von Rosiel
Ha! Endlich geschafft! Diesmal hat es wirklich arg lange gedauert, aber irgendwie wollte es nicht voran gehen. Doch ich hoffe, das Kapitel besänftigt euch ein wenig!
Danke für eure ganz, ganz lieben Reviews. Schön, dass ihr mit der Geschichte mitfiebert und ich hoffe, ich enttäusche euch mit meinen zukünftigen Ideen nicht.
Isis1983: DANKE! Tut mir aber leid, dass ihr diesmal wirklich lange auf meine Fortsetzung warten musstet!!! Aber leider ist es nun mal schneller gelesen, denn geschrieben! *seufz*
eule20: Wow, deine Fragen sind ja fast unheimlich! Sie beziehen sich auf genau das, was ich in zukünftigen Kapiteln behandeln will. Doch das zeigt mir auch, dass ich irgendwo doch auf dem richtigen Weg sein muss. Danke!! Das heißt aber auch, dass du hier und jetzt deine Fragen nicht beantwortet bekommst. Es sei denn natürlich du liest weiter!
Nightwish, Bigben: Sorry, mit dem schnell weiterschreiben hat´s nicht so geklappt. Dafür gibt´s ein paar Seiten mehr.
Crazygirli: Schön, dass dir Anjolie I gefallen hat. (Hat meine Schleichwerbung doch was genutzt!) Danke für dein Lob! Fall dir aber mal Sachen auffallen, die ich zu übernehmen vergessen habe, dann hab keine Hemmung mich darauf hinzuweisen! Das sehe ich als Inspiration an. ;-)[/style]
6. Kapitel - Bis hierher und nicht weiter!
Die Kälte drang durch ihre Kleidung und ließ sie erbärmlich zittern. Doch sie war nicht der einzige Grund dafür. Ihre wenigen klaren Momente wurden immer wieder von Erinnerungen abgelöst, denen sich ihre Gefühle anpassten.
Und sie hatte geglaubt, mit dem Ende des Fluchs hätte sie das hinter sich. Du hättest es besser wissen sollen! Kaum war sie im finsteren Verlies allein gewesen, ging es von neuem los. Es waren keineswegs mehr nur Schlachten oder Tote. Nein, die Erinnerungen waren intensiver und vor allem detaillierter.
Im gleichen Maße wurden auch die Gefühlsumschwünge extremer. Sie erinnerte sich an Momente, an denen sie glücklich war - mit Menschen und anderen Wesen, die sie sehr mochte. Diese wechselten zu Momenten, in denen sie sich in der Hölle befand und sie ihre grausame, blutrünstige Seite kennenlernte. Eine Seite, die sie im Hier und Jetzt so bösartig empfinden ließ, dass es ihr hinterher vor sich selbst graute.
Gerade war sie wieder aus einem dieser Flashbacks aufgewacht, hatte sich aufgesetzt und wiegte sich auf dem harten Steinboden vor und zurück, in der Hoffnung ihrer Gefühle Herr zu werden. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, wie sie dem ein Ende bereiten konnte. Sie fühlte sich so absolut hilflos... und allein.
In ihr tobte der Kampf zwischen ihrer guten und bösen Seite und sie fürchtete, dass die böse gewann. Denn nur während ihrer bösartigen Erinnerungen fühlte sie sich stark. Es war so verführerisch ihrer Wut, Gier und ihrem Machthunger nachzugeben. Zum Glück hatte sie bisher immer rechtzeitig ihren Verstand wiedergefunden.
Anjolie stützte die Ellbogen auf die Knie und drückte ihre Fäuste gegen die Stirn. Während sie tief durchatmete, massierte sie damit über die schmerzende Haut. Es half ein wenig und die Pause von den Erinnerungen gab ihr die Gelegenheit ihre überspannten Nerven zu beruhigen. Sie spürte, wie verklebt ihre Finger waren und sie erinnerte sich an den Geschmack ihres Blutes. Dem Gefühl nach, mussten ihre Hände voll von getrocknetem Blut sein.
Da erschien ein Bild vor ihrem inneren Auge. Es zeigte ihre Hände - voller Blut. Sie ließ ihr Schwert durch die glitschigen Finger gleiten und lief auf ein Kind zu, das blutend an einem Baum lehnte. Sie riss es in ihre Arme und der leblose Körper des Mädchens war federleicht. Mit einem verzweifelten Aufschrei drückte sie es an ihre Brust. Tränen der Wut und Verzweiflung rannen über ihre Wangen. Nicht schon wieder! Warum konnte ich sie nicht retten? Warum bin ich nicht schnell genug? Mächtig genug? Sie schluchzte in das weiche, blonde Haar des Mädchens und wiegte sich mit ihr. Doch das half dem Kind nicht. Natürlich nicht! Weder die Trauer, noch die Wut halfen hier. Nur auf sie selbst hatten sie Einfluss. Sie schwächten sie!
Anjolie spürte, wie sich die Mauer um ihr Herz erhob und war sich klar, dass das der Tag gewesen war, an dem sie beschlossen hatte, keinen Menschen mehr so nah an sich heran zu lassen. So konnte sie weder die zerbrechlichen Menschen um sich herum, noch sich selbst in Gefahr bringen.
Anjolie entschlüpfte ein Schluchzen, als sie merkte, wie die Erinnerung erneut eine Mauer um ihr Herz bauen wollen. Sie wehrte sich mit aller Macht dagegen. Der Schmerz und die Trauer waren übermächtig gewesen, doch in ihr Bewusstsein drängte sich das Gefühl, dass in der Zeit darauf geradezu unerträglich gewesen war: Die Einsamkeit. Egal, was noch kommen würde, welche Erinnerung sie noch haben würde, sie wollte nie wieder so einsam sein!
Sie schniefte und wischte über ihre Wangen, um die Tränen wegzuwischen, die mittlerweile in ihren Platzwunden brannten. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter und zuckte entsetzt zurück. Panisch schlug sie sie weg und rutschte so weit nach hinten, bis sie an die Wand stieß.
Sie konnte nur einen Schatten sehen, der sich auf sie zu bewegte, das Licht durch die offene Tür im Rücken. "Nein, bleib weg!", keuchte sie. Sie hatte niemanden kommen hören und durch das Überraschungsmoment konnte die Angst mit Leichtigkeit Besitz von ihr ergreifen.
Waren sie etwa schon zurück? Hatten sie gemerkt, dass ihre Auskünfte nicht ganz dem entsprach, was Voldemort erwartet hatte? Aber das konnte nicht sein! Nicht schon jetzt! Wie viel Zeit war vergangen? Hatte sich ihr Zeitgefühl durch die Erinnerungen so verändert?
