von Rosiel
So, heute gibt es ein wenig mehr. Ich hoffe, ich verfalle in dieser Story nicht schon wieder in meine ellenlangen Kapitel. So schön kurz, sind sie doch viel unübersichtlicher!
3. Kapitel - Die spinnen, diese Zauberer!
Jane schnappte nach Luft, als sie urplötzlich wieder festen Boden unter den Füßen spürte. Der Druck hatte sich von ihrer Brust auf den Bauch verlagert und sie beugte ihren Kopf nach vorn, um tief Atem zu holen, wobei sie mit ihrer Stirn gegen warmen, weichen Stoff stieß. "Oh, ist mir schlecht!", stieß sie gepresst aus und spürte, wie sie augenblicklich losgelassen wurde.
Erst da kam ihr wieder zu Bewusstsein, dass sie ja gerade eben noch auf der Flucht war. Sie riss sich zusammen und wollte sehen, wer der vierte Angreifer war. Vorsichtig hob sie den Kopf und ihr klappte prompt die Kinnlade runter.
In sicherem Abstand stand der niedliche Blondschopf aus dem Murphy´s und starrte sie misstrauisch an. War ja klar! Als ob der Tag nicht schon Scheiße genug war, muss sich auch noch der einzige Typ, der mir auf Anhieb gefiel, als Irrer, potentieller Killer oder Vergewaltiger herausstellen!
"Du musst doch nicht etwa kotzen, oder?", unterbrach er ihre Selbstvorwürfe und sah sie an, als stände er kurz davor, die Beine in die Hand zu nehmen und das Weite zu suchen. Wenn sie nicht gerade entdeckt hätte, dass sie in ihm einen Verbrecher vor sich hatte, hätte er sie damit glatt zum Lachen bringen können.
"Was wollen Sie von mir?", giftete sie ihn stattdessen an und ein Großteil ihrer Wut resultierte aus der inneren Enttäuschung, die sie seinetwegen empfand. Und das nervte sie wirklich!
"Dir helfen!", antwortete er sofort.
Jane schnaubte verächtlich. "Das glauben Sie doch wohl selbst nicht und duzen Sie mich nicht!"
Sein Blick verdunkelte sich und er zauberte einen besorgten Ausdruck auf sein Gesicht. "Glauben Sie mir bitte, ich bin nur hier, um zu verhindern, dass die drei Sie in die Finger bekommen!", beschwor er sie.
Jane verschränkte die Arme vor der Brust. "Ach, und deshalb lassen die uns jetzt auch einfach so in Ruhe! Damit Sie hier seelenruhig mit mir abhauen können? Halten Sie mich für bescheuert?"
Jetzt war er dran mit Schnauben. Er zeigte mit beiden Händen in die Umgebung und sagte: "Ja! Oder eher für blind! Schauen Sie sich doch um! Wir sind schon längst fort!"
Widerwillig folgte sie seiner Aufforderung und verspürte eine erneute Schwäche in ihrem Unterkiefer. Sie waren tatsächlich nicht mehr bei der kleinen Gasse und auch das St. Marys konnte sie nirgends sehen. Sie drehte sich wie wild um die eigene Achse und konnte kaum glauben, was sie sah.
"Haben Sie mir irgendwas gegeben?", fragte sie entsetzt. Das würde auch diese seltsamen Empfindungen erklären oder ihre Übelkeit. "Haben Sie mich betäubt und hierher gebracht?"
Ihr Gegenüber stöhnte auf und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über den Nasenrücken. "Ich hätte wissen müssen, dass das nicht einfach wird!", murmelte er.
"Was?", schnappte Jane und ihre Augen verengten sich misstrauisch.
Sein Kopf ruckte hoch und er schnauzte: "Stellen Sie sich doch nicht so dumm an! Sie waren im St. Mungos und haben um Hilfe für einen Zauberer gebeten! Das heißt, Sie müssen wissen, dass Magie existiert! Also warum wundern Sie sich, dass wir in kürzester Zeit von einem Ort zum anderen wechseln können? Und beginnen Sie endlich Freund von Feind zu unterscheiden!"
Jane kam sich wie ein kleines Kind vor, dessen Kopf zurecht gerückt wird; und gleichzeitig fühlte sie sich auch so dumm. Natürlich war er ein Zauberer, genau wie die anderen drei. Was glaubte sie denn, was die Lichtstrahlen gewesen waren, die sie fast ins Jenseits befördert hätten.
Sie schloss die Augen und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Offensichtlich hatte er sie von den anderen weggebracht. Nur die Art und Weise war ihr nicht klar. Und wie sollte sie das auch nachvollziehen können? Es war ja nicht so, als kenne sie sämtliche Fortbewegungsmöglichkeiten der Zauberer.
Aber... warum hatte er sie weggebracht? War sie von ihnen in seine Arme getrieben worden? Damit er ihr mit der Rettertour kommen konnte? Oder wollte er ihr wirklich helfen? Aber da war wieder das weshalb und... "Woher wussten Sie, dass die hinter mir her sind?", fragte sie mitten aus ihrem Gedankengang heraus. Er wirkte augenblicklich erleichtert und ihr fiel es immer schwerer, ihm nicht zu glauben. Das half ihr aber auch nicht eine Entscheidung zu treffen!
