von LupinsLove
Tonks blickte in die gespannten Gesichter ihrer Freunde. „Alles weitere kann ich euch jetzt nicht verraten. Ich habe Alaida vor vielen Jahren ein Versprechen gegeben, das ich auch weiterhin halten werde.“
Enttäuscht stöhnten Remus und Arthur auf. „Das ist gemein.“
„Das ist“, ergriff Kingsley Shacklebold das Wort, „vielleicht gar nicht so schlecht. Tonks, Arthur, es ist sechs Uhr am Morgen. Wir drei sollten uns jetzt einen Kaffee zur Stärkung gönnen und uns dann langsam auf den Weg ins Ministerium machen. Alle anderen sollten sich etwas aufs Ohr legen.
***
Daniel Brown schloss die Wohnungstür hinter sich. Brian war in der Schule. Gerade hatte er Alba in den Kindergarten gebracht. Nun stand er in der gespenstisch stillen Küche. Er hatte sich heute krank gemeldet. Den ganzen Morgen dachte er schon darüber nach, Alaida bei der Polizei als vermisst zu melden. Doch er wusste, dass die Polizei jetzt noch nichts unternehmen würden. Schließlich war Alaida noch nicht einmal zwölf Stunden vermisst. Und sie war eine erwachsene Frau. Außerdem hoffte er, seine Frau würde jeden Moment durch die Tür kommen. Doch nichts geschah.
Etwas verloren stand Daniel in der Küche. Er war eigentlich nie allein zu Hause. Er arbeitete von Montag bis Samstag, Alaida kümmerte sich um Haushalt und Kinder. Wenn Daniel abends nach Hause kam, wurde er normalerweise von seiner Familie erwartet. Jetzt fühlte er sich plötzlich sehr allein. Gerade überlegte er, was er mit dem freien Vormittag anfangen sollte, da geschah etwas Seltsames. Eine graue Eule landete auf einem Ast des Baumes, direkt vor einem der Küchenfenster. Sie legte ihren Kopf schief und sah Daniel abwartend an. An die linke Kralle der Eule war eine zusammengerollte Zeitung gebunden. Daniel zögerte. Von Brieftauben hatte er ja schon gehört. Aber von Zeitungseulen? Er war sich ziemlich sicher, dass die Irish Times normalerweise mit der Post geliefert wurde.
Die Eule schien ungeduldig zu werden. Sie setzte sich auf das Fenstersims und fing an mit dem Schnabel gegen die Fensterscheibe zu klopfen. Daniel wurde neugierig. Er öffnete das Fenster und die Eule flatterte auf den Küchentisch. Vorsichtig entfernte Daniel das Band, mit dem die Zeitung an das Bein der Eule gebunden war und nahm die Schriftrolle an sich. Er hatte eigentlich erwartet, dass der Vogel nun wieder weg fliegen würde. Doch er blieb auf dem Tisch sitzen und streckte Daniel lediglich eine Kralle entgegen. Sie sah aus, als würde sie ihre Hand aufhalten. Daniel wedelte mit den Armen um sie zu vertreiben. Die graue Eule gurrte unruhig. Schließlich bewegte sie sich doch. Sie flatterte auf das oberste Küchenregal und setzte sich genau auf eine Keksdose. Als Daniel nicht reagierte, fing sie wieder an, mit ihrem Schnabel dagegen zu klopfen. Daniel begriff langsam. Er nahm die Keksdose vom Regal und öffnete sie. Darin befanden sich unzählige, unförmige und verschieden farbige Münzen. Daniel nahm eine Hand voll aus der Dose. Solche Münzen hatte er noch nie gesehen. Bei dem Vogel schien das allerdings anders zu sein. Er griff gezielt nach einer Münze, legte zum Abschied seinen Kopf schief und flatterte aus dem Fenster. Schon nach wenigen Augenblicken war er nicht mehr zu sehen.
Daniel setzte sich und breitete die Zeitung vor sich aus. Der Tagesprophet. Nie gehört. Daniel überflog die Schlagzeilen. Möglicherweise Trimagisches Turnier in Planung... Irland siegt gegen Frankreich mit 320:80 Punkten... Auf dem Besen um die ganze Welt – neuer Rekord!...
Daniel verstand kein Wort.