Der Schatten beugte sich über sie. Sie schlug entsetzt nach ihm, doch ihre Hand wurde aufgefangen. "Beruhige dich!", hörte sie eine leise, sanfte Stimme und ihr Herzschlag setzte einen Moment aus. Sie kannte diese Stimme! "Ich will dir nur helfen! Ich tue dir doch nichts!", versuchte er sie zu beruhigen und Anjolie überlegte fieberhaft, woher sie die Stimme kannte und weshalb sie plötzlich so froh war, sie zu hören.
Und lange brauchte sie nicht nachzudenken, bis ein Gesicht in ihren Gedanken auftauchte. Sofort wurde ihre Umwelt ausgeschalten und eine Abfolge von Bildern spielte sich vor ihren Augen ab. Alles über ihn und ihre Beziehung zu ihm.
Als es aufhörte schlug ihr Herz bis zum Hals. Severus! Der Mann aus ihren Träumen. Er war hier und sie konnte ihn endlich in die Arme schließen.
Anjolie öffnete die Augen und blinzelte in die Dunkelheit. Severus war nicht mehr über sie gebeugt, sondern stand mit dem Rücken zu ihr.
"Ich werde Sie töten!", drang eine zweite Stimme zu ihr. "Sie haben den Tod verdient, für das was sie getan haben!"
"Mach dich nicht lächerlich!", antwortete Severus, doch mehr bekam sie nicht mehr mit. Neue Bilder drängten sich ihr auf. Bilder eines jungen Mannes, eigentlich noch ein Junge, mit verstrubbelten, schwarzen Haaren, Brille und einer Narbe auf der Stirn. Harry Potter - der Besitzer der zweiten Stimme.
Anjolie schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Sie konnte doch nicht andauernd wegtreten!
"...ja Recht, aber ich lasse Sie nicht laufen! Sie kommen mit zum Ministerium und stellen sich!" Wieder Harry!
"Vergiss es! Ich habe jetzt Wichtigeres zu tun! Steck deinen Zauberstab weg und verschwinde von hier!", erwiderte Severus kalt. Sie verstand nicht, was hier vor sich ging, aber sie stimmte Severus voll und ganz zu. Harry sollte gehen! Sie wollte Severus jetzt für sich haben!
Doch Harry schnaubte nur. "Glauben Sie, ich lasse Sie mit Dumbledores Mord einfach davon kommen?" Dumbledore? Wenige Sekunden später wusste Anjolie alles, was sie je über den alten Zauberer gewusst hatte. Diese Flashbacks waren gar nicht so übel, wenn sie sie nicht ständig von ihrem Bewusstsein abschneiden würden!
"...ein Verräter und Feigling und gehören hinter Gitter!", fauchte Harry und Anjolie schrillten die Ohren.
"Hört bitte auf so zu schreien!", presste sie hervor und versuchte sich an der Wand hochzuziehen. Dabei hörte sie entsetztes Aufkeuchen von eindeutig mehr als einer Person. Severus hingegen stöhnte leise auf.
"Wer ist das?", hörte sie eine weibliche Stimme, die sich nach einem erfrischend kurzen Flashback als die von Hermine Granger herausstellte. Anjolie sah, wie eine Person um Severus herumschielte und plötzlich tauchte ein Licht vor ihr auf. Anjolie riss eine Hand hoch, um sich vor dem hellen Licht zu schützen.
"Wer sind Sie?", fragte eine zweite weibliche Stimme.
Anjolies Herz machte einen Sprung, als ihre Erinnerungsphase vorüber war. "Ginny!", stieß sie aus und kam endlich auf die Beine. Sie hatte den Kampf überlebt!
"Was?... Woher?", stotterte das Mädchen. Sie kam näher, doch Severus trat ihr in den Weg.
"Weg von ihr! Sie ist jetzt nicht in der Lage, Ihre rüde Art zu ertragen!", fauchte er und Anjolie runzelte die Stirn. Die Kleine würde sie ja nicht gleich umbringen! Aber Ginny ließ sich sowieso nicht aufhalten. Sie sah erneut um ihn herum und richtete ihren leuchtenden Zauberstab auf sie.
Anjolie stöhnte, als das Licht in ihren Augen stach. "Muss das sein?", murrte sie.
Ein Schluchzen entschlüpfte Ginny. "Anjolie?", fragte sie ungläubig und mit zitternder Stimme. Sofort brach Geschnatter hinter dem Mädchen aus und sie stürmte auf Anjolie zu. Severus´ Versuch, sie aufzuhalten scheiterte angesichts der enormen Kräfte der Auserwählten jämmerlich. Sie fiel Anjolie so heftig um den Hals, dass diese gegen die Wand stieß und ihr gesamter Körper vor Schmerz aufschrie.
Doch Anjolie schlang nur die Arme um ihren ehemaligen Schützling und drückte sie fest an sich, auch wenn es sie noch so schmerzte.
Sie hörte Ginny weinen und musste selbst an sich halten, um nicht in Tränen auszubrechen. Sie war in letzter Zeit eindeutig zu nah am Wasser gebaut! Anjolie wollte Ginny gern über die Haare streichen, erinnerte sich aber gerade noch daran, wie blutverschmiert und dreckig diese sein mussten und ließ es dann schweren Herzens.
Hilflos, weil sie Ginny so auf keinen Fall berühren wollte, sah sie auf - direkt in Severus´ Augen. Er hatte seinen Zauberstab erhoben und sanftes Licht fiel auf seine Züge. Anjolie war zu erschöpft und müde, um seinen Gesichtsausdruck deuten zu können, aber das war im Moment sowieso nicht wichtig. Sie war froh, diese Menschen wiederzusehen, doch momentan verspürte sie einfach nur den Wunsch, sich in irgendeinem warmen Bett an ihn zu kuscheln und tagelang durchzuschlafen.
Ginny löste sich langsam von ihrem Hals und sah sie an. "Was ist passiert? Was haben sie dir angetan?" Anjolie zuckte zurück, als Ginny eine schmutzige Strähne aus ihrem Gesicht strich. Mittlerweile fühlte sich ihr Gesicht wie ein einziger Schmerz an und Anjolie wollte jede unnötige Berührung vermeiden.
"Jetzt ist keine Zeit für Fragen!", schritt Severus ein und trat auf sie zu.
"Bleiben Sie weg von Ihnen!", rief Ron, wie Anjolie kurz darauf durch eine ihrer aufdringlichen Erinnerungen erfuhr. Er hatte seinen Zauberstab auf Severus gerichtet und dieser blieb mit knirschenden Zähnen stehen. Anjolie fragte sich erneut, was hier los war. Warum glaubten sie, Severus hätte Dumbledore umgebracht?
"Was soll das?", fragte sie heftig. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, was hier vor sich ging.
"Er hat Professor Dumbledore getötet!", flüsterte Ginny und Anjolie sah sie scharf an.
"Das hat er nicht!", widersprach sie fest. Sie konnte Severus´ Blick auf sich spüren.