"Ich habe gehört, wie die drei den Auftrag erhielten, Sie zu verfolgten und Ihnen, wenn nötig, mit Gewalt die Informationen über den Aufenthaltsort des alten Zauberers zu entlocken. Ich war der Meinung, dass ich Sie ihnen lieber nicht in die Finger fallen lassen sollte, denn die würden und wollten Gewalt anwenden, ohne dass es nötig gewesen wäre!"
Jane schwirrte der Kopf. In was bin ich da hineingeraten? Kann ich ihm glauben? "Wenn Sie das wussten, warum haben Sie mich nicht gleich im Pub gewarnt?", bohrte sie, um Zeit zu schinden.
Er neigte den Kopf. "Hätten Sie mir denn geglaubt?" Wahrscheinlich nicht!
"Wieso konnten Sie mitanhören, was den dreien befohlen wurde? Was hatten Sie dort zu suchen?", kam ihr ein neuer Zweifel.
Er seufzte laut und kam einen Schritt auf sie zu. "Hören Sie! Wir sollten das wirklich nicht hier draußen besprechen! Das ist zu gefährlich!" Er kramte in seiner Innentasche, während er weiter auf sie zukam und Janes Augen weiteten sich. Er wird doch nicht auch noch einen Stab herausholen?
Doch er beförderte nur einen Zettel hervor. Verwirrt starrte sie darauf, als er ihn ihr gab. "Lesen Sie das!" Jane nahm ihm das abgewetzte Papier aus der Hand und hielt ihn in Richtung einer Straßenlampe. In enger, verschnörkelter Schrift stand darauf: "Das Hauptquartier des Phönixordens befindet sich am Grimmauldplatz Nr. 12, London."
Jane blinzelte und war noch verwirrter. Okay, was soll das jetzt? Phönixorden? Davon hatte sie noch nie etwas gehört! Sie las den Satz noch mal Wort für Wort, in der Hoffnung, er würde mehr Sinn machen, doch das tat er nicht.
Sie sah auf und wollte den Blondschopf nach einer Erklärung fragen, als ihr Blick auf das mit Sicherheit schäbigste Haus der Straße fiel. Das wäre nicht sonderlich bedeutend, wenn es bereits da gewesen wäre, als sie das letzte Mal in diese Richtung gesehen hatte. Es war wie aus dem Nichts erschienen und mit einem Mal wurden ihre Knie weich. Langsam geht das aber wirklich zu weit!
"Kommen Sie!", drängte er und nahm ihr den Zettel wieder ab. Seine Hand an ihrem Ellbogen ging er auf das Haus zu und Jane ließ sich widerwillig mitziehen. Sie blieben vor der zerkratzten, schwarzen Haustür stehen. Was machst du hier eigentlich? Sieh bloß zu, dass du verschwindest! Doch ihre Beine bewegten sich nicht. Sie stand einfach nur da und sah zu, wie er seinen Stab aus dem Umhang holte und damit gegen die Tür klopfte. Sie hörte das Klacken und Rasseln im Inneren und als sich die Tür öffnete, nickte ihr Begleiter in Richtung Innenraum und Jane trat zögernd ein.
Als sie an ihm vorbeiging, hörte sie ihn schnüffeln und drehte sich zu ihm um. "Was soll das denn?", fragte sie und es gribbelte ihr in den Fingern, ihm für diese Frechheit eine zu verpassen. Das hier wurde immer verrückter!
"Warum stinken Sie so?"
Okay, das reicht jetzt aber! Ihr platzte der Kragen. "Ich schufte die halbe Nacht in der Kneipe, werde anschließend von ein paar Irren gejagt und lande im Müll. Zu guter Letzt werde ich von einem weiteren Spinner gekidnappt und der hat auch noch die Frechheit, mich wegen meines Geruches zu nerven, für den ich nichts kann?", schrie sie ihn an.
"Pscht!", machte er nur, schloss die Tür und sah aufgeschreckt hinter sie, was sie nur noch wütender machte.
"Pschten Sie mich nicht an!", blaffte sie ihn an, kam jedoch nicht weiter, weil in dem Moment hinter ihr ein Zeter und Mordio losging, dass ihr die Ohren klingelten.
"Na toll!", knurrte er und ging ohne ein weiteres Wort an ihr vorbei. Jane drehte sich verdattert mit. Ihre Wut war wie weggeblasen.
"Widerliche Drecksbande! Abschaum! Blutsverräter!" waren noch einige der netteren Bezeichnungen, die gebrüllt wurden und Jane hatte das Gefühl in einem Irrenhaus gelandet zu sein.
Doch als Blondschopf auf ein Gemälde zuging, auf dem sich die Person bewegte und diese anscheinend diejenige war, die herumschrie, glaubte Jane, dass sie genau da auch hingehörte.
Während er mit den Vorhängen kämpfte, reagierten Janes Beine endlich auf den Befehl, den sie ihnen vor der Tür gegeben hatte. Sie fuhr herum und drehte am Knauf der Tür, doch er bewegte sich nicht. Genauso wenig wie die Tür selbst. Sie zog und zerrte daran, während noch eine zweite und dritte Stimme hinter ihr dazukamen. Aber so sehr sie sich auch bemühte, sie hatte keinen Erfolg. Verdammt!
Plötzlich wurde es still und sie erstarrte. "Was soll das werden?", erkannte sie die Stimme des Blonden und fühlte sich zum zweiten Mal an diesem Tag ertappt.
