von Rosiel
Hier kommt mein nächstes Kapitel und es hat mich einiges an Schweiß gekostet! Es gab eine Szene, die mindestens dreimal umgeschrieben habe und ich war nahe dran, es aufzugeben! Ich hoffe, es kommt trotzdem an.
Tut mir leid, dass es wieder so lange gedauert hat, doch ich fürchte, das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Zuviel Arbeit, zu wenig Zeit. Aber ich werde versuchten, es nicht zu sehr ausarten zu lassen!
An dieser Stelle möchte ich mich wieder für eine Reviews bedanken. Es ist wirklich schön, wenn das Geschriebene eure Fantasie und Vermutungen über den weiteren Verlauf anregt!
Eule20: Jupp, Harry und Co. werden öfters vorkommen! Und auch Lir und die Thuata werden ihren Auftritt bekommen! Und das Traumpaar... lies das Kapitel.
Nightwish und Bigben: Danke für die Kommis! Hier ist das nächste Chap und hat sogar ein paar Seiten mehr!
Crazygirli: Sieht so aus, als hätte ich deine Geduld für ein langes Kapitel schon wieder ausgenutzt, doch was soll ich sagen, jetzt ist's ja endlich da! (Und keiner ist froher darüber als ich!)
Disclaimer: Nur JKR macht so richtig Knete mit HP - ich nicht!
Kapitel 7 - Verlassen
Sie kamen mitten auf der Straße an. An fast genau dem gleichen Punkt, wo sie mit Rosifer gelandet war. Anjolie hatte den Kopf an Severus' Schulter gelehnt und spürte, wie er sie langsam losließ. Sie wunderte sich, dass sie vom Apparieren nicht denselben Druck auf dem Magen spürte, wie beim ersten Mal. Anscheinend hatte Severus nicht nur angegeben! Oder sie war einfach nur zu müde?
Sie sah auf und bemerkte Severus unruhigen Blick in Richtung Haus. War das Furcht in seinen Augen? Wenn sie daran dachte, wie ihn die anderen behandelten, dann konnte sie sich vorstellen, was dort drin auf ihn zukommen würde. Sie hörte das Ploppen als die anderen erschienen, ließ sich jedoch nicht stören. Anjolie strich zärtlich über die harten Linien um seinen Mund. „Wir können auch woanders hingehen!“, schlug sie vor und seine dunklen Augen tasteten ihr Gesicht ab.
„Nein! Hier bist du sicher!“, entgegnete er letztendlich und schob sie in Richtung Haus. Doch Anjolie runzelte die Stirn. Was interessiert mich meine Sicherheit, wenn es dir dabei mies geht?
Rosifer tauchte neben ihnen auf und bemerkte mit einem Blick auf Severus: „Vielleicht sollte ich lieber vorgehen! Moody könnte bei seinem Anblick leicht überreagieren!“
„Dann bring den Cowboy dazu, seinen Colt stecken zu lassen!“, fauchte sie. Rosifer hob eine Augenbraue angesichts des Vergleichs, sagte aber nichts und ließ Severus und sie hinter sich.
Anjolie versuchte gleichmäßig zu atmen. Ihr drehte sich der Magen um bei dem Gedanken, dass Severus sich mit Gewalt verteidigen müsste, bevor er Gelegenheit dazu hatte, sich zu erklären.
„Wenn wir reinkommen, dann wirst du etwas Abstand von mir halten!“, verlangte Severus plötzlich.
„Du spinnst wohl!“, schoss es aus Anjolie heraus. Das hieße ja das Schussfeld freizumachen! So konnte sie wenigstens der naiven Hoffnung verfallen, dass niemand losballerte, solange sie im Wege stand.
„Anjolie, du verstehst nicht...!“, drängte Severus, doch Anjolie würgte ihn ab. „Ich verstehe sehr wohl was du meinst! Aber ich werde nicht zulassen, dass du sie einfach so über dich herfallen lässt!“ Sie war stehen geblieben und hatte die Hände in die Hüften gestemmt.
„Das ist gefährlich! Sie halten mich für einen Verräter!“
Er gibt einfach nicht auf! „Der du nicht bist!“, entgegnete Anjolie aufgebracht. Sie wusste nicht, woher sie die Gewissheit nahm, doch sie war sich sicher, dass es eine Erklärung für alles geben musste. „Du musst es ihnen nur erklären!“
Severus schüttelte den Kopf und Anjolie hätte am liebsten vor Frustration geschrieen. „So einfach ist das nicht! Sie werden mir nicht glauben, nur weil ich es sage. Das hast du doch bereits in der Burg gesehen! Hier wird es nicht anders sein!“
„Sollte es wirklich so sein, dass du alles erklärt hast und sie glauben dir immer noch nicht, dann werden wir gehen!“, entschied Anjolie bestimmt. „Wir drehen uns um und schauen nicht mehr zurück!“
„Und den Kampf gegen Voldemort aufgeben?“, fragte er ungläubig.
„Wer sagt denn so was?“, schnappte sie. „Der Kerl ist mir noch 'ne Revanche schuldig!“ Sie packte seine Hände und zog sie an sich. „Jemand wie Voldemort hat bei weitem mehr Gegner, als nur diesen Club der Auserwählten hier! Wenn es nötig ist, dann suchen wir uns eben andere Mitstreiter!“
Severus sah sie mit gerunzelter Stirn an und Anjolie konnte seine Gedanken regelrecht rasen hören.
„Du würdest wirklich gehen?“, fragte Ginny neben ihr und Anjolie sah sie verärgert an. Konnte man denn nicht einmal in Ruhe reden, ohne ständig unterbrochen oder belauscht zu werden?
„Wenn ihr uns mit eurer Borniertheit dazu zwingt, dann ja!“ Sie war gestorben, ohne Gedächtnis zurück gekommen, hatte es mit Gewalt wieder eingepflanzt bekommen und doch den Mann wiedergefunden, den sie liebte. Das würde sie sich nicht durch irgendein blödes Missverständnis kaputt machen lassen!
„Das war schon immer das Problem der Menschen. Erst Handeln und dann überlegen. Seit Jahrtausenden hätten so viele Probleme gelöst werden können, wenn man sich zusammengesetzt und die Missverständnisse aus der Welt geschafft hätte. Doch nein! Die Hau-drauf-Methode ist ja soviel einfacher! Typisch Mensch!“
„Vergiss nicht, dass du jetzt auch zu dieser Gattung gehörst!“, erscholl Rosifers Stimme vom Haus her. „Und ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der du selbst ein wackerer Vertreter der ?Hau-drauf-Methode' warst. Wenn ich's mir genau überlege, dann warst du es eigentlich immer!“
„Hey, ich war ein Krieger-Engel! Die Verhandlungen haben andere geführt! Und außerdem steht meine Vergangenheit jetzt überhaupt nicht zur Diskussion!“
„Die der Menschen auch nicht!“, entgegnete Rosifer lässig.
In Anjolies Brust wuchs ein Knurren heran. „Ich wäre dir doch sehr dankbar, wenn du meine Argumente nicht ständig untergraben würdest! Da bleibt ja meine Glaubwürdigkeit auf der Strecke!“
„Nie im Leben!“, lachte Rosifer. „Dafür sind deine Ansprachen viel zu leidenschaftlich! Niemand, der an seinem Leben hängt, würde deinen Worten keinen Glauben schenken!“ Anjolies Augen verengten sich und sie legte ihren Kopf schief. Nimmt der mich schon wieder auf die Schippe?
„Das Gespräch sollten wir lieber drinnen fortsetzen!“, knurrte Moody hinter Rosifer. Anjolie spürte, wie Severus sich versteifte. Sie atmete tief durch, nahm seine Hand in ihre und gemeinsam gingen sie an Rosifer vorbei ins Haus.
„Hätte nicht gedacht, dich je wiederzusehen!“, knurrte Moody wieder, kaum dass die Tür hinter dem letzten geschlossen war. Anjolie war sich nicht sicher, ob er sie oder Severus gemeint hatte. „Hatte auch nicht vor, hier wieder aufzutauchen!“, antwortete sie deshalb einfach. Eine Flügeltür öffnete sich und mindestens zehn Leute kamen heraus. Es wurde bedenklich eng in der Halle, vor allem, wenn man wie sie jeden Moment mit einem Angriff rechnete.
„Ich meinte Snape!“, brummte Moody ihr zu und sie zuckte betont gleichmütig die Schultern. Die Frage wäre dann wohl geklärt!
„Es ist schon verdammt spät oder früh, je nachdem, wie man es sehen will. Bekommt man hier ein Bett und vielleicht sogar ein heißes Bad?“, fragte sie in die Runde.
„Ist kein verdammtes Hotel!“, antwortete Moody finster.
„Stimmt! Ich bin, glaube ich, auch noch nicht müde genug, um in einem von euren verwanzten Betten zu schlafen! Vielleicht sollte ich mir wirklich ein Hotel suchen oder besser noch - nach Hause gehen!“, blaffte sie zurück und wollte sich umdrehen. Sie fühlte sich wirklich nicht besonders wohl hier unter all den urteilenden Augen.