"Anjolie, du warst über drei Monate fort und hast nicht mitbekommen, was in der Zeit geschehen ist!", entgegnete Harry hitzig. Auch er hatte den Zauberstab wieder auf Severus gerichtet. "Ich war dabei und habe gesehen, wie er Dumbledore eiskalt ermordet hat!"
Anjolies Herzschlag stockte für einen Moment. Was war da nur losgewesen? Das konnte doch nicht sein! Warum hatte er... Aber dafür gab es jetzt keine Antworten. Sie wusste nur eines. "Dumbledore ist nicht tot!", erklärte sie den Anwesenden und trat ein paar Schritte vor.
"Anjolie...", setzte Ginny an.
"Lass mich bitte ausreden!", bat Anjolie. Sie stand jetzt neben Severus und sah ihm direkt in die Augen. "Ich habe Dumbledore heute..., nein, gestern erst gesehen und da lebte er. Er war zwar nicht gerade das, was man quicklebendig nennen würde, doch er lebte und das ist ja wohl die Hauptsache!"
Einen Moment war es absolut still. Alle starrten sie an. "Was ist?", fragte sie misstrauisch. "Glaubt ihr mir etwa nicht?" Sie verschränkte ein wenig beleidigt die Arme vor der Brust. Plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen und sie suchte verzweifelt irgendwo Halt. Den fand sie zu beiden Seiten. Sowohl Severus als auch Ginny griffen nach ihren Armen und Anjolie stöhnte vor Schmerz laut auf. "Nicht so fest, bitte.", flüsterte sie schwach.
"Was ist?", fragte Severus und zog gleichzeitig den Ärmel hoch. Sie hörte ihn scharf Luft holen und sah nun auch ihren Arm an. Mehrere Wunden verliefen quer darüber und sie hatten durch den Druck wieder angefangen zu bluten.
"Oh!", stöhnte sie und schluckte krampfhaft. "Also... jetzt wird mir so richtig schlecht!" Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch, um die Übelkeit zu bekämpfen. Was soll denn das? Seit wann wurde ihr beim Anblick von Blut schlecht?
Severus bedeckte ihren Arm sofort wieder und zog sie sanft an sich, so dass Ginny sie notgedrungen loslassen musste. "Wir müssen sofort hier weg und dich versorgen!", bestimmte er leise.
"Sie gehen nirgendwo hin!", blaffte Harry und so langsam aber sicher ging er Anjolie damit auf die Nerven. "Nur weil Dumbledore lebt, heißt das noch lange nicht, dass Sie unschuldig sind! Sie haben es eben nur nicht geschafft, ihn zu töten!"
"Nimm es mir nicht übel, Harry, aber im Moment habe ich einfach nicht die Nerven für so etwas!", stöhnte Anjolie. "Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber eines habe ich im Laufe meines Lebens als Engel gelernt: Das, was man sieht, ist nicht immer das, was es ist!"
Sie lehnte sich gegen Severus und hoffte, ihre jetzt heftig zitternden Knien in den Griff zu bekommen. "Und ich glaube nicht, dass dieses Verlies hier der richtige Ort ist, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen!"
Sie sah Severus flehend an und fragte: "Gibt es hier einen nicht ganz so anstrengenden Weg raus?"
"Ja! Der Weg ist frei, da die meisten Todesser mit Voldemort unterwegs sind. Die paar, die noch da sind, sollten kein Problem darstellen!", antwortete er zuversichtlich.
"Jetzt bestimmt nicht mehr!", bestätigte eine arrogant klingende Stimme vom Eingang her und alle schreckten zusammen. Rosifer stand mitten im Türrahmen und warf flammende Blicke in die Runde. Moment mal! Zurückspulen bitte! Ihr Gehirn lieferte ihr über ihn widersprüchliche Informationen. Die mittlerweile üblichen Erinnerungsfetzen stellten ihn ihr als Lucius Malfoy vor, doch sie konnte sich sehr gut erinnern, dass er ihr den Namen Rosifer genannt hatte. Wie passte das denn? Sie krallte sich an Severus, als ihr Umfeld wieder von einer wilden Abfolge von Bildern ausgeschaltet wurde und uralte und neue Erinnerungen vermischt wurden, um ihre Frage zu beantworten und somit sämtliche Hintergrundinformationen zu dem gefallenen Engel Rosifer lieferte.
"Ist alles in Ordnung?", hörte sie Severus fragen. Er drang nur schwer zu ihr durch. Ihr wurde wieder schwindlig und Severus Griff um ihre Taille wurde fester, als sie schwankte.
"Was habt ihr denn hier zu suchen?", blaffte Rosifer Harry und seine Gefährten an. Severus ging mit ihr ein paar Schritte auf die Tür zu und Anjolie hatte jetzt einen direkten Blick auf Rosifer. Sie musste sich eingestehen, dass er in Lucius Malfoy eine wirklich beeindruckende Person gewählt hatte!
"Wir haben den letzten Seelensplitter vernichtet!", antwortete Harry. Auch er schien etwas um Fassung zu ringen. Nur Severus wirkte unbeeindruckt. Er schob Anjolie sanft weiter und sie brachte die Reststrecke bis zur Tür auf wackligen Beinen hinter sich.
"Na schau mal, wer da kommt! Unsere kleine Ausreißerin!", frotzelte Rosifer mit wütender Stimme. "Was hast du dir dabei gedacht?"
Anjolie unterdrückte ein Stöhnen. Sie hatte keine Lust auf eine Predigt, erst recht nicht, weil er Recht hatte! "Ach sei still!", knurrte sie, konnte ihn aber nicht ignorieren, da er den Weg nach draußen versperrte.
"Du hättest dir eine Menge Schmerzen ersparen können, wenn du nicht so misstrauisch und schrecklich dickköpfig gewesen wärst!", schimpfte er weiter. Er war offensichtlich noch nicht mit ihr fertig!
Doch ihre Erinnerung an die Nacht zuvor musste nicht durch einen Flashback aufgebessert werden. Bezüglich der vergangenen Monate funktionierte ihr Gehirn fantastisch und ihre Wut von der letzten Begegnung mit ihm kam zurück.
"Und wenn du nicht so ein arrogantes, befehlshaberisches Arschloch gewesen wärst, dann würde ich noch träumend in eurem vergammelten Bettchen liegen!", blaffte sie ihm entgegen.
"Aus dem Weg!", zischte Severus, bevor Rosifer etwas erwidern konnte und schob das Hindernis teils selbst zur Seite. Mein Held!, seufzte Anjolie innerlich und ließ sich bereitwillig von Severus mitziehen. Rosifers erzürnten Blick quittierte sie mit einem Grinsen. Den gesamten Weg, den Verliesflur entlang, konnte sie seine Wut eiskalt im Genick spüren.