***
Als Alaida erwachte, wusste sie zunächst nicht, wo sie sich befand. Das Zimmer, in dem sie geschlafen hatte, war klein und dunkel. Außer dem Bett, einem Stuhl und einer kleinen Kommode, befand sich nichts in dem Raum. Alaida erhob sich. Sie hatte geschlafen, wie ein Stein. Es war so viel passiert. Für einen Moment war sie nicht sicher, ob vielleicht alles nur ein Traum war... Sie schlüpfte in die Kleidung, die auf dem Stuhl neben ihrem Bett lag und verließ das Zimmer. Sie ging die Treppe hinunter und in die Küche. Dort saßen die hübsche, schwangere Französin und Arthur Weasley am Tisch und speisten gemeinsam. Alaida setzte sich zu ihnen. „Endlich komme ich dazu mich vorzustellen.“ freute sich die junge Frau. „Ich bin Fleur. Schön dich kennen zu lernen!“ Alaida nickte der neuen Bekannten freundlich zu. Arthur schob ihr einen Teller hin. Dankbar begann sie, den Eintopf, der sich darin befand, zu essen. Er schmeckte gut.
„Ich hoffe, du hast gut geschlafen?“ fragte Arthur und zwinkerte Alaida verschmitzt zu. Sie nickte. „Die anderen sind alle noch unterwegs. Aber es ist ja auch erst dreizehn Uhr.“ Alaida sah verwundert auf. So spät? Na gut, sie war ja auch erst bei Morgengrauen ins Bett gegangen.
Plötzlich musste sie an Daniel und die Kinder denken. „Arthur, ich müsste mal telefonieren... weißt du zufällig, wo sich hier eine öffentliche Telefonzelle befindet?“ Fleur sah verwirrt aus. „Was ist das? Telefonieren? Ich kenne dieses Wort nicht.“, sagte sie in ihrem netten, französischen Akzent.
„Das kannst du auch nicht.“, erklärte Arthur, „telefonieren tun normalerweise nur Muggel. Mit Telefonen können sie miteinander sprechen, egal wie weit sie voneinander entfernt sind. Du weißt ja, dass Reisen ohne Zauberei, sehr lange dauert.“ Dann wandte er sich an Alaida. „Telefonzellen kenne ich! Der Eingang zum Ministerium ist eine Telefonzelle. Allerdings funktioniert sie nicht mehr, wie ein herkömmliches Telefon... Und ich weiß nicht, wo eine andere steht.“
Alaida hatte so etwas fast befürchtet. „Na gut“ seufzte sie, „ dann mache ich eben einen Spaziergang und suche nach einer Telefonzelle.“
Arthur schien sich zu freuen. „Ich begleite dich, Alaida. Du solltest nicht alleine irgendwo hingehen, sagt Tonks. Ich habe den Auftrag, ein wenig auf dich aufzupassen.“
Während Arthur sich umziehen ging – schließlich brauchte er für ihren Ausflug ein unauffälliges Muggeloutfit – trank Alaida einen Tee und dachte nach.
Die Prophezeiung ging ihr durch den Kopf. „Aus dem schwarzen Wald wird einer kommen, die Unwürdigen zu unterdrücken, Unschuldige Seelen zu töten, die Welt an sich zu binden für länger als ein Leben. Nur durch Dumbledores Blut kann er besiegt werden, mit Hilfe des Phoenix’. Nur durch sein Blut.“
Alaida glaubte zu wissen, was diese Prophezeiung zu bedeuten hatte. Zumindest konnte sie nun verstehen, warum Tonks sie um Hilfe gebeten hatte. Gedanken und Erinnerungen, die sie in den letzten neun Jahren immer wieder versucht hatte, zu verdrängen, stiegen plötzlich in ihr auf. Sie erinnerte sich daran, wie sie gestaunt hatte, als sie zum ersten Mal bewusst die Zauberei ihrer Großeltern wahrnahm. Sie erinnerte sich daran, wie sie mit ihrer Mutter durch die Winkelgasse spazierte und merkte, dass die meisten Zauberer über ihre Mutter tuschelten. Sie dachte daran, wie die Slytherins sie in ihrem ersten Hogwartsjahr ununterbrochen ärgerten, weil ihre Mutter ein Squip war... erst als sich herausstellte, dass Alaida eine überdurchschnittlich begabte Hexe war, hörten die Hänseleien auf...
Arthur betrat die Küche. Er trug die Schlaghose, die am Abend zuvor Remus angehabt hatte. Den Bademantel hatte er allerdings durch einen grünen Parker ersetzt. So sah er zwar aus wie ein alter Hippie, aber Alaida befand ihn als durchaus annehmbar. Sie machten sich also auf den Weg.
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