„Das hatten wir doch heute schon, nicht wahr! Und so wie Sie aussehen, hat es Ihnen nicht gut getan!“ Remus' Stimme war ein Mischmasch aus Verärgerung und Besorgnis. Unter anderen Umständen hätte sie sich gefreut, ihn wiederzusehen, doch er wirkte noch kranker, als ein paar Stunden zuvor und sie hatte das dumme Gefühl, das hatte was mit ihrem Verschwinden zu tun.
Ein schwaches Lächeln erschien um seinen Mund. „Ich bin froh, Sie lebendig wiederzusehen.“
„Allerdings wäre seine Freude größer, wenn er nicht mitten in der Nacht raus gemusst hätte, um dich zu suchen!“, bemerkte Rosifer hinter ihr und Anjolie sah ihn finster an. War ja klar, dass er mein schlechtes Gewissen auch noch vergrößern muss! Sie hatte eben nicht damit gerechnet, dass sie sich um eine Fremde solche Sorgen machen würden.
„Tut mir leid!“, murmelte sie zerknirscht.
„Schon gut!“, beschwichtigte Remus. „Komm! Ich zeige dir das Bad!“ Noch immer Severus' Hand in ihrer, folgte sie ihm.
„Dann hat Severus ja Zeit, uns alles zu erklären!“, kam eine scharfe, weibliche Stimme von der Flügeltür her. Das erste Mal seit längerem, schossen wieder Bilder durch ihren Kopf. Sie hatte schon fast vergessen, dass so etwas mit ihr geschah. In Kürze lernte sie Professor McGonagall wieder kennen. Anjolie seufzte. Sie sollte heute Nacht wohl alle auf einen Schlag wiedertreffen!
Severus löste sich von ihrer Hand, doch Anjolie gefiel das gar nicht. „Ich dachte, du kommst mit!“, flehte sie fast. „Muss das denn jetzt noch sein?“, fragte sie an Professor McGonagall gewandt.
„Ich fürchte ja!“, entgegnete diese entschieden, wenn auch weniger scharf als eben noch.
„Ich komme nach!“, versprach Severus und schob sie auf die Treppe zu. Anjolie ging aber nicht weiter. Sie beobachtete, wie Severus an McGonagall vorbei durch die große Flügeltür ging. McGonagall, Moody und die Jugendlichen folgten ihm. Genau wie die anderen, die zuvor herausgekommen waren. Er muss allein gegen alle antreten! Er hatte doch gar keine Chance!
„Keine Bange!“, sagte Rosifer leise. Er war neben ihr aufgetaucht, ohne dass sie es mitbekommen hatte. „Ich werde aufpassen, dass sie sich nicht gegenseitig umbringen. Und sobald Remus wieder unten ist, habe ich Verstärkung dabei. Er ist zum Glück recht vernünftig!“
Sie bemerkte seinen Blick auf Remus, der noch immer an der Treppe stand und auf sie wartete. „Danke!“, flüsterte sie und riss ihn aus seinen Gedanken. Eine sanfte Röte überzog seine Wangen, er nickte und folgte den anderen. Als sich die Tür hinter ihm schloss, ging sie zu Remus.
Stufe für Stufe kam ihre Müdigkeit mehr zu Tage. Kein Wunder! Es dämmerte bereits. Remus fasste sie am Ellbogen und half ihr vorsichtig weiter.
„Wie geht es Ihnen?“, fragte er besorgt.
„Sei bitte so gut und vergiss die Siezerei!“
Remus lächelte sanft. „Also gut. Wie geht es dir!“, fragte er hartnäckig nach.
„Sagen dir die Worte ?durchgekaut' und ?wieder ausgespuckt' etwas?“, murmelte Anjolie. Sie war froh, als sie die letzte Stufe geschafft hatten.
„Das Bad ist gleich hier!“, erklärte Remus und ging auf eine kleine Tür, ganz in der Nähe des Zimmers zu, in dem sie vor Stunden ihre Flucht ?geplant' hatte, und öffnete sie. Anjolie befürchtete, sich in einem weiteren dunklen Zimmer wiederzufinden, in dem sie erst einmal die Spinnweben aus der Badewanne entfernen musste, doch sie wurde positiv überrascht.
Als das Licht anging, stellte sich das Bad als heller, freundlicher Raum heraus, sauber, ordentlich mit einer großen, weißen Wanne in der Mitte, deren weiße Porzellanhähne ihr entgegenstrahlten. „Wow!“, entfuhr es Anjolie. Nach einem kurzen Räuspern flüstere sie perplex: „Bist du sicher, dass wir noch im selben Haus sind?“
„Ganz sicher!“, lachte Remus leise. „Das Bad ist der einzige Ort im Haus, den die alte Mrs. Black nicht verhext hat. Unsere Chance zum Umdekorieren!“
„Ich bin beeindruckt!“, hauchte sie. Dann sah sie ihn schief von der Seite an. „Wenn ihr mir den vorhin gezeigt hättet, wäre ich wohl nicht so schnell verschwunden!“
„Meinst du wirklich?“ Sein Tonfall verriet seine Gedanken.
Anjolie verdrehte die Augen und murrte: „Nein! Höchstwahrscheinlich nicht! Ihr habt mir 'nen ganz schönen Schrecken eingejagt, da hätte mich nicht mal ein Palast aufgehalten!“ Sie betrat das Bad und fühlte sich sofort heimisch. Ohne ein weiteres Wort ging sie zur Badewanne und ließ warmes Wasser hineinlaufen.
Als sie an dem ehemals weißen Gewand herumnestelte, um es zu öffnen, stotterte Remus auf einmal: „Ähm... ich... ich geh dann mal!“ Anjolie quittierte das mit einem kurzen „Hm!“ und suchte weiter nach einer Möglichkeit dieses blutverschmierte Etwas von ihrem Leib zu bekommen.
„Ach, Remus!“, rief sie hinterher, als ihr noch etwas einfiel.
Er öffnete noch einmal die Tür und schielte vorsichtig zwischen Rahmen und Türblatt hindurch. „Jaaa?“
Anjolie verkniff sich ein schiefes Grinsen und fragte: „Das selbe Zimmer?“
Er blinzelte einen Moment verwirrt, grinste dann verlegen und antwortete: „Ja!“ Die Tür war schneller wieder zu, als sie blinzeln konnte. Er wollte anscheinend nicht in die Verlegenheit kommen, ihr beim Auskleiden zusehen zu müssen! Sollte ich jetzt beleidigt sein?
Anjolie ging zum Spiegel, in der Hoffnung, in der Großansicht etwas zum Öffnen des Gewandes zu finden, und erstarrte. Ihr blickte ein schmutziger, blutverschmierter Zombie aus blutunterlaufenen Augen entgegen. Der darauffolgende Schrei war mit Sicherheit noch in China zu hören!
Sie ging näher an den Spiegel heran, betastete ihr Gesicht und zog ein Augenlid herunter, nicht sicher, ob sie es wirklich war, die sie da sah.
„Was ist los?“, rief Remus, der mit gezücktem Zauberstab ins Bad gestürmt kam. Anjolie stützte sich auf dem Frisiertisch ab und funkelte sein Spiegelbild sauer an. „Warum hat mir keiner gesagt, wie scheiße ich aussehe? Mann, ich hab mich vor meinem eigenen Spiegelbild erschrocken!“, schimpfte sie. Im Hintergrund hörte sie lautes Trampeln auf der Treppe. Sie hatte anscheinend das gesamte Haus alarmiert.
„Was ist?“, keuchte Rosifer, der als erster die offene Tür erreichte und sich wild im Bad umsah.
„Sie fand ihre Erscheinung nicht in Ordnung!“, seufzte Remus, der gerade seinen Zauberstab wieder wegsteckte.
„Was?“, stieß Rosifer aus und starrte Anjolie ungläubig an. „Das ist doch nicht dein Ernst!“
Anjolie drehte sich um, riss die Augen auf und zeigte mit beiden Händen auf sich. „Halloho!“
Rosifer stellte sich aufrecht hin und steckte ebenfalls seinen Zauberstab weg. Hinter ihm erschienen mehrere Gesichter, die versuchten, etwas im Bad zu sehen. „Du hast uns alle zu Tode erschreckt!“, stellte er vorwurfsvoll klar. Dann betrachtete er sie einen Moment von oben bis unten und meinte: „Doch... wenn ich dich jetzt so bei normalem Licht sehe... Du hast allen Grund zum Schreien!“
„Das findest du wohl auch noch witzig, was!“, fauchte Severus, der sich gerade an ihm vorbeidrängte und mit weit ausholenden Schritten auf sie zukam. Mit kreideweißem Gesicht betrachtete er sie und Anjolie bekam ein schlechtes Gewissen. Du blöde Kuh hast schon wieder nicht nachgedacht und mehr Wirbel als nötig veranstaltet!