Sie kamen an einigen bewusstlosen Todessern vorbei und erreichten relativ schnell das Hofgelände. Anjolie hoffte, das Voldemort lange genug brauchte, um an den Kessel heranzukommen. Und vielleicht steckte ja genug in Lir, um ihn aufzuhalten und das Ganze wäre gleich erledigt! Und vielleicht sind Mäuse ja eigentlich Wölfe und jagten des nachts Hirsche! Träum weiter! Der Kerl war verdammt stark und gewitzt!
Während sie über den Hof überquerten, hörte Anjolie die Jugendlichen hinter sich angeregt diskutieren. Sie vernahm öfters ihren Namen und ahnte, dass es um ihre wundersame Auferstehung gehen musste. Sie wüsste selbst gern, warum sie wieder lebte. Der Teil ihrer Erinnerung verschloss sich vor ihr. Dafür konnte sie sich lebhaft an die letzten Minuten vor ihrem Ableben, vor allem an das Schwert in ihrem Herzen, erinnern. Zum Glück für sie schmerzten solch tödliche Verwundungen nicht und sie musste das nicht auch noch erleben.
Auf einmal erschien ein weiteres Bild in ihrem Kopf. Ein weinender Severus - über sie gebeugt. Gerührt sah sie den Mann an ihrer Seite an. Er wirkte ernst, wie immer, aber auch verwirrt. Sie legte ihre Hand auf seine, die leicht auf ihrer Hüfte ruhte, und wartete auf seine Reaktion. Die folgte sofort. In Form eines Blickes, der besorgt und fragend zugleich war.
Sie lächelte ihn beruhigend an, zuckte jedoch sofort zusammen, weil sich eine Platzwunde auf ihrer Wange energisch in Erinnerung rief.
Severus blieb stehen und richtete den Zauberstab auf sie. Mit weit aufgerissenen Augen und dem entsetzten Aufkeuchen der anderen im Ohr, beobachtete sie, wie er ihn langsam auf und ab bewegte. Sie spürte ein Kribbeln in der Wange und wollte darüber streichen, doch Severus hielt ihre Hand fest, bis er fertig war.
Nachdem er fertig war, strich sie mit unsicheren Fingern über die Wange und fand sie unversehrt. Die Wunde war weg! Als sie ihn wieder ansah, nahm er erneut ihre Hand in seine und zog sie an sein Herz. In dem Moment sah er sie so liebevoll an, dass ihr das Herz bis zum Hals schlug.
"Könntet ihr die Turtelei auf später verschieben?", schnauzte Rosifer plötzlich von der Seite und Anjolie verspürte den Wunsch, ihm einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten zu verpassen. Vor allem, weil Severus´ Blick sich sofort wieder verschloss.
Sie warf Rosifer einen schiefen Blick zu. Er hatte seine Hände vor sich auf Malfoys Spazierstock gestützt und begegnete ihrem Blick mit hochgezogener Augenbraue. "Du bist so ein Vollidiot!", fauchte sie.
"Ich soll der Idiot sein? Wer von uns beiden wurde denn bis zur Bewusstlosigkeit gequält, weil sie unbedingt ihren dummen Impulsen folgen musste?", schnarrte er.
Anjolie drehte sich ganz zu ihm, richtete den Zeigefinger auf ihn und sagte gefährlich leise: "Warte nur, bis auch der Rest meines Körpers wieder heil ist, dann reiß ich dir den Arsch auf!"
"Du?... Und welche Armee?", lachte er jetzt. "Denk daran, du bist kein Engel mehr!"
Anjolie spürte einen zentnerschweren Stein im Magen. Er hatte schon wieder Recht! Wie ich das hasse! Aber sie würde ihm auf keinen Fall zeigen, wie sehr sie diese Tatsache erschütterte. So schnell es ihr Zustand erlaubte, sprang sie auf ihn zu und griff nach ihm.
Diese Aktion rächte sich sofort! In mehrere Stellen gleichzeitig schoss der Schmerz und sie krümmte sich, während bunte Lichter vor ihren Augen flimmerten. Glücklicherweise hielt Severus aber noch ihre Hand und schützte sie so vor einem Sturz. Er zog sie wieder hoch und sie keuchte auf.
"Deine Wunden sind wieder auf!", schimpfte Severus und wirkte ziemlich verärgert. "Musste das jetzt sein?"
Anjolie sah zu Rosifer, der sich gerade beleidigt vom Boden hoch rappelte. Er hatte sich mit einem Satz nach hinten retten können, war aber über seine eigenen Füße gestolpert. "Sein dummer Gesichtsausdruck war es mir allemal wert!", grinste sie, wenn auch leicht verkrampft. Rosifers unwilliges Schnauben reizte sie zum Lachen. "Ich mag ja kein Engel mehr sein, aber Angst kann ich dir immer noch einjagen!", lockte sie ihn.
Doch Severus beendete die Zankerei, indem er sie wieder umdrehte und weiter zum Tor schob. "Es wird Zeit zum gehen! Du blutest schon durch dein Gewand!" Das war Anjolies Stichwort.
"Moment!", rief sie und blieb ruckartig stehen. Rosifer stöhnte genervt und die anderen fragten, was denn jetzt wieder sei. "Schnauze auf den billigen Plätzen!", rief sie nach hinten. Sie hatte heute genug durchgemacht! Wenn jemand das Recht zum Brummen hatte, dann war sie das!
Sie sah an sich herunter, griff nach dem ehemals weißen Gewand und fragte: "Wo sind meine Klamotten?" Severus sah sie ungläubig an, schüttelte verständnislos den Kopf und öffnete seinen Umhang. Dort kamen zwei große, ausgebeulte Taschen zum Vorschein. "Sichergestellt!", antwortete er kurz und knapp und griff nach ihrem Ellbogen, um sie beharrlich weiterzuziehen.
"Uhh!", sagte Anjolie und griff mit der anderen Hand nach seinem Umhang. "Was versteckt sich denn noch darunter?", neckte sie ihn.
Severus entzog ihr den Stoff und befahl sanft: "Lass den Unsinn!"
"Spielverderber!", murrte sie, ging aber gehorsam weiter mit ihm zum Tor.
"Du bist ja schon wieder gut drauf!", bemerkte Rosifer von hinten.
"Was war das?", fragte Anjolie. "Hast du das auch gehört?", fragte sie direkt an Severus gewandt. "Ich hätte schwören können, da hat jemand gesprochen!"
"Wirklich witzig!", spuckte Rosifer aus und brütete dann den restlichen Weg vor sich hin.
Gerade als sie am Tor ankamen, ertönte ein hohes Pfeifen und die Torflügel schlugen mit einem lauten Krachen ineinander. Auf der anderen Seite konnte man das Fallgitter nach unten rattern hören. In einem gleichmäßigen Rhythmus hörten sie noch weitere Türen zuschlagen und als es wieder still war, sah Anjolie verdattert Severus an. "Was soll das denn?" Er reagierte aber nicht und sie sah sich um. Rosifer zuckte nur verwirrt mit den Schultern.
