nicht seiner Vorstellung von ?perfekt' entsprach. Weil sein Verhalten sich nie gegen dich selbst gerichtet hat?!

Ihre Schultern sackten nach unten und sie seufzte schwer. „Gib's zu, wenn er dich nicht attackieren würde, dann hättest du in hundert Jahren nicht durchgeblickt, so verliebt wie du warst!“, überlegte sie laut.

„Nun hör auf mit den Selbstvorwürfen!“, kam Ginnys Stimme von der Tür her und Anjolie schoss herum.

„Erschreck mich doch nicht so!“, grummelte Anjolie und drehte sich wieder zum Fenster, um den Sonnenuntergang zu verfolgen. Noch etwas, was sie vermisste: Die Musik! Die Wärme! Die Kraft während dieser wenigen kostbaren Momente der Sonnenauf- und -untergänge. „Nebenbei bemerkt ist es nicht höflich, andere bei ihren Selbstgesprächen zu belauschen!“, lenkte sie sich von ihrer plötzlichen Leere ab.

„Ich habe nicht gelauscht, sondern kam erst bei deinem letzten Satz rein. Ich ahnte ja nicht, dass du hier Privatgespräche führst!“, konterte Ginny und Anjolie warf ihr einen gespielt pikierten Schulterblick zu. „Außerdem war ich laut genug, um ein Erdbeben in China auszulösen. Du warst nur zu sehr in Gedanken!“

„Wenn du meinst!“, entgegnete Anjolie, während die Sonne entgültig hinter dem Horizont verschwand.

„Lass dich bloß nicht durch Snapes Verhalten runterziehen!“, drängte Ginny und legte ihre Hand auf Anjolies Schulter. Oh, Severus allein ist dafür nicht zuständig! Er ist nicht das einzige, was ich verlor! „Denk an etwas Angenehmes, zum Beispiel Snapes Gesicht, als er deinen neuen Look entdeckt hat! Mensch, bei seiner geschockten Miene hätte ich am liebsten losgeprustet!“

Anjolie konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln um ihre Lippen schlich. Der Schock hatte ihm tatsächlich im Gesicht gestanden, auch wenn er krampfhaft versucht hatte, es zu unterdrücken. Seine unmenschliche Selbstbeherrschung war vor ihren Augen zusammengebrochen und Anjolie hatte es mit Genugtuung aufgenommen.

Sie hatte sich ihre neue Frisur nicht ausgesucht, um es ihm zu zeigen, doch dieser kleine Nebeneffekt war durchaus befriedigend gewesen.

„Na also! Das sieht doch schon viel besser aus!“, meinte Ginny selbstzufrieden und Anjolie sah sie schief an.

„Ich bin mir nicht sicher, was mir weniger gefällt!“, meinte Anjolie. „Deine altklugen Bemerkungen oder dass ich für dich so durchschaubar bin!“

„Wird wohl beides sein!“, lachte Ginny und ihre Augen leuchteten dabei. Anjolie freute sich, dass das Mädchen wieder besserer Stimmung war. „Bist du fertig? Wir wollen bald los!“ Wow, abrupter Themenwechsel!

„Ich hatte gehofft, vorher noch irgendwo eine Waffe auftreiben zu können. Du weißt schon, zur Verteidigung!“, antwortete Anjolie schulterzuckend und umging ihre innere Stimme, die sie schalt, dass sie sich darüber eigentlich noch weiter keine Gedanken gemacht hatte. „Ich weiß nicht, ob Severus...“ Verdammt, ihr fiel es immer noch schwer, seinen Namen zu nennen, ohne schlucken zu müssen! „...ob Severus über den Drachen und den Troll die Wahrheit gesagt hat, doch irgendetwas wird uns erwarten. Und ich möchte wenigstens etwas darauf vorbereitet sein!“

Ginny grinste sie plötzlich breit an und sagte: „Warte!“ Damit rannte sie aus dem Zimmer und Anjolie blinzelte ihr verdattert nach. Von Neugierde getrieben, wollte sie ihr folgen, doch in dem Moment kam Remus ins Zimmer.

„Tut mir leid, dass ich nicht angeklopft habe, doch bei der sperrangelweit offenen Tür kam mir das überflüssig vor.“, entschuldigte er sich.

„Nicht überflüssig genug, um ein schlechtes Gewissen zu haben!“, frotzelte Anjolie und entlockte Remus ein Lächeln. „Es gibt keinen Grund sich zu entschuldigen! Für mich waren offene Türen schon immer eine Einladung... obwohl mich auch geschlossene nie abschreckten!“

Remus' Lächeln erreichte seine Augen. Dann schien er sich daran zu erinnern, weshalb er hier war und streckte Anjolie einen braunen, zerlumpt aussehenden Stoffsack entgegen. „Hier drin sind die Zutaten für den Beschwörungszauber und die Anleitung mit der Beschwörung selbst. Severus schrieb, dass die Zutaten je nach Tuatha verändert werden müssten. Da ich nicht wusste, wen ihr haben wollt, wählte ich einfach die Zutaten für einen erdverbundenen Gott aus. Ich hoffe, es ruft den richtigen!“, erklärte er nachdenklich.

„Es wird schon passen!“, antwortete Anjolie schulterzuckend, nahm ihm den Sack ab und registrierte etwas Festes darin, als es gegen ihr Bein schlug. Ihr war es egal, wen sie bekamen, solange derjenige sie nur in die Anderswelt führte. Und da ein gewisser Tuatha eher ein luftverbundener Gott war, konnte sie wenigstens sicher sein, dass es nicht schon vorher peinlich wurde.

Sie hörte Schritte und kurz danach kam Ginny wieder ins Zimmer gestürmt. „Hallo Remus!“, rief sie nur und stoppte direkt vor Anjolie ab, ihre Hände hinter ihrem Körper versteckt. „Ich hatte gar nicht daran gedacht! Erst jetzt, als du es erwähnt hast, fiel es mir wieder ein!“

Anjolie zog eine Augenbraue hoch. Die macht's ja ganz schön spannend! Ginny zog einen Arm hervor, schwang ihren anderen und ließ einen Gegenstand auf die Handfläche gleiten. Wie eine Opfergabe streckte sie Anjolie ein Schwert entgegen. Nein, nicht irgendein Schwert. IHR Schwert! So oft, wie sie es in den Schlachten ihrer Erinnerungen gesehen hatte, brauchte es keine Flashbacks, um es zu identifizieren.

Sie ließ den Sack scheppernd auf den Stuhl fallen und nahm das Schwert fassungslos entgegen. Wie war das möglich, dass es noch da war? Hätte es nicht mit ihrem Tod verschwinden müssen? Ihr Blick fiel auf die uralten Zeichen, eingeprägt in die Scheide, ebenso wie in die Klinge des Schwertes. Ihr Name. Damit war es verbunden mit dem Engel, der starb.

Anjolie ließ ihren Zeigefinger über ihren Namenszug gleiten und die auf sie eindringenden Erinnerungen schlugen sie fast nieder. Erneut sah sie Schlachten, Leben, die sie mit dem Schwert auslosch und so viele davon waren menschlich. Sie sah die Gesichter ihrer Opfer, immer wieder liefen sie wie ein Film vor ihren Augen ab und ihre Brust verkrampfte sich.

Wie aus der Ferne konnte sie ihr eigenes Wimmern hören und der Film riss nicht ab. Den Gesichtern folgten die Stimmen, Schreie tobten in ihrem Kopf und Anjolie presste die Hände auf die Ohren, doch es half nichts. Natürlich nicht. Wie sollte sie auf die Art einen Sturm aufhalten, der in ihrem Inneren tobte? So viele Tote! Eine eiserne Klammer legte sich um ihre Brust. Warum hörte das nicht auf? Konnten es denn wirklich so viele gewesen sein? So viele Tote? Und sie hatte sie getötet! Es tut mir leid! Bitte! Es tut mir leid!