"Wer ist das, Rosifer?", murrte eine männliche Stimme und Jane horchte auf. Rosifer? Hieß so ihr Zwei-Stunden-Schwarm? Resigniert und neugierig zugleich drehte sie sich um und starrte das Trio an, das vor dem schwarzen Vorhang stand, der nun das seltsame Bild verbarg. Hatten sie es so ruhig stellen können? Wie bei ´nem Vogel - Decke drüber und Ruhe? Bleib beim Thema!
Vorsichtig trat sie näher und nahm die anderen beiden Männer in Augenschein. "Meine Güte, Rosifer! Ist das...?", stotterte ein schlanker, ziemlich mitgenommen aussehender, braunhaariger Mann. Er sah sie völlig entgeistert an und Jane hatte ein déjà vue. Genauso hatte auch... Rosifer sie angesehen. Was soll das?
"Bin mir nicht sicher, Remus!", antwortete Rosifer schulterzuckend, doch Janes Aufmerksamkeit richtete sich auf die dritte Person.
Sie bleib sofort stehen, als ihr Blick auf ihn fiel. Uärgh! Ein Gesicht, das nur eine Mutter lieben konnte... wenn überhaupt! Mal abgesehen davon, dass die Hälfte der Nase fehlte, kreiste eines seiner Augen, ein Glasauge übrigens, wie verrückt in seiner Höhle und das andere blitzte sie böse an.
Als sie näher kam, zückte er plötzlich seinen Holzstab und zielte damit auf sie. Was denn jetzt schon wieder? War sie doch in die Falle getappt? Sie blieb stehen und sah `ihren Retter´ böse an.
"Nun lass mal stecken, Moody!", sagte dieser zu dem Alten und erhielt einen unwirschen Blick von ihm.
"Was soll das? Du hast gesagt, sie sei tot und jetzt steht sie quicklebendig vor uns!", knurrte er Rosifer an und deutete mit den Kopf auf Jane. Sie glaubte sich verhört zu haben. Hat der grad gesagt, ich sollte tot sein? Auch ihr Blick wanderte jetzt zu Rosifer. Sollte er sie töten und hat es nicht getan?
"Lasst uns in die Küche gehen und das bei einer Tasse heißem Tee besprechen!", forderte er alle auf und bevor Jane protestieren konnte, war er durch eine Tür, in der Nähe des schwarzen Vorhangs verschwunden.
Jane trat von einem Fuß auf den anderen, starrte auf die beiden Männer und wusste absolut nicht, was sie jetzt machen sollte. Schließlich könnten sie ja so versuchen, sie in eine Folterkammer zu locken, um sie dort zu töten. Eindeutig zuviel Fantasie, Jane! Außerdem, was sollte die Männer davon abhalten, dass nicht auch schon hier draußen zu veranstalten?
Entschlossen und vor allem, um Moodys finsterem Blick zu entgehen, rannte sie an den beiden vorbei, wobei sie sich an den seltsamsten Gegenständen vorbeischlängelte, und hechtete hinter Rosifer her. Dabei entging ihr der freudige Blick von Remus, der sich von dem Schrecken erholt hatte.
Mit einem enormen Kloß im Magen, lief sie eine enge Treppe hinunter und fragte sich, was sie jetzt erwarten würde. Hinter sich hörte sie, wie die beiden ihr folgten, was sie dazu antrieb, noch etwas schneller zu laufen und so hatte sie Rosifer in Kürze eingeholt.
Mit Gänsehaut im Nacken sah sie sich im Treppengang um. Hier war es genauso gruselig wie in der Halle oben und wenn jetzt noch irgendwo Ketten rasselten oder eine Tür knarrte, würde sie Rosifer wahrscheinlich vor Schreck ins Genick springen.
Sie erreichten eine weitere Tür am Ende der Treppe und kamen tatsächlich in eine Art Küche. Janes Gesichtszüge entglitten jedoch, als sie sah, dass sie genauso ungemütlich war, wie alles, was sie bisher gesehen hatte. Aber wenigstens war es etwas heller!
"Setz dich!", forderte Rosifer sie auf und nickte in Richtung Tisch. Während sie überlegte, was die strategisch beste Position am Tisch war (Man konnte schließlich nie wissen!) und versuchte, sich etwas zu beruhigen, setzte er einen Kessel Wasser auf.
Die anderen beiden kamen dazu, setzten sich und warteten, bis Rosifer sich zu ihnen gesellte. Jane rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Was verbargen diese Männer vor ihr? Was hatten ihre Worte zu bedeuten?
"Nun erklär schon!", forderte Moody, der den Platz neben ihr gewählt hatte und anscheinend genauso ungeduldig war wie sie. Er ließ sie nicht aus den Augen und Jane verspürte den verrückten Drang, ihm die Zunge zu zeigen. Lass das lieber! - Immer diese ewige Stimme der Vernunft.
Sie wandte sich demonstrativ Rosifer zu, der ihr direkt gegenüber saß. Und sofort war die Unruhe wieder da. "Ich habe euch ja erzählt, dass Snape und Lestrange mit Nott und Goyle auf die Suche nach Dumbledore geschickt wurden", begann Rosifer und fixierte dabei Jane. Die verstand allerdings nur Bahnhof.