"Sieht aus wie eine Alarmanlage! In Mugglebanken funktioniert das ähnlich.", bemerkte Hermine und Anjolie stöhnte entnervt auf. Soviel zum einfachen Weg nach draußen. Es wäre ja auch zu schön gewesen!
"Und was jetzt?", nörgelte sie und ging sich damit selbst auf die Nerven.
"Wir müssen testen, wie stark der Schutzzauber ist!", bemerkte Severus und zog seinen Zauberstab. Doch er kam nicht dazu, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Mehrere Flüche wurden in ihre Richtung gefeuert und Anjolie schrie erschrocken auf. Es half ihrem Stolz überhaupt nicht, dass sie damit nicht die einzige war.
Sie hatte kaum Zeit, sich für ihre Reaktion zu schämen. Severus packte sie und zog sie hinter ein paar alte aufgestapelte Fässer in Sicherheit. Anjolie hockte sich hin und lehnte sich mit wild schlagendem Herzen seitlich gegen ein Fass. Kurz darauf stieß Ginny mit einem bewusstlosen Ron über der Schulter zu ihnen und sank neben ihr nieder.
"Was ist mit ihm?", fragte Anjolie besorgt.
"Betäubungszauber!", murmelte Ginny und richtete den Zauberstab auf ihren Bruder.
"Wo sind die anderen?", hakte Anjolie nervös nach, während sie die Flüche gegen die Fässer knallen hörte. Sie versuchte, an den Fässern vorbei zu schielen und nach den Vermissten Ausschau zu halten, wurde von Severus jedoch sofort unsanft in ihre alte Position zurückbefördert.
"Au!" Sie war gegen ein Fass gerummst und rieb sich den schmerzenden Schädel.
"Entschuldige!", knirschte Severus zwischen den Zähnen hindurch. "Aber sei gefälligst nicht so leichtsinnig!" Anjolie verleierte die Augen. Als ob sie Sicherheit je in Betracht gezogen hätte. Du bist jetzt sterblich! Sie mochte ihre innere Stimme nicht!
"Keine Sorge!", beruhigte Ginny sie mit einem nachdenklichen Blick auf Severus. "Die anderen haben hinter ein paar Kisten Schutz gefunden!" Ron saß stöhnend neben ihr und sah sich konfus um.
"Ich dachte, Rosifer hätte alle erledigt!", maulte Anjolie. Ihre Nerven lagen blank und sie konnte sich einfach nicht davon abhalten, hier die Nervensäge zu spielen. Sie begann bereits, sich selbst nicht mehr leiden zu können.
Sie linste vorsichtig zwischen den Fässern hindurch, als ein roter Strahl durch eine Lücke, knapp über ihr zischte. Augenblicklich suchte sie wieder hinter ihrem Fass Schutz und begegnete Severus´ stinkwütendem Blick. "Muss ich dich erst fesseln und knebeln?", drohte er. Anjolie zog verschüchtert den Kopf zwischen die Schultern. Knebeln? Was habe ich denn gesagt?
"Was machen wir jetzt?", fragte sie vorsichtig und hoffte, seinen Zorn nicht noch mehr zu erregen.
"Wir sind in einer ungünstigen Position, um sie zu bekämpfen!", antwortete Severus. "Wir müssen von hier aus einen Weg nach draußen finden!" Anjolie sah sich um. Nichts weiter als Mauer und geschlossene Türen. Ein Kinderspiel! "Und wie sollen wir das anstellen?", fragte sie. "Ein Loch in die Mauer sprengen? Oder kennst du einen Geheimweg?" Auf einmal kam ihr ein Gedanke. "Moment! Hast du bei dieser `Alarmanlage´ mitgewirkt? Gibt es ein Hintertürchen?"
"Nein!", antwortete Severus kurz angebunden. Überhaupt nicht zufriedenstellend, geschweige denn aufschlussreich!
"Was `nein´?", bohrte sie hartnäckig weiter. "´Nein´, du hast nicht..."
"Beides!", fauchte Severus dazwischen. "Und jetzt sei bitte still! Ich muss überlegen!" Damit kroch er Richtung Mauer und zum Beweis, dass eine Lösung dringend notwendig war, flogen ihnen kurz darauf Bretter von einem der obersten Fässer um die Ohren. "Na, dann beeil dich!", zischte sie ihm hinterher.
Ginny gab ein wütendes Knurren von sich, sprang auf und begann, wild um sich zu feuern. Und hat man´s nicht gesehen, tat ihr Bruderherz es ihr gleich.
Diesmal war es Anjolie, die es mit der Angst zu tun bekam. Sie packte Ginny an der Jacke und zog sie gewaltsam zu sich herunter. "Seid ihr irre?", fauchte sie und boxte Ron in den Bauch, so dass auch er in Tauchstation ging. Seinen entsetzt-wütenden Blick ließ sie ohne Gewissensbisse über sich ergehen.
"Wir können doch nicht hier hocken bleiben und auf unser Ende warten!", verteidigte sich Ginny.
"Meine Güte, bist du melodramatisch!", spottete Anjolie. "Wir werden nur von ein paar Todessern angegriffen und sind in der Nähe des Ausgangs. Wir brauchen uns nur nicht erwischen lassen und sollten vor allem nicht den Mut verlieren. Du wirst sehen, wir sind in Nullkommanichts hier raus!"
Ginnys Augen verengten sich. "So wie du aussiehst, hast du eine Menge durchgemacht! Woher nimmst du diese Zuversicht?"
Anjolie sah zu Severus, der mit den Schatten der Nacht verschmolz und die Mauer untersuchte. In ihm fand sie die Bestätigung ihrer Worte. "Ich habe Vertrauen!", flüsterte sie überzeugt.
Sie hörte Ron abfällig schnauben. "Ich bin nicht überzeugt, dass er vertrauenswürdig ist! Harry hat Recht! Nur weil Professor Dumbledore lebt, heißt das nicht automatisch, dass Snape auf unserer Seite ist!" In Anjolie begann es zu brodeln. Es hatte sich nichts gebessert. Im Gegenteil, es war sogar noch schlimmer geworden! Sie behandelten ihn wie Abschaum.
"Ich habe jetzt keine Lust, euch davon zu überzeugen, dass Severus auf eurer Seite steht! Doch eines könnt ihr mir glauben: Er steht definitiv auf meiner Seite! Ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass er mich hier herausholen kann und wird! Wenn ihr es nicht glauben wollt, bitte! Dann bleibt doch hier und spielt mit diesen Typen Cowboy und Indianer!"
