Kapitel 4-Ein verwirrender Tag
Der Tag danach war ein Sonntag, und deswegen standen alle spät auf. Ron fuhr sich durch das rote Haar und wollte gerade nach unten zu einem späten Frühstück gehen, als Harry ihn an der Schulter festhielt.
„Was ist?“, fragte er verschlafen.
„Kein Wort zu Hermine, ist das klar Ron?“
„Schon klar, Alter! Aber du wirst es ihr doch wohl sagen, oder?“
„Ja...nein...vielleicht...weiß auch nicht!“, erwiderte Harry.
„Harry, du solltest es ihr wirklich sagen.“
„Ich weiß. Aber ich muss einfach den richtigen Moment abpassen! Also, kein Sterbenswort!“
Ron nickte.
„Geh schon mal vor, ich hab meinen Hut vergessen!“
Harry schnaubte. Rons „Hut“ wie er ihn nannte, war eine formlose rote Kappe, auf die vorne ein gelber Löwe gestickt war. Ron liebte diesen „Hut“ einfach, und wurde in Hogwarts kaum ohne ihn gesehen. Vor allen Dingen hatte er ihn bei den Mahlzeiten auf, was manche als äußerst unhöflich empfanden. Also durchquerte Harry allein das Porträt der fetten Dame und stieg die Wendeltreppe hinunter. Ron erklomm die Stufen zu ihrem Schlafsaal und war keine zwei Minuten wieder im Gemeinschaftsraum, den Hut auf den Kopf gestülpt.
„Oh Mann, hoffentlich gibt es ncoh Rührei!“, dachte er und sprang los, als ihn plötzlich ein Arm zurückhielt, und er beinah hingefallen wäre.
Verdutzt sah er in die braunen Augen von Hermine.
„Guten Morgen!“, sagte er.
„Morgen..“, entgegnete Hermine abwesend. „Ron, ich muss dir was sagen.“
„Schieß los!“
„Ähm...na ja, wollen wir uns setzen?“, fragte sie rasch und deutete auf die Sessel vor dem Kaminfeuer. Bis auf die beiden war der Gemeinschaftsraum menschenleer. Vorsichtig drehte Hermine sich noch einmal nach allen Seiten um.
„Ich will dich da nicht mit reinziehen!“, erklärte sie rasch in schnellem Flüsterton. „Aber ich hab niemanden sonst, dem ich es erzählen kann, und ich muss das einfach jemandem erzählen...“
„Dann sag's doch!“
„Es...es ist nicht leicht...“, wich Hermine aus und wandte den Kopf noch näher an ihn, um noch leiser sprechen zu können. „Denn irgendwie betrifft es dich auch. Indirekt.“
„Jetzt sag schon.“
„Ich hab mich verliebt. In...in Harry!“, hauchte Hermine kaum hörbar.
„Du hast dich in Harry verliebt?“, lachte Ron aus voller Kehle heraus und warf den Kopf in den Nacken.
„Psst!“, machte Hermine und zog ihn wieder zu sich herunter.
„Was soll das Lachen? Ich find das überhaupt nicht komisch!“
„Ach, ist nichts. Hermine, du solltest das Harry wirklich sagen!“
„Ich kann nicht! Überleg mal, er will mich nicht und ich mach damit unsere ganze Freundschaft kaputt! Und außerdem bin ich viel zu schüchtern!“
Ron biss sich auf die Lippen. Er konnte Hermine nicht sagen, dass Harry in sie verliebt war, das hatte er ihm versprochen, aber er konnte Harry sagen dass...“
„Ach, versprich dass du das Harry nicht erzählst! Ich muss es ihm selbst sagen...irgendwann.“ Durchdringend sahen ihn die rehbraunen Augen an. „Versprich es, Ronald!“
„Okay, ich verspreche es!“, sagte Ron niedergeschlagen.
Der Tag verlief recht seltsam. Harry und Hermine sahen sich kaum in die Augen, und wenn sie es taten, lächelten sie beide scheu und wandten sich wieder ihren UTZ-Bögen und den Hausaufgaben zu. Selbst Hermine hinkte einen ganzen Aufsatz hinterher.
Ron war der einzige der wusste, was zwischen beiden los war. Aber er wollte seine Versprechen gegenüber den beiden nicht brechen. Das konnte er nicht, und doch war es einfach eine so blöde Geschichte:
Harry und Hermine waren ineinander verliebt, aber beide zu schüchtern und zu ängstlich um es vor dem anderen zuzugeben. „Nun, wenn keiner den ersten Schritt macht, dann muss ich ihnen doch irgendwie einen Stups in die richtige Richtung geben, schließlich sind sie meine besten Freunde!“, entschied Ron. „Wenigstens ein bisschen Hilfestellung wird wohl erlaubt sein...“
„Ach Hermine?“, rief er. „Harry hat mir gestern erzählt was für wunderschöne Augen du doch hast, und für wie unglaublich hübsch er dich hält.“
Harry sah Ron an mit einem Blick als würde er ihn am liebsten erwürgen.
Aber Hermine sah von ihrem Pergament hoch, blickte strahlend zu Harry und fragte mit leicht geröteten Wangen: „Ist das wahr, Harry?“
„Nun, äh...ja!“, antwortete Harry und sah scheu zu seinen Füßen. Er konnte ja jetzt schlecht lügen und behaupten, dass er sie nicht hübsch fände.
„Aber nicht nur, nicht wahr, Harry?“, fragte Ron grinsend.
Harry warf Ron einen Blick zu, von dem klar war dass er ihn am liebsten erwürgen würde.
Aber er konnte jetzt nicht schweigen, nicht wo Hermine ihn so erwartungsvoll anlächelte.
„Na ja, ich hab gesagt wie intelligent und tapfer und hilfsbereit und süß du auch bist!“, sagte Harry und sah weiterhin zu seinen Füßen.
„Na toll Harry!”, dachte er. „Hast du das gerade wirklich gesagt? Vor allem das letzte?“
Doch Hermine strahlte noch mehr als vorher.
„Danke Harry, das ist wirklich süß von dir!“ Sie setzte sich neben ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Als sie das jedoch gemacht hatte, wurde ihr Gesicht ganz blass und sie fing an zu stammeln: „Äh...ich muss noch mal...äh...auf Toilette...“ Und sie sprang leichtfüßig davon.
Harry fuhr sich mit der Hand über die Stelle auf die Hermine geküsst hatte. Ron grinste immer noch.
„Ron, ich könnte dich umbringen!“, zischte Harry als er wieder zur Besinnung gekommen war.
„Warum? Du hättest dich doch sowieso nicht getraut. Und jetzt weiß sie immerhin wie toll du sie findest und sie hat dir einen Kuss gegeben. Hast du gesehen wie verlegen sie danach wurde?
Harry, sie ist auch bis über beide Ohren in dich verliebt. Es gibt nur Gewinner!“
„Sie hat mich schon öfters auf die Wange geküsst, und du weißt gar nicht ob sie mich liebt!“, entgegnete Harry und wandte sich wieder seinem Zaubertränkeaufsatz zu.
„Nein, tu ich nicht, Kumpel?“, fragte Ron scheinheilig.
Harry stieß das Tintenglas um was seine ganze bisherig Arbeit zunichte machte, aber das war ihm nun völlig egal.
„Was soll das denn heißen?“, fragte er nervös.
„Ach, gar nichts!“, erwiderte Ron und steckte seine Nase wieder in seine Hausaufgaben.
„Oh Harry, du Trottel!“, dachte er wütend. „Die Andeutung musst doch selbst du verstanden haben!“
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