"Heute kamen Lestrange und Nott zurück und berichteten von einer Frau, die sie im St. Mungos gesehen hatten und die ziemlich aggressiv nach Hilfe für einen alten Zauberer verlangte." Jane verdrehte die Augen. Sie hatte heute Nachmittag viel zuviel Aufmerksamkeit erregt! Dass du dich auch nie im Griff hast!
"Voldemort verlangte, dass sie sich die Informationen von ihr holten - egal wie!", erzählte Rosifer ungestört weiter. "Ich beschloss, dass ich sie vor ihnen finden und schützen musste. Und voila!", schloss er, indem er mit beiden Händen auf Jane zeigte.
Der war die ungeteilte Aufmerksamkeit der drei Männer äußerst unangenehm und atmete auf, als der Wasserkessel zu pfeifen begann und die Stille aus dem Raum verbannte.
"Ihr könnt euch sicher meine Überraschung vorstellen, als ich sah, wer das Objekt der Begierde war!", setzte Rosifer mit einem verschwörerischen Gesichtsausdruck hinzu.
"Aber ist sie es denn?", fragte Remus, der gerade aufstand, um den Tee zuzubereiten. "Sie scheint nicht dieselbe zu sein!"
"Sie wäre wirklich froh, wenn ihr nicht über sie reden würdet, als wäre sie nicht im Raum!", blaffte Jane, wobei sie der überraschte Blick Moodys überhaupt nicht störte. Rosifer ignorierte sie und Remus´ Reaktion konnte sie nicht sehen, da er ihr den Rücken zugewandt hatte.
"Und wer zum Kuckuck, soll ich sein?", schimpfte sie weiter. Dieses Gerede nervte sie allmählich wirklich. Plötzlich erinnerte sie sich an Rosifers Worte im Pub und sah ihn mit schmalen Augen an. "Halten die beiden mich auch für die Frau, von der Sie im Pub gesprochen haben?"
Remus war mittlerweile zurück am Tisch und stellte ihr eine dampfende Tasse vor die Nase, die sie automatisch ergriff. Immer die Augen auf Rosifer gerichtet, pustete sie, nahm einen kleinen Schluck und hätte das Zeug fast auf den Tisch gespuckt. Ganz klar! Sie wollten sie vergiften! Es schmeckte absolut grauenhaft! Jane beschloss, lieber nur ihre Hände daran zu wärmen.
"Sie erinnern sich daran?", fragte Rosifer, als er ihre Aufmerksamkeit wieder hatte.
"Was soll die Plauderei?", platzte Moody dazwischen. "Der Zauberer, den Sie im St. Mungos erwähnten... ist das Dumbledore?", fragte er an Jane gewandt. Die runzelte verärgert die Stirn, weil ihr die Antwort auf ihre Frage vorenthalten wurde.
"Woher soll ich das wissen?", entgegnete sie schulterzuckend. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, wer dieser Tombeldor ist!"
"Dumbledore!", verbesserten alle drei im Chor.
"Wie auch immer!", schnaubte sie. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Rosifer herausfordernd an. Würde er ihr nun endlich ihre Frage beantworten? "Wer, dachten Sie, bin ich, als Sie mich das erste Mal sahen?", fragte sie noch einmal aufs Gerade hinaus und er senkte seinen Blick auf den Tisch.
"Ein Ex-Engel namens Anjolie!"
"Oh!", war alles, was Jane darauf sagen konnte. Ein Engel? Jetzt drehte er aber vollends ab! Sie entknotete ihre Arme, ließ sie in ihren Schoß gleiten und saß bedröppelt da. Irgendwas in ihr hatte gehofft, dass er vielleicht etwas über ihre Vergangenheit wusste. Aber diese Antwort hatte ihre winzige Hoffnung zerplatzen lassen wie eine Seifenblase.
Sie hievte ihre Hände wieder auf den Tisch und schob ihre Tasse hin und her. "Sie sehen enttäuscht aus?", folgerte Remus und als sie ihn ansah, traf sie sein besorgter Blick. Sie wusste nicht warum, doch der Ausdruck seiner warmen Augen brachte sie fast zum Heulen.
Das Mitgefühl des Mannes setzte ihr mächtig zu. Mit Wut, Misstrauen, Ungeduld konnte sie durchaus umgehen, doch Mitgefühl machte sie schwach und sie fühlte den unbändigen Drang, dieser Schwäche nachzugeben.
"Schön, dass diese Frage endlich geklärt ist!", knurrte Moody dazwischen. "Die Frage, wer Sie sind, steht allerdings noch offen!"
Jane sah ihm in seine unterschiedlichen Augen und hatte enorme Schwierigkeiten nicht zu schielen. "Ich kann mich nicht erinnern, dass mich hier irgendwer gefragt hat, wer ich bin!", krittelte sie. "Aber man nennt mich Jane Doe."
"´Man nennt mich´... Eine seltsame Wortwahl!", mischte sich Rosifer ein. Er sah sie berechnend an und Jane richtete sich unwohl auf. Diese Männer jagten sie von einem Gefühlsextrem ins andere. "Heißen Sie denn nicht so?"
"Ich weiß es nicht!" Warum erzählst du ihm das?
"Wie das?"
"Ich habe keine Erinnerung an meine Vergangenheit. Ich wurde Neujahr von einem von euch gefunden und ins St. Mungos verfrachtet." Ist es gut ihnen soviel zu verraten?
