Kapitel 32-Auf dem KrankenflĂĽgel
„Miss Granger, sie können hier nicht einfach so reinplatzen!“, versuchte Madam Pomfrey Hermine zu beruhigen.
„Natürlich kann ich hier reinplatzen!“, widersprach Hermine. „Das ist mein Verlobter, ich hab ein Recht ihn zu sehen!“
Die Krankenschwester war kein Unmensch.
„Nun gut Miss Granger, aber es bringt nichts, Mr. Potter liegt in einer Art Koma.“
„Harry hat mich auch besucht als ich versteinert war!“, erinnerte sie Hermine und ging hoch
erhobenen Hauptes an Madam Pomfrey vorbei.
Rasch rannte Hermine auf das einzige belegte Bett zu. Am Fußende des Bettes saß eine Gestalt im schwarzen Umhang. Als Hermine näher kam, erkannte sie, dass es Snape war. Er hatte einen Tisch vor sich aufgestellt und schüttete Flüssigkeiten in eine große Phiole.
„Ah, Miss Granger!“, sagte er gehässig. Er sah nicht auf.
Hermine schlug sich die Hände vor den Mund als sie Harry sah. Er lag mit freiem Oberkörper auf dem Bett. Eine blutrote Wunde mit den Ausmaßen eines Trinkbechers glänzte fleischig rot auf seinem Bauch.
„Da hat die Chimära Potter mit ihrem Schwanz getroffen!“, rief Snape, der ihrem Blick gefolgt war. Hermine keuchte. Harrys Gesicht war totenbleich. Seine Augen waren offen, aber seltsam leer und jagten Hermine einen Schrecken ein.
„Ist…ist die Chimära erledigt worden?“, fragte Hermine mit zitternder Stimme.
„Miss Granger, bisher ist erst eine einzige Chimära von einem Zauberer besiegt worden, und dieser ist kurz darauf vor Anstrengung gestorben!“, belehrte sie Snape. „Und so ist es auch noch immer. Wäre Vollmond gewesen, wäre die Chimära jetzt tot, möglicherweise aber auch Potter. So…“, meinte er und schüttelte die Flasche die jetzt eine Art Paste enthielt. „Damit muss ich jetzt den Oberkörper von Potter einschmieren...“
„Kann ich das nicht machen, Sir?“, fragte Hermine. Snape sah sie an.
„Miss Granger, wenn ein einziger Tropfen dieser Mixtur in die direkte Wunde geht, wird Potter sofort sterben. Wenn nicht nahtlos der gesamte Bereich um die Wunde bestrichen ist, wird Potter auch sterben. Potters einzige Rettung ist, dass überall um seine Wunde diese Salbe zu gleichem Anteil und im gleichen Tempo aufgetragen wird. Können Sie das?“
Hermine schĂĽttelte den Kopf.
„Dacht ich auch nicht!“, meinte Snape bissig und wandte sich Harry zu. „Denken Sie keinesfalls, dass dies ein Vergnügen für mich ist, Miss Granger!“
„Nein, das vielleicht nicht, aber als du diese Französin namens Carole vergewaltigt hast schon, oder Snape?“, dachte Hermine hasserfüllt. Sie verabscheute Snape. Wie konnte ein Mann nur so tief sinken dass er eine Frau zum Sex zwingt?
„So, ich bin jetzt fertig!“, riss sie Snapes Stimme aus ihren Gedanken. „Fassen Sie die Wunde nicht an!“
„Darauf wär ich auch selbst gekommen!“, murmelte Hermine als Snape aus dem Krankenflügel verschwand. Seine Flaschen und Zutaten flogen ihm hinterher.
Hermine setzte sich neben Harry und strich ihm das Haar aus dem Gesicht. Als sie ihn so sah, mit totembleichem Gesicht und eiskalter Haut, hatte sie auf einmal ĂĽberhaupt keine Hoffnung mehr. Ihr Ring fĂĽhlte sich seltsam kalt an. Einen kurzen Moment erwog Hermine wenigstens ein bisschen Alkohol zu trinken, damit sie das ganze ein wenig leichter sehen konnte. Aber sie entschied sich dagegen. Weder sie noch Harry waren starke Trinker, eigentlich war Butterbier das einzige alkoholische was sie jemals getrunken hatten, und das glich eher heiĂźer Schokolade als einem echten Bier. Hermine ergriff seine Hand. Auch sie war eiskalt.
