von Rosiel
Hier zur Abwechslung mal ein kurzes Kapitel, was ihr mir hoffentlich nicht übel nehmt!
Danke für eure Reviews und eure Geduld mit mir!
@Lilith: Oh, danke!!! Es freut mich total, dass das Kapitel gut geworden ist! Immer wieder schön, wenn die Mühe sich lohnt! Ja, Anjolie war ein kleines Plappermaul, aber Rosifer ist ja auch nicht gerade zimperlich, wenn er denkt, dass es das Richtige ist, oder! Ich weiß, mein Draco ist viel zu lieb, aber seit dem 6. Band ist in mir irgendwie der Wunsch gereift, dass er sich fängt und nicht genauso wird wie sein Vater! Was soll ich sagen, die typische Krankheit der Frau, den bösen Jungen retten zu wollen! Muss wohl auch der Grund sein, warum ich Snape so mag ;-)
Disclaimer: Sämtliche Figuren und das Universum darum gehören JKR... bis auf meine Anjolie und Rosifer, der Paul Doherty gehört!
16. Kapitel - Drachenflüstern
Das Feuer flackerte hoch und das Knistern des Holzes schwoll ab und an zu einem protestierenden Knacken an, doch das störte die fröhliche Gesellschaft darum herum nicht. Auch Ginny nicht.
Sie hatten sich bei einem Lagerfeuer versammelt, grillten Essen an Stöcken, unterhielten sich ausgelassen, lachten und neckten einander. Ginny jedoch konnte nicht aufhören zu Anjolie hinüber zu sehen. Sie saß zwischen ihrem Vater und Bruder Charlie und unterhielt sich prächtig. Und währenddessen wurmte es Ginny unheimlich, dass Anjolie es den ganzen Tag nicht für nötig gehalten hatte, ihnen zu erzählen, was nun mit Draco und ihr los gewesen war.
Ginny warf einen kurzen Blick zu Draco, der zwischen zwei hübschen rumänischen Drachenbetreuerinnen saß und hemmungslos mit ihnen flirtete. Sie wusste nicht so recht, ob sie nun erstaunt oder wütend sein sollte. Sie hatte ihn noch nie so offen und nett gesehen, mal davon abgesehen, dass er seine Nettigkeiten streng auf alle anderen nur nicht auf ihre Familie und Freunde beschränkte. Andererseits vergnügte er sich hier, als hätte er Anjolie heute Morgen nicht entführt und ein Recht darauf, die Gastfreundschaft der Rumänen zu genießen!
Sie hielt es nicht mehr aus und ging auf die andere Seite des Lagerfeuers. Dort zwängte sie sich zwischen ihren Vater und Anjolie - mit erheblichem Protest der beiden, da Ginny sie so fast von den Holzstämmen schubste - und nahm ihr Ziel ins Visier. Anjolie blinzelte sie überrascht an und wartete geduldig darauf, dass Ginny mit der Sprache rausrückte.
„Du hast nicht zufällig vor, uns endlich zu erzählen, was heute Morgen los gewesen war?“, platzte sie heraus und Anjolie sah um Ginny herum ihren Vater an.
„Die Direktheit hat sie wohl von Ihnen geerbt!“, stellte sie mit hochgezogener Augenbraue fest und der Angesprochene lachte auf. Anscheinend duzten sie sich mittlerweile und Ginny sah verwirrt zwischen beiden hin und her. „Könnte mir bitte jemand erklären, wo hier die Poente ist?“, schnaubte sie erbost. Die ganze Zeit war Anjolie mit ihnen, Charlie und, nicht zu vergessen, dem Slytherin zusammen gewesen und hatte kein Sterbenswörtchen verraten und jetzt lenkte sie schon wieder ab!
„Ganz einfach! Bevor du so sanft zwischen uns gerückt bis, hatte dein Vater gerade hartnäckig versucht, Näheres zu meinem und Dracos Verschwinden zu erfahren.“, erklärte Anjolie ruhig.
„Du solltest nicht vergessen, die Tatsache zu erwähnen, dass meine Versuche dahingehend ergebnislos verliefen!“, bemerkte ihr Vater von der anderen Seite.
„Warum beschützt du ihn so sehr? Du hast uns zuerst gekannt! Wir sind deine Freunde und er der Feind!“, brauste Ginny auf.