"Keine Erinnerung?", wiederholte Rosifer und stützte seine Ellbogen auf seine Knie und lehnte sich vor. "Keine Hinweise in Ihrer Kleidung oder Ihre Kleidung selbst? Irgendwelche Taschen dabei?..."
"Garnichts!", stoppte sie seine plötzliche Neugier. "Ich war nackt, als ich auftauchte!" Du bist doch nicht mehr zu retten! Ihre Antwort brachte ihn jedoch erst einmal zum Schweigen, während Moody sich an seinem Tee verschluckte.
Rosifer blinzelte sie stupide an. "Sie sind splitterfasernackt durch die Gegend gewandert?"
"Wer hat was von Wandern gesagt?", entgegnete sie und verkniff sich ein Grinsen. Dieser Gesichtsausdruck war einfach zu göttlich - und zwar von allen dreien. "Thomas sagte, ich wäre vor ihm in einem `Meer von Licht´ erschienen und plötzlich zusammengebrochen! Ich kann mich an keins von beidem erinnern. Hört sich in meinen Ohren allerdings ziemlich überzogen an!" Stille. Sie sahen sie nur mit offenem Mund an und Jane wurde es langsam zuviel. Zeit für einen Themenwechsel!
"Hat einer von Ihnen ein Bild von diesem Dumbel... Bambel.."
"Dumbledore!", blafften die drei ziemlich verärgert. Hey, was kann ich für mein schlechtes Gedächtnis?
"Ja, ich habe eines!", sagte Moody und sprang auf und humpelte aus dem Raum.
"Konnte man Ihnen im St. Mungos nicht helfen?", fragte diesmal Remus. Soviel zum Themenwechsel!
"Nein!"
"Woher wussten Sie von dem alten Zauberer, wenn Sie im St. Mungos behandelt wurden? Ich nehme mal an, dass Sie in der geschlossenen Abteilung waren!", bohrte er weiter und beobachtete sie nachdenklich.
"Ich bin seit drei Monaten nicht mehr im St. Mungos." Sie hatte plötzlich das Gefühl unter Verhör zu stehen.
"Warum?" Rosifer. Japp, eindeutig ein Verhör!
"Schon vergessen? Dort konnten sie mir nicht helfen! Welchen Grund sollte ich also gehabt haben, dort zu bleiben?", schnappte sie etwas heftiger.
"Beruhigen Sie sich!", meinte Remus leise. "Das war kein Vorwurf!", fügte er mit einem warnenden Blick auf Rosifer hinzu, der ihr keineswegs entging. Ihm schon!
"Wo waren Sie die ganze Zeit?", fragte Rosifer und Remus´ Kopf schoss wieder zu ihm herum.
Jane atmete tief durch. Ruhig bleiben! "Ich habe in einem Kloster Unterschlupf gefunden, wo man mir hilft, mein Leben in den Griff zu bekommen." Jetzt legte Rosifer seine Arme auf den Tisch und lag fast drauf, so nah schob er sich über den Tisch an sie heran.
"Sie sollen in einem Kloster ihr Leben in den Griff bekommen?", fragte er sarkastisch. "Das ist ja wohl ein Scherz!"
"Lassen Sie die Witze!", fauchte sie ihn an. "Diese Menschen waren sehr nett zu mir, obwohl sie das nicht gemusst hätten. Außerdem arbeite ich dort im Hospital, wo ich übrigens auch dem alten Mann begegnet bin!"
"In einem Muggelhospital?", kam es entsetzt von der Tür her, wo Moody gerade wieder hereingehumpelt war. "Das ist doch nicht ihr Ernst!"
"Sehe ich aus, als würde ich Witze reißen? Ich hatte schließlich einen guten Grund, ins St. Mungos zurückzugehen!"
"Hat er Sie gebeten, mit dem Hospital Verbindung aufzunehmen?", fragte Remus.
"Nein, er war die ganze Zeit über bewusstlos. Aber ich habe den Schnitt seiner Kleidung wiedererkannt und automatisch auf eure... Gattung getippt." Die Blicke, die sie für die Betitelung der Zauberer erhielt, waren keine von der begeisterten Sorte. Dass sie eigentlich nicht an die Zauberei glaubte und sich auch nicht erklären konnte, weshalb sie dem Alten unbedingt hatte helfen wollen, verschwieg sie dann wohl lieber.
"Wieso sind Sie wieder gegangen, bevor Sie Hilfe bekamen?", stocherte Rosifer immer weiter. Stop! Das ist eine Frage, die du wirklich nicht beantworten solltest!
"Ist das das Bild?", fragte sie an Moody gewandt, der inzwischen wieder neben ihr saß und lenkte damit von der brenzligen Frage ab. Der blinzelte einen Moment, hielt ihr dann jedoch das Bild direkt unter die Nase. Ihr Blick fiel sofort auf den großen, hageren Mann mit dem langen Bart. "Das ist er!", sagte sie und deutete auf den Identifizierten. War ja schließlich unverwechselbar.
Sie nahm ihm das Bild aus der Hand, wobei sie es ihm regelrecht entreißen musste. Der Alte stand inmitten einer größeren Gruppe, Moody direkt neben sich, und lächelte sie an oder sah die anderen im Bild an. Und wieder wirkte er so vertraut auf sie. Diesmal störte es sie kaum, dass die Personen auf dem Bild sich bewegten. Sie wollte nur wissen, wieso dieser Mann sie so anzog. "Woher kenne ich dich?"