„Harry, ich brauch dich!“, flüsterte sie. Kein Muskel rührte sich in seinem Gesicht.
Hermine saß noch ein paar Minuten neben Harry, als der plötzlich zu zittern anfing. Aufwachen tat er dabei jedoch nicht.
„Madam Pomfrey!“, schrie Hermine und die Krankenschwester eilte herbei.
„Was ist los, Miss Granger?“, fragte sie außer Atem.
„Er zittert!“
Madam Pomfrey bandagierte zunächst die Wunde, dann deckte sie Harry zu und stopfte die Decke an seinen Seiten richtig fest.
„Inzwischen ist die Salbe getrocknet…“, murmelte sie. „Er darf auf keinen Fall frieren, gut, dass Sie hier waren, Miss Granger. Aber jetzt sollten Sie zum Abendessen gehen.“
„Nein!“, widersprach Hermine sofort. „Ich kann ihn nicht allein hier lassen!“
„Gut, es ist Ihre Entscheidung…“, meinte Madam Pomfrey Schultern zuckend und ging wieder.
Hermine saß noch einige Zeit da und hielt Harrys Hand fest, als sie plötzlich angestupst wurde.
Erschrocken fuhr sie zusammen.
„Dobby wollte die junge Miss Granger nicht erschrecken, Miss!“, piepste Dobbys Stimme.
„Ist schon gut Dobby!“, meinte Hermine. Der Hauself hielt ihr ein großes Tablett voller Sandwiches hin.
„Dobby hat der jungen Verlobten von Harry Potter etwas zu essen mitgebracht!“, rief Dobby voller Stolz.
„Danke Dobby!“, seufzte Hermine. Inzwischen hatte sie doch Hunger bekommen. Das Mittagessen lag lange zurück.
„Irgendwelche Neuigkeiten, Miss Granger?“, quiekte Dobby und ließ die Fledermausohren hängen.
„Nein…“, murmelte Hermine traurig und biss ein kleines Stück ihres Sandwiches ab.
„Oh Dobby, bisher hat doch kaum jemand einen Chimära-Angriff überlebt!“, schluchzte sie. „Ich hab solche Angst um ihn.“ Dobby strich ihr mitfühlend über den Arm.
„Nur Mut, Miss Granger, nur Mut…“, meinte er. „Sie lieben ihn wirklich, oder?“
Hermine sah ihn an.
„Natürlich liebe ich ihn!“, hauchte sie.
„Ich meine, Sie sehen nicht nur…na ja…Harry Potter?“
„Ich würd alles darum geben dass Harry ein ganz normaler Schüler wäre der nicht von Todessern gejagt wird…“, flüsterte Hermine. „Alles!“
Dobby nickte. Er wirkte sehr niedergeschlagen.
„Dobby hofft dass Harry Potter und Hermine Granger wieder glücklich werden. Verzeihen Sie Miss, aber ich muss jetzt den Abwasch machen.“
Mit einem Plopp verschwand Dobby.
Mit einem Mal fühlte sich Hermine ziemlich allein hier im Krankenflügel. Madam Pomfrey war gegangen, Dobby war gegangen…nur noch der halbtote Harry lag neben ihr. Sie fühlte sich schutzlos…allein gelassen und vergessen. Plötzlich spürte Hermine eine unsanfte Hand auf ihrer Schulter. Wie verrückt fuhr sie zusammen. Ein widerliches, kaltes Lachen drang in ihr Ohr.
„Na Schlammblut, schreckhaft geworden seit der dunkle Lord auch dich töten will?“
„Malfoy!“, zischte Hermine. „Lass mich bloß in Ruhe, erschreck mich nie wieder und untersteh dich mich noch mal Schlammblut zu nennen.“
„Oh, die Streberin muckt auf…“, meinte Malfoy bissig. Ein Schwenker seines Zauberstabs und plötzlich schnellten Hermines Arme an ihre Seiten und schienen festgewachsen.
„Magie ist cool…“, flüsterte Malfoy. Er näherte sich Hermines Mund.