Anjolie hob beschwichtigend die Hand. „Zuerst einmal: Draco ist nicht der Feind!“ Sie legte Ginny den Zeigefinger auf den Mund, als diese schon wieder protestierend Luft holte. Das konnte Anjolie doch nicht wirklich ernst meinen? „Ginny, er mag auf euch immer arrogant, gefährlich und extrem verzogen wirken und glaub mir, das ist er auch! Ich selbst habe ihn lange Zeit gemieden, um zu verhindern, dass ich ihm irgendwann mal aus Versehen den Hals umdrehe! Aber heute Morgen habe ich auch eine andere Seite von ihm kennengelernt und ich erzähle euch deswegen nichts, weil es eine private Sache zwischen ihm und seinem Vater... oder besser gesagt Rosifer ist!“
Ginny sah Anjolie ungläubig an. Sie konnte das Gehörte kaum glauben. Draco soll auch eine andere Seite haben? Eine bessere? Obwohl... wie sie vorhin bereits festgestellt hatte, konnte er zu anderen tatsächlich nett sein!
Sie starrte vor sich hin und war immer noch sauer, dass Anjolie Draco einfach so vertraute und es für nötig hielt, ihn vor ihnen zu schützen. Doch sie kannte Anjolie und bisher hatten sie sich immer auf ihre Menschenkenntnis verlassen können!
„Wenn es ein Problem zwischen ihm und Rosifer ist, warum hat er dann dich mitgenommen?“, fragte Ginny sobald ihr diese Unlogik klar wurde.
„Er dachte, ich hätte was mit Rosifer und wüsste daher mehr als andere über ihn!“, erklärte Anjolie lapidar. Ginny klappte die Kinnlade runter. „Japp, so habe ich auch aus der Wäsche geschaut!“
„Du sollst was mit Rosifer haben? Wie kommt er denn auf die Idee?“, prustete Ginny.
„Kann ich dir auch nicht sagen!“, zuckte Anjolie die Schultern.
„Hier! Wird Zeit, dass du auch mal mit uns anstößt!“, unterbrach Charlie das Gespräch und hielt Anjolie ein Glas mit dem starken weißdurchsichtigen rumänischen Gesöff namens Drachenfeuer an, dass bereits Ginnys Vater und selbst einige Rumänen zum verkrampften Husten gebracht hatte.
„Uh, bist du sicher, dass ich das trinken sollte?“, fragte Anjolie skeptisch. „Ich meine, Severus hat mir mal Feuerwhisky zu trinken gegeben und ich habe fast meine Lunge ausgespuckt, um es nett auszudrücken!“
„Da hätten wir den Grund, wie er sie herumgekriegt hat!“, wieherte Ron auf der anderen Seite des Feuers und stieß Harry lachend den Ellbogen in die Seite. Der jedoch schielte nur vorsichtig zu Anjolie hinüber und Ginny konnte das vollkommen nachvollziehen! Nicht nur, dass Ron Anjolie damit beleidigte - und Ginny würde ihm dafür noch eins überrüffeln - nein, seit ihrem seltsamen Auftritt mit Snape heute Morgen waren sie sich nicht so sicher, wie es zwischen den beiden aussah.
Es war sicherlich nicht notwendig zu erwähnen, dass Anjolie auch darüber nichts erzählt hatte! Im Gegenteil! Seit sie aus der Scheune herausgestürmt war, hatte sie so getan, als wäre nichts gewesen! Sie wird sich doch wohl nicht mit ihm versöhnen, so wie er sie behandelt hatte?, fragte sich Ginny aufs neue und sah Anjolie an.
Die warf Ron gerade einen bösen Blick zu und kippte den Inhalt des Glases runter... oder versuchte es zumindest. Allein schon, als sie das Glas unter die Nase hielt, verhaspelte sie sich, schaffte es doch irgendwie, das Zeug in den Mund zu kippen, verschluckte sich und hustete, was das Zeug hielt.
„Man mag es... kaum glauben... aber das Zeug ist... noch schlimmer als Feuerwhisky!“, würgte sie zwischen Husten hervor und Ginny erbarmte sich und klopfte ihr auf den Rücken. Allerdings bat Anjolie schnell um Erbarmen. Anscheinend hatte Ginny zuviel Kraft eingesetzt, was sie jedoch nicht nachvollziehen konnte. So fest war es auch nicht gewesen!
„Der Trick ist“, erklärte Charlie, der das Zeug anscheinend wirklich gut vertrug. „Du musst es in einem Zug kippen und ja nicht zu lange im Mund lassen!“ Warte! Wo habe ich das schon mal gehört? Ach ja! Severus! Harte Kerle und ihre Ratschläge!