„'Tschuldige!“, murmelte sie und sah betreten zu ihm auf.
„Bist du in Ordnung?“, fragte er, ohne auf ihre Entschuldigung einzugehen.
„Das sollte ich wohl lieber dich fragen!“, antwortete sie. „Du siehst schlimm aus! Was machen die da unten mit dir?“
„Da alles in Ordnung ist, können wir ja wieder gehen und unsere ?Besprechung' beenden!“, brummte Moody.
„Nein!“, erwiderte Anjolie energisch. Sie hatte es so satt, dass man hier ständig über sie oder Severus bestimmte. „Für heute ist genug besprochen worden! Es wird bald hell und ich könnte wetten, dass kaum einer von euch schon eine Mütze voll Schlaf bekommen hat! Voldemort ist für eine Weile abgelenkt und Dumbledore sicher aufbewahrt! Es gibt also keinen Grund, das alles nicht auf einem Zeitpunkt zu verschieben, an dem alle wieder klar denken können und die Gemüter sich wenigstens etwas beruhigt haben!“
„Was meint sie mit ?Voldemort ist abgelenkt'? Wovon?“, hakte McGonagall nach.
„Keine Antworten, bevor ich mich nicht wieder erholt habe und ein Auge auf die Ereignisse werfen kann!“, sagte Anjolie nur. Ihr war klar, dass sich das unverschämt anhören musste, vor allem, weil sie ein Grund dafür war, dass alle zu dieser unmöglichen Zeit auf den Beinen waren. Naja, jedenfalls die meisten. Und letztendlich hatte sie hier überhaupt nichts zu melden.
„Hier wird nicht ins Bett gegangen, bevor nicht gewisse Vertrauensfragen geklärt wurden!“, blaffte Moody und sah Severus dabei an. Auch Anjolie sah ihn an. Er hatte sich der Menge zugewandt und sein Gesicht wirkte versteinert. Wie mochte er sich wohl fühlen? Blöde Frage!
Das Grummeln in ihrem Magen wurde immer stärker. „Vertrauensfragen?“, wandte sie sich wieder an Moody. „Dumbledore lebt! Ich lebe! Und euer Goldjunge lebt auch noch!“, spuckte sie aus. „Wenn Severus wirklich auf Voldemorts Seite stände, dann hätte er diesem Zustand jederzeit ein Ende bereiten können, denn genug Gelegenheit hatte er dazu! Damit müsste diese ?Vertrauensfrage' erst einmal zur Genüge geklärt sein!“
„Das denke ich nicht!“, fuhr Harry dazwischen. „Ich vertraue im nicht!“ Er stand zwischen McGonagall und einem anderen Mann eingequetscht und blitzte wütend in ihre Richtung.
„Erzähl mir mal was Neues!“, grummelte Anjolie. „Nun, im Moment wird dir aber nichts anderes übrig bleiben!“, sagte sie dann laut.
„Wir könnten ihn rauswerfen!“ Harry kämpfte seine Arme zwischen seinen beiden Nachbarn hervor und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Wenn das so ist, dann gehen wir lieber freiwillig!“, schnappte Anjolie. Ihre Wut kochte über und sie hätte am liebsten jeden einzelnen hier durchgeschüttelt. Die haben sie ja nicht mehr alle!
Sie packte Severus am Ellbogen und wollte ihn zur Tür schieben. Doch er blockte ab und sah sie stirnrunzelnd an. „Anjolie!“, beschwor er sie. „Sei nicht so unvernünftig!“
Sie glaubte, sich verhört zu haben. „Unvernünftig? Du hörst sie doch selbst! Sie sind unversöhnlich! Glauben nur, was sie glauben wollen! Wo bleibt da die Vernunft?“
„Haben wir uns wirklich gefreut, dass sie noch lebt!“, hörte Anjolie Ron murmeln, was ihren Unwillen, in diesem unwirtlichen Haus zu bleiben, nur noch schürte.
„Jetzt ist es aber genug!“, hörte Anjolie eine Frauenstimme vom Flur her. Sie kam ihr verdächtig vertraut vor, konnte sie aber nicht zuordnen. „Sie hat Recht! Anscheinend sind wir alle zu angespannt, um hier und jetzt klare Entscheidungen treffen zu können! Also lösen wir das Ganze hier erst einmal auf und gehen schlafen!“ Sie klatschte in die Hände und scheuchte die Menge auseinander.
Als sich die meisten entfernt hatten, bekam Anjolie auch endlich einen Blick auf die rundliche, nett aussehende Frau. Wenn es auch nur wenige Bilder waren, die ihren Kopf durchliefen, so verschafften sie ihr dennoch die Identität dieser resoluten Person. Molly Weasley - Ginnys und Rons Mutter! Anjolie konnte sich nicht helfen, doch im Augenblick empfand sie riesige Sympathie für sie.
Momentan waren nur noch Mrs. Weasley, die Teenager, Rosifer, Remus und sie beide da. „Wir werden Schwierigkeiten mit den Schlafzimmern bekommen!“, stellte Mrs. Weasley stirnrunzelnd fest. „Wir müssen enger zusammenrücken!“
„Oh, kein Problem!“, mischte sich Rosifer ein. „Die Mädchen können im freien Schlafzimmer ein Stockwerk höher schlafen. Die Jungs bekommen mein Zimmer und ich krieche einfach bei Remus unter!“ Anjolies Kopf ruckte zu ihm hinüber. Dieses ausgekochte Schlitzohr!
Er legte einen unschuldigen Gesichtsausdruck an den Tag, doch Remus war kurzerhand die Kinnlade heruntergeklappt. „Was?“, fragte Rosifer. „Du hast doch noch ein zweites Bett in deinem Zimmer, oder!“
„Äh... jaa.“, antwortete dieser vorsichtig.
„Na bitte! Dann wäre ja alles geklärt!“, bestimmte Molly zufrieden und scheuchte die Jugendlichen los. Ein äußerst besorgter Blick traf Anjolie und ihr schwante Böses. „Was haben sie nur mit dir angestellt?“, seufzte die ältere Frau. „Diese Wunden müssen versorgt werden!“ Sie kam auf Anjolie zu, doch Severus schob sich vor sie.
„Das mache ich!“, bestimmte er kalt. Anjolie schaute um ihn herum und sah Mollys unwilliges Stirnrunzeln. „Also, ich wäre auch dafür!“, stimmte Anjolie mit ein und das Stirnrunzeln wurde tiefer. Letztendlich zuckte sie jedoch mit den Schultern und ging in die obere Etage.
Rosifer schob mit einem leisen Lächeln Remus zur Tür hinaus und zog die Tür dabei hinter sich her. Bevor er sie schließen konnte, rief Anjolie ihn noch einmal.
„Ja?“, fragte er in Gedanken. Wahrscheinlich schon bei dem, was kommen könnte.
„Bleib sauber!“, grinste sie ihn schief an. Das hatte sie sich einfach nicht verkneifen können!
Rosifer blinzelte kurz, grinste dann aber zurück. „Und das von dir?“, raunte er. „Ein paar angenehme Stunden!“, säuselte er noch und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
„Da kann es einem ja vergehen!“, meinte Severus nur und starrte auf die geschlossene Tür. Anjolie verpasste ihm einen sanften Schlag an den Arm. „Hey, übe dich ein wenig in Toleranz!“
Severus schnaubte nur und drehte sich ihr vollständig zu. Da hörte sie, dass das Wasser noch lief und sie rannte hin, um die Hähne abzudrehen. Zum Glück war noch nichts übergelaufen!
Alle Anspannung fiel von ihr ab und sie wollte jetzt nur noch sauber werden und schlafen! An ihrem Gewand herumnestelnd ging sie zu Severus zurück. „Kannst du mir hier mal heraushelfen?“
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Severus starrte an die Decke. Bei hellem Licht wirkte das Zimmer noch bedrückender und war für sein aufgewühltes Inneres gar nicht gut!
Seit sie sich zum Schlafen hingelegt hatten, ging ihm seine ungewisse Zukunft mit der Frau, die an seiner Brust schlief, durch den Kopf. Sie hatte ihren Arm um seine Taille geschlungen, als wolle sie ihn hindern, sich heimlich davonzuschleichen. Und er musste zugeben, dass er ein paar Mal auf die Idee gekommen war!
Die Begegnung mit dem Orden war wie erwartet miserabel gelaufen. Doch zusehen zu müssen, wie sie sich vor ihn warf und ihn verteidigen musste, war geradezu unerträglich gewesen. Im ersten Moment hatte es sich fantastisch angefühlt, wie sie für ihn eingetreten war. So vehement und vorurteilsfrei. Ohne jeglichen Beweis vertraute sie auf seine Unschuld und kämpfte dafür, dass auch die anderen ihm glaubten.
Aber warum? Wie konnte sie nur so sicher sein, wenn er selbst nicht wusste, ob er nicht doch an Dumbledores Verschwinden schuld war?