"Haben Sie das öfters?", hakte Rosifer leise nach und schreckte Jane aus ihren Gedanken. Allmählich wurde ihr klar, dass sie ihre Frage laut ausgesprochen hatte und spürte, dass ihre Wangen heiß wurden. "Haben Sie öfters das Gefühl, jemanden oder einen Ort zu kennen?", erklärte Rosifer seine Frage.
"Was geht Sie das an?", flüsterte sie und betrachtete wieder das Bild. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Remus Rosifer in die Seite stieß, aber er ließ sich nicht von ihr abbringen.
"Entschuldigen Sie, wenn ich zu neugierig wirke, doch ich habe da eine bestimmte Vermutung und wollte nur sicher gehen, bevor ich sie ausspreche!" Jane sah ihm in seine klaren, hellen Augen und konnte nichts Gegenteiliges darin finden.
"Was für eine Vermutung?, fragte sie unsicher. Auf sein Gesicht schlich sich wieder dieses umwerfende Lächeln.
"Schon als ich Sie vorhin sah, spürte ich es!" Er machte eine dramatische Pause und Jane hätte ihm dafür gern einen Tritt gegen das Schienbein verpasst.
"Was?", zischte sie ihn stattdessen an.
"Es ist nicht genau dieselbe, doch sehr, sehr ähnlich und... menschlich." Jane stand am Rande ihrer Geduld. Wovon spricht dieser Mann?
"Ähm... Rosifer?", meldete sich Remus zu Wort. "Ich habe das Gefühl, dass keiner von uns dir so richtig folgen kann! Könntest du etwas deutlicher werden?" Rosifer sah ihn zerstreut an, schenkte ihm dann jedoch ein strahlendes Lächeln, das Jane die Kinnlade herunterklappen ließ. Wow!
"Du hast Recht!", stimmte er zu und sah dann Jane wieder an. "Ich will nicht zu weit ausschweifen, doch ich habe die Möglichkeit, Menschen, vor allem Zauberer, aufzuspüren, wenn ich deren Signatur besitze. Jedes Wesen hat eine bestimmte Signatur, unverwechselbar durch die einzigartige DNS und die Verbindung mit der Essenz der universalen Energie, mit der alles geschaffen wurde!"
Er sah sie strahlend an, doch Jane schwirrte nur der Kopf. "Aha!", gab sie von sich und wartete darauf, dass er fortfuhr und ihr endlich ein Licht aufging.
"Nun mach´s nicht so spannend!", schimpfte Remus statt ihrer und wurde ihr immer sympathischer.
"Die Sache ist die! Ich weiß, welche Signatur Anjolie hatte und ich spüre Ihre und die beiden sind nahezu identisch, nur dass Ihre nicht ganz so viel Macht ausstrahlt!" Oh Mann! Nicht schon wieder diese Engel-Masche!
"Schon mal auf die Idee gekommen, dass das einfach nur daran liegen könnte, dass ich ihr angeblich so ähnlich sehe?", wiegelte Jane ungläubig ab.
"Nein, nein!", stritt Rosifer ab. "Sehen Sie, nicht einmal die Signaturen von eineiigen Zwillingen ähneln sich dermaßen! Ich glaube ganz fest, dass Sie Anjolie sind!" Für einen Moment herrschte absolute Stille im Raum. Nicht einmal das Atmen der anderen konnte sie hören, aber vielleicht waren ihr bei dieser absurden Behauptung auch nur die Trommelfälle geplatzt.
Als ihr ganz klar wurde, was er da erzählte, brach sie in hysterisches Gelächter aus. Der hat sie doch nicht mehr alle! Ich ein Engel? "Das würde natürlich erklären, warum ich heute fast umgebracht werden konnte und das mit so spielerischer Leichtigkeit!", fauchte sie in seine Richtung und überging sein beleidigtes Blinzeln.
Dann sah er sie finster an und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie sah ihm fest in die Augen und beugte sich so weit vor, dass sie gegen den Tisch stieß. "Das ist absolut lächerlich! Ich bin kein Engel!", sagte sie mit Nachdruck. Es wurde Zeit zu verschwinden! Sie schob den Stuhl zurück und wollte aufstehen.
"Stimmt!", lenkte Rosifer ein und stoppte Jane mitten in der Bewegung.
"Wie jetzt?", blaffte sie. "Erst hüh und dann hott?"
"Falls Sie sich erinnern, sagte ich zuerst, dass Ihre Signatur menschlich ist! Und Engel sind keine Menschen!" Ach, echt?
"Wenn ich ein Mensch bin, dann kann ich aber nicht diese Anjolie sein, oder!", entgegnete sie laut. All ihre Vernunft wehrte sich gegen diese unsinnige Behauptung. Sie stand auf und wollte zur Tür gehen. Doch auch Rosifer sprang auf und hielt sie am Arm fest.
"Was soll das?", zischte sie ihn an.
"Deine Dickköpfigkeit ist lächerlich!", schrie er sie jetzt an. "Du lehnst den Gedanken nur ab, weil du es dir einfach nicht vorstellen kannst und du Angst vor dem Unbekannten hast! Ich weiß ja auch nicht, wieso du plötzlich ein Mensch bist, aber höchstwahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass du eigentlich tot sein solltest!" Schon wieder tot! Aus dem schwirrenden Kopf war ein Brummschädel geworden. Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
"Ich gehe jetzt!", sagte sie und versuchte ihren Arm aus seiner Hand zu befreien. "Das ist mir eindeutig zu viel!"