„Sei so gut und spar dir das!“, schimpfte Anjolie. „Aber du solltest beim nächsten Mal nicht vergessen, noch einen kleinen Tipp hinzuzufügen!“ Charlie sah sie fragend an. „Auf keinen Fall den Geruch mit voller Brise einziehen! Das verätzt einem die Nasenwände!“ Charlie grinste, doch Anjolie schien wieder etwas neues Interessantes gefunden zu haben.
Ginny runzelte die Stirn, als Anjolie eingehend Charlies Schoß begutachtete. Was wird denn das jetzt? „Mann, der ist ja groß!“, hauchte Anjolie und Ginny klappte erneut die Kinnlade herunter. Was? „So einen Großen habe ich ja noch nie gesehen! Darf ich ihn mal anfassen?“, setzte Anjolie schonungslos ihre Erkundung fort.
Bevor Ginny auch nur dazu kam, ein Wort von sich zu geben, hatte Charlie bereits zugestimmt und Anjolies Hand wanderte zielstrebig in Richtung seines Schoßes. Ginny konnte es nicht fassen, dass ihr Vater nichts dazu sagte und wie kam Anjolie überhaupt dazu, hier vor aller Augen...
Ihr Entsetzten löste sich sofort in Luft auf, als Anjolie ihre Hand zurückzog und sich lediglich Charlies Zauberstab darin befand. „Oh, diese Frau!“, stieß Ginny aus und sah zu Harry und Ron, die schief grinsten. Sie hatten mit genauso ungläubiger Faszination zugeschaut.
„Was?“, fragte Anjolie und sah sie unschuldig an. „Der ist wirklich größer als alle, die ich bisher gesehen habe!“
„Na, wenn du meinst!“, erwiderte Ginny nur und sah ihren Vater an, der darauf aber auch nur ein Schulterzucken hatte.
„Willst du es noch mal probieren?“, bot Charlie ihr noch ein Glas des Fusels an, während Anjolie den Zauberstab begutachtete und zwischen den Fingern drehte.
„Nein, danke! Ich behalte lieber den Rest meiner intakten Speiseröhre!“, lehnte Anjolie angewidert ab und der Zauberstab zeigte auf ihn, was er sicherheitshalber mit einer schnellen Handbewegung korrigierte.
„Ist auch besser so! Sie will wahrscheinlich verhindern, dass sie am nächsten Morgen mit 'nem Kater oder schlimmer noch, noch mal ungewollt neben 'nem fremden Mann aufwacht!“, raunte Ron, jedoch noch immer laut genug, dass sie es auch verstehen konnten.
„Jetzt reicht's aber!“, fauchte Anjolie und sprang auf. Sie hatte anscheinend noch mehr auf den Lippen, doch aus dem Zauberstab, den sie fest in der Hand hielt, stoben im selben Moment Funken und ihr blieb ihre restliche Bemerkung im Halse stecken.
Entgeistert starrte Ginny genauso wie Anjolie und alle anderen auf den Zauberstab, der nun wieder absolut harmlos in Anjolies Hand ruhte. Die Stille um sie herum war geradezu greifbar.
Anjolie drehte sich langsam zu Charlie um und gab ihm seinen Zauberstab mit spitzen Fingern zurück. „Bist du sicher, dass du keine Hexe bist?“, fragte Charlie ohne Umschweife.
„Natürlich!“, entgegnete Anjolie bestimmt. „Ich bin ein reiner... Muggle!“ Sie drehte sich um und kletterte über den Holzstamm auf die Außenseite des Kreises. „Ich... sollte wohl einen kleinen Spaziergang machen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen!“, sagte Anjolie mehr zu sich selbst und lief einfach drauf los.
„Das war ja seltsam!“, flüsterte Hermine.
„Vielleicht auch nicht!“, widersprach Harry und Ginny sah ihren Freund neugierig an.
„Was meinst du, Harry?“, hakte Ginnys Vater nach.
„Rhiannon hat so etwas angedeutet, als wir in der Anderswelt waren. Nur mischte Arawn sich ein, bevor sie sich deutlicher ausdrücken konnte!“
„Und was genau hat sie angedeutet?“, fragte Ginny ungeduldig und beugte sich etwas vor, damit ihr ja nichts entging.
„Sie sagte was von enormer Ausstrahlung und ich bin sicher, sie wollte auch auf Magie hinaus, doch wie gesagt, Arawn hat sie leider unterbrochen!“
„Also wissen wir wieder nichts!“, murmelte Ginny enttäuscht. Konnte es sein, dass Anjolie doch nicht so wehrlos war, wie sie die ganze Zeit befürchtete?