Anjolie war so energisch gewesen. War ohne Rücksicht auf ihr eigenes Wohl gegen alle Vorwürfe angegangen. Es tat so gut, jemanden auf seiner Seite zu haben. Jemand, der ihm so absolut vertraute.
Ja, auch Dumbledore hatte ihm vertraut. Doch der hatte seine Gründe dafür. Dumbledore wusste, dass Severus ihn nie verraten würde... konnte. Anjolie brauchte diesen Beweis anscheinend nicht. Bei ihr kam es von Herzen und das berührte ihn im tiefsten Inneren. Und erschreckte ihn gleichermaßen. Denn sie war noch immer so risikobereit wie jeher. Sie verzichtete freiwillig auf ihre Sicherheit, rannte mit dem Kopf voran Wände ein, um zu schützen, was sie liebte. Aber sie war jetzt ein Mensch! Ohne ihre Unsterblichkeit, ohne ihre Kraft, war sie so verletzlich.
Ihm schauderte noch immer bei der Erinnerung, wie schwach sie gewirkt hatte, nachdem das Adrenalin aus ihren Adern verschwunden war und er sich um ihre Wunden kümmerte. Er hatte die Wunden reinigen müssen, bevor er sie heilen konnte und das war schmerzhaft gewesen. Er hatte es in ihren Augen sehen können. Sie war so tapfer gewesen. Und so erschöpft. Und so müde. Kaum hatte ihr Kopf das Kissen berührt, war sie auch schon eingeschlafen.
Severus strich zärtlich eine Strähne aus ihrer Stirn und fragte sich, wie lange er dazu noch in der Lage sein würde. Hatte er damals schon gefürchtet, sie in Gefahr zu bringen, so stand das jetzt außer Frage! Sie hatte Voldemort geradeso überlebt und das auch nur, weil er glaubte, sie noch zu brauchen. Sonst hätte er nicht die geringste Chance gehabt sie zu retten!
Was war, wenn der Orden ihm keinen Glauben schenkte? Sie würde darauf bestehen, mit ihm zu gehen und was dann? Wie lange würde es dauern, bis Voldemort ihn finden würde und mit ihm Anjolie? Wie lange würde sie dann noch leben?Er würde sie nie ausreichend schützen können und sie selbst hatte nicht mehr die Kraft dazu! Er würde sie unweigerlich in den Tod treiben!
Und was, wenn sie den Orden dazu bringt, dir doch zu glauben? Unwahrscheinlich! Doch selbst, wenn dieses Wunder eintreten würde, er konnte nicht bis dahin warten. Er würde sie nie überzeugen können, sich von ihm fernzuhalten, wenn man sich gegen ihn stellte. Sie würde seine Bedenken ohne zu zögern wegwischen. Daran gab es kein Zweifel. Sie konnte so überzeugend sein!
Severus nahm ihre Hand von seiner Taille und streichelte über ihre Finger. Er war so glücklich gewesen, sie wieder zu haben! Doch erneut schien das Schicksal gegen ihre Verbindung zu sein, denn eines war ihm klar: Er würde sie keiner unnötigen Gefahr aussetzen! Er musste und würde sich von ihr fernhalten!
Er hatte das Gefühl, in ein tiefes Loch zu fallen und zog Anjolie näher an sich, um ihre Wärme zu spüren.
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Sein Blick war kalt. Eiskalt... und angewidert. Anjolie streckte die Hand nach ihm aus. Wollte seinen Arm berühren. Wollte wissen, ob das wirklich ihr Severus war, der sie wie Abschaum ansah, oder nur ein böses Trugbild.
Doch so sehr sie sich auch bemühte, sie erreichte ihn nicht. Je näher sie trat, desto weiter entfernte er sich. Als würde sie ihn abstoßen. So wie Magneten einander abstoßen können. „Severus?“, sprach sie ihn mit flehender Stimme an, doch er drehte sich einfach um und ging.
Sie wollte ihm folgen, kam aber nicht von der Stelle und er ging unaufhörlich weiter. Nebel wallte unter seinen Füßen, stieg auf und umschloss seinen Körper, bis er ihn ganz verschlang. Anjolie blieb das Herz stehen. Er konnte doch nicht... Komm zurück!
„Severus!“, rief sie hinter ihm her. Ihre einzige Antwort kam von einer Krähe, auf einem kahlen Ast des einzigen Baumes weit und breit. Ihre hellgrauen Augen fixierten Anjolie hämisch. Dann stieß sie sich ab und kam im Sturzflug auf sie zu. Anjolie riss erschrocken ihre Arme hoch, um sich vor ihr zu schützen und spürte, wie die scharfen Krallen des Vogels sich in ihr Fleisch bohrten. Sie schlug wild um sich, in dem Versuch den Angreifer loszuwerden, erwischte mit ihrem Arm etwas Hartes und ein tiefes Stöhnen drang in ihr Ohr, gefolgt von einem dumpfen Laut.
Anjolie riss die Augen auf und fand sich mitten im Bett sitzend wieder. Was für 'ne Überraschung! Sie legte den Kopf in den Nacken und stöhnte mit geschlossenen Augen gen Baldachin. Es war gar nicht so lange her, da war sie auch aus einem Traum von Severus aufgeschreckt, nur dass sie da nicht gewusst hatte, von wem sie träumte.
Und es gab noch einen weiteren, viel wesentlicheren Unterschied: Dieser Traum hier, hatte ihr eine fürchterliche Angst eingejagt. Eine Angst, die sie auch jetzt nicht loslassen wollte. Er hatte sie verlassen und die Leere, die sie danach gespürt hatte, tat weh. Verdammt weh. Zum Glück war es nur ein Traum.
„Bist du jetzt ruhiger - weniger schlagfreudig?“, kam seine Stimme von der Seite des Bettes her und Anjolies Kopf schoss herum. Er war im Begriff aufzustehen... vom Boden.
„Schlagfreudig?“, hakte sie nach, ahnte jedoch schon Böses. Und ihre Ahnung wurde umgehend bestätigt. Severus ging um das Bett herum und als er am Fußende stehen blieb, sah sie, dass der Bereich um sein rechtes Auge stark gerötet war. Das war wohl das Harte, dass du gespürt hast. Volltreffer! „Oh, Severus!“, setzte Anjolie entschuldigend an.
„Schon gut! War keine Absicht, das weiß ich!“, wehrte er ab. „Schlecht geträumt?“
„Ja!“
„Von mir?“
„Woher...“
„Du hast meinen Namen gerufen.“ Seine Stimme klang seltsam. So distanziert. Stimmte etwas nicht? Anjolie schüttelte den Gedanken wieder ab. Sie bildete sich das nur ein. Das war sicher noch eine Nachwirkung des Traumes.
Sie schlang die Arme unter die Knie und sah zum Fenster, quer durch das bedrückende Zimmer, froh über die Lichtquelle, die dem Raum das Bedrohliche nahm. „Du hast dich von mir abgewendet!“ Sie brachte es nicht über sich, das Wort ?verlassen' auszusprechen. Allein bei dem Gedanken daran, legte sich ein zentnerschweres Gewicht auf ihre Brust.
Sie atmete tief durch und sah ihn wieder an. Sein Gesicht war absolut ausdruckslos. Er sah nur zu ihr herunter und Anjolie wurde richtig unwohl zumute. „Willst du nicht wieder ins Bett kommen? Ich verspreche auch, nicht auf dich einzuschlagen!“, versuchte sie zu scherzen und versagte kläglich.
„Nein, ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist!“, erwiderte er kühl und ging ans Fenster. „Während du schliefst, hatte ich Gelegenheit über alles nachzudenken und es gibt noch einige Fragen die ich beantwortet haben will.“
„Möchtest du das.“, stellte Anjolie tonlos mit leiser Stimme fest. Warum ist er nur so komisch? Was ist denn nur während der paar Stunden geschehen?
„Wo warst du bis jetzt? Und wie bist du zu Voldemort gekommen?“, fragte er kühl.
Anjolie verspürte den Drang, seine Fragen zu ignorieren und aus dem Zimmer zu stürmen. Allerdings war ihr klar, dass das zu nichts führen würde. Severus schien entschlossen und er bekam stets, was er wollte, egal auf welche Art. Das hatte sie in der kurzen Zeit auf Hogwarts gelernt.
„Ich lebte und arbeitete in den letzten Monaten in einem Kloster und dem dazugehörigen Hospital. Dort habe ich gestern Dumbledore entdeckt und das haben die wohl herausgefunden.“ Wie das geschehen war, verschwieg sie lieber.
„Sie sind zu dir ins Kloster gekommen und haben dich geholt? Warum haben sie nicht gleich Dumbledore mitgenommen?“ Er hatte sich zu ihr umgedreht und sah sie aus schmalen Augen an.
„Nein, sie haben mir aufgelauert, als ich von meiner Nachtschicht bei Murphy's nach Hause ging. Sie versuchten, mich zu entführen, doch Rosifer hat mir geholfen.“ Er biss die Zähne zusammen und sie konnte seine Kiefer mahlen sehen. Was habe ich denn jetzt wieder gesagt?