"Wo willst du denn hin?" Er lockerte seinen Griff nicht mal einen Millimeter.
"Weg von hier und wieso sind Sie schon wieder beim `DU´? Ich dachte, das hätten wir bereits geklärt!" Sie stemmt sich gegen seinen Griff, doch ohne Erfolg.
"Also das ist wirklich lächerlich! Ich kenne dich schon seit einer Ewigkeit und wir haben uns nie gesiezt!", knurrte er sie an.
"Daran kann ich mich aber nicht erinnern!"
"Deswegen ist es aber noch lange keine Lüge!"
"Lassen Sie mich endlich los!", fauchte sie und schlug ihm ihre Fingernägel in die Hand. Damit entlockte sie ihm ein Knurren, doch seine Hand blieb, wo sie war.
"Du bleibst!", schnaubte er wütend.
"Bitte! Das bringt doch nichts!", bat Remus, der jetzt, genau wie Moody, neben ihnen stand. Jane und Rosifer standen sich wie zwei Stiere gegenüber, die die Sache mit den Hörnern austragen wollten. "Jane, auch wenn Rosifer das etwas ungeschickt zeigt, sorgt er sich nur um Sie!" Jane sah ihn an und wusste, dass er es ehrlich meinte, doch Rosifer rief in ihr im Moment nur Wut hervor.
Remus sah sie bittend an und trat zwischen sie und Rosifer, um dessen Hand von ihrem Arm zu lösen. "Es wäre sehr unüberlegt rauszugehen, solange die Todesser noch hinter Ihnen her sind!", redete er beschwörend auf sie ein. Todesser?
"Sie sollten wenigstens heute Nacht hier bleiben und darüber schlafen." Schlafen? Jetzt? Der macht wohl Witze! Er nahm sie jetzt selbst am Arm und führte sie wieder zur Eingangshalle, wobei er sie auf der Treppe mehr oder weniger vor sich herschieben musste.
Innerhalb von Sekunden und mit einem bösen Blick in Richtung Rosifer hatte Jane entschieden, dass es besser war, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wenn sich diese Männer in Sicherheit wiegten, so hätte sie vielleicht Gelegenheit ungesehen zu verschwinden.
"Wir können morgen früh immer noch entscheiden, wie es weitergehen soll." Jane ließ ihn weiter plaudern und sah sich in aller Ruhe um, als sie am Ende der Eingangshalle eine weitere Treppe hinaufstiegen. Während sie einen Weg nach draußen suchte, gab sie hin und wieder ein "Ähem!" oder ein "Okay!" von sich.
Ihr war klar, dass ihr Wunsch zu verschwinden, gefährlich war, doch hier fühlte sie sich auch nicht gerade sicher. Und als sie den ersten Treppenabsatz erreichten, atmete sie erleichtert auf, weil ihr in einer Nische auf der linken Seite ein Fenster nach draußen ins Auge fiel. So hoch war die Treppe nicht gewesen. Ein Weg nach draußen?
"Kommen Sie hier entlang!", bat er sie und zeigte noch einen weiteren Absatz hoch. Jane folgte seinem Wink und sie landeten schließlich vor einer Tür von mehreren anderen. Er öffnete sie, ging hinein und kurze Zeit danach flackerte eine Wandlampe auf. Er erschien wieder im Türrahmen und lächelte sie auffordernd an.
Jane trat zögerlich ein und sah sich um. Keine Besserung zum Rest des Hauses. Dunkel, trist und deprimierend. Es war spärlich eingerichtet: ein großer, klobiger Schrank; ein Schreibtisch mit Stuhl, der aussah, als solle man sich lieber nicht draufsetzen und ein Bett mit Pfosten und mottenzerfressenen Vorhängen, in dem wahrscheinlich schon König Arthur geschlafen hatte. "Nehmen Sie´s mir nicht übel, aber Sie sollten dringend den Innenausstatter wechseln!"
Remus grinste entschuldigend. "Ja, es ist schon unbehaglich hier, doch unsere einzige Möglichkeit!" Jane zuckte nur die Schultern und Remus bewegte sich rückwärts zur Tür hinaus. "Gute Nacht... Jane. Versuchen Sie ein wenig zu schlafen!"
"Gute Nacht." Er schloss die Tür hinter sich und sie war allein im Zimmer. Sie horchte auf die sich entfernenden Schritte und lief dann zu ihrem Fenster. Mit einem Blick erkannte sie, dass es viel zu hoch war. Da gab es also nur das Flurfenster und sie hoffte, dass es nicht genauso verriegelt und verrammelt war, wie die Haustür.
Den Kopf zwischen Tür und Rahmen geklemmt lauschte sie in den Flur hinaus. Alles ruhig. Würden sie auch in der Küche bleiben? Das letzte, was sie wollte, war, dass sie mitten auf der Pirsch erwischt wurde. Sie bezweifelte, dass sich dieser nervige Rosifer begeistert zeigen würde.