„LASS DAS SEIN, MALFOY! ICH HASSE DICH, ICH WILL NICHT! HILFE, HARRY, HILF MIR!“
„Potter kann dich nicht hören, Granger…“, meinte Malfoy zuckersüß. „Potter wird sterben…“
Dann presste er seine Lippen auf Hermines.
Es war einfach widerlich. Seine Lippen waren kalt und hart und passten überhaupt nicht zu Hermines Mund. Sie versuchte sich wegzudrehen, aber Malfoy hielt sie fest und ihre Arme konnte sie nicht bewegen. Doch da durchschoss sie plötzlich ein Gedankenblitz: Die Arme, aber nicht die Beine. Ganz leise zog sie ihr rechtes Bein zurück und rammte es mit aller Kraft zwischen die von Malfoy. Sie spürte deutlich wie sie mit ihrem Knie etwas Halbsteifes und etwas Weiches erwischt hatte. Malfoy keuchte und torkelte ein paar Schritte zurück.
Er fluchte irgendetwas Undefinierbares und dann spie er ein wenig Speichel auf den FuĂźboden.
In diesem Moment näherten sich Schritte. Malfoy trat die Flucht an und verschwand durch einen Seitenausgang. Ein paar Sekunden später erschien Remus Lupin in der Tür.
„Äh…Remus? Kannst du mal den Fluch von mir nehmen?“
Lupin sah sie verständnislos an und Hermine erzählte die Geschichte.
„Bääh…“, machte Hermine als sie ihre Arme wieder frei bewegen konnte und sich über den Mund fahren konnte. „Ich muss dringend duschen und mir die Zähne putzen!“
„Du solltest zu McGonagall oder Dumbledore gehen!“, riet ihr Lupin. „Wenn er dich belästigt…“
„Es gibt jetzt erstmal dringenderes als Frettchen Malfoy!“, rief Hermine wütend.
„Ich fürchte du hast Recht!“, seufzte Lupin. „Wie geht es ihm?“
„Er ist nicht tot!“, sagte Hermine knapp. „Aber wenn er stirbt, dann bring ich mich auch um!“
„Hermine, du kannst nicht so was sagen…“
„Natürlich kann ich das! Ich hab’s mir überlegt und ich weiß dass ich mein Leben nur mit Harry verbringen kann. Entweder ein Leben mit Harry, oder gar kein Leben, Remus!“
Lupin sah peinlich berĂĽhrt aus.
„Hermine, ich weiß dass das meine Schuld ist…“
Hermine sagte nichts.
„Ich könnte mich ohrfeigen…“
Hermine sagte nichts.
„Aber ich konnte ja auch nicht ahnen…“
„NATÜRLICH KONNTEST DU DAS AHNEN! Glaubst du denn dass Voldemort sich so einfach besiegen lässt? Aber nein, du musst ja unbedingt auf eigene Faust irgendwas unternehmen, ohne ein bisschen nachzudenken oder den Orden einzuberufen oder daran zu denken dass Harry überhaupt noch kein Training für den Kampf hatte!!!
Gott, ich hab von euch Männern ja so die Schnauze voll! Das ihr nicht einfach mal nachdenken könnt bevor ihr irgendwas macht!“
Hermine drehte sich um und rannte weg. Einerseits wollte sie auf keinen Fall Harry allein lassen, andererseits konnte sie unmöglich mit Lupin in einem Raum sein. Sie hasste Lupin fast so sehr wie Snape und Malfoy.
Lupin war erschĂĽttert von Hermines Standpauke. Dabei wollte er doch nur zum Besten handeln.
Er trat näher an Harry heran und fuhr über seine Wange. Sie war zwar nicht normal warm, aber auch nicht mehr eiskalt.
Hermine rannte fast eine Stunde ziellos im Schloss umher, bis sie der Meinung war dass Lupin jetzt wohl nicht mehr im Krankenflügel sein müsse. Sie schlich sich leise zurück und spähte um die Ecke. Nein, der Krankenflügel lag im Dunkeln. Hier war niemand mehr.
„Sie können sagen was sie wollen…“, murmelte Hermine. „Aber ich schlafe seit ein paar Wochen mit Harry in einem Bett und das mach ich auch heute Nacht!“
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