„Und wie haben sie dich dann erwischt?“, hakte er nach. Anjolie schluckte. Das würde ihm bestimmt nicht gefallen!
„Ich bin von hier abgehauen!“, gestand sie mit unsicherer Stimme. „Aber wieso sollte ich auch all das Zeug glauben, das sie mir erzählt haben?“, versuchte sie sich zu verteidigen.
„Du bist immer noch kein Stück schlauer, was!“, spuckte er ihr entgegen. „Wie so oft hast du gehandelt, ohne zu überlegen und brachtest damit nicht nur dich selbst, sondern auch andere in Gefahr! Reicht es denn nicht, dass deinetwegen schon Menschen gestorben sind? Willst du es immer weiter so treiben?“ Anjolie hätte sich am liebsten in ein Loch verkrochen. Sie wusste, dass er recht hatte, doch diese Zurechtweisung hatte sie nicht erwartet. Vor allem der Tatsache wegen, dass sie zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst hatte, wer sie eigentlich war.
Immer mehr schien es ihr, dass ihr Traum gerade nicht nur ein Traum gewesen war. Entwickelte er sich etwa zum bösen Omen? Wie konnte sich Severus in der kurzen Zeit nur so verändern. Vorhin war er so fürsorglich gewesen, hatte sich so liebevoll um sie gekümmert. Und jetzt? Seine Einhundertachtziggradwendung erwischte sie eiskalt.
Er kam ein paar Schritte auf sie zu. Mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt und neutraler Mimik fragte er: „Du sagtest, du hättest in dem Kloster gearbeitet. Was hast du dort gemacht?“
„Zuarbeiten aller Art. Zimmerdienst, Reinigungsarbeiten, Dinge eben, für die ich keine Ausbildung brauchte.“, antwortete sie schulterzuckend. Sie verstand nicht, was ihn daran interessierte.
Er hob sein Kinn noch etwas an und zog eine Augenbraue nach oben. „Was? Die Putzfrau gespielt?“, höhnte er mit dem perfekt dazugehörigem Lächeln.
Sie blinzelte ihn betroffen an. „Wenn du es so nennen willst! Allerdings verstehe ich nicht, was daran so schlimm sein soll! Es ist ehrliche Arbeit und half mir erst einmal über die Runden.“
„Es stört dich also nicht, dich für andere zu erniedrigen? Soll es so auch in Zukunft weitergehen?“ Sie starrte ihn verstört an. „Du siehst so geschockt aus“, fuhr er fort. „Hast du dir denn keine Gedanken über die Zukunft gemacht? Du hast nichts gelernt, was dir in der Welt der Muggle helfen kann und deine üblichen ?Engeltätigkeiten' fallen natürlich aus. Dafür mangelt es dir jetzt an so einigem!“ Seine Stimme troff vor Hohn und um Anjolies Herz schloss sich eine eiserne Faust.
„Oder hast du gedacht, jetzt wo du Kontakt aufgebaut hast, könntest du in der Welt der Zauberer bleiben? Was willst du hier tun? Deine Qualifikationen für unsere Welt sind noch unzulänglicher!“ Er beugte sich etwas nach vorn und legte seinen Kopf in Schräglage. „Aber du könntest natürlich auch in Hogwarts als Küchenkraft oder Klofrau arbeiten! Ich bin sicher, sobald Dumbledore wieder auf den Beinen ist, wird er dir eine Chance geben. Er hat eine Schwäche für alles Nutzlose! Wie wäre es, Anjolie? Würde dir das gefallen, den Schülern den Hintern abzuputzen?“
„Ich... keine Ahnung, was...“ Anjolie wusste darauf nichts zu sagen. Ihr Hirn war wie blockiert. Sie konnte einfach nicht verstehen, warum er sie so angriff. Sie versuchte krampfhaft eine Antwort zu formulieren, doch sie brauchte zuviel Konzentration, um die Tränen zurückzudrängen, die sich an die Oberfläche kämpften.
„Was? Hast du etwa mit besseren Aussichten gerechnet? Da müsstest du dich aber mehr ins Zeug legen! In unserer Welt ist nichts umsonst!“ Sein Gesichtsausdruck wurde auf einmal berechnend. „Aber ich bin ungerecht zu dir! Es gibt etwas, das du sehr gut kannst!“ Das höhnische Lächeln war zurückgekehrt. „Du bist wirklich fantastisch im Bett! Warum gehst du nicht in diese Richtung? Niemand kann behaupten, dass du nicht für 'nen guten Fick zu gebrauchen wärst! Auf die Weise haben es schon einige Muggleweiber in die Zaubererwelt geschafft und sich einen Zauberer geangelt. Warum nicht auch du?“
Muggleweiber? „Ist es das?“, flüsterte sie. Langsam begann sie zu begreifen. Sie erinnerte sich daran, wie abfällig er in der Vergangenheit von Mugglen gesprochen hatte. „Ich bin kein Engel mehr, nur ein Mensch ohne Zauberkräfte und deshalb deiner nicht mehr würdig?“ Sie spürte den Kloß im Hals und glaubte daran ersticken zu müssen. Ihre Augen brannten von den ungeweinten Tränen.
Er sah sie abfällig von oben bis unten an. „Sie mal an, sie hat's begriffen! Hast du wirklich gedacht, ich gebe mich jetzt noch mit dir ab, nachdem du nichts mehr wert bist? Der Gedanke, dich die ganze Zeit ertragen und durchschleppen zu müssen, widert mich an. Als Engel warst du wenigstens brauchbar!“
Er ging zum Stuhl, nahm seine Robe von der Lehne und zog sie an. „Da das endlich geklärt wäre, wird es Zeit zu gehen“, erklärte er seelenruhig dabei. Anjolie beobachtete ihn regungslos. Sie konnte jetzt nichts sagen oder unternehmen, sonst hätte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten können. Er nahm seinen Umhang und sah sie an, seine schwarzen Augen angewidert auf ihr ruhend.
„Ich muss dir wohl nicht sagen, dass du in Zukunft so weit wie möglich Abstand zu mir zu halten hast! Da der Orden wohl nicht so schnell von dir lassen wird, ist ein kompletter Kontaktabbruch leider nicht möglich, aber ich hoffe, du wirst dir Mühe geben!“
Dann ging er zur Tür und zog sie ruckartig auf, sah aber noch einmal zurück. „Und reiß dich zusammen und lass dich nicht wieder entführen! Es wäre mir äußerst unangenehm, dich nochmals retten zu müssen!“ Damit schloss er die Tür und Anjolie hörte, wie sich seine Schritte auf dem Flur entfernten.
Anjolie ließ sich zur Seite fallen und rollte sich zusammen. Ihr Herz hämmerte hart gegen die Rippen. Was war da gerade geschehen? Warum war ihre Welt, die sie gerade erst bruchstückhaft zurückbekommen hatte, so plötzlich wieder zusammengebrochen? Sie versuchte zu schlucken, doch der Kloß in ihrem Hals ließ das nicht zu.
Sie presste ihre Faust gegen den Mund und ihre Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Sie hatte ihn verloren und konnte doch nicht verstehen, warum. Ihre Augen brannten unbarmherzig. Warum konnte sie nicht weinen? Jetzt, wo er gegangen war, hatte sie doch die Möglichkeit! Warum konnte sie ihren Schmerz, ihre Enttäuschung nicht einfach hinausschreien? Warum tat er ihr das an? Warum jetzt? Warum konnte sie nicht wütend auf ihn sein? Warum? Warum?
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Vergnügt pfeifend schlenderte Rosifer die Treppe hinunter und dachte an Dinge, die in den letzten Stunden nicht geschehen waren, doch durchaus noch könnten. Es war nur eine Frage der Zeit! Schließlich war er jetzt schon in seinem Zimmer einzogen. Der definitive Fortschritt!!!
Remus zierte sich zwar noch sichtlich, doch das störte Rosifer nicht. Dass er überaus schamhaft war, schon! Er hatte sich doch tatsächlich hinter dem Para vin umgezogen! Also wirklich. Als ob er, ein ehemaliger Engel, ein uraltes Wesen, nicht den Anstand hätte, wegzusehen!
Als Rosifer die Treppenmitte erreichte, sah er einen Menschenauflauf in der Halle und verdrehte die Augen. Es geht schon wieder los! Aber von denen würde er sich nicht die Laune verderben lassen! Lässig lief er quer über die gesamte Treppenbreite weiter und steuerte die Tür zur Küche an, wurde kurz vor dem Ziel jedoch von Fred Weasley abgefangen. Mist! So nah dran!
„Na, du bist ja gut drauf!“, grinst Fred ihn schräg an.
„Japp!“, antwortete Rosifer salopp. „Was geht denn hier schon wieder ab?“, fragte er nach und nickte in Richtung wilder Horde.