Sie schob Ginny und Ron zur Seite, ignorierte den Schmerz, den diese Bewegung auslöste und schlich sich zu Severus. Während des knapp zwei Meter langen Weges hielt sie nach Rosifer und den anderen zwei Ausschau. Sie hatten sich tatsächlich hinter ein paar Kisten verschanzt und die zwei Jugendlichen feuerten, was das Zeug hielt. Rosifer hingegen winkte ihr ungezwungen zu und Anjolie zweifelte ernsthaft an seinem Verstand. Also wirklich, dieser Mann...!
"Anjolie!", fauchte es zu ihrer Linken und Severus zog sie an ihrem Ärmel in den Schutz einer Mauernische. Im gleichen Moment leuchtete das Mauerwerk auf und erbebte in seinen Grundfesten. "Habe ich mir doch fast gedacht!", murmelte Severus und betastete die Mauer. Na, wenn das nicht ein Kompliment ist! Zum ersten Mal im Dunkeln mit mir allein und er fingert lieber an der Mauer rum!
"Was hast du dir gedacht?", fragte Anjolie ungeduldig.
"Du bist der Auslöser für diesen Zauber!", antwortete er nachdenklich. Toll! Ich mal wieder. War ich nicht auch für den Untergang von Pompeji verantwortlich? Ich sollte langsam damit aufhören!
"Soll das heißen, ihr kommt meinetwegen nicht raus?", fragte sie genervt.
"Nein! Wir kommen mit Leichtigkeit heraus. Das Problem entsteht erst, wenn wir versuchen, dich hier herauszuschaffen." Severus sah sich mit gerunzelter Stirn um. "Ich hoffe, er ist nur dazu da, dich aufzuhalten und die da..." Er deutete in Richtung Todesser. "... zu alarmieren! Bleib unten!" Er schnappte sie wieder am Handgelenk und zog sie in sicherem Bogen zurück zum Verschlag.
Er schob sie zum Fass und brachte sie mit sanftem Druck dazu, sich zu setzen. Erst jetzt merkte sie, wie sehr ihre Beine zitterten. "Du bleibst hier ganz still sitzen!", befahl er mit erhobenem Zeigefinger. "Das meine ich ernst!", bestärkte er seine Worte und kam mit seinem Kopf näher, um ihr tief in die Augen sehen zu können.
"Ist ja gut! Ich habe verstanden!", entgegnete sie seinem intensiven Blick. Wenig überzeugt drehte er sich wieder zur Mauer, wobei er sich vor sie schob, hob den Zauberstab und schwang ihn mit einem lautlosen Fluch auf den Lippen. Das Ergebnis war dafür allerdings ohrenbetäubend. In die Wand, in gleichmäßigem Abstand zu den Fässern und den Kisten, wurde ein Loch, so groß wie das Eingangstor gerissen.
Staub und Steinstücke wurden bis zu ihnen geschleudert und Anjolie, Ginny und Ron warfen sich flach auf den Boden. Nur Severus nicht. Er hatte den Zauberstab noch einmal erhoben und keines der Wurfgeschosse traf sie.
Für einen Moment war es ruhig gewesen, doch jetzt schwirrten mehr Flüche denn je um sie herum. Auch Severus duckte sich wieder hinter den Fässern ab und sah Anjolie an. "Jetzt müssen wir nur noch einen Weg finden, unsere Verfolger abzuschütteln, dann können wir verschwinden!"
"Toller Plan!", maulte Ron. "Warum haben Sie das Loch nicht noch ein wenig weiter von uns weg in die Mauer gesprengt. Dann hätten Ihre Freunde noch eine bessere Gelegenheit uns zu töten!" Severus schenkte ihm nur einen eisigen Blick, doch Anjolie ließ das nicht auf ihm sitzen.
"Seit wann bist du so egoistisch?", fauchte sie. "Du möchtest anscheinend nicht, dass deine Freunde die gleiche Chance haben, hier herauszukommen, wie wir, hm?" Ron schaute betreten zu Boden und Anjolie wandte sich wieder Severus zu. "Wie genau werden wir sie los?"
"Keine Ahnung!", knurrte er und Anjolie lugte durch eine Lücke zum Hauptgebäude. Sie waren nicht zu sehen. Nur die Magie der Flüche erhellte die Dunkelheit. Sie hatten anscheinend auch gute Verstecke. "Meinst du, dein netter kleiner Explosionszauber könnte sie aus ihren Verstecken locken?"
"Zu weit weg!" Sie sah ihn enttäuscht an.
"Wie wäre es mit einem indirekten Zauber?", schlug Ginny vor und Anjolie drehte sich zu ihr um.
"Entschuldige, aber... Häh?"
"Wir nutzen unsere Umgebung, um sie zu besiegen! Vielleicht ein Beben, damit sich unter ihnen ein Loch auftut oder so."
"Und woher nehmen wir dieses Loch?", hakte Anjolie nach. "Müsste dafür nicht schon irgendwo eines da sein?"
"Das ist gar nicht so abwegig!", mischte sich Severus ein. "Das Kellergewölbe ist sehr weitläufig und zieht sich bestimmt bis unter den Hof." Bevor er ausgesprochen hatte, richtete er bereits seinen Zauberstab auf den Boden. Er schloss die Augen und Anjolie beobachtete ihn fasziniert. Als aber nach ungefähr einer Minute noch immer nichts geschah wurde sie unruhig. Sie sah wieder durch die Lücke, versuchte seitlich an den Fässern herum zu schauen und trommelte nervös mit den Fingern auf dem Holz herum.
Sie wollte gerade Ginny fragen, ob sie ihm nicht helfen wollte, da packte er ihre unruhigen Finger und unter ihnen begann es zu rumoren. Anjolie sah mit einem unguten Gefühl im Bauch auf den Boden. "Ähm, Severus? Wie weit genau, zieht sich der Kellerbereich?" Er antwortete nicht. Dafür hörte sie Schreie vom Burggebäude.
Anjolie streckte sich und sah über die Fässer zur Burg hin. Der Boden vor dem Gebäude bröckelte und hier und da entstanden große Löcher. Die Todesser flüchteten in die Burg.
"Komm!", rief Severus und zog sie hinter sich her. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass er aufgestanden war und folgte ihm nun mehr schlecht als recht. Ginny und Ron waren gleich hinter ihnen, während Rosifer, Harry und Hermine von rechts dazustießen.
"Wer war das?", fragte Rosifer neugierig.
"Na ich bestimmt nicht!", schnappte Anjolie. Sie kam kaum hinter Severus her und musste sich darauf konzentrieren, nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern. Severus kletterte über die Steine durch das Loch. Doch als sie diesen Punkt erreichte, begann es.
Ihre Hand passierte zuerst die Mauer. Es fühlte sich an, als glitte sie durch Schaumgummi. Sie konnte nichts sehen, was als Ursache dafür in Frage kam, also blieb nur noch `die Alarmanlage´. Da war jemand wirklich scharf drauf, sie innerhalb der Burgmauern zu behalten.