Nur schwach hörte sie jemanden ihren Namen rufen. Die einzige Stimme ohne Anklage, nur mit Sorge und Anjolie klammerte sich verzweifelt daran. An diese Stimme musste sie sich halten, sonst würde sie sich verlieren. Die Stimme holte sie aus ihrem Erinnerungsflashback zurück. Nach und nach hörten die Bilder auf und die Opfer wurden leiser.

„Anjolie! Bitte, was hast du denn?“ Ginny! Sie klang jetzt viel deutlicher und Anjolie schaffte es, auch die restlichen Geister der Vergangenheit zu verbannen. Es waren Erinnerungen, die verblassen würden, doch nichts konnte die Last vertreiben, die auf Anjolies Seele zurückblieb. Die Bürde der vielen Opfer, die zu töten ihr als Engel nichts ausgemacht hatten. Aber den Menschen Anjolie peinigte es. Auch wenn die meisten dieser Toten es wegen irgendwelcher Verbrechen verdient hatten, so drückte es auf ihr Gewissen und das war in ihrem menschlichen Körper äußerst ausgeprägt.

„Anjolie?“ Remus. Auch er war direkt bei ihr. Sie blinzelte, atmete etwas ruhiger und versuchte, das starke Zittern zu unterbinden, dass ihren Körper schüttelte. Ihr Herz schlug ihr noch immer bis zum Hals und sie schlang ihre Arme um ihre Brust, in dem Versuch, endlich zur Ruhe zu kommen. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie in die Knie gegangen war und setzte sich auf ihre Füße zurück.

Nur mit Überwindung hob Anjolie den Kopf und sah in die verängstigten Augen Ginnys, die vor ihr kniete. Die Angst, dieses unschuldige Mädchen könnte ihr die Schuld von den Augen ablesen, nagte tief an ihr und sie wandte den Blick ab.

„Geht es dir gut?“
„Was war denn los?“

Remus und Ginny beugten sich zu ihr und Anjolie versuchte sich an einem Lächeln. „Erinnerungen!“, brachte sie heraus. „Nur... Erinnerungen!“

„Das sah aber nicht gut aus!“, flüsterte Remus zweifelnd.

„5000 Jahre und eine viel zu lange Zeit in der ich... ein böses Mädchen war. Glaub mir, da gibt es viele Erinnerungen, die man lieber nicht hätte!“ Sie brachte es einfach nicht über sich, den beiden die direkte Wahrheit zu sagen.

Anjolie atmete noch einmal tief durch und wollte aufstehen, da fiel ihr Blick wieder auf das Schwert, dass vor ihr auf dem Boden lag. Sie nahm es an sich, zog es etwas aus der Scheide und hatte keine Zeit, ihren neuen Fehler zu bedauern, als eine neue Vision über sie kam.

„Mit diesem Schwert wirst du für die Seite des Lichts kämpfen! Es wird dich stets begleiten und dir treu dienen, dich in deinen Vorhaben unterstützen, ein Teil von dir sein, denn deine Bemühungen, die Schöpfung zu schützen sollen durch nichts gestört werden! Du bist auserwählt, Wahrheit und Mut unter die Menschen zu tragen, denn das sind deine Gaben! Dies sollst du mit all deiner Kraft bewirken - bis zum letzten Atemhauch!“

Sie blinzelte und schluckte krampfhaft, als die Bilder ihrer Aufnahme in den Stand als Kriegerengel vor ihren Augen verschwammen. Sie erinnerte sich an den enttäuschten Blick Michaels, als sie eben dieser Aufgabe den Rücken zudrehte. Seine klaren, blauen Augen waren überschattet, seine Lippen zu schmalen Strichen zusammengepresst. Ruckartig wandte er sich von ihr ab und ging - ohne sich noch einmal umzudrehen.

Anjolie spürte, wie ihre Augen feucht wurden und musste wieder heftig schlucken. Zu dem Augenblick war sie der festen Überzeugung gewesen, das Richtige zu tun und schwer enttäuscht, dass der Mann, der ihr alles beigebracht hatte, ihre Beweggründe nicht verstand - sie nicht verstand. Sie hatte nicht mehr gegen ihresgleichen kämpfen wollen, das Blut ihrer Brüder und Schwestern vergießen wollen. Sie hatte sich aber auch nicht von ihrem Zuhause, ihren Freunden, ihrem Lehrer abwenden wollen. Doch sie war zu jung gewesen, um ihre Ängste und Abneigungen richtig auszudrücken oder überhaupt im Griff zu haben! So stürzte sie ab und Uttuku war da, um sie aufzufangen und nach seinen eigenen kranken Vorstellungen zu formen und zu leiten. Es hatte lange - zu lange - gedauert, bis sie verstand.

Nachdem sie sich von Uttuku und seinen Verbündeten gelöst hatte, musste sie oft an ihren Mentor denken. Sie hatte die Gespräche, ja sogar die Diskussionen, mit ihm vermisst. Seinen klaren, messerscharfen Verstand, seine direkte Sicht der Dinge, auch wenn eben diese Sicht oft zu Streitereien mit ihm geführt hatte.

Wieder kam sie zu der Einsicht, zu der sie ebenfalls vor Tausenden von Jahren gekommen war: Sie hatte Michaels Mühen, seine Lehren und ihre Aufgaben mit Füßen getreten und sie verdiente ein so wertvolles Geschenk nicht länger. Doch heute fasste sie den Mut etwas zu tun, was sie damals nicht über sich gebracht hatte.

Sie schob das Schwert zurück in die Scheide, nahm Ginnys Hand und schloss sie um den Knauf des Schwertes. In das verblüffte Gesicht des Mädchen erklärte sie: „Es gehört nicht mehr mir! Ich verlor schon vor langer Zeit mein Anrecht darauf. Ein Zeichen dafür ist wohl, dass es nicht verschwand, als ich starb. Es blieb. Es blieb bei dir, Ginny! Du bist nun seine neue Besitzerin. Es wird dir gute Dienste leisten! Bitte erweis dich des Geschenkes würdiger, als ich war.“

Ginny sah sie bestürzt an. „Aber... aber das ist... das geht doch nicht! Ich kann nicht...“, stotterte Ginny entsetzt.

„Doch! Ich kenne niemanden, der besser geeignet wäre, das Schwert zu führen!“, versicherte Anjolie, legte ihre Hand auf Ginnys Wange und strich mit dem Daumen darüber. Die Augen des Mädchens wurden feucht und sie schlug sie schnell nieder.

Anjolie stand auf und seufzte theatralisch, um das drückende Schweigen im Raum zu brechen. „Das wirft mein Problem jedoch von Neuem auf. Ich brauche eine Waffe!“ Eine, die weniger Reinheit bevorzugt!

„Ich...“, Remus räusperte sich und versuchte es noch einmal. „Ich glaube, da könnte ich helfen. Ich habe im Erbe der Blacks ein paar alte Waffen gefunden, die in Anbetracht dessen, dass die Besitzer eigentlich keine Waffen brauchten bzw. benutzten, in ziemlich gutem Zustand sind!“

„Definiere doch bitte ?ziemlich guter Zustand'!“, entgegnete Anjolie misstrauisch. „Es heißt hoffentlich nicht, dass alles gut vom Rost zusammengehalten wird?“

Remus lachte. „Nein, wenn ich mich recht erinnere, waren keine Spuren von Rost zu entdecken! Ich hole sie vom Dachboden, da kannst du dir dein eigenes Urteil bilden!“ Und schon war er gegangen.

Anjolie sah wieder zu Ginny, die noch immer auf dem Boden kniete. „Willst du da unten Wurzeln schlagen?“, fragte sie, doch ihr war klar, dass sie der Kleinen eine ziemliche Bürde aufgehalst hatte und das nicht nur mit dem Schwert. Ginny sah auf und eine Träne kullerte ihre Wange hinab. Anjolie blinzelte und versuchte, die aufkommenden Gefühle von sich fernzuhalten. Sie war emotional einfach noch nicht genug gefestigt, um das jetzt zu verkraften, geschweige denn Kraft zu spenden. „Du wirst doch nicht etwa gefühlsduselig?“, lenkte sie deshalb ab.