„Die sind der Meinung, dass Snape jetzt lang genug geschlafen hat und ihnen endlich Rede und Antwort stehen sollte!“
„Und wieso stehen sie dann hier herum und holen ihn nicht herunter?“
„Sie wollten keine weitere Moralpredigt von Anjolie auslösen! Die muss ihnen ja ganz schön den Marsch geblasen haben! Hat sie sich wirklich mit Moody angelegt?“
„Drücken wir es so aus: Sie war in Hochform!“, zuckte Rosifer mit den Schultern.
„Das sagt mir nicht viel! Ich kenne sie nicht. Habe nur Erzählungen von Ginny gehört! Die hatten es aber in sich!“, grinste Fred.
„Keine Bange, du wirst sie bald kennenlernen!“, murmelte Rosifer und sah sich nach Remus um. Der war ihm in einer unachtsamen Minute entwischt und Rosifer wollte das Eisen schmieden, solange es noch im Feuer war. Dass es erst einmal hineingelegt werden musste, um geschmiedet zu werden, verdrängte er vorerst!
„Hast du Remus gesehen?“, fragte er nach ergebnisloser Rundschau.
„In der Küche. Hat sich von Mom einen Tee geben lassen.“
„Seit wann kann er das denn nicht mehr selber?“, hakte Rosifer verständnislos nach.
„Zunächst mal: Solange meine Mutter in der Küche ist, gibt sie die Führung nicht aus der Hand! Aber davon abgesehen, es geht Remus nicht so gut. Du weißt schon, Vollmond und so!“ Rosifer klatschte sich gedanklich die Hand an die Stirn. Du Vollidiot! Wie konntest du das nur vergessen? Die Unruhe, die Remus plagte, war keineswegs eine Reaktion auf Rosifers Charme gewesen, auch wenn ihm das gut gefallen hätte. Er ließ Fred stehen und machte sich auf in die Küche.
„Rosifer!“, rief ihn Moody und er sah ihn genervt an. „Hast du was von Snape und der Kleinen gehört?“ Sind sie endlich wach?“
„Oh, entschuldige Moody! Da habe ich doch tatsächlich vergessen, die ganze Zeit mit dem Ohr an der Tür zu hängen, um sie auszuspionieren! Wie konnte ich nur!“, blaffte Rosifer ihn an. Dann atmete er tief durch und versuchte eine weniger sarkastische Antwort von sich zu geben. „Anjolie hat viel durchmachen müssen und ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie noch Zeit braucht, um wieder einigermaßen gut auf die Beine zu kommen. Ihr werdet euch wohl gedulden müssen!“
Damit drehte er sich wieder zur Tür, stoppte aber noch einmal kurz und sah Moody über seine Schulter an. „Und zu deinem eigenen Besten: Nenn sie nicht ?Kleine'! Das könnte schmerzhafte Konsequenzen für dich haben!“ Er stieß die Tür auf und war schon halb im Treppengang verschwunden.
„Warte!“ Rosifers Hand verkrampfte sich bei Moodys erneutem Ruf am Türblatt.
„Was denn noch?“
„Wenn Snape schon nicht runter kommt, könntest du uns wenigstens erzählen, was bei Voldemort vorgefallen ist! Was meinte Anjolie damit, dass er erst mal beschäftigt wäre?“ Rosifer seufzte. Soviel zu meinen Plänen!
„Also gut! Aber ich hole mir erst einen starken Kaffee! Die fünf Minuten könnt ihr auch noch warten!“ Er ließ die Tür hinter sich zuklappen und rannte fast zur Küche, um einer weiteren Störung vorzubeugen.
In der kurzen Zeit fragte er sich, was er ihnen überhaupt erzählen sollte. Außer dem Erinnerungszauber hatte er nicht viel mitbekommen und Voldemort war nicht sehr gesprächig gewesen, was seine Pläne betraf. Er hatte das Gefühl gehabt, dass Draco etwas wusste, doch der war mit seinem ?Vater' auf Kriegsfuß und deshalb nicht besonders kommunikativ. Und seine Mutter war nur wieder mit ihrer Klage gekommen, ihn unbedingt sprechen zu müssen. Da hatte er sofort auf Durchzug geschalten und lieber über Anjolie und ihren neuen ?Freund' nachgedacht.
„Hallo Rosifer!“, rief Ginny, als er die Küche betrat. Sie saß mit Hermine bei Remus am Tisch und Rosifers Laune erreichte ihren bisherigen Tiefpunkt. Das Haus war schlichtweg zu voll! Nirgends konnte man in Ruhe baggern!
„Hallo!“, brummte er zurück. „Gibt es in diesem Haus noch brauchbaren Kaffee oder hat der Orden schon alles vereinnahmt?“
„Ich hab schon welchen aufgesetzt!“, meldete sich Molly vom Herd her. Beschwingt wie immer brachte sie eine Tasse an den Tisch und stellte sie neben Ginny. Rosifer warf ihr einen mürrischen Blick hinterher, schnappte sich die Tasse und setzte sich neben Remus. Sie kam mit der Kaffeekanne zurück und goss die dampfende, herrlich duftende dunkle Flüssigkeit ein. „Remus meinte, dass du nach dem Aufstehen immer eine Tasse guten Kaffees bevorzugst, sonst wärst du nicht zu ertragen!“
Er sah Remus schief von der Seite an. „Nicht zu ertragen, he? Und dabei bin ich doch so umgänglich!“, tat er beleidigt.
„Das würdest du nicht behaupten, wenn du früh morgens mit so einem Morgenmuffel wie dir auskommen müsstest!“, konterte Remus trocken. In seinen müden Augen funkelte es jedoch, als er zu ihm herüberschielte.
Rosifer riss sich von dem Anblick los und konzentrierte sich auf die heiße Tasse in seinen Händen. Genüsslich sog er den Duft ein und nahm einen vorsichtigen Schluck. „Fantastisch! Genau das, was ich vor dem Verhör brauche!“
„Was für ein Verhör?“, fragten alle am Tisch gleichzeitig.
„Die ungeduldigen Herrschaften dort oben waren der Meinung, dass, wenn Snape ihnen schon nicht zur Verfügung steht, sie eben mich nehmen. Hab 'ne Schonfrist von zehn Minuten bekommen.“, antwortete Rosifer gleichgültig.
„Ich wüsste auch gern, was genau vorgefallen ist!“, murmelte Hermine.
„Kommt doch mit mir und hört es euch an! Dann könnt ihr mir wenigstens beistehen!“
„Ich glaube nicht, dass der Orden uns lässt!“, murrte Ginny.
„Ganz genau! Das ist auch nichts für euch!“, mischte sich Molly mit ein.
„Unsinn!“, widersprach Rosifer. „Sie sind alt genug und haben mittlerweile soviel durchlebt, dass sie sich das Recht verdient haben, die Wahrheit zu erfahren. Außerdem werde ich so nicht allein gequält!“
„Ich bezweifle, dass du wie Snape mit Abneigung und Misstrauen zu rechnen hast!“, überlegte Ginny. „Ich frage mich wirklich, was zwischen ihm und Dumbledore geschehen ist! Anjolies Einwand, dass er die Gelegenheit uns zu töten nicht genutzt hat, war sehr einleuchtend!“
„Anjolie ist nicht gerade unvoreingenommen was ihn betrifft! Sie ist verrückt nach ihm und würde ihn vor allem und jedem in Schutz nehmen!“, widersprach Hermine.
„Das glaube ich nicht!“, entgegnete Ginny. „Sie hat ihn zwar sehr gern, war ihm gegenüber jedoch nie blind! Sie hatte nur stets einen besseren Einblick in sein Wesen, als jeder andere das von sich behaupten könnte!“ Rosifer stimmte ihr insgeheim zu. Snape hatte sich Anjolie gegenüber immer anders verhalten.
„Rosifer, komm endlich!“ Moody kam zur Küche hineingepoltert und machte sich im Türrahmen breit. Rosifer ließ sich nicht stören und trank seinen Kaffee in Ruhe aus. Dann bedachte er seine Tischnachbarn mit einem herausfordernden Blick und fragte letztendlich ungeduldig: „Kommt ihr nun mit?“, als sie sich nicht rührten.
Zögernd erhoben sie sich und Rosifer ging an Moody vorbei, die Treppe zur Halle hinauf. Als er sie betrat, kam gerade Snape die Treppe herunter und Rosifers Stirn runzelte sich augenblicklich. Warum war er allein und weshalb sah er so verbissen aus? Gut, der Kerl sah selten anders aus, doch in seinen Augen stand etwas, das Rosifer nichts Gutes ahnen ließ. Er war in genug fremde Rollen geschlüpft, um zu wissen, dass hier etwas nicht stimmte.
Er nahm Snape genauer in Augenschein und seine Augen verengten sich. Was war das für eine Rötung um sein Auge? Er sah zur Treppe hinauf, in der Hoffnung, dass Anjolie ihrem heißgeliebten Severus nur verspätet folgen würde, doch sie kam nicht. Was war hier los?