Severus war stehen geblieben, weil sie nur sehr langsam vorankam, und sah sie mit schreckgeweiteten Augen an. Er packte ihren Arm auch mit der zweiten Hand und zog mit aller Kraft. Sie bewegte sich voran, doch je weiter sie kam, desto stärker wurde der Druck auf ihren Körper. Sie hatte das Gefühl, ihr Blut würde den Arm hinauf wieder in den Rest ihres Körpers gedrückt und ihr rasender Puls dröhnte in ihren Ohren.
Inzwischen war sie bis zur Schulter durch und ihr Arm fühlte sich taub an. Sie fürchtete sich davor noch weiter durch diese unsichtbare Wand zu gehen, doch Severus zog unbarmherzig weiter. Also stemmte sie sich dagegen. "Was machst du da?", keuchte er.
"Ich kann nicht!", stieß sie aus. War das nicht lächerlich? Bei Voldemort hatte sie keine Angst gehabt und jetzt fürchtete sie, dass ihr Herz zu schlagen aufhörte, wenn sie weiter ging. Du bist so erbärmlich!
"Hilf ihr, verdammt!", fauchte Severus in Rosifers Richtung. "Wir müssen hier weg, bevor sie wiederkommen!" Rosifer zögerte einen Moment, packte sie aber dann um ihre Taille und begann zu schieben.
"Bitte nicht!", bettelte Anjolie zu Rosifer hoch. Ihr war es unverständlich, warum sich diese fürchterliche Angst in ihr Herz eingenistet hatte, doch sie war übermächtig. "Wehr dich nicht, Kleines. Hilf mit!", flüsterte er ihr zu.
Stück für Stück glitt sie hindurch und als sie mit dem Gesicht durch die Öffnung kam, glaubte sie ersticken zu müssen. Sie schnappte nach Luft. Vergeblich. Ihre Lungen protestierten und ihre Kehle zog sich krampfhaft zu. Ihre Augen weiteten sich und sie starrte Severus an. Er wusste, was mit ihr geschah. Das konnte sie in seinem Blick sehen.
Er zog noch stärker. "Halt durch!", befahl er. Doch sie konnte nur nach Luft schnappen. Tränen traten ihr in die Augen, so sehr schmerzten ihre Lungen. Plötzlich rannte Harry an ihr vorbei, schnappte ihren anderen Arm und beförderte ihn mit Mühe durch das Loch. Anjolie spürte, dass auch von hinten stärker geschoben wurde, doch es war nicht schnell genug. Sie spürte, wie die Schwäche von unten in ihr heraufkroch. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
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Severus riss Anjolie mit wild schlagendem Herzen in seine Arme. Das darf nicht sein! Nicht schon wieder! Reglos lag sie da. Sie atmete nicht!
Granger ließ sich auf ihre Knie fallen und tastete an Anjolie Hals herum. "Was soll das?", fragte er wütend.
"Ich kann ihren Puls spüren. Sie lebt noch! Wir müssen sie beatmen!", rief sie aus. Severus runzelte die Stirn. Doch bevor er etwas fragen konnte, nahm Rosifer ihm Anjolie schon ab und legte sie auf den Boden. Severus musste an sich halten, um ihn nicht von ihr wegzustoßen.
Granger krabbelte zu den beiden und zog Anjolies Kopf nach hinten. Severus rutschte weiter vor, um Anjolie nicht aus den Augen zu verlieren, während Granger sich über Anjolies Mund beugte und ihr die Nase zuhielt.
Severus´ Stirn runzelte sich ohne sein Zutun. Was für eine primitive Art! Ihm selbst fielen plötzlich zig Zaubersprüche ein, um Anjolie zu helfen. Und während er seinen Zauberstab herausnahm und überlegte, welchen er anwenden würde, sah er, wie die Granger sich jedes Mal aufrichtete und beobachtete, ob ihr Versuch gelang.
Gerade hatte er sich für einen sanften Zauber entschieden und stand auf, um ihn anzuwenden, da hörte er Anjolie nach Luft schnappen und gleich darauf heftig husten. Sofort steckte er seinen Zauberstab weg, schob Rosifer zur Seite und zog Anjolie wieder an sich.
Sie krallte sich sofort in seine Robe und sah ihn aus tränenden Augen an. "Mann, was für ein absolut beschissener Tag!", stieß sie hervor. Severus hätte vor Erleichterung fast gelacht. Statt dessen drückte er sich einfach nur an sich. Dafür ließen seine ehemaligen Schüler ihrer Freude freien Lauf. Miss Weasley riss Miss Granger vom Boden hoch und zog sie lachend in ihre Arme und die Jungen klatschten sich gegenseitig in die Hände. Severus war plötzlich gut genug gelaunt, um von diesem übertriebenen Verhalten nicht genervt zu sein.
Auch wenn er Anjolies Worte nachvollziehen konnte, stimmte er ihr keineswegs zu. Denn heute war der Tag, an dem er sie wiedergefunden hatte. Der Tag, an dem sein Leben wieder einen Sinn hatte. Der erste Tag vom Rest seines Lebens.
"Wenn du endlich damit fertig bist, uns solch einen Schrecken einzujagen, könnten wir dann endlich verschwinden? Ich habe keine Lust Voldemort erklären zu müssen, warum wir seine Burg demolieren und seinen derzeitigen `Lieblingsgast´ klauen!", schnarrte Rosifer zu ihnen herunter und Severus warf ihm einen seiner kältesten Blicke zu.
Nicht, dass es ihn auch nur irgendwie beeindruckt hätte. Dieser Kerl war aalglatt und schüttelte alles ab, was ihm nicht im entferntesten interessierte. Severus´ Anfeindungen gehörten für gewöhnlich dazu. Wenn Severus sich nicht entschieden hätte, ihn zu verabscheuen, könnte er ihn tatsächlich mögen.
"Keine Angst", murmelte Anjolie. "Voldemort wird nicht so schnell wieder hier auftauchen! Und mit genügend Glück erwischt es ihn ganz!" Severus runzelte die Stirn und fragte sich, was sie damit meinte. Anscheinend war sein Eindruck bei der Befragung doch nicht so abwegig gewesen!
Sie machte Anstalten aufzustehen und Severus beeilte sich, ihr zu helfen. Ihr Griff in seine Robe verstärkte sich, als sie auf ihren wackligen Beinen Halt suchte. Sie hustete noch einmal kurz, lehnte dann seinen Kopf an seine Schulter und atmete tief durch. "Egal wohin du mich bringst", flüsterte sie. "Hauptsache es gibt ein Bett und genügend Zeit zum Ausschlafen!"