„Ich wollte euch ja nur mitteilen, dass es über Anjolie anscheinend mehr zu wissen gibt, als wir angenommen hatten!“, verteidigte sich Harry verschnupft und Ginny sah ihn verdattert an.
„Ach, Harry!“, schimpfte Ginny. „Das war doch nicht als Anklage gemeint!“ Er sah sie wenig überzeugt an und Ginny genervt sprang auf. Das ist mir jetzt zu dumm! „Jemand sollte ihr hinterher gehen!“, stellte sie fest und sah auf die Stelle, wo Anjolie gerade eben verschwunden war. Entschlossen kletterte auch sie über den Holzstamm und ging bereits los, als Harry und Charlie riefen, sie kämen auch mit.
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Anjolie stolperte mehr schlecht als recht durch den dunklen Wald. Es waren zwar auf größere Entfernungen Lampen angebracht, da sie sich auf dem Weg zu den Drachenflieger-Unterkünften befand, doch die hellten die Umgebung kaum auf.
Also ging sie langsamer, um nicht über eine hervorstehende Wurzel oder ähnliches zu fallen und sich den Hals zu brechen. In ihrer derzeitigen Verfassung war so etwas geradezu vorprogrammiert! Das fehlte ihr heute gerade noch!
Als würde die Tatsache, dass sie schon wieder getrunken hatte und eigentlich hätte wissen müssen, dass sie auch als Mensch keinen Alkohol vertrug, nicht genügen. Nein, ihr schwirrte auch noch der Kopf vom eben Erlebten. Und dabei verstörten sie nicht die Funken, die der Zauberstab abgegeben hatte! Darauf bildete sie sich nichts ein. In diesen Stäben war verdammt viel Magie und lediglich ihre Emotion bildete den Katalysator für diese Reaktion.
Das Gefühl selbst, das die Funken hatte austreten lassen, war es, was sie so durcheinander brachte! Warum hatte sie mit einer solchen Intensität auf Rons Worte reagiert? Musst du dich das wirklich fragen? Es war nicht die Behauptung gewesen, dass sie sich unter Alkoholeinfluss unberechenbar verhielt - das war schließlich ein Fakt! Aber die Andeutung, Severus wäre so ein mieser Kerl und hätte ihre Situation schamlos ausgenutzt, hatte sie fuchsteufelswild werden lassen. War er es doch gewesen, der sie damals abgewiesen und so vor sich selbst gerettet hatte! Wie er es immer tat!
Anjolie durchströmte ein warmes Gefühl. Ja, er hatte sie stets schützen wollen und musste dabei sehr geduldig und ebenso hartnäckig sein, denn es war nicht gerade einfach sie vom Gegenteil zu überzeugen, wenn sie mal wieder der Meinung war, Recht zu haben. Kein Wunder, dass er es für nötig gehalten hatte, zu so extremen Mitteln zu greifen!
Auch wenn sie heute Morgen so sauer auf ihn gewesen war, hatte sie seine wahren Beweggründe sehr wohl verstanden. Wobei sie keinesfalls sein Handeln verteidigte, denn sein mangelndes Vertrauen in ihre Verbindung machte sie noch immer wütend.
Sie hatte ihn zappeln lassen und dann großzügig vergebend zu sich zurück kommen lassen wollen. Aber dann waren Erinnerungen über sie hereingebrochen, die ihr zeigten, dass sie schon zu viele Beziehungen wegen übertriebenem und, vor allem wie bei ihr, unbegründetem Stolz zerbrechen gesehen hatte.
Die Angst, ihm nie wieder näher kommen zu können, wenn sie es nicht gleich und sofort tat, war der Auslöser für ihre stürmische Kussattacke gewesen. Ihre Vermutung, dass er seine grauenhaften Worte nicht ernst gemeint hatte, von ihm bestätigt zu bekommen, war nichts im Vergleich dazu, wieder in seinen Armen zu liegen und ihn zu küssen.
Ihr waren fast die Tränen vor Glück gekommen, als seine Lippen sich endlich ihrem sehnsüchtigen Drängen anpassten und sie wäre am liebsten in ihn hineingekrochen, um sich nie wieder von ihm lösen zu müssen! Sein Kräuterduft hatte etwas Vertrautes und sie fühlte sich endlich geborgen.
Es war ihr unheimlich schwer gefallen, den Kuss zu beenden. Der Gedanke, sich für immer mit ihm in der Scheune zu verbarrikadieren und alles um sich herum zu vergessen, war äußerst verlockend gewesen! Doch wenn sie ihn weiter geküsst hätte, wäre es nicht beim Küssen geblieben und von den anderen ?mittendrin' gestört zu werden, gehörte nicht gerade zu ihren reizvollsten Vorstellungen! Sie lachte trocken auf. Es gab eine Zeit, wo ihr das nichts ausgemacht hätte!