Vorsichtig schlich sie sich hinaus und schreckte zusammen, als sie im Zimmer gegenüber ein seltsames Geräusch hörte. Ruckartig blieb sie stehen und wartete darauf, dass jemand heraus kam. Als sich nach einer Minute nichts regte, setzte sie entschlossen ihren Weg fort. Mit leisen Schritten lief sie zum ersten Treppenabsatz hinunter und huschte in die Nische mit dem Fenster.
Der Mond zeigte einen verwilderten Garten, der kaum zwei Meter tiefer lag. Jane sandte ein Stoßgebet gen Himmel, packte den Fensterknauf und drehte ihn. Er bewegte sich! Sie musste zwar etwas mehr Gewalt anwenden, um den ersten Flügel aufzubekommen, doch dann klappte es ohne weitere Schwierigkeiten.
Die kalte Nachtluft schlug ihr entgegen und sie atmete tief durch, als sie sich nach draußen lehnte und die äußere Umgebung erkundete. Erst jetzt merkte sie, was für muffige Luft dieses Haus beherrschte. Das interessierte sie allerdings weniger, nachdem sie den Vorsprung an der Hausfassade gesehen hatte.
Er befand sich ungefähr auf gleicher Höhe wie der Fußboden und nach einem letzten Lauschen in Richtung Küche, kletterte sie nach draußen. Trotz des bisherigen unangenehmen Tages, klappte das ohne Zwischenfälle und sie landete erstaunlich geschmeidig auf dem Sims.
Sie zog die Fensterflügel wieder soweit zu, dass sie aneinander lehnten und schob sich Stück für Stück an der Wand entlang zu einem Fallrohr, dass sie von der Seite her anlachte und sich perfekt zum Runterrutschen anbot. Allerdings hatte sie sich mal wieder zu früh gefreut. Bevor sie das Rohr erreicht hatte, brach ein Stück vom Sims ab und sie verlor das Gleichgewicht. Verzweifelt versuchte sie an der glatten Wand Halt zu finden, doch das war sinnlos.
Mit einem letzten Ruck, fiel sie Richtung Rohr und klammerte sich daran fest. Doch mit zuviel Schwung. Mit einem widerlichen Quietschen rutschte sie ungewollt am Rohr herunter und ihre Handflächen brannten bereits nach dem ersten Meter. Das einzig Positive daran war, dass es nur noch einen weiteren Meter nach unten ging, den sie sich gern freiwillig fallen ließ.
Sie landete auf weichem Boden, rutschte aus und parkte ihren Hintern mitten in einem Gestrüpp. Einen Moment blieb sie sitzen und atmete tief durch. Du hättest heute morgen wirklich nicht aufstehen sollen! Nach einem nutzlosen Blick auf die schmerzenden Hände, rollte sie sich auf die Knie ab und erhob sich ächzend. Ihre Hände wollte sie lieber nicht zum Aufstehen benutzen. Wer weiß, wo du dann wieder hinfasst!
Nach einem orientierenden Blick, lief sie zur Gartentür und war dankbar, dass noch genug Mond vorhanden war, um vor den reichlich vorhandenen hervorstehenden Wurzeln zu warnen. So kam sie einigermaßen flink durch den verrauderten Garten, der ihr fast noch unheimlicher war, als das ganze Haus zusammen. Wenn ihr nicht klar gewesen wäre, dass sie einfach überspannt war, hätte sie schwören können, dass die Büsche sich bewegten!
Sie erreichte die Gartentür und war schon halb durch, als sie irgendetwas am Bein spürte. Es war wie ein Peitschenschlag und sie machte einen großen Satz nach vorn, mit dem sie den Bürgersteig erreichte. Doch als sie sich umdrehte, konnte sie nichts erkennen. Es wird wirklich Zeit, dass du hier wegkommst! Wie als Zustimmung knallte die Gartentür vor ihrer Nase zu und veranlasste Jane, sich ohne weitere Verzögerung in Bewegung zu setzten.
Erst zwei, drei Straßenbiegungen weiter, blieb sie stehen, beugte sich vor und stützte die Hände auf die Knie, um zu Atem zu kommen. Nachdem sich ihre Lungen nicht mehr wie Nadelkissen anfühlten, richtete sie sich wieder auf und sah sich um. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo sie war, doch einige Meter weiter entdeckte sie eine Underground-Station. Gut, dann eben so!
Gemäßigteren Schrittes betrat sie in die Station und suchte die Bahn, die so nah wie möglich ans St. Mary´s herankam. Jetzt, wo das Adrenalin aus ihren Adern verschwand, breitete sich Erschöpfung aus und sie wurde langsam aber sicher müde. Sie wollte nur noch nach Hause und ins Bett fallen. Und vielleicht stellte sich der ganze Tag ja nur als schlechter Traum heraus.
Bis zur Paddington-Station döste sie ab und an vor sich hin. Sie konnte die Augen kaum noch offen halten und doch versuchte sie sich nun wieder zu konzentrieren, die Warnung der Männer in ihrem Hinterkopf.
Sie lief die Straße in Richtung Kloster entlang. Nur durch die Schatten huschend und sich in Hauseingänge drückend, kam sie Stück für Stück voran. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie die Straßenecke erreichte, an der Rosifer sie erwischt hatte. Aber auch die meisterte sie ohne Probleme.
Die letzte Strecke rannte sie und lief zum Gitter des Eingangstores vom St. Marys. Still jubelnd öffnete sie es, als sie etwas hart im Rücken traf und alles um sie herum schwarz wurde.
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