Er strich ihr zärtlich über den Rücken und flüsterte in ihr Haar: "Was immer du willst!" Er würde sie gern mit zu sich nehmen, doch da war es nicht sicher genug. Es könnten durchaus Todesser oder deren Familienmitglieder auftauchen und das war zu gefährlich. Doch der Gedanke, mit ihr zum Grimmauldplatz zu gehen, verschaffte ihm ein wirklich ungutes Gefühl im Bauch.
"Dauert das länger oder haben wir eine Chance noch vor Morgengrauen hier weg zu sein?", frotzelte Rosifer und Severus kam wieder zu Bewusstsein, dass er mit Anjolie nicht allein war. Er umfasste ihre Taille, drehte sie sanft in Richtung freies Gelände und stützte sie beim Gehen. Sie lehnte sich nur leicht gegen ihn, doch er konnte spüren, wie sehr sie sich anstrengen musste, aufrecht zu gehen.
Sie kamen nur langsam voran und Severus machte sich Sorgen, dass sie nicht rechtzeitig genug wegkamen, um den noch verbliebenen Todessern zu entwischen. Aber es ging nun einmal nicht schneller.
Während der eigentlich kurzen Strecke, nagte die Neugier an ihm. Wie viel durfte er in Anjolies Worte hineininterpretieren? Bestand wirklich noch Hoffnung, dass sie Voldemort besiegen konnten, bevor er seinen Plan in die Tat umsetzen konnte? "Woher willst du wissen, dass Voldemort `nicht so schnell´ wieder auftauchen wird?", fragte er. Er wusste, dass sie erschöpft war und wollte sie nicht unnötig belasten, doch er konnte sich einfach nicht bremsen.
"Ganz einfach. Ich habe ihm da ein paar Kleinigkeiten verschwiegen. Er wird nicht so ohne weiteres in den sidhe hineinkommen!"
"Was für ein sidhe?", fragte Rosifer hinter ihnen und Severus verfluchte Malfoys gute Ohren.
"Das wird sie dir erklären, wenn sie sich erholt hat!", fauchte er über seine Schulter.
"Ach, und das bestimmst du, oder was?", giftete Rosifer.
"Ja!", knurrte Severus und seine Schultern versteiften sich. Dieser Mann... dieser Ex-Engel oder was auch immer, brachte ihn regelmäßig an den Rand seiner Selbstbeherrschung und das nur im negativsten Sinne!
"Wer hat dich eigentlich zum Boss bestimmt?", nörgelte Rosifer weiter und Severus musste an sich halten, Anjolie nicht einfach über die Schulter zu werfen und das Weite zu suchen, um seine Ruhe vor ihm zu haben.
"Zankt ihr beiden denn immer noch?", mischte sich Anjolie ein und sie klang für Severus´ Geschmack viel zu amüsiert.
"In aller Regelmäßigkeit und mit perverser Freude!", meldete sich Miss Granger und Severus glaubte ein heißeres Lachen von Anjolie zu hören. Allein das versöhnte ihn unversehens für diese Unverschämtheit, auch wenn Miss Weasleys Bemerkung, einige Ordensmitglieder hätten schon Wetten abgeschlossen, wer von beiden als Sieger hervorgehen würde, seine Freude doch ein wenig dämpfte.
"Wir sind da!", unterbrach Severus, bevor diese Diskussion ausarten konnte und blieb stehen.
"Wo `da´?", fragte Anjolie verwirrt und sah sich um. "Wir sind mitten in der Pampa!"
"Von hier aus können wir apparieren!", antwortete Rosifer übereifrig und Severus verbiss sich eine giftige Bemerkung.
"Aha!", entgegnete Anjolie, doch man sah ihr an, dass sie nicht verstand, was er meinte.
"Du weißt schon... apparieren! Die Art der Zauberer, sich blitzschnell von einem Ort zum anderen zu bewegen. So habe ich dich aus der Gasse fortgeschafft!", erklärte Rosifer ungeduldig und Severus horchte auf. Was für eine Gasse?
"Ach so! Dieses... Beamen!", bestätigte Anjolie mit angewidertem Gesichtsausdruck. Severus fragte sich für einen Moment, was sie mit `Beamen´ meinte. Diese Frau warf immer wieder neue Fragen auf. Wann würde er endlich Antworten bekommen? Er fühlte ihren Blick auf sich und sah sie an. "Haben wir keine andere Fortbewegungsart? Eine, bei der ich nicht Gefahr laufe, mir hinterher die Seele aus dem Leib zu kotzen? Ich hätte auch nichts dagegen, bis nach London zu laufen!"
"Wir sind in Schottland, Anjolie. Laufen fällt also aus!", bemerkte Rosifer sarkastisch.
"Keine Angst!", beruhigte Severus sie. "Bei mir wird dir nicht schlecht werden! Ich kann das, im Gegensatz zu einigen anderen hier, schon sehr viel länger und besser!" Er bedachte Rosifer mit einem gehässigen Blick, den dieser mit einem gefährlichen Verengen der Augen erwiderte, und zog Anjolie zum Apparieren in die Arme.
"Wie kommt ihr weg? Rosifer kann euch nicht alle mitnehmen, oder?", fragte Anjolie die Jugendlichen über ihre Schulter.
"Wir können selbst apparieren!", antwortete Ginny, die gerade ihre Position neben ihnen einnahm.
"Moment mal!" Rosifer baute sich neben ihnen auf und knurrte Severus an: "Wie kommst du auf die Idee, dass ich sie mit dir reisen lasse? Wer sagt uns, dass du nicht einfach mit ihr abhaust?"
"Rosifer, hör auf!", stöhnte Anjolie. "Ich bestimme selbst, mit wem ich gehe und Severus´ Aussicht auf eine angenehmere Reise klingt sehr verlockend!" Nur die Aussicht auf eine angenehmere Reise? Severus zog beleidigt eine Augenbraue hoch. Doch da legte Anjolie ihre Arme um seinen Hals und drängte sich an ihn.
"Wenn ich mich richtig erinnere, müssen wir sehr nah beieinander sein, nicht wahr!", raunte sie in sein Ohr und Severus´ Nackenhaare stellen sich auf. Er spürte sie mit jeder Faser seines Körpers, doch es war ihm noch nicht genug. Er legte seine Arme um ihre Hüften und zog sie noch näher.
"Oh, Mann. Mir wird gleich schlecht!", murmelte Rosifer und Severus wurde es allmählich zu viel. Doch bevor er etwas erwidern konnte, flüsterte Anjolie: "Lass es uns hinter uns bringen, okay!" Severus ließ von Rosifer ab und konzentrierte sich auf London und im nächsten Moment ging es los.
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Und da habt ihr´s wieder geschafft, euch durchzuwühlen! Ging viel zu schnell, oder! Ich hoffe, mit dem nächsten Chap bin ich schneller, vor allem, weil schon die Hälfte steht, aber das ist keine bindende Zusage!
Wie wär´s mit ´nem kleinen Review?
VLG Rosiel
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