Sie hatte ihn stehen lassen und sogar noch einen einigermaßen anständigen Abgang hinbekommen, um wenigstens etwas ihrer Ehre wiederherzustellen! Auch wenn sie ihn nicht von sich stoßen wollte, konnte er sich auf seiner Mission ruhig ebenfalls den Kopf über den weiteren Verlauf ihrer Beziehung zerbrechen! Nun, sie hoffte wenigstens, dass er das tat! Oh, wehe, wenn er das kommentarlos an sich vorbeiziehen lässt und sich deiner zu sicher ist! Es muss doch etwas Gerechtigkeit auf dieser Welt geben!
Wie immer, wenn man nicht aufpasste, stolperte sie wirklich über eine der befürchteten Wurzeln und schlug der Länge lang hin. Sie schaute ruckartig auf, als sie eine Mischung aus Fauchen und einem lautem Knurren neben sich hörte. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie sich mitten in die Drachenstallungen verirrt hatte - wenn man das so nennen konnte. Denn diese Tiere waren so groß, dass ein Stall für eines allein kaum ausgereicht hätte!
Wann bin ich falsch abgebogen und habe mich so einem Ungetüm unabsichtlich genähert? Den ganzen Tag lang, während sie sich von Charlie herumführen ließen, hatte sie das erfolgreich umgehen können. Und jetzt... stolperte sie einfach hinein? Wie konnte man nur so dumm sein?
Langsam, um ruckartige Bewegungen zu vermeiden, drehte sie sich nach rechts und starrte in zwei große, grüne Augen, die, wenn es hoch kam, gerade mal zwei Meter von ihr entfernt waren. Das Licht der Lampen spiegelte sich darin wider und verstärkte den fruchterregenden Anblick noch, so dass Anjolie heftig schlucken musste. Sie hatte einen enormen Respekt vor diesen Wesen! Andere würden es eher Heidenangst nennen, doch das verbitte ich mir tunlichst!
Sie stand vorsichtig auf, doch das schien dem Drachen überhaupt nicht zu gefallen. Er gab ein ohrenbetäubendes Brüllen von sich und Anjolie stoppte mitten in der Bewegung. Mit aufgerissenen Augen und in gebückter Haltung starrte sie ihn an, als der Drache Luft einsog. Das ist so was von gar nicht gut! Sie verspürte den Drang, sich einen großen Felsen zu suchen und dahinter zu verstecken, doch die gab es hier natürlich nicht! Warum auch? Hätte ihr ja schließlich helfen können!
Der Drache stieß die Luft in Form einer gehörigen Portion Feuer durch die Nasenlöcher aus. Sie hockte sich hin, schlug die Arme über den Kopf und kniff die Augen zusammen. Sie hatte jedoch keine Ahnung, warum sie das machte. Es würde sie auch nicht vor dem Feuer schützen! Das Feuer, das, wie sie spürte, deutlich um sie herum die Luft erhitzte. Traf es sie überhaupt?
Im gleichen Moment, in dem sie bemerkte, dass es nicht schmerzte, hörte sie Schreie hinter sich und traute sich, die Augen zu öffnen, um zu sehen, von wem sie kamen. Ein erschrockener Schrei ihrerseits kämpfte sich in ihr nach oben, als sie den Drachenkopf knapp eine Armlänge vor sich sah. „Okay...“, flüsterte sie und ihre Stimme war kaum zu vernehmen. „Braver Drache! Du... bist doch nicht etwa hungrig?“ Was redest du denn da? Willst du ihn noch auf dumme Gedanken bringen?
„Warum einigen wir uns nicht? Du tust mir nichts und ich tu dir nichts!“ Oh, klasse! Droh ihm auch noch! Das wird ihn sicher freundlicher stimmen! Der Kopf kam noch ein Stück näher und Anjolie versteifte sich, während der Drache an ihr schnupperte. Prima! Er holt sich Appetit! Jetzt fehlt nur noch ein erfreutes Zähneschlecken und schon stehst du auf dem Speiseplan!
Er hörte auf sie zu beschnüffeln und rührte sich nun gar nicht mehr. Was jetzt? Im nächsten Moment spürte sie eine seltsame Ruhe in sich aufsteigen und ihre Angst verschwand augenblicklich. Sie konnte es selbst kaum fassen, als sie ihren Arm hob und die Hand auf die Schnauze des Drachen legte. Sanft ließ sie diese über die schuppige grau-grüne Haut gleiten und war sich nicht sicher, ob es der Drache durch die dicke Schicht überhaupt spürte.