Hinter Rosifer kamen die anderen in die Halle und schoben ihn zur Seite. Moody stürmte sofort auf Snape zu und forderte ihn auf, ihm umgehend zu folgen. Rosifer sah ihm zu, wie er im Versammlungsraum verschwand und hielt Remus am Arm fest, als dieser sich dem Trupp anschließen wollte.
„Warte! Ich gehe nach oben und schau nach, was Anjolie macht! Sieh du bitte zu, dass sie ihn da drinnen nicht in der Luft zerreißen!“
„Warum kommst du nicht mit? Anjolie schläft bestimmt noch, sonst wäre Severus bestimmt nicht allein nach unten gekommen!“, fragte Remus verwirrt.
„Ich weiß nicht.“, murmelte Rosifer und sah die Treppe hinauf. „Ich habe so ein ungutes Gefühl! Ich will nur mal zur Sicherheit nachschauen. Sollte sie noch schlafen, bin ich sofort wieder unten!“ Remus runzelte die Stirn, nickte dann aber zögernd und folgte den anderen.
Rosifer brachte den Weg nach oben im Laufschritt hinter sich. Ging es ihr schlechter? Hatte Severus sie deshalb nicht mit hinuntergebracht? Doch warum sollte er sie dann allein lassen? Dieser Kerl war einfach zu schweigsam! Er musste erst noch lernen, sich anderen mitzuteilen und Rosifer würde es ihm gern beibringen, wenn nötig mit Gewalt!
Er erreichte ihre Tür und lauschte einen Moment, konnte aber nichts hören. Vielleicht schlief sie ja doch noch und er reagierte nur überzogen? Doch der Ausdruck in Snapes' Augen!
Beherzt griff er nach dem Knauf und drehte ihn vorsichtig. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen und Rosifer steckte den Kopf durch den Spalt, um nach ihr Ausschau zu halten. Er brauchte nicht zu suchen, denn sie lag zusammengekauert auf dem Bett, wo sein Blick zuerst hinfiel.
Er schlüpfte durch die Öffnung und schloss die Tür hinter sich. Leise trat er ans Bett und sah, dass sie die Augen geöffnet hatte. Sein Herz blieb kurz stehen, während er sie beobachtete und nach einem Atemzug suchte. Er schloss die Augen und atmete beruhigter durch, als er das regelmäßige Heben und Senken ihrer Brust erkannte.
Rosifer ging um das Bett herum an ihre Seite. „Anjolie?“, sprach er sie sanft an und berührte leicht ihre Schulter. Sie zuckte zusammen, als hätte sie ihn erst jetzt bemerkt. Ausdruckslose Augen schauten zu ihm hoch und in Rosifers Magen landete der Kilimandscharo. Was ist mit ihr geschehen?
„Alles in Ordnung?“, fragte er unbeholfen und hätte sich im selben Moment gern selbst in den Hintern getreten. Es war ja wohl offensichtlich, dass nicht alle in Ordnung war!
Ihr Blick glitt wieder auf den imaginären Punkt an der Seite des Bettes, ohne auf seine Frage zu reagieren. Kann ich ihr nicht verübeln! Würde ich auch nicht!
Er setzte sich auf die Bettkante und lehnte sich ihr entgegen. „Was ist geschehen?“, flüsterte er. Doch er hatte genauso wenig Erfolg. Rosifer sah sich hilflos um und entdeckte nichts, womit er ihre Aufmerksamkeit hätte erreichen können. Das einzige, was ihm einfiel, war Snape. Doch der hatte sie in diesem Zustand allein gelassen und noch nicht einmal Hilfe für sie besorgt. Dieses Verhalten...
Rosifer sah Anjolie wieder an. „Hat er dir das angetan?“, fragte er, ohne darüber nachzudenken, welche Auswirkungen das auf sie haben könnte. Ihre Augen weiteten sich und sie sah ihn bestürzt an. „Was ist geschehen?“, hakte er eindringlich nach, doch wieder antwortete sie ihm nicht, blickte ihn nur mit diesen großen, grünen Augen an.
Verzweifelt packte er sie an den Schultern und zog sie hoch. „Anjolie, rede mit mir!“, verlangte er. Sie flüsterte etwas, aber er konnte es nicht verstehen, so leise kam es heraus. Er zog sie an seine Schulter und legte den Zeigefinger unter ihr Kinn, um den Kopf anzuheben. „Wie bitte?“
Schmerz durchzuckte ihren Blick. „Er ist weg!“, flüsterte sie gebrochen, so dass er es gerade verstand.
„Wer?“, fragte er nach, obwohl er die Antwort bereits kannte. Doch sie musste reden! Das konnte er spüren.
„S...“, fing sie an, unterbrach aber, weil sie heftig schlucken musste. „Severus.“, brachte sie letztendlich heraus und trotz der Qual, die er deutlich heraushören konnte, klang der Name wie eine Liebkosung.
„Was meinst du mit ?weg'?“
„Er hat mich verlassen!“ Verzweiflung schwang in ihrer noch immer leisen Stimme.
„Warum?“, fragte Rosifer ungläubig. Er konnte nicht verstehen, warum Snape so etwas tun sollte. Er liebte sie doch!
„Bin unwürdig!“, antwortete sie und sog zitternd Luft ein. Sie versuchte krampfhaft die Tränen zurückzuhalten. Mittlerweile verkrallte sie ihre Hand in seiner Jacke, als wolle sie doch den Halt suchen, den sie dafür brauchte.
„Was redest du da für einen Unsinn?“, fauchte Rosifer. Was war nur zwischen den beiden vorgefallen, dass sie sich so verhielt? Das war nicht Anjolie! Sie war nicht so unsicher und schwach! „Wie kommst du denn darauf?“
„Er hat es mir gesagt! Bin nur ein wertloser Muggle, der andere dazu bringt, ihr Leben zu riskieren oder schlimmer noch, es zu lassen!“ Ihre Stimme wurde immer zittriger. „Und er hat Recht! Ich habe immer nur Ärger gebracht! Mir war egal, was mit mir passiert und so habe ich ignoriert, was ich den Menschen um mich herum damit zumute. Seit meiner Rückkehr war das auch nicht besser. Immer noch das gleiche! Ich bin eine Gefahr und das wird sich nie ändern. Es ist schon besser, wenn er... wenn man sich von mir fernhält.“
Rosifer hielt es nicht mehr aus. Er schob sie von sich weg, bis sie aufrecht saß und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Jetzt hör mir mal gut zu! Was du erzählst ist absolute Scheiße! Du bist nicht wertlos und du bist keine Gefahr für andere! Mir ist vor dir noch nie ein höheres Wesen begegnet, das sich mehr um das Wohl derer sorgte, die um sie herum waren oder auf ihre Unterstützung zählten! Du hast immer dein eigenes Wohl und deine Interessen hinten an gestellt, wenn es nötig war!“
„Aber ich bin kein höheres Wesen mehr! Und ich habe Severus und dich in Gefahr gebracht, weil ich einfach davongelaufen bin!“ Ihre Augen wanderten stetig über sein Gesicht, bemüht, die Tränen, die sich darin sammelten, nicht freizulassen.
Er schnaubte und antwortete: „Weder Snape, noch ich waren deinetwegen in Gefahr! Die einzige, die unter deiner Flucht zu leiden hatte, warst du selbst!“ All ihre Bemühungen waren vergeblich. Der Damm brach und die Tränen bahnten sich ihren vorbezeichneten Weg.
„Warum lebe ich, Rosifer?“, schluchzte sie. „Wieso bin ich wieder da? Menschlich, hilflos... nutzlos?“
Rosifers Magen verkrampfte sich. „Ich weiß es nicht!“, antwortete er ehrlich. „Aber egal, welcher Grund deiner Rückkehr zugrunde liegt, du kamst als Mensch zurück und das muss eine Bedeutung haben!“ Er strich mit dem Daumen über ihre Wange und zerstörte so die Bahn ihrer Tränen. „Ich habe noch nie von einem Engel, erst recht nicht von einem gefallenem, gehört, der das Glück hatte, ein neues Leben als Mensch führen zu dürfen.“ Er schämte sich für das plötzliche Neidgefühl, das in ihm hochkam. Sie hatte all das bekommen, was er sich je erträumt hatte.
„Glück?“, schluchzte sie. „Du meinst wohl eher Bestrafung! Ohne Kraft und Unsterblichkeit unter die Wölfe geworfen zu werden, verstehe ich nicht unter Glück. Schutzlos den Bösartigkeiten ausgesetzt, die Menschen einander antun. Nein! Ich wurde für all meine Taten bestraft!“
Rosifer spürte Bitterkeit in sich aufsteigen. Er würde seinen rechten Arm für die Chance geben, die sie erhalten hatte. „Sei nicht so undankbar!“, schnauzte er sie an und bekam wegen ihres bestürzten Blickes umgehend ein schlechtes Gewissen. „Du hast eine zweite Chance erhalten!“, fügte er deshalb sanfter hinzu. „Und die vollkommene, unvoreingenommene Liebe des Herrn, die er jedem Menschen zuteil werden lässt. Allein das zeigt, dass du gar nicht unwürdig sein kannst!“, murmelte er und starrte auf einen unsichtbaren Punkt zwischen sich und Anjolie.