Ginny schnaubte ungläubig. „Und das von dir? Kurz bevor du mir dein Schwert gegeben hast, sahst du aus, als wolltest du gleich heulen!“

Anjolie brach den Blickkontakt mit ihrer ehemaligen Schülerin ab und fixierte einen Fleck auf dem Boden. „Mir war klar geworden, wie sehr ich mein früheres Leben verpfuschte, wie viele Fehler ich in dieser langen Zeit beging. Das war... sehr ernüchternd!“

Sie sah wieder auf und Ginny direkt in die mitfühlenden Augen. Oh nein! Kein Mitleid! „Nichtsdestotrotz leben wir im Heute und Jetzt. Neues Leben, neuer Anfang! Und jetzt steh endlich auf, bevor dir die Beine einschlafen!“ Sie reichte Ginny die Hand und zog sie mit einem Stöhnen hoch. „Uff, ganz schön schwer das Kind!“

„Hey!“, protestierte Ginny lachend und verpasste Anjolie einen Klaps auf den Arm.

„Hier sind sie!“ Remus kam, mit einem langen Kasten bepackt, ins Zimmer und legte ihn auf dem Bett ab. Anjolie und Ginny sahen sich skeptisch an, folgten ihm aber zum Bett.

„Ist das eine gute Idee, mir etwas anzubieten, was einer fremden Familie gehört? Ich meine, die könnten doch etwas dagegen haben!“, warf Anjolie ein, während sie, mittlerweile doch neugierig, Remus dabei beobachtete, wie er den Kasten öffnete.

„Das Haus und alles was sich darin befand, einschließlich diesem widerlichen Kreacher, hat Harry von seinem Paten Sirius geerbt. Es ist also kein Problem!“, erklärte Ginny, doch Anjolie war keineswegs beruhigt.

„Wenn die Waffen brauchbar sind, dann sollte ich aber trotzdem Harry um Erlaubnis fragen!“, beharrte sie. Ihr würde es schließlich auch nicht gefallen, wenn jemand ihr Eigentum ohne Erlaubnis ausborgte! Die Tatsache, dass sie nichts hatte, was man sich ausleihen wollen würde, verdrängte sie dabei.

„Erlaubnis wofür?“, ertönte Harrys Stimme von der Tür her. Lauscherei war heute wohl groß in Mode?

„Remus hat Waffen der Familie Black gefunden und Anjolie befürchtet, dass du etwas dagegen hast, wenn wir ihr die für den Kampf ausleihen, ohne dich extra zu fragen!“, antwortete Ginny sofort.

„Die hatten Waffen?“, fragte Harry erstaunt, kam ans Bett und Anjolie konnte echte Verblüffung in seinem Blick sehen.

„Hatte Gryffindor doch auch!“, konnte Anjolie Ginny kontern hören, war aber bereits vom Inhalt des Kastens zu vereinnahmt. Es waren ein langes, schlankes Schwert und zwei Kampfmesser zum Vorschein gekommen und Anjolie erinnerte sich, so etwas schon einmal in Japan gesehen zu haben. Das waren ein Tachi und zwei Sais - traditionelle japanische Waffen! Was hatte denn so etwas bei den Blacks zu suchen?

„Die sehen aus, wie die Waffen eines Ninja!“, rief Harry aus. „Ich habe so was schon mal im Fernsehen gesehen!“

Anjolie hockte sich mit einem angezogenen Bein aufs Bett und nahm das vollkommen schwarz ummantelte Schwert heraus. Die Scheide musste mit einem Stoff überzogen sein. Sie fasste sich seidig und gleichzeitig samtig an. Es erweckte in ihr den Wunsch, mehr von dieser Waffe zu sehen.

Sie zog die Scheide bedächtig von der Klinge und ein silbernglänzendes Schwertblatt kam zum Vorschein. Es war genauso gut erhalten wie die Sais - glänzte ohne eine Spur von Alter - als wären sie gerade erst geschaffen worden! Sie drehte es mit der Klinge zu sich, als sie japanische Schriftzeichen entdeckte, die vom Schaft aus in die Klinge eingraviert waren. Sie tastete hauchzart über die Gravur und fragte sich, was sie bedeutete.

„Noch vor ein paar Monaten hätte ich das entziffern können!“, seufzte sie und die Traurigkeit über ihre verlorenen Fähigkeiten nahm erneut Besitz von ihr.

„Aber du hast doch dein Gedächtnis wieder, da müsstest du es doch können!“, warf Ginny verwirrt ein.

„Ich fürchte, so einfach ist das nicht!“, entgegnete Anjolie niedergeschlagen. „Als Engel habe ich alle Sprachen der Welt beherrscht. Alle Engel können das! Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich auch diese Sprache verstand, sprach und las. Doch die Bedeutung der Worte verschließt sich mir... Egal! Ich kann es nicht ändern!“, versuchte sie sich selbst von ihren trüben Gedanken zu befreien. Würde das jetzt immer so sein? Müsste sie sich ständig aus dem Gefühltief herausziehen, in das sie von einer Sekunde auf die andere stürzte?

Sie sah Harry an, der noch immer gebannt auf das Schwert starrte. „Hast du etwas dagegen, wenn ich mir die Waffen für den Kampf ausleihe?“

Sein Blick ruckte zu ihr und er blinzelte, als wolle auch er etwas abschütteln. „Also... ich weiß nicht!“, zögerte er und Ginny stöhnte genervt.

„Ich weiß nicht, was du für ein Problem damit hast!“, nörgelte sie. Dann suchte sie Anjolies Blick und sagte: „Zur Not können wir immer noch nach Hogwarts und dort Waffen holen, falls Mr. Potter hier, nicht kooperiert!“

Anjolie musste sich ein Grinsen verkneifen, als sie Harrys verblüfften Gesichtsausdruck sah. Ginny hingegen wich seinem Blick stur aus.

„Wir haben doch keine Ahnung, was mit den Waffen ist!“, verteidigte sich Harry. Du weißt doch, dass die Blacks alles mögliche in diesem Haus verhext haben! Warum sollte das mit den Waffen etwas anderes sein?“

„Stimmt, daran habe ich nicht gedacht!“, murmelte Remus plötzlich und brachte sich damit wieder in Erinnerung. „Aber ich fand die Kiste zwischen den Sachen, die Moody prüfen wollte. Vielleicht hatte er das bereits erledigt? Das würde uns einen Haufen Zeit ersparen!“, erklärte er, während Anjolie das Schwert wieder im Kasten verstaute. Dass es verhext sein könnte, gefiel ihr ganz und gar nicht!

Remus schloss den Kasten und klemmte ihn sich unter den Arm. „Ich werde ihn fragen und falls die Waffen noch überprüft werden müssen, helfe ich ihm. Dann geht's schneller!“ Und schon klappte die Tür hinter ihm zu. Ganz schön flott auf den Beinen heute, der Knabe!

„Ihr habt in Hogwarts Waffen?“, griff Anjolie Ginnys Bemerkung von vorhin auf. Vielleicht war das auch ein guter Vorwand, um zu Severus zu kommen und ihm den Hals umzudrehen? Ach, hör endlich auf damit!!!

„Ja, das weißt du doch!“, antwortete Ginny unterdessen verständnislos. „Die Waffen in unserem Trainingsraum!“

Trainingsraum? Das war das Stichwort für eine erneute Welle von Erinnerungen und in sekundenschnelle wusste Anjolie alles, was in diesem ?Raum der Wünsche' geschehen war - einschließlich des Tanzunterrichtes. „Ach so!“, sagte Anjolie nur und schwelgte noch einen Moment in Erinnerung an den ersten und einzigen Tanz mit Severus. Dann wurde ihr jedoch klar, was sie da tat, richtete sich steif auf und räusperte sich.

„Trainierst du denn noch?“, fragte sie Ginny, um sich von der ausklingenden Musik in ihrem Kopf abzulenken.