Es fühlte sich so stark an und es war unbeschreiblich! „Wow! Du weißt, dass ich dir nichts tun will... nie wollte, nicht wahr?“ Sie spürte diese Gewissheit in sich und konnte sich nicht erklären, woher sie kam. „In deinem Blick liegt so viel Wissen, Verstehen und Vertrauen!“, murmelte sie dem Drachen zu.
Nun war sie sich ganz sicher, dass die Drachen eine große Hilfe im Kampf gegen Voldemort und vor allem gegen die Riesen sein würden. Glücklicherweise waren die Rumänen äußerst erpicht darauf gewesen, sich mit dem Orden zu verbünden. Die Todesser dieses Landes hatten hier in letzter Zeit sehr viel Schaden angerichtet und die Rumänen erkannten, dass Kooperation momentan das einzig Richtige war.
„Ich sollte jetzt lieber gehen!“, schlug sie dem Drachen vor und ging langsam rückwärts. Auch der Drache zog sich in sein Nest zurück und Anjolie drehte sich erleichtert um, nur um jetzt Harry, Ginny und Charlie zu entdecken. Sie hatten ein paar Meter hinter ihr gestanden und starrten sie teils mit offenem Mund, teils mit großen Augen an - Charlie bekam beides auf einmal hin.
Anjolie ging auf sie zu. Eigentlich würde man erwarten, dass sie jetzt, nachdem es vorbei war, das große Nervenflattern bekam. Aber diese erstaunliche Ruhe beherrschte sie immer noch und irgendwie war sie froh darüber, sonst hätte sie wohl ein neues Höschen benötigt.
„Hallo ihr!“, grüßte sie die drei. „Ihr hattet nicht zufällig vor, mir irgendwann zu helfen?“, fragte sie vorwurfsvoll in die Runde. Charlie war schließlich Drachenhüter und hätte wissen müssen, was zu tun war!
„Das wäre für dich zu gefährlich gewesen!“, verteidigte er sich prompt. „Den Drachen hätte unser Näherkommen nur noch aggressiver gemacht!“ Klang einleuchtend!
„Außerdem brauchtest du keine Hilfe!“, kam eine neue Stimme aus der Dunkelheit und einer der rumänischen Zauberer kam zum Vorschein. „Du hast ein außergewöhnliches Talent!“
„Und das von einem Drachenflüsterer! Ich fühle mich geehrt!“, entgegnete sie sarkastisch. Sie sah ihre Begleiter an und ihr Blick blieb an Ginnys berechnendem Gesichtsausdruck hängen. Was brütet die denn aus? „Alles okay?“, fragte sie das Mädchen misstrauisch.
Ginny trat noch einen Schritt auf sie zu und stocherte mit ihrem Zeigefinger auf Anjolies Brust herum. „Egal, wie du das zu erklären gedenkst, es wird Zeit, dass wir herausfinden, was für Fähigkeiten du noch besitzt!“, stellte sie forsch klar.
„Fähigkeiten?“, lachte Anjolie trocken auf. „Du machst Witze! Ich hatte einfach Glück, dass der Drache nicht hungrig war!“
„Glück?“, rief Ginny ungläubig aus. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Bei Seidenschnabel habe ich dir das noch abgenommen, aber hier...“
„Was war mit Seidenschnabel?“, fragte Harry neugierig und Anjolie verdrehte die Augen. Toll, jetzt werden sie sich gegen mich verbünden!
„Seidenschnabel?“, hakte der Rumäne nach.
„Ein Hippogreif!“, erklärte Ginny ihm kurzangebunden und wandte sich wieder Harry zu. „Anjolie war in sein Zimmer hineinspaziert und er stand kurz davor, sie anzugreifen. Doch dann beruhigte er sich auf einmal und zwar, ohne, dass sie sich verbeugte! Sie konnte ihn sogar streicheln!“ Sie starrten Anjolie nachdenklich an und sie kam sich langsam vor, wie ein Freak. Kein schönes Gefühl!
„Die Hunde von Arawn Annwn waren auch sehr zutraulich ihr gegenüber!“, brachte Harry vor und ließ Anjolie nicht aus den Augen. „Mich dagegen hätten sie nur zu gern in Stücke gerissen!“
„Vielleicht fanden sie dich nur nicht sympathisch genug!“, knirschte Anjolie. Sie wurde hier gerade systematisch auseinander genommen! Die Tatsache, dass sie sich selbst über die Sanftheit der Hunde gewundert hatte, ließ sie erst gar nicht an sich heran kommen!
„Also beschränkt sich dein Talent nicht nur auf die Drachen!“, gab der Rumäne wieder zum Besten.
„Hört auf, hier mehr hinein zu interpretieren, als da ist!“, fauchte Anjolie.
„Wovor fürchtest du dich?“, fragte Charlie und ihr Blick zuckte zu ihm. Die Frage konnte sie ihm beim besten Willen nicht beantworten! Es wurde ihr klar, dass sie sich sträubte, diese ?Phänomene' genauer in Augenschein zu nehmen, aber doch nur, weil das nichts brachte! Sie hatte keine besonderen Fähigkeiten!
Sie war jetzt ein Mensch und Anjolie bezweifelte ernsthaft, dass sie nach ihrem ausschweifenden Dasein als Engel magische Kräfte geschenkt bekommen hatte! Auch wenn es ihr schwer fiel, so hatte sie sich mit ihrem Leben als Mensch inzwischen abgefunden!
„Wovor sollte sie sich denn fürchten?“, schnaubte Ginny. „Sie war einmal ein Engel und hat mehr Erfahrung mit übernatürlichen Kräften, als irgendjemand sonst!“
„Also... so würde ich das nicht unbedingt sagen!“, widersprach Anjolie und versuchte die bohrenden Blicke Charlies und seinem rumänischen Freundes zu ignorieren. „Ich wusste von magischen Kräften anderer und konnte selbst ab und an die universellen Reserven anzapfen, aber meine eigene Kraft war meine Stärke, Kampferfahrung und... meine Flügel!“ Sie seufzte leise. Wie sehr sie ihre Flügel und vor allem das Fliegen vermisste!
„Dann ist es das Neue, das du fürchtest? Dass du etwas lernen musst, das bisher nicht in deine Sparte fiel?“, hakte Charlie nach, der sich offenbar schnell von dem Schreck, dass sie einmal ein Engel gewesen war, erholt hatte. Sie jedoch glaubte, sich verhört zu haben!
„Ich habe mich noch nie vor einer Herausforderung gescheut!“, brauste sie auf.
„Was ist es dann?“, drängte Harry. Och nee, jetzt fängt der auch noch an!
„Oh, bitte! Das ist doch absolute Zeitverschwendung!“, stieß Anjolie aus. Sie kam sich ja mittlerweile vor, wie eine Verbrecherin! Mit ihrer inneren Ruhe war es gänzlich vorüber und das schien auch der Drache zu bemerken. Er gab ein lautes, ungeduldiges Brüllen von sich und sie zuckten erschrocken zusammen. „Da will wohl jemand seine Ruhe!“, stellte Anjolie trocken fest.
„Wir sollten unsere Unterhaltung lieber woanders fortsetzen!“, schlug der Rumäne vor und keiner hatte dagegen etwas einzuwenden. Sie gingen in Richtung Lagerfeuer zurück und Anjolie pendelte sich neben Ginny ein, da der Fremde sie mit brennendem Blick beobachtete und es Anjolie langsam auf die Nerven ging.
„Wie genau hattest du dir denn vorgestellt, mehr über meine sogenannten Fähigkeiten herauszufinden?“, fragte sie Ginny und lenkte damit von ihm ab. Vielleicht würde eine eingehendere Untersuchung ja diese seltsame Ruhe, die sie vorhin verspürt hatte, erklären.
„Das überlassen wir lieber Dad!“, entschied Charlie. „Der weiß bestimmt, wie man Magie bei einem Menschen erkennt!“ In Anjolies Magen begann es zu rumoren. Was kommt da nur auf dich zu?
„Du warst einmal ein Engel?“, fragte der Rumäne neben ihr und Anjolie fragte sich, wann er sich neben sie geschlichen hatte. „Was ist passiert?“
„Nimm's nicht persönlich, aber ich kenne dich nicht gut genug, um dir intimere Details aus meinem Leben auf's Auge zu drücken!“, ließ sie ihn abblitzen. Sie war jetzt nicht in Plauderstimmung und erst recht nicht darüber!
„Das ist schade! Ich hätte gern mehr über dich erfahren!“ Darauf wette ich! „Ich bin übrigens Ranulf, Sohn des Besitzers dieses Gutshofes.“, stellte er sich vor und reichte ihr seine Hand. Sie schaute einen Moment hin- und hergerissen darauf, keinen Wert darauf legend, ihn kennenzulernen. Doch dann ergriff sie die Hand, da sie zu dem Schluss kam, dass es doch überaus unhöflich war, eine einfache Begrüßung auszuschlagen. Und sie war schließlich ein höflicher Mensch!
„Anjolie!“, stellte sie sich ebenfalls vor, sich dessen bewusst, dass ihm das überhaupt nichts sagte.
„Bedauerlich, dass ihr morgen schon abreist! So haben wir nicht einmal die Gelegenheit, uns kennenzulernen!“, führte er das Gespräch weiter, unbeeindruckt von der Tatsache, dass sie gänzlich uninteressiert war.
„Morgen schon?“, fragte Ginny erstaunt nach.
„Ja, die Verhandlungen sind sehr gut gelaufen und konnten bereits heute abgeschlossen werden! Es gibt also keinen Grund für deinen Vater, seinen Aufenthalt weiter auszudehnen!“, beantwortete Ranulf ihre Frage und fixierte Anjolie wieder. „Es wäre schön, wenn du noch bleiben würdest!“, forderte er sie ungeniert auf. Wie unhöflich, die anderen auszuschließen!
„Nein, danke!“, lehnte Anjolie rigoros ab. Was sollte sie allein hier?
„Ich verstehe! Es wartet jemand auf dich!“ Anjolies Kopf wandte sich ihm in Zeitlupe zu. Worauf will er hinaus?
„Wir haben Götter zu wecken, einen Tyrannen zu besiegen und unser Leben wieder zu ordnen! Es ist nicht der Moment, um sinnlos Zeit zu verschwenden!“, sagte sie in einem Ton, der jede weitere Spekulation im Keim ersticken sollte.
„Muss man deshalb aufhören zu leben?“ Sie war wohl doch nicht deutlich genug gewesen! Hoffnungsvoll sah sie zu den anderen, konnte im matten Licht jedoch nur Ginny richtig sehen, der das Lachen deutlich im Gesicht stand. Auf Hilfe konnte sie hier anscheinend nicht rechnen!
„Keine Bange! Ich LEBE!“, knirschte sie also Ranulf zu und verpasste Ginny einen Seitenstieber, als sie ein trockenes Schnauben von sich gab. Als ob ihr Leben besser wäre!
„Hast du diese Fähigkeit auch schon als Engel gehabt?“, kam er auf sein eigentliches Anliegen zurück. Aha! Die Flirtnummer klappt nicht, also versucht er es wieder mit der Dampfhammer-Methode!
„Was interessiert dich das?“, fragte Anjolie scharf. „Ihr habt doch die gleiche Fähigkeit!“ Davon abgesehen, dass ich keine habe!
„Unsere Art mit Drachen umzugehen, basiert auf jahrelanger Übung und Erfahrung! Nur das daraus folgende Vertrauen der Drachen gestattet uns den zutraulichen Umgang mit den Tieren! Dich dagegen hat er von Anfang an verschont. Er hat ja nicht mal versucht, dich einzuäschern, sondern stieß das Feuer nur als Warnung um dich herum aus!“
„Damit werdet ihr leben müssen!“, schnappte Anjolie. Der sagt das, als ob er es bedauerte, dass der Drache mich nicht erledigte! Anscheinend gab Ranulf es damit auf und sie liefen den Rest der Strecke schweigend nebeneinander her.
Dafür hatte Anjolies Hirn wieder die Möglichkeit ihre Gedanken durcheinander zu wirbeln. Erst jetzt merkte sie, wie beruhigt sie gewesen war, in dem Glauben, dass die Drachen nicht nur auf sie, sondern auch auf die rumänischen Drachenhüter so reagierten. Damit war es jetzt natürlich vorbei! Dass das Können nur antrainiert und das gegenseitige Vertrauen keinesfalls gleich da war, wirbelte ihre Zuversicht, dass es sich bei dem Ganzen nur einen dummen Zufall handelte, extrem durcheinander. Es wurde Zeit, dass sie hier weg kam und sie ihr Erlebnis vergessen konnte!
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Wie gesagt, ziemlich kurz diesmal, aber ich werde irgendwie immer unzufriedener mit dem was ich schreibe und bisher geschrieben habe! Ich habe das Gefühl, dass die Qualität seit „Kampf um die Zukunft“ um Klassen gefallen ist! Vielleicht liegts ja daran, dass ich Anjolie nicht mehr so unbeschwert gestalten kann, wie sie einmal als Engel war oder es wirklich so ist! Ich hoffe nur, ich habe noch genug Einfälle, um die Geschichte so zum Schluss zu bringen, wie ich es gern hätte! Nichtsdestotrotz...
VLG Rosiel
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