„Es tut mir leid!“, flüsterte sie. „Ich denke mal wieder nur an mich! Ich flenne dir hier was vor und beschwere mich über etwas, worüber du dich zutiefst freuen würdest! Es tut mir leid!“ Sie schluckte heftig und Rosifers schlechtes Gewissen wuchs ins Unermessliche. Du bist so ein dämlicher Egoist!
Plötzlich wurde ihr Tränenfluss wieder stärker. „Warum liebt er mich denn nicht mehr?“, fragte sie mit bebenden Lippen. Ihre Verzweiflung war greifbar und er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er ihr da wieder heraushelfen konnte. „Als ich ihn wiedertraf, glaubte ich, dass mein Leben jetzt endlich losgehen konnte. Ich weiß, dass er mich einmal geliebt hat. Wie kann das plötzlich vorbei sein? Es wird doch behauptet, dass die Liebe die stärkste Macht überhaupt sei. Wie kann sie dann einfach so vergehen? Ich versteh das nicht!... Ich will nicht allein sein, Rosifer!“
Er zog sie wieder an seine Brust und sie weinte herzerweichend. Rosifer kannte die Antwort auf ihre Fragen nicht. Einen Moment schlich sich der Gedanke ein, dass Snape sie wahrscheinlich nie richtig geliebt hatte. Doch das konnte und würde er ihr auf keinen Fall sagen! Er hatte heute schon genug Unsinn von sich gegeben! Außerdem hatte er die beiden gesehen und wollte nicht glauben, dass die Art von Blicken, die Snape ihr damals zugeworfen hatte, nicht aus Liebe resultierten. Aber eines stand fest: Dieser Kerl würde ihm für sein Verhalten Rede und Antwort stehen und wenn Rosifer ihn mit Gewalt dazu zwingen musste.
„Ich weiß nicht, was in Snape gefahren ist!“, begann er. „Doch es zeigt mir, dass er ein noch größerer Idiot ist, als ich immer angenommen hatte!“ Er streichelte über ihren Kopf und wiegte sie hin und her.
„Was soll ich denn ohne ihn tun?“, fragte sie nach einer Weile mit gebrochener Stimme. „Ich hatte doch nur ihn und seine Liebe!“
„Also das ist nicht wahr!“, widersprach Rosifer vehement. „Du hast auf jeden Fall mich, denn ich werde dich nicht einfach so wieder aus meinem Leben verschwinden lassen! Wer soll mir denn bei Remus Tipps geben, wenn nicht du?“ Sie stieß ein ersticktes Lachen aus, das aber sofort wieder versiegte. Doch für ihn war es ein kleiner Hoffnungsschimmer. „Und ich bin ganz sicher, dass es in diesem Haus eine Menge Menschen gibt, die dich sehr gern haben! Außerdem, was ist mit denen, die dir in den letzten drei Monaten geholfen haben. Denen wirst du auch nicht egal sein!“ Rosifer wusste, dass seine Worte kein Trost bei einer verlorenen Liebe waren, doch vielleicht halfen sie, um nicht ganz zu verzweifeln.
Ihre Schultern bebten unter seiner Hand und Rosifer hätte Snape erwürgen können. „Pscht! Es wird wieder werden! Ganz bestimmt!“ Sie schluchzte heftig und Rosifer drückte sie noch fester an sich. „Es würde dir nicht zufällig helfen, wenn ich dir anbiete, ihm hinterherzulaufen und zu verprügeln?“, fragte er mutlos und sie gab einen schnaubenden Laut von sich. „Ich kann das! Wirklich! Ich bin viel größer und stärker als er!“
Sie lachte wieder erstickt und löste sich von ihm. Mit den Handballen wischte sie ihre Tränen weg und schniefte. „Danke, aber das ist nicht nötig! Ich glaube, ich habe ihm schon ein blaues Auge verpasst!“
Rosifer zog die Augenbraue hoch und sagte: „Du musst mir bei Gelegenheit erklären, wie du das geschafft hast!“
Sie starrte ihn stumm an und fragte dann: „Halt mich nicht für undankbar, aber wieso bist du eigentlich hier?“ Ihre Stimme war ganz rau vom Weinen.
„Ich habe Snape allein runterkommen sehen und mich gewundert, wo du steckst!“
Ihre Lippen zitterten verdächtig und ihre Augen wurden wieder feucht. Rosifer fragte sich frustriert, was er jetzt wieder gesagt hatte. „Danke!“, flüsterte sie. „Danke, dass du gekommen bist!“ Er blinzelte erstaunt, lächelte dann aber und wischte ihr die letzte Träne von der Wange. „Mich hätte nichts davon abhalten können!“
„Wir sollten runter gehen!“, schlug er vor, um die drückende Stille zu unterbrechen. „Der Orden hat sich versammelt und wird sich beraten, was wir als nächstes unternehmen. Wir brauchen deine Hilfe, in Bezug auf Voldemort, sein neuestes Ziel und vor allem Dumbledore.“
Anjolies Augen umschatteten sich, dann nickte sie und stand auf. Sie sah sich um und fragte: „Was soll ich anziehen? Sev... Severus hat meine Kleidung!“ Er ging wieder um das Bett herum und sah sich im Zimmer um. Auf dem Stuhl lag ein Bündel und er holte es.
„Hier sind deine Sachen!“ Er legte sie auf das Bett und hörte Anjolie ein „War ja klar!“ flüstern. „Was meinst du?“, hakte er nach.
„Warum sollte er sie vergessen und mitnehmen! Er will schließlich nichts mehr von mir!“
„Anjolie! Wäre es dir lieber, in diesem scheußlichen Nachthemd runter zu gehen?“ Sie sah ihn schulterzuckend an und er verstand, dass sie das gern ertragen würde, wenn Snape es sich nur anders überlegte. Oh, dieser Kerl machte ihn so was von rasend!
Nachdem sie ihn eine Weile angestarrt hatte, fragte er sich, worauf sie wartete. Bis ihm klar wurde, dass sie ihn nicht als Zuschauer brauchte. „Zieh dich an!“ Damit ging er ans Fenster und starrte in den Nachbargarten.
„Du willst hier bleiben?“, hörte er sie unsicher fragen.
„Ich weiche vorerst nicht von deiner Seite! Aber ich verspreche dir, ich schiele nicht!“ Er hörte Stoff rascheln und konzentrierte sich wieder auf die Aussicht außerhalb des Fensters.
„Wieso bist du eigentlich plötzlich so nett zu mir?“, hörte er sie fragen. Er horchte überrascht auf. Das wusste er selbst nicht. Irgendwann, während ihres gemeinsamen Trips durch die Hölle, musste es geschehen sein. Er konnte sich allerdings nicht an den Auslöser dafür erinnern.
„Weil ich dich mag! Nimm es, wie es ist!“, brummte er deshalb.
„Er wird auch da sein, oder!“, stellte sie unsicher fest.
„Ja!“
„Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, ihn zu sehen, ohne die Fassung zu verlieren!“
„Du bleibst in meiner Nähe und siehst ihn am besten gar nicht an! Er verdient keinerlei Aufmerksamkeit! Und falls du ihn doch siehst, dann sag dir, wie bekloppt er ist, so eine tolle Frau wie dich, gehen zu lassen!“
„Du meinst wohl eher, zur Hölle zu schicken!“, verbesserte sie ihn mit unsicherer Stimme.
„Vergiss nicht, dass du schon oft genug dort warst und jedes Mal heil wieder herausgekommen bist! Ihn wirst du auch überstehen!“ Rosifer biss die Zähne zusammen. Er hoffte, dass sie bald ihre innere Stärke wiederfinden würde und verfluchte Snape dafür, dass er sie so geschwächt hatte. Er verdiente wirklich eine Tracht Prügel. Aber vielleicht fand sich ja noch die Gelegenheit!
„Wir können!“, ertönte ihre leise Stimme. „Kann ich vorher noch ins Bad?“ So weit war es schon gekommen, dass sie nicht mal mehr selbstbewusst genug war, um das selbst zu entscheiden. Snape, du bist ein toter Mann!
„Natürlich!“, erinnerte er sich zu antworten und gemeinsam verließen sie das Zimmer.
oOoOoOoOoOoOoOoOoOoOoOo
seufz - Das wäre geschafft! Jetzt, wo ihr durch seid, versteht ihr sicher, warum ich so lange für das Chap brauchte. Es tat irgendwie weh, auseinander zu reißen, was ich selbst zusammen gezimmert habe.
Wie wär's mit 'nem Kommi? Auch wenn ihr mir eure Wut ins Gesicht schreien wollt! Ich lese alles;-)
VLG Rosiel
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