Ginny lachte trocken auf. „Ja, an den Vampiren und anderen Ungetümen aus Voldemorts Armee. Ansonsten hat unsere Welt keine Probleme mit Dämonen!“ Das hätte Anjolie klar dementieren können. Die Zauberer redeten so abfällig von den Mugglen, dass die nichts von der Magie und deren Welt mitbekommen, doch in Bezug auf die dämonische Existenz und deren Einmischung in das Leben der Menschen waren sie genauso blind.

„Es könnte trotzdem nicht schaden, wenn du dein Erlerntes weiter trainierst. Außerdem kannst du damit prima Aggressionen abbauen!“, mahnte Anjolie und nahm sich vor, unbedingt auch mit dem Trainieren anzufangen. Ihre angestauten Emotionen damit loszuwerden, würde ihr Leben um einiges erleichtern!

„Wie soll ich mit Trockenübungen in Form bleiben? Das ist doch total langweilig!“, murrte Ginny.

„Also, das Problem mit dem fehlenden Trainingspartner hätte sich wohl erledigt.“, grinste Anjolie Ginny an, sah aber auch, dass dem Mädchen im Moment einfach die Lust und der Antrieb dazu fehlten. Ihrer letzten Trainingszeit lag ein furchtbaren Ereignis zugrunde und da war es klar, dass sie sich jetzt nicht darum riss.

„Hey, mach nicht so ein trübes Gesicht!“, versuchte Anjolie den Moment aufzuheitern. „Du könntest es ja auch für mich machen und wir nennen es: Fitnessprogramm! Glaub mir, meinem immer breiter werdenden Hintern würde es gut tun!“ Ginny und Harry kicherten leise.

„Aber wir brauchen das nicht jetzt zu besprechen! Lasst uns erst einmal die Begegnung mit den Thuata hinter uns bringen und sehen, ob ich überhaupt noch kämpfen kann.“, murmelte sie zum Schluss. Der Gedanke, dass es mit ihren kämpferischen Fähigkeiten genauso aussehen könnte, wie mit ihren Kräften und ihrer Sprachbegabung, war ihr eben erst gekommen. Sie hatte Severus gegenüber so große Töne gespuckt, doch wer sagte, dass sie gegen den Widerstand des sidhe wirklich ankommen konnte und nicht kläglich scheiterte und die Kinder in Gefahr brachte?

„Meinst du wirklich, dass du nicht mehr kämpfen könntest?“, fragte Ginny erschüttert und setzte sich zu Anjolie aufs Bett.

„Warum nicht? Das wäre nicht das einzige, was mir genommen wurde!“, entgegnete Anjolie und spürte das Selbstmitleid schon wieder in ihrem Inneren lauern.

„Wozu dann die Waffen?“, fragte Harry und erhielt jetzt von Ginny und Anjolie einen genervten Blick.

„Sei nicht so unsensibel!“, fauchte Ginny und Harry hob unschuldig die Hände. „Na stimmt doch! Wenn sie nicht kämpfen kann, braucht sie auch keine Waffen!“

„Hey, ich weiß immer noch genug vom Kämpfen, um mir mit den Waffen aus Versehen nicht selbst das Leben zu nehmen und zur Verteidigung reicht es allemal!“, verteidigte sich Anjolie entrüstet.

„Und der Rest kann wieder antrainiert werden!“, stimmte Ginny zuversichtlich mit ein. Anjolie wünschte, sie wäre sich auch so sicher, doch sie ahnte, dass das ein ganzes Stückchen Arbeit werden würde. „Ach komm schon!“, drängte Ginny. „Ich musste es auch lernen und du hast mir da einiges voraus! Du weißt, wie es letztendlich aussehen muss!“ Na hallo! Da war aber jemand plötzlich sehr enthusiastisch.

Anjolie schnaufte. Eigentlich hatte sie Ginny aufheitern wollen und jetzt war es genau anders herum. „Haltet ihr das für so eine gute Idee?“, warf Harry ein und die beiden sahen ihn schräg an. „Ginny, du bist so stark und Anjolie ist jetzt ein normaler Mensch. Du könntest sie verletzen!“ Das entlockte Anjolie ein Zähneknirschen. Schon wieder ein Mann, der ihr sagte, dass sie schwach und unnütz war!

„Ich habe das im Griff und werde ganz bestimmt nicht so hart zuschlagen! Und wenn ich sie doch mal erwische, dann war sie eben nicht schnell genug und muss ihren Hintern das nächste Mal etwas flinker bewegen!“, erklärte Ginny grinsend.

„Na herzlichen Dank auch!“, blaffte Anjolie schmunzelnd.

„Sag mal...“, setzte Harry an, ging zu Ginny und fasste hinter sie. „Warum benutzt du eigentlich nicht dein eigenes Schwert?“ Er hielt es hoch und sah Anjolie fragend an.

„Weil das jetzt Ginny gehört!“, antwortete Anjolie mit so viel Bestimmung, dass Harry nicht weiter bohrte.

„Da seid ihr ja!“, rief Ron und kam mit Hermine ins Zimmer. „Wann geht's los?“

„Sobald unsere Kampfexperten hier bereit sind!“, antwortete Harry mit einem Nicken auf die zwei Frauen auf dem Bett.

„Der hat ein ganz schön freches Mundwerk in letzter Zeit!“, grummelte Anjolie und stand auf. „Wie kommen wir eigentlich hin?“, fragte sie nach und hoffte, dass die Antwort mindestens ein ?Bahn' oder ?Flugzeug' beinhaltete.

„In Anbetracht deiner Abneigung gegen das Apparieren und da keiner von uns erfahren genug ist, eine zweite Person mitzunehmen, werden wir mit dem Flohnetzwerk bis zum Dorf in der Nähe des sidhe reisen und die restliche Strecke dann zu Fuß zurücklegen!“, antwortete Hermine.

Laufen! Aha! „Und wie weit wird das sein?“, hakte Anjolie nach. Sie hatte nicht so recht Lust, auf allen Vieren am sidhe angekrochen zu kommen.

„Weiß nicht so genau! Ein, zwei Kilometer?“ Na, hörte sich ja gerade noch erträglich an!

„Gehen wir mal nachschauen, was Remus und Moody machen!“, forderte Anjolie auf und warf Harry einen Seitenblick zu. „Die Kampfexperten wollen den Trupp ja nicht ewig aufhalten!“ Der grinste nur schief zurück und ließ sich von Ginny das Schwert abnehmen.

„Hm, wie soll ich es transportieren?“, fragte sie und sah Anjolie ratlos an.

„Halten wir nach einem Gürtel Ausschau! Den können wir dann umkonstruieren!“, schlug diese vor und notierte sich in Gedanken, einen Gurt für Ginnys Rücken anzufertigen, damit sie das Schwert bequemer tragen konnte. Dann hatte sie auch die Möglichkeit, es, wenn nötig, unter ihrem Umhang zu verstecken.

oOoOoOoOoOoOoOoOoOoOoOo

Da sie nicht apparieren konnten, gestaltete sich der Abstieg als ziemlich kompliziert... für die anderen. Das hier war eines der wenigen Male, wo Ginny für ihre Fähigkeiten und Gaben dankbar war. Sie konnte in der Dunkelheit besser sehen und ihr ausgewogeneres Gleichgewicht machte ihr das Klettern erheblich leichter.

Sie konnte die anderen hinter sich schnaufen und ab und an knurren hören. Sie hatten wohl keinen großen Spaß hierbei. Dazu kam, dass es fast Morgen und die Müdigkeit groß war.

Unten angekommen, leuchtete Ginny mit ihrem Zauberstab die Klippenwand ab und entdeckte die gesuchte Höhle. Bis jetzt war sie nicht aufgeregt gewesen, doch nun machten sich die ersten Anzeichen bemerkbar. Ihr Herz klopfte schneller und ein Bauchgrummeln gesellte sich dazu. Doch es war nichts im Vergleich zu dem Moment, als sie Uttuku entgegentreten musste.

Ginnys Hand wanderte an ihre Seite und umschloss den Knauf ihres Schwertes. Zuerst war sie erschrocken gewesen, wie Anjolie ihr etwas so Kostbares, so etwas Großes geben konnte. Sie hatte es seit Anjolies Tod wie ihren Augapfel gehütet. In einsamen Nächten hatte sie es herausgeholt, an sich gedrückt und damit ewig zum Fenster hinausgestarrt. Das Schwert war für sie wie ein Anker gewesen, hatte gezeigt, dass Anjolie tatsächlich existiert hatte, dass die letzte Zeit nicht nur ein furchtbarer Albtraum gewesen war.

Auf eine seltsame Art und Weise war das Schwert ein Trost für Ginny gewesen, war es doch als Einziges von Anjolie übrig geblieben. Und jetzt war sie selbst wieder da... und gab das Schwert ihr - Ginny. Ein Mensch sollte das Schwert eines Engels tragen?
Ginny begriff zwar noch nicht ganz, was Anjolie dazu veranlasst hatte, ihr Schwert wegzugeben, doch es musste etwas Schreckliches gewesen sein, bei dem Ausdruck, den sie davor in den Augen gehabt hatte. Aber sie war froh, nicht nur ihre Freunde, sondern auch das Schwert bei sich zu haben. Es beruhigte sie, nahm ihr die Furcht.

„Warte! Die anderen brauchen noch einen Moment!“, sagte Anjolie neben ihr, als sie gerade auf die Höhle zugehen wollte und Ginny zuckte heftig zusammen. „Meine Güte, erschreck mich nicht so!“, stieß sie aus.

„Entschuldige! Das nächste Mal lasse ich mein Erscheinen mit einem Fanfarenquartett ankündigen!“, erwiderte Anjolie daraufhin trocken.

„Mann, das nächste Mal apparieren wir!“, schimpfte Ron hinter Harry und Hermine, als sie festen Boden erreichten.

„Mensch Ron, wenn dich das bisschen Weg so fertig macht, dann hast du die Bewegung wirklich mehr als nötig!“, entgegnete Ginny und sah ihren Bruder herausfordernd an.

„Du hast leicht reden! Mit deinen Superkräften hast du es nicht so schwer!“, beschwerte sich Ron.

„Ich habe nicht gehört, dass Harry oder Hermine sich beschwert hätten und die haben genauso wenig ?Superkräfte' wie du!“, stritt Ginny weiter.

„Lasst uns gehen!“, forderte Anjolie entschlossen und unterbrach ihre Zankerei. Ginny kam nicht umhin, sie wegen ihrer waghalsigen Sprünge von Fels zu Fels zu bewundern. Wie Anjolie die sehen konnte, war ihr jedoch schleierhaft. So günstig war das Licht des abnehmenden Mondes nun auch wieder nicht.

„Mach nicht so schnell!“, rief Hermine und versuchte tapfer den Abstand zu ihr zu verringern. „Wir werden uns noch den Hals brechen!“, murrte sie weiter.

Ginny legte einen Zahn zu und holte Anjolie kurz vorm Höhleneingang ein. Sie schien es gar nicht erwarten zu können, den Tuatha gegenüber zu treten. „Warte!“, forderte Ginny und hielt Anjolie am Arm fest. Die sah sie erstaunt an. „Was ist?“

„Sollten wir wirklich so ohne weiteres hineinmarschieren?“, fragte Ginny. Sie fürchtete sich nicht, doch wollte dem ?Widerstand' auch nicht direkt in die Arme laufen.

„Was willst du schon anderes tun?“, antwortete Anjolie schulterzuckend. „Mehr, als mit gezückten Waffen können wir uns nicht vorbereiten! Aber eure Zauberstäbe könnten auch helfen! Ich hoffe, ihr habt ein paar gute Flüche parat!“, sagte Anjolie zu den anderen und zog das Schwert der Blacks, dass sich als harmlos herausgestellt hatte und von dem Anjolie Harry doch noch davon überzeugen konnte, es ihr zu überlassen.

Sie nickte Ginny zu, die ihr Schwert ebenfalls bereit hielt. „Ich bin zwar nicht scharf drauf, dich als erste reinzuschicken, aber du könntest mit deinem Stäbchen nicht zufällig etwas Licht spenden?“ Ginny rollte die Augen angesichts der Betitelung ihres Zauberstabes, brachte ihn aber ohne eine Erwiderung zum Leuchten und ging voraus.

Die Höhle schien nicht sehr weitläufig. Um genau zu sein, hatte sie gerade mal einen Durchmesser von knapp zehn Metern. Ginny sah sich ratlos um, während die anderen an ihr vorbeigingen und es ihr gleich taten. „Was nun?“, fragte sie.

„Ist das vielleicht die falsche Höhle?“, schlug Harry rechts von ihr vor.

„Leuchte mal hier rüber!“, verlangte Anjolie links von ihr und tastete sich tiefer in die Höhle vor. Ginny und die anderen folgten ihr und stellten erstaunt fest, dass sich dort hinter einem Felsvorsprung ein Durchgang zu einem anderen Höhlenraum befand.

„Tatsächlich! Hier geht's weiter!“, rief Ginny aus und sie betraten die zweite Höhle.

„Sieht nicht sehr viel größer aus!“, meinte Ron hinter ihnen und Ginny stimmte ihm zu. Dieser Raum ähnelte dem anderen, genauso dunkel, unbehaglich und... ebenfalls ohne sidhe-Eingang.

„Hier ist nichts!“, schloss Ginny und ließ sich von Anjolie herumführen, die kurzerhand ihren Arm mit dem leuchtenden Zauberstab geschnappt hatte und sie beide in die jeweils beliebige Richtung zog.

„Sieht so aus, als hätte er doch die Wahrheit gesagt!“, folgerte Anjolie leise, als sie vor einem Geröllhaufen stehen blieben und Ginny ahnte, was sie meinte. Anjolie zog Ginnys Arm nach oben und beleuchtete die Decke, wo große Gesteinsbrocken fehlten. „Die wurden gewaltsam herausgebrochen!“, schloss sie und ließ Ginnys Arm ohne Vorwarnung los, so dass er schwer herunter sauste. „Dann werden wir wohl doch auf den Zauber zurückgreifen müssen!“

„Na wenigstens brauchen wir nicht gegen irgendwelche Monster kämpfen!“, stieß Hermine erleichtert aus.

„Wir hätten auch gleich die Thuata beschwören können, dann wäre uns einiges an Kletterei erspart geblieben!“, beklagte sich Ron im Gegenzug.

„Wir mussten sicher gehen, dass Snape die Wahrheit gesagt hat!“, ging Harry dagegen an.

„Wen interessiert der denn?“, murrte Ron.

„Mich!“, schoss Harry dagegen. „Denn wenn er hier gelogen hätte, müssten wir auch überlegen, ob der Zauber risikolos nutzbar ist! Obwohl ich noch immer nicht so ganz davon überzeugt bin!“

„Suchen wir uns ein freies Plätzchen für den Zauber!“, schlug Anjolie vor und ging zurück zum Ausgang. „Diese Höhle bereitet mir eine Gänsehaut!“, versuchte sie ihr Verschwinden zu verteidigen, doch Ginny war klar, warum sie so urplötzlich ging. Das Gespräch über Professor Snape machte ihr stark zu schaffen und Ginny könnte schwören, dass Anjolie sich noch immer zusammenreißen musste, ihn nicht anderen gegenüber zu verteidigen. Sie war halt niemand, der so schnell aus seiner Haut konnte und sie hatte ihn schließlich sehr geliebt!

Gemeinsam stolperten sie wieder ins Freie und hinter Anjolie her. „Wie weit wollen wir denn noch gehen?“, rief Ron nach zehn Minuten von hinten und fluchte zum hundertsten Mal, weil er mit dem Fuß an einem Stein hängen blieb.

„Keine Ahnung! Ich habe das Gefühl, dass wir noch nicht den richtigen Platz gefunden haben!“, antwortete Anjolie.

„Was meinst du mit ?richtigen Platz'?“, fragte Ginny verwirrt.

„Na, zuerst einmal eine Stelle, an der wir uns nicht bei dem Versuch anständig zu stehen, alle Knochen brechen. Und dann... ich weiß nicht...“, zuckte sie mit den Schultern. „Ich brauche einfach das Gefühl, dass wir richtig sind!“

Ginny runzelte die Stirn. Etwas zu finden, bei dem man nicht weiß, was man sucht, versprach ewig zu dauern. Sie liefen noch eine Weile und endlich erreichten sie Sandstrand. Nicht unbedingt schön, doch ausreichend genug für ihre Zwecke.

„Okay, das sollte aber wirklich reichen!“, meinte Hermine und nahm, entschlossen der Lauferei ein Ende zu machen, Anjolie den Sack mit den Utensilien ab.

„Was meinst du?“, fragte Ginny Anjolie, die sich ratlos im Kreis drehte. Sie wollte gerade weiter bohren, als plötzlich eine Krähe von einem Felsen ganz in der Nähe aufflatterte und laut aufkrächzte. Zu Tode erschreckt schrieen alle auf und ließen ihren Unmut über den nächtlichen Störenfried heraus.

„Blödes Vieh!“, keuchte Anjolie, die Hand auf dem Herzen. „Seit wann fliegen die mitten in der Nacht herum?“ Dann seufzte sie und sagte: „Was soll's! Versuchen wir es eben hier! Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie wir es passender machen könnten!“

„Also, wir müssen einen Ring bilden und jeder muss eine Kerze in der Hand halten, einer von uns zwei, weil es fünf sein müssen!“, begann Hermine, den Zettel mit Snapes Aufzeichnungen in der Hand. Sie hatte Ron den Sack aufgehalst und kramte nun mit ihrer freien Hand darin herum. Eine Kerze nach der anderen herausholend, gab sie diese an Ginny und Harry weiter.

„Gib mir die Behälter und die Pflanzenmischung!“, bat Anjolie und ging dann mit drei Kelchen und einem Säckchen bewaffnet ein paar Schritte, um sie aufzustellen. Ginny beobachtete sie und sah, dass sie unschlüssig stehen blieb. Und wieder krächzte die Krähe, diesmal auf einer Klippenwand weiter entfernt, seltsamerweise klang es viel näher als das letzte Mal.

„Lasst uns dorthin gehen!“, schlug Anjolie vor und ging bereits auf die Krähe zu.

„Wieso?“, fragte Harry verwundert.

„Windgeschützt!“, rief ihm Anjolie über die Schulter zu und setzte ihren Weg ungerührt fort.

„Lasst uns gehen!“, stimmte Ginny, neugierig, was Anjolie wirklich antrieb, diese Richtung einzuschlagen. Aber sie musste es sich nicht von ihr erklären lassen, denn als sie den Schutz der Klippenwand erreichten, glaubte sie, die Luft vibrieren zu spüren, konnte fast das Knistern hören.

Anjolie war bereits dabei, die Kelche aufzustellen und die Mischung aufzufüllen. Hermine las noch einmal den Zettel durch, während Ron seinen Zauberstab hochhielt und ihr leuchtete. „Hört sich nicht sehr schwer an!“, meinte Hermine.

„Gut! Dann wirst du sprechen!“, wies Ginny an. Inzwischen wollte sie es einfach nur noch hinter sich bringen.

Sie stellten sich zu viert innerhalb der drei Kelche auf und zündeten die Kerzen an, während Anjolie die Räuchermischung in Brand setzte. Sie fluchte ein paar Mal, weil sie sich an den Zweigen die Finger verbrannte. Die waren auch nicht sehr groß, dafür aber plump und äußerst unhandlich.

„Fertig!“, bestätigte sie mit einem Seufzer und der Rauch stieg um die Vierergruppe herum auf. Der scharfe Geruch von Bilsenkraut stach Ginny in der Nase und benebelte schnell ihre Sinne, was sie daran erinnerte, dass das Zeug nicht ungefährlich war und sie schnell anfangen sollten.

Hermine begann bereits, die Beschwörungsformel aufzusagen, anscheinend von dem gleichen Gedanken angetrieben:

„Ihr gerechten Götter, erhört unser Flehen,
unsere Not ist groß, Ihr werdet es sehen!

Die heiligen Gaben, unser Rufen, unser Wort,
sollen Euch führen an diesen Ort.

Zutritt erbitten wir in Eure Welt,
uns führt weder der Wunsch nach Ruhm, Macht oder Geld.

Wir brauchen Eure Hilfe, benötigen sie bald.
Bitte gewährt uns Euer wohlwollendes Geleit.“

Als das letzte Wort im Rauch verklang, horchten sie gespannt. Doch es tat sich nichts. Auch die Krähe saß noch auf ihrem Platz und schien sie auszulachen.

„Versuchs noch mal!“, drängte Harry und Hermine nickte unsicher. Sie wiederholte die Worte und Ginny bemühte sich, wie die anderen auch, ihre ganzen Sinne auf die Beschwörung zu konzentrieren. Aber erneut hatten sie keinen Erfolg.

Die Meeresluft verwehte den Rauch der Kräuter und raubte ihnen mit der Illusion auch die Hoffnung, dass sich an dem Ergebnis je etwas ändern würde.

„Machen wir vielleicht etwas falsch?“, fragte Ginny in die Runde und nahm Hermine das Blatt aus der Hand. „Fünf Säulen des Lichts, dreifache Gaben an die Götter und der ausgesprochene Wunsch führen zum Erfolg.“, las sie die Anweisungen laut vor. Außerdem wurde erwähnt, dass man sich klar sein musste, welche Art von Gott man herbeirufen wollte und dass dafür verschiedene Räuchermischungen nötig waren. Konzentrierten sie sich vielleicht auf den falschen Gott?

Anjolie hatte gesagt, dass Remus die Mischung für einen erdverbundenen Gott vorbereitete. Wen würden sie rufen? Existierte er überhaupt noch? „Was, wenn die Tuatha tatsächlich schlafen?“, überlegte sie laut.

„Eine Beschwörung weckt selbst einen Schlafenden! Deshalb kann es auch so gefährlich sein, wenn Menschen zum Spaß damit herumexperimentieren. Das Spiel kann dann schon einmal ein böses Ende haben!“, meldete sich Anjolie zu Wort. „Du sagtest etwas von ?fünf Säulen des Lichts'. Vielleicht liegt da der Fehler?“

„Aber wir haben doch fünf Kerzen!“, dementierte Hermine.

„Das schon, aber die fünf Kerzen werden von vier Personen gehalten. Wahrscheinlich hebt das den Effekt auf. Die Magie der Zahl kann nicht wirken. Zwar haben sowohl die Vier als auch die Fünf magische Kräfte, doch derart verbunden müssen sie einander blockieren!“, erklärte Anjolie ihren Zweifel.

„Aber über die Fünf heißt es doch, dass sie die Verbindung der Kräfte symbolisiert! Warum sollte sie dann von der Magie der anderen blockiert werden?“, zerbrach sich Hermine den Kopf und Ginny fragte sich, woher sie das wusste. Hatte sie selbst all das in ihrem letzten Schuljahr verpasst, während sie trainierte? Würde sie das je aufholen können?

„Damit ist nicht die Verbindung der Kräfte der Zahlen gemeint. Sie ist das Symbol der zusammengesetzten Kräfte des Männlichen und Weiblichen und damit äußerst mächtig!“, widersprach Anjolie. Ginny wurde langsam unruhig. Was hatte das alles zu bedeuten? Was mussten sie jetzt tun?

„Ja! Die Zwei symbolisiert die Frau und die Drei den Mann...“, erinnerte sich Hermine.

„...und die Fünf als Summe, die Verbindung beider Zahlen und ihrer Gegensätze als auch Fähigkeiten!“, vollendete Anjolie den Satz.

„Soll heißen?“, warf Harry ungeduldig ein und sprach Ginnys Gedanken aus.

„Dass es schon mal kein Nachteil ist, wenn hier Männlein und Weiblein gemeinsam im Kreis stehen!“, antwortete Anjolie beschwingt.

„Allerdings auch, dass wir nicht nur vier Personen sein dürfen!“, ergänzte Hermine. Die beiden war ja plötzlich das perfekte Team!, dachte Ginny zynisch und wunderte sich, warum sie der Gedanke so sauer machte.

Um sich von diesem unangenehmen Gedanken abzulenken, nahm sie Harry die zweite Kerze aus der Hand und verpasste sie Anjolie. „Was...“, fragte die erstaunt.

„Wir brauchen noch eine fünfte Peson und außer dir sehe ich hier keinen anderen!“, antwortete Ginny resolut. Hatten sie nicht gerade eben noch darüber gesprochen?

„Ich ging davon aus, dass ihr die Kerzen allein in den Kreis stellt und mit euch die Zahl Vier aus der Formel nehmt!“, erwiderte Anjolie.

„Wir können auch die Vier entfernen, wenn du in den Kreis trittst und die fünfte Säule bildest!“, stritt Ginny hartnäckig. „Eine Kerze allein ist in meinen Augen keine Säule!“

„Aber ich bin keine von euch! Was ist, wenn ich es euch vermassle?“, murmelte Anjolie. Sie kam Ginny plötzlich sehr verunsichert vor.

„Als du Snape vor Stunden entgegen schleudertest, dass auch Muggle Götter beschwören können, hast du dich sehr überzeugend angehört!“, stichelte sie deswegen. „Es wird Zeit, dass du anfängst, an deine eigenen Worte zu glauben! Oder willst du, dass er wieder einmal Recht hat?“

„Das hier ist kein Wettbewerb!“, fauchte Anjolie. Snapes Erwähnung hatte sie eindeutig zurück geholt! „Und ich weiß nicht mehr, was ich kann und was nicht!“

„Dann probier es aus!“, schaltete sich Harry ein. „Du wirst nie erfahren, wo deine Grenzen liegen, wenn du es nicht versuchst!“ Ginny war froh, dass er endlich aufgehört hatte, gegen Anjolie zu schießen.

Anjolie starrte ihn einen Moment lang schweigend an. Dann trat sie zu ihnen in den Kreis und grummelte: „Ihr seid Kinder! Wer gibt euch, verdammt noch mal, das Recht, so weise zu sein?“

Ginny atmete auf, hoffte aber gleichzeitig, dass der Zauber jetzt endlich klappen würde. Als Hermine die Beschwörung ein drittes Mal aufsagte, schloss sie die Augen und konzentrierte sich vollkommen auf die Worte. Sobald ihre Freundin fertig war, kam Wind auf und blies ihnen den Rauch ins Gesicht.

Mit klopfendem Herzen öffnete sie vorsichtig die Augen und blinzelte, als der Rauch darin biss. Sie sah nach unten, um dem Qualm zu entgehen und ihr stockte der Atem. Zu ihren Füßen hatten sich hellblau leuchtende Linien gebildet, die alle Anwesenden im Kreis verbanden und so ein perfektes Pentagramm zwischen ihnen bildeten.

Gänsehaut kroch über ihren ganzen Körper und Ginny sah sich um, ob noch etwas geschehen war. Nichts! Alles andere war beim Alten geblieben. Eine weitere Minute verging mit dem gleichen Ergebnis.

„Noch mal und diesmal alle!“, drängte Harry, der genauso ungeduldig klang, wie Ginny sich fühlte. Sie wiederholten die Worte gemeinsam und ein weiteres Mal und dann endlich brach ein Sturm los - im wahrsten Sinne des Wortes.

Von einer Sekunde zur anderen zogen schwere, schwarze Wolken zusammen und nahmen ihnen das Licht des Mondes. Aus dem Wind wurde ein Sturm, der ihnen die Kälte in die Knochen trieb und doch löschte er nicht die Kerzen. Offensichtlich wurden ?die Säulen des Lichts' geschützt. Der erste Blitz zückte über dem Ozean auf, dicht gefolgt von ohrenbetäubendem Donner.

Ginny schluckte. Gewitter zählten nicht gerade zu ihren Lieblingswettererscheinungen. Doch für ihre langsam aufkommende Furcht war nicht nur das Unwetter schuld. Welches Wesen löste solche Phänomene aus, wenn es gerufen wurde? Was für ein Gott würde kommen und wäre er kooperativ? Jetzt war es bald soweit. Würden die Tuatha ihnen helfen?

Nach einem weiteren Blitz und Donner löste sich der Sturm abrupt auf. Es wurde mucksmäuschenstill und Nebel kam. Er zog vom Meer her auf und hatte sie in wenigen Minuten eingehüllt. Die feuchte Kälte drang durch jede Ritze, die sie fand und Ginny konnte die anderen schneller atmen hören. Doch keiner traute sich, etwas zu sagen.

Der Nebel war so dicht, dass sie kaum einander sehen konnten und Ginny fragte sich, was sie jetzt tun sollten. Stehen bleiben und abwarten oder auf Wanderschaft gehen und den eventuellen Boten suchen. Die Entscheidung wurde ihr abgenommen.

„Hört ihr das auch?“, flüsterte Ron, doch keiner antwortete. Aus der Entfernung konnten sie Hufschlag ausmachen und sie warteten gespannt auf das, was kommen würde. Das Geräusch wurde schnell lauter und ein Pferd schnaubte. Kurz darauf lichtete sich etwas der Nebel und der Umriss eines Reiters schälte sich daraus hervor.

Nur wenige Meter vor ihnen stoppte der Neuankömmling und der Nebel wurde gerade mal so durchlässig, dass man sie gut sehen konnte, denn der Reiter war eine Frau. Blondes, langes Haar hing ihr fließend über die Schultern. Ein dunkler Umgang verdeckte den Rest von ihr, doch das leuchtende Blau ihrer Augen vermochte nichts zu verbergen.

Sie lächelte ihnen freundlich entgegen und Ginny atmete erleichtert auf. Ein Lächeln war gut! Das hieß, dass sie ihnen nicht von vornherein schlecht gesonnen waren. Allerdings wussten sie auch noch nichts über den Grund ihres Hier seins! Dieser Gedanke verpasste ihr einen gehörigen Dämpfer.

„Du hast dir ja viel Zeit gelassen!“, eröffnete die Göttin das Gespräch, den Blick auf Anjolie gerichtet.

„Ihr habt uns erwartet?“, fragte Anjolie genauso fassungslos wie die anderen es waren.

„Natürlich! Schließlich warst du diejenige, die den Impuls dazu gab, dass unsere Welt aus dem Schlaf gerüttelt wurde - wenn auch... durch ein weniger angenehmes Ereignis!“, antwortete die Reiterin mit warmer, sanfter Stimme. Doch die Anklage darin war nicht zu überhören.

„Oh!... Ähm... ihr wisst also schon Bescheid?“, folgerte Anjolie verlegen und versuchte sich an einem Lächeln, das mit einem schiefen Grinsen endete.

„Ja! Wir spüren, wenn man an uns denkt und du und deine Freunde habt das in letzter Zeit häufig getan! Und dann gibt es da noch jemanden, der heute ebenfalls einen der Unseren rief - nachdem er ihn bestahl. Die Spur führte von ihm zu dir!“

„Oh!“, antwortete Anjolie nur, doch Ginny sah keinen Grund zur Besorgnis. Sie wussten also doch alles und trotzdem war diese Frau hier!

„Ich nehme nicht an, dass ihr diese Tatsache einfach vergessen werdet, oder?“, versuchte es Anjolie vorsichtig.

„Das zu entscheiden ist nicht an mir! Doch - nein, ich denke nicht!“, lächelte die Blondine.

„Klar...“, murmelte Anjolie und scharrte mit dem Fuß über den Sand.

„Ihr habt gerufen, also kommt!“, forderte die Göttin. „Zwei von euch kann ich mitnehmen. Eine davon wirst auf jeden Fall du sein, Anjolie!“

Ginny glaubte, sich verhört zu haben. „Nur zwei?“, brach es aus ihr heraus und die anderen taten es ihr gleich.

„Warum nur zwei?“
„Was ist mit den anderen?“
„Warum darfst ausgerechnet du mit?“ sprachen alle durcheinander. Mit einem lauten, aber kurzem Pfiff brachte Anjolie sie alle zum Schweigen. Die Hände beruhigend erhoben sagte sie: „Rhiannon kann nun mal nur maximal zwei Personen auf ihrem Pferd mitnehmen. Und ich soll mit, weil sie mir dort wahrscheinlich gehörig den Arsch aufreißen wollen!“ Damit erstarb erst einmal jeglicher Protest.

„Rhiannon, die Pferdegöttin!“, flüsterte Hermine, was erklärte, warum die Göttin nur mit einem Gaul hier auftauchte. „Du kennst sie?“, fragte Hermine Anjolie.

„Ähm... ja!“, antwortete diese kurzangebunden.

Doch Ginny hatte eine weitere, dringendere Frage. „Wer soll noch mitgehen?“ Sie hoffte, dass sie diejenige war. Unheimlich gern würde sie die Anderswelt sehen wollen!

„Was ist? Wollen wir es ausknobeln?“, schlug Ron vor.

„Nein!“, widersprach Anjolie entschlossen und alle sahen sie entgeistert an. „Tut mir leid, wenn ich mich über euch alle hinwegsetze, doch ich denke, es wäre am besten, wenn Harry mitkommt!“

„Harry?“, wiederholte Ginny enttäuscht. Von Anjolie hätte sie am wenigsten erwartet, dass sie ihr jemand anderem vorzog. Sie hatten soviel gemeinsam erlebt und jetzt das? Sie spürte, dass Harry sie ansah, doch sie wollte den Blick jetzt einfach nicht erwidern.

„Harry wird derjenige sein, der am Ende gegen Voldemort antreten muss - egal, ob der nun unsterblich wurde oder nicht! Ich denke, sein Beisein beim Treffen mit den Tuatha könnte sowohl ihm als auch unserem Vorhaben gut tun! Es ist wirklich die beste Entscheidung!“, verteidigte Anjolie ihren Entschluss.

Ginny spürte noch immer die Enttäuschung, auch wenn sie Anjolies Beweggründe verstand. Jetzt war Harry dran und sie stand eben nicht mehr an erster Stelle! Sie war nicht mehr wichtig!

„Ihr habt die Wahl getroffen? Dann kommt!“, rief Rhiannon. Anjolie schob den noch immer perplexen Harry in die Richtung der Göttin, blieb selbst jedoch noch stehen. Sie sah Ginny an und diese wusste plötzlich, dass Anjolie ahnte, was in ihr vorging.

„Es ist nicht so wie du denkst und das weißt du, Ginny!“, sagte Anjolie wie zum Beweis ihrer Ahnung. Sie trat einen Schritt näher und nahm Ginnys Hand. „Eine schwere Aufgabe liegt vor ihm, doch das heißt nicht, dass die anderen deshalb weniger zählen! Nur gemeinsam schafft ihr es. Erinnere dich! Das waren deine eigenen Worte!“

„Ich muss mich wohl demnächst hüten, wer alles meine Gespräche belauscht! Sonst bekomme ich meine Worte ständig um die Ohren gehauen!“, murrte Ginny, um ihr eigenes Schamgefühl herunterzuspielen. Sie wusste, dass ihre Gefühle absurd waren und auf ihren eigenen Freund neidisch zu sein, gehörte eindeutig dazu! Und hatte sie sich nicht selbst jemanden gewünscht, der ihm, wie ihr damals, beistand? Dass Anjolie diese Rolle übernahm, hatte sie dabei allerdings nicht im Sinn gehabt!

Anjolie lachte leise. „Versuchs nur!“ Dann bekam sie wieder einen ernsten Gesichtsausdruck. „Ihr drei geht am besten zurück nach London!“ Ginny wollte protestieren, doch Anjolie erstickte diesen Versuch im Keim. „Ich weiß nicht, ob wir wieder hier abgesetzt werden, geschweige denn, wie lange unser Besuch bei den Tuatha dauern wird. Außerdem bin ich beruhigter, wenn ich weiß, dass ihr im Kreis eurer Freunde und Verbündeten seid! Dann könnt ihr auch gleich berichten, was geschehen ist und... ihr könnt aprasieren oder wie das heißt. Ich denke, Ron wird sehr glücklich darüber sein!“

Sie wollte zu Rhiannon gehen, doch Ginny hielt sie auf. „Pass gut auf ihn auf, ja?!“, bat sie.

„Keine Angst, Harry wird dort nichts passieren!“ Damit ging sie zu Rhiannon.

„Wird auch Zeit!“, schimpfte diese und streckte Anjolie die Hand hin, um ihr hoch zu helfen.

„Du kannst es anscheinend nicht erwarten, dass ich Ärger bekomme!“, knurrte Anjolie und schwang sich umständlich aufs Pferd, während Harry vor Rhiannon saß und krampfhaft versuchte, sich nicht anzulehnen! Ginny winkte ihm und er winkte verkrampft zurück. Er musste sehr nervös sein.

„Weißt du, ein Steigbügel wäre gar so übel!“, schimpfte Anjolie, als sie endlich schnaufend hinter der Göttin Platz genommen hatte.

„Ich reite immer ohne Sattel!“, entgegnete Rhiannon ungerührt.

„Nicht besonders gut für Mitreisende, oder?“, nörgelte Anjolie weiter.

„Für gewöhnlich reite ich allein!“ Rhiannon trieb ihr Pferd an und wendete es ohne Mühe.

„Du wurdest gerufen! Da hättest du ruhig an einen Sattel denken können!“

„Weißt du, dafür dass du...“ Die restliche Antwort Rhiannons verlor sich im Wind, als sie in den Nebel zurückritten.

„Na toll! Was machen wir jetzt?“, murrte Ron.

„Wir gehen zurück nach London!“, antwortete Ginny sofort.

„Was? Aber was ist mit den anderen?“, wollte Hermine wissen.

„Anjolie hat es angewiesen! Sie weiß also Bescheid!“ Schulterzuckend nahmen es die beiden hin und begannen die Utensilien zusammenzupacken. Ginny starrte noch einen Moment auf die Stelle, wo die drei verschwunden waren und bemerkte, dass sich der Nebel langsam aber sicher zurückbildete. Auch, wenn sie Anjolie zustimmte, so hätte sie liebend gern mit Harry getauscht. Sie hätte so gern auch mal etwas mit Anjolie erlebt. Harry durfte schließlich schon zum zweiten Mal mit ihr unterwegs sein - auch wenn der erste Trip nicht gerade freiwillig war!

„Kommst du?“, fragte Ron und riss Ginny aus ihrer Träumerei. Die beiden standen zum Apparieren bereit und Ginny stellte sich zu ihnen.

„Na dann! Lasst uns Aprasieren!“, grinste Ginny und erntete ein verwirrtes „Häh?“ von Ron.

oOoOoOoOoOoOoOoOoOoOoOo

Entschuldigt bitte meine krampfhaften Versuche des Reimens bei der Beschwörung. Ich muss ehrlich zugeben, dass das nicht meine Stärke ist, aber ich hoffe, ich habs trotzdem einigermaßen schmerzlos hinbekommen.

LG und bis zum nächsten Mal
Rosiel


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Daniel musste nicht nur schwimmen, spielen, Dialoge sprechen und auf Monster reagieren, die später per Computer hinzugefügt wurden, sondern er trug dabei auch Schwimmflossen an Händen und Füßen. All das absolvierte er sieben Meter tief unter Wasser in völliger Dunkelheit – bis ihm die Luft ausging und er das Zeichen gab: Einer der Stuntleute schwamm dann zu ihm hin und gab ihm seine Sauerstoffmaske zurück. Eine wirklich unglaubliche